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Unfallflucht II: Wenn der Geschädigte am Unfallort keine Feststellungen treffen will/kann, oder: Präjudiz

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Bei der zweiten Entscheidung zu § 142 StGB handelt es sich um den LG Saarbrücken, Beschl. v. 10.04.2018 – 8 Qs 5/18. Er ist im Verfahren wegen einer Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a-StPO ergangen. Nach dem (verkürzten) Sachverhalt waren der Beschuldigte und der Geschädigte an einem Auffahrunfall beteiligt. Nach dem Unfall sind beide aus ihren Pkws ausgestiegen. Der Beschuldigte versuchte den Geschädigten zu überreden, den Unfall ohne Polizei zu regeln“, was der Geschädigte abgelehnt und sogleich mit seinem Mobiltelefon die zuständige Polizeiinspektion informiert hat. Von dort wurde mitgeteilt, dass ein Streifenkommando zum Unfallort kommen werde, was aber wegen Überlastung etwas dauern könne. Der Beschuldigte hat dann nochmals den Geschädigten zu einer Regulierung ohne Einschaltung der Polizei zu überreden versucht, was dieser wiederum abgelehnt und auf das Abwarten des Eintreffens der Polizeibeamten bestanden hat. Der Beschuldigte ist dann nach ca. fünf bis zehn Minuten in sein Fahrzeug gestiegen und weggefahren. Er hat sich in der Folge weder mit dem Geschädigten noch einer Polizeidienststelle zum Zwecke der Regulierung des Schadens in Verbindung gesetzt.

Das LG hat die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss, der die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützt hatte, verworfen. Es weist darauf hin, dass nicht nur die Anwendung von § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern auch von § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder gegebenenfalls von § 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht. Das LG setzt sich dann umfangreich mit den Fragen auseinander,

  • ob der Geschädigte bis zum Sich-Entfernen des Beschuldigten als feststellungsbereite Person anzusehen,
  • ob er auf die Hinzuziehung der Polizei bestehen durfte, und
  • ob er auch nicht auf die Feststellungen verzichtet.

Zum ersten Punk:

a) Die Anwendung von § 142 Abs 1 Nr. 1 StGB setzt zunächst voraus, dass am Unfallort eine feststellungsbereite Person anwesend ist (Umkehrschluss aus Nr. 2; Zopfs in Münchener Kommentar zum StGB, Band 3, 3. Auflage 2017 [nachfolgend zitiert: MüKo – Bearbeiter], § 142 Rn. 53; Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, §142 Rn. 23; Niehaus in Freymann/Wellner, juris-Praxiskommentar Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016 [nachfolgend zitiert: juris-PK – Bearbeiter], § 142 StGB Rn. 8, 38; Ernemann in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Auflage 2016 [zitiert: SSW – Bearbeiter], § 142 Rn. 22). Feststellungsbereit ist eine Person, die geeignet und fähig ist und ggf. ein Interesse daran hat, die erforderlichen Feststellungen zugunsten des Berechtigten zu treffen (MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 53; ebenso, aber lediglich in Bezug auf Dritte, die nicht selbst Berechtigte sind: juris-PK – Niehaus, a.a.O., Rn. 38; Geppert in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2009 [nachfolgend zitiert: LK – Bearbeiter], § 142 Rn. 52). Nicht ausreichend ist hingegen, dass ein Feststellungsberechtigter am Unfallort anwesend ist, wenn dieser nicht in der Lage ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen (so zutreffend MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 53). Ob ein Anwesender am Unfallort insbesondere dazu fähig ist, Feststellungen selbst zu treffen, richtet sich danach, welche Feststellungen im Einzelfall notwendig sind und ob der Anwesende tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die jeweiligen Tatsachen selbst zu erheben (MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 53 und ausführlich zur rechtlichen Befugnis in Rn. 66). Im Falle der Anwesenheit feststellungsbereiter Personen hat der Unfallbeteiligte durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt war (aktive Vorstellungspflicht) und durch seine Anwesenheit (passive Duldungspflicht) die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung zu ermöglichen. Der Umfang der zu ermöglichenden und zu duldenden Feststellungen erstreckt sich unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm auf alle Umstände, die zur Durchsetzung berechtigter bzw. Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche erforderlich sind (LK – Geppert, a.a.O., Rn. 102; MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 64; SSW – Ernemann, a.a.O., Rn. 27). Diese Umstände erschöpfen sich indes regelmäßig nicht in den Personalien des Unfallbeteiligten. Die erforderliche Feststellung des Fahrzeugs des Unfallbeteiligten umfasst etwa auch die Angabe des Fahrzeughalters und des Haftpflichtversicherers (LK – Geppert, a.a.O., Rn. 105; a.A.: MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 73), die Feststellungen zur Art der Beteiligung umfassen jedes tatsächliche Verhalten eines Unfallbeteiligten, das nach Lage der Dinge zur Entstehung des Unfalls geführt und für die erfolgversprechende Durchsetzung begründeter bzw. die Abwehr unbegründeter zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche Bedeutung haben kann (LK – Geppert, a.a.O., Rn. 106), wozu u.a. auch die Sicherung von Unfallspuren, Art und Umfang der verursachten Schäden und auch der körperliche Zustand eines Beteiligten, insbesondere eine mögliche Alkoholisierung zählen können, sofern dies für die zivilrechtliche Haftungsfrage und gerade nicht nur für die Strafverfolgung von Bedeutung ist (LK – Geppert, a.a.O., Rn. 107; MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 74 f.; Fischer, a.a.O., Rn. 27; SSW – Ernemann, a.a.O., Rn. 28; Lackner/Kühl, StGB, 28. Auflage 2014, § 142 Rn. 17; BGH, VRS 39, 184; OLG Köln, NStZ-Rr 1999, 251).

