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Rechtsmittel III: Umfang der Berufungsbeschränkung, oder: Feststellungen zum Regelbeispiel?

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Die dritte und letzte Entscheidung, der OLG Celle, Beschl. v. 17.05.2019 – 2 Ss 59/19, ist schon etwas älter. Er „passt“ aber heute ganz gut, da er auf die Frage der Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung zum Gegenstand hat.

Das AG hat den Angeklagten u.a. wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Das LG hat die dagegen gerichtete – beschränkte – Berufung verworfen.

Das LG hat in seinem Urteil die vom AG getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt. Es hat  weiter festgestellt, der Angeklagte habe beabsichtigt, aus der wiederholten Begehung vergleichbarer Taten eine nicht nur kurzfristige Einkommensquelle von einigem Gewicht zu schaffen. Rechtlich hat das Landgericht die Taten als gewerbsmäßigen Betrug gem. §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB, 53 StGB gewertet. Bei der Strafzumessung hat das LG den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB zur Anwendung gebracht und auf dieselben Einzelstrafen und dieselbe Gesamtfreiheitsstrafe erkannt wie bereits das Amtsgericht.

Die Revision des Angeklagten hatte zum Strafausspruch Erfolg:

„2. Das Urteil konnte allerdings im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraumes liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen, in Zweifelsfällen muss die Strafzumessung des Tatrichters hingenommen werden (vgl. BGHSt 34, 345; 29, 319; StraFo 2006, 383). Dies setzt allerdings voraus, dass der Tatrichter seiner Strafzumessung den richtigen Strafrahmen zugrunde gelegt hat und das Revisionsgericht bei mehreren zur Verfügung stehenden Strafrahmen die vorgenommene Auswahl des letztlich zugrunde gelegten Strafrahmens nachvollziehen und auf mögliche Rechtsfehler hin überprüfen kann (vgl. BGH Urteil vom 06.09.1989 – 2 StR 353/89 -; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.05.1992 – 1 Ss 85/92 -; BGH NJW 1978, 174; wistra 1982, 225; Senat, Beschluss vom 31.08.2016 – 2 Ss 93/16 -).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat bei seiner Strafzumessung den für besonders schwere Fälle des Betruges vorgesehenen Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB zugrunde gelegt, ohne ausreichende Feststellungen zu der Frage der angenommenen Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) getroffen zu haben.

Von eigenen Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung war die Strafkammer trotz der wirksamen Beschränkung der Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 06.09.2018 nicht befreit. Bei § 263 Abs. 3 StGB handelt es sich um keinen selbständigen Straftatbestand, sondern um eine gesetzliche Strafzumessungsregel. Ist die Gewerbsmäßigkeit der Tat wie nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB als Regelbeispiel für einen Straferschwerungsgrund ausgestaltet, so ist sie allein für die Strafzumessung relevant. Bei den tatrichterlichen Feststellungen zum gewerbsmäßigen Vorgehen handelt es sich in der Regel nicht um doppelrelevante Tatsachen, die sowohl den Schuld- als auch den Strafausspruch berühren. Im Falle einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch entfalten daher die erstinstanzlichen Feststellungen zum gewerbsmäßigen Handeln in der Regel keine Bindungswirkung für das Berufungsgericht, so dass dieses insoweit eigene Feststellungen zu treffen hat (vgl. BGH Beschluss vom 20.06.2017 – 1 StR 458/16 -; OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2018 – III 4 RVS 84/18 – KG Berlin Beschluss vom 11.12.2017- (5) 161 Ss 161/17 (77/17) -.

So liegt der Fall hier, denn Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend die die gewerbsmäßige Begehung begründenden Umstände nicht hinzu oder hinweg gedacht werden könnten, ohne dass der für den Schuldspruch tragende Geschehensablauf hiervon berührt würde, liegen nicht vor.

Das Landgericht hätte hiernach bei seiner Rechtsfolgenentscheidung eigene tatsächliche Feststellungen treffen müssen, die geeignet sind, die Bewertung der Taten als gewerbsmäßige Begehungsweise zu tragen. Dieser Mangel führt zur Aufhebung des Urteiles im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang.“

Rechtsmittel II: Wirksamkeit einer (irrigen) Beschränkung, oder: Umfang der Feststellungen

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen BGH, Beschl. v. 26.09.2019 – 5 StR 206/19. In ihm hat der BGH – auf Vorlage des OLG Hamburg gegen Entscheidungen des OLG Hamm bzw. des BayObLG zur Frage der Wirksamkeit einer Revisionsbeschränkung Stellung genommen.

Der Angeklagte war durch zwei amtsgerichtliche Entscheidungen zu Freiheitsstrafen verurteilt. Gegen die eine Entscheidung haben der Angeklagte und die StA Berufung eingelegt, beide haben ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Gegen das zweite AG-Urteil haben auch StA und Angeklagter Berufung eingelegt, beschränkt hat jedoch nur die Staatsanwwaltschaft.