Zu den in diesem Sinne erforderlichen Feststellungen war der am Unfallort anwesende Geschädigte nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen selbst nicht in der Lage und daher auch nicht als feststellungsbereite Person im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB anzusehen. Selbst wenn der Geschädigte in den nach seiner eigenen Aussage mehreren Minuten, die der Beschuldigte am Unfallort verblieben ist, in der Lage gewesen sein mag, die Person des Beschuldigten durch Befragen – unterstellt, der Beschuldigte sei kooperationswillig gewesen und hätte auch wahrheitsgemäß geantwortet und seine Angaben auf Verlangen durch Vorzeigen geeigneter Identitätspapiere freiwillig belegt (vgl. hierzu MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 54, 65) – und dessen Fahrzeug durch Inaugenscheinnahme und ggf. Anfertigen von Lichtbildern festzustellen, wäre dies im Hinblick auf die nicht völlig geklärte Unfallsituation unzureichend gewesen. Denn einerseits soll der Beschuldigte nach Angaben des Geschädigten sinngemäß geäußert haben, der Geschädigte habe ohne zureichenden Grund zu stark gebremst, andererseits will der Geschädigte bei dem Beschuldigten vor dem Unfall ein Fahren in Schlangenlinien als Anzeichen einer etwaigen Alkoholisierung wahrgenommen haben. Ersterer Umstand darf den Geschädigten befürchten lassen, dass die Tatsachen des Unfallgeschehens bei der Regulierung des Schadens keineswegs unstreitig sein werden, weshalb der Geschädigte ein beachtenswertes Interesse an der Feststellung äußerer Anzeichen für den Unfallhergang (etwa Bremsspuren, Beschädigungen oder Beeinträchtigungen der Betriebssicherheit des Fahrzeugs des Beschuldigten) haben durfte. Angesichts eines bei streitigem Unfallhergang mit dem möglichen Vorwurf grundlosen Abbremsens in Betracht kommenden Verursachungsbeitrags des Geschädigten kommt weiterhin auch anderen verschuldensrelevanten Umständen mit Blick auf die zivilrechtliche Haftungsverteilung Bedeutung zu, insbesondere der Frage einer etwaigen Alkoholisierung des Beschuldigten. Zumindest zu den hierzu erforderlichen Feststellungen war der Geschädigte selbst unzweifelhaft weder in der Lage noch befugt (MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 66 spricht insoweit von einer Kompetenzlücke). Gleiches gilt auch mit Blick auf die Feststellung der Identität des Beschuldigten, sofern dieser auf etwaige Nachfrage seine Personalien nicht freiwillig angegeben oder belegt haben sollte (MüKo – Zopfs, a.a.O., Rn. 53, 66).“

Diese und die weiteren Ausführungen des LG zeigen mir mal wieder, dass man es sich immer gut überlegen muss, ob man in solchen Fällen ins Rechtsmittel geht und damit ein Präjudiz für das weitere Verfahren schafft.

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Unfallflucht, oder: Der Beschuldigte muss nicht schlauer als die Polizei sein

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Heute dann „Thementag“ Verkehrsrecht. Und ich starte mit einem kleinen, aber feinen Beschluss, und zwar dem AG Tiergarten, Beschl. v. 05.12.2017 – (311 Gs) 3041 Js 12898/17 (202/17). Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Das AG hat (s)einen Beschluss betreffend vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) aufgehoben:

„Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte bei der Halterüberprüfung durch die Polizeibeamten nicht ausreichend belehrt worden ist.

Auch besteht hinreichender Tatverdacht dahin gehend, dass der Beschuldigte den Unfall wahrgenommen hat und sich in Kenntnis des Unfalls vom Unfallort entfernt hat.

Da aber selbst die Polizeibeamten vor Ort den Fremdsachschaden auf lediglich 500,00 € geschätzt haben, liegt kein dringender Tatverdacht dahingehend vor, dass der Beschuldigte wusste oder nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten wissen konnte, dass ein bedeutender Fremdsachschaden eingetreten ist.“

Klein, aber fein ist der Beschluss wegen des letzten Satzes. Etwas Besseres als ein Verschätzen – was hier offenbar geschehen ist – durch die Polizeibeamten, die den Fremdschaden aufgenommen haben, kann dem Beschuldigten im Hinblcik auf den für die Regelentziehung nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB gar nicht passieren. Denn der Beschuldigte muss ja nicht schlauer als die Polizei sein 🙂 .

Unfallflucht, oder: Wahllichtbildvorlage im Beschwerdeverfahren machen wir nicht

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Der Kollege Hizarci aus Berlin hat mir vor einiger Zeit den LG Berlin, Beschl. v. 13.12.2016 – 525 Qs 140/16 – zugesandt, ergangen in einem Verfahren mit dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Dem Mandanten des Kollegen war die Fahrerlaubnis nach § 111a StPO vorläufig entzogen worden. Das LG hebt auf und verneint den dringenden Tatverdacht:

„Nach derzeitigem Ermittlungsstand besteht kein dringender Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Das vom Zeugen pp. gefertigte Lichtbild, das von PK pp. ausgewertet und mit einem Führerscheinfoto des Beschuldigten aus dem Jahr 2013 verglichen worden ist, lässt zwar Ähnlichkeiten bei der Form des Mundes, der Nase, der Form des Kopfes und des Haaransatzes auch nach Ansicht der Kammer erkennen. Für eine zweifelsfreie Identifizierung und damit Verurteilung des Beschwerdeführers wird das aber nicht ausreichen. Andere Versuche der Identifizierung, etwa die Durchführung einer Wahllichtbildvorlage mit den Zeugen pp. und pp. wurden bisher nicht unternommen. Zu welchem Ergebnis diese führen würden, ist offen; es ist auch nicht Aufgabe der Kammer, dies im Beschwerdeverfahren selbst nachzuholen.“

Bevor es Kommentare gibt: Ja, nach „derzeitigem Ermittlungsstand“. Der Krieg ist mit der Entscheidung noch nicht gewonnen, aber zumindest schon mal eine Schlacht erfolgreich geschlagen.

Unfallflucht, oder: Der Beschuldigte muss nicht schlauer als die Polizei sein…

entnommen wikimedia.org Urheber Opihuck

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Urheber Opihuck

Einer der Regelfälle des § 69 StGB ist nach Abs. 2 Nr. 3 die Entziehung der Fahrerlaubnis in dne Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach einem Unfall mit einem bedeutenden Sachschaden. Bei der Problematik spielen häufig zwei Fragen eine Rolle: Nämlcih einmal die Wertgrenze für den bedeutenden Schaden und dann dass der unfallflüchtige Beschuldigte von der unfallbedingten Verursachung eines bedeutenden Schadens wusste oder vorwerfbar nicht wusste. Das arbeitet der LG Krefeld, Beschl. v. 23.03.2016 – 21 Qs-13 Js 170/16-47/16 – noch einmal schön heraus:

Die Kammer kann allerdings derzeit nicht feststellen, dass auch die weiteren Voraussetzungen des §§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt sind. Nach der genannten Norm ist nicht nur dringender Tatverdacht hinsichtlich einer Tat nach § 142 StGB erforderlich, sondern der Täter muss auch gewusst haben oder wissen können, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. Insoweit kommt eine Anwendung der genannten Norm nur in Betracht, wenn der Unfallflüchtige von der unfallbedingten Verursachung eines bedeutenden Schadens wusste oder vorwerfbar nicht wusste (LG Bonn DAR 1991, 35; LG Oldenburg ZfS 1981, 191). Allein aus der nachträglichen Feststellung eines bedeutenden Schadens ergibt sich nicht ohne weiteres, dass dieser auch der Höhe nach bei laienhafter Betrachtung erkennbar war (Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 69 Rn. 27; AG Saalfeld DAR 2004, 168). Entscheidend ist vielmehr, dass der Unfallflüchtige die objektiven Umstände erkennen konnte, die die rechtliche Bewertung des Schadens als bedeutend begründen (OLG Naumburg NZV 1996, 204). Derzeit dürfte – in Anknüpfung an die Rechtsprechung zur Wertgrenze des § 315c StGB – ein Sachschaden ab 1.300,00 € als bedeutend i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 StGB anzusehen sein (OLG Hamm NZV 2011, 356; OLG Hamburg ZfS 2007, 411; OLG Jena NStZ-RR 2005, 183; OLG Dresden NJW 2005, 2633). Die Kammer verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung mitunter auch andere Wertgrenzen vertreten werden (LG Frankfurt/Main NStZ-RR 2009, 215: 1.400,00 €; LG Hamburg DAR 2007, 660: 1.500,00 €; LG Berlin NZV 2006, 106: 1.100,00 €, LG Düsseldorf DAR 2003, 103: 1.250,00 €). Vorliegend weist das durch die Geschädigte vorgelegte Sachverständigengutachten zwar einen Schaden i.H.v. 1625,17 € EUR aus, dass die Erheblichkeit dieses Schadens für die Beschuldigte auch erkennbar war, ist indessen nicht hinreichend sicher feststellbar. Auf den vom Fahrzeug des Geschädigten gefertigten Lichtbildern, ist zwar eine Beschädigung, insbesondere am Kotflügel erkennbar, als erheblich oder gravierend stellt sich diese Beschädigung indessen nicht da. Sie lässt eher auf einen nicht bedeutenden Streifschaden schließen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass zum Tatzeitpunkt Dunkelheit herrschte.

Dieses Ergebnis wird hierbei weiter dadurch gestützt, dass auch die eingesetzten Polizeibeamten von einem Schaden von nicht mehr als 700 EUR ausgingen.“

Der Beschluss zeigt: Die Einschätzung der Schadenshöhe durch die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten kann als von (mit)entscheidender Bedeutung sein. Denn, warum soll der Beschuldigte schlauer als die Polizei sein?

Unfallflucht: Bei 1.300 € ist die „Fremdschadensgrenze“, oder: Drunter geht es nicht mehr

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Die (Regel)Entziehung der Fahrerlaubnis nach einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) setzt nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB u.a. einen bedeutenden Fremdschaden voraus. Dessen Höhe ist im StGB nicht bestimmt, muss also von der Rechtsprechung bestimmt werden. Und die tut sich damit schwer bzw. eine Entwicklung nach oben ist mühsam und schwerfällig. Inzwischen kann man allerdings davon ausgehen, dass es wohl h.M. der (Ober)Gerichte ist, dass diese Grenze bei 1.300 € zu ziehen ist. Das zeigen noch einmal zwei landgerichtliche Beschlüsse aus neuerer Zeit, nämlich der LG Hannover, Beschl. v. 3.09.2015 – 46 Qs 81/15 und der LG Schwerin, Beschl. v. 21.10.2015 – 32 Qs 56/15. Und bei der Ermittlung des Schadens spielen wirtschaftliche Kriterien eine Rolle. Der „bedeutende Schaden“  beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird, so noch einmal das LG Hannover.

M.E. müsste übrigens die Grenze für den „bedeutenden Schaden“ schon längst höher liegen. Es gibt zwar ein paar Entscheidungen dazu: So wird im LG Bezirk Lübeck die Grenze (schon) bei 1.500 € gezogen (LG Lübeck DV 2014, 130; s. auch LG Hamburg DAR 2008, 219 [Ls.] = VRR 2007, 403 [Ls.]), und beim LG Frankfurt am Main bei 1.400 € (StV 2009, 649 = VRR 2008, 430 = StRR 2008, 473). Das LG Landshut will die Grenze erst bei 2.500 € ziehen (StRR 2013, 116 = VRR 2013, 110 = DAR 2013, 588 = VA 2013, 69). Aber viel mehr hat sich da bisher nicht getan. Was m.E. aber gar nicht geht, ist eine amtsgerichtliche Entscheidung, die – wie die des dem LG Schwerin-Beschluss zugrunde liegende Entscheidung des AG Wismar – die Grenze immer noch bei knapp nur 1.000 € zieht. Willkommen im vorigen Jahrhundert? Nun ja, aber zumindest im vorigen Jahrzehnt.