Das LG hatte die Verfahren verbunden und „beide angefochtenen Entscheidungen im Rahmen der jetzt notwendigen und nachträglichen Gesamtstrafenbildung“ im Rechtsfolgenausspruch neu gefasst. Das LG ist dabei von einer Beschränkung der Berufung des Angeklagten auch gegen das gegen zweite Urteil und damit von insoweit eingetretener horizontaler Teilrechtskraft ausgegangen, weil die Vorsitzende der Auffassung war, diese Berufung sei in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der StA auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden. Das Hauptverhandlungsprotokoll belegte eine solche Berufungsbeschränkung aber nicht; seine Berichtigung war nicht möglich, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben.

Gegen das Urteil des LG hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er hat die Sachrüge erhoben und beantragt „das Urteil im Strafausspruch aufzuheben und an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg […] zurückzuverweisen“. Das OLG Hamburg wollte die Beschränkung der Revision des Angeklagten als wirksam zu behandeln und das Berufungsurteil des LG Hamburg infolgedessen lediglich im Rechtsfolgenausspruch überprüfen. Dabei war es der Ansicht, die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung habe in diesem Fall unter Zugrundelegung der amtsgerichtlichen Schuldfeststellungen zu erfolgen.

An dieser Entscheidung sah sich das OLG jedoch durch entgegenstehende Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (Urt. v. 13.09.1972 – 4 Ss 1029/72, NJW 1973, 381) und des BayObLG (Beschl. v. 07.12.1994 – 1 St RR 195/94, BayObLGSt 1994, 253) gehindert. Die jeweiligen Entscheidungen haben Revisionsbeschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch für unwirksam erachtet, wenn das Berufungsgericht in der irrigen Annahme der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung zur Schuld des Angeklagten keine Feststellungen getroffen und damit den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf nicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nachgeprüft hat.

Das  OLG hält die Rechtsansicht des OLG Hamm und des BayObLG für unzutreffend. Der revisionsgerichtliche Prüfungsumfang obliege durch die Möglichkeit der Revisionsbeschränkung der Disposition des allein revidierenden Angeklagten, wobei es für das Revisionsverfahren infolgedessen unerheblich sei, ob das Berufungsgericht zu Recht oder zu Unrecht von einer wirksamen Beschränkung der zuvor eingelegten Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen sei. Eine Überprüfung des durch den Rechtsmittelführer allein angefochtenen Rechtsfolgenausspruchs könne, soweit es dafür auf die Feststellungen zum Schuldspruch ankomme, anhand der Feststellungen des Amtsgerichts erfolgen.

Das OLG Hamburg hatte daher dem BGH die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein Angeklagter seine Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs wirksam beschränken kann, „wenn das Berufungsurteil keine Feststellungen zum Schuldspruch enthält, weil das Berufungsgericht irrig von einer wirksamen Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs ausgegangen ist, die entsprechende Berufungsbeschränkung aber nicht erklärt worden ist, während sie im Falle ihrer Erklärung im Übrigen wirksam wäre“.

Der BGH hat sich dem OLG Hamburg nicht angeschlossen, sondern die Frage wie folögt beantwortet:

„Die Revision gegen ein Berufungsurteil kann nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, wenn das Berufungsgericht trotz unbeschränkt eingelegter Berufung keinen eigenen Schuldspruch mit zugehörigen Feststellungen getroffen hat. Dies gilt auch, wenn es zu Unrecht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen ist.“

Ich kann mich erinnern, dass die Frage während der Zeit meiner Tätigkeit beim OLG immer wieder eine Rolle gespielt hat. Denn von der Antwort hängt der erforderliche Umfang der Feststellungen und damit ggf. der Erfolg der Revision ab.

Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: Das machen wir wie der BGH

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Urheber Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerium des Innern

Und nochmals Fahren ohne Fahrerlaubnis. Nichts Dramatisches, sondern nur der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.07.2017 – 2 Rv 8 Ss 420/17, in dem das OLG die (neuere) Rechtsprechung des BGH zum erforderlichen Umfang der Feststellungen beim Fahren ohne Fahreralubnis (§ 21 StVG) im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung umsetzt:

„2. Der Senat hatte von Amts wegen – auch ohne entsprechende Rüge – zu prüfen, ob bzw. inwieweit die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 24.01.2017 erklärte teilweise Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam war (§ 318 Satz 1 StPO) und ob das Berufungsgericht die hieraus resultierende Bindung an die dem – dann rechtkräftig gewordenen – Schuldspruch zugrunde liegenden amtsgerichtlichen Feststellungen zu Unrecht entgegen § 327 StPO nicht beachtet hat (BGHSt 27, 70 ff.; BGH NJW 1980 1807; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rn. 8, § 352 Rn. 4). Dieser revisionsrechtlichen Nachprüfung hält das angefochtene Urteil teilweise nicht stand.

Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat (Beschluss vom 27.04.2017 – 4 StR 547/16 – juris), ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil – wie auch im vorliegenden Fall bezüglich der unter II. 1. bis 9. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Taten – darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Dieser Rechtsauffassung hat sich der Senat unter Aufgabe früherer Rechtsprechung (wie dem im landgerichtlichen Urteil angeführten Beschluss vom 20.09.2010 – 2 (8) Ss 498/10) bereits mit Beschluss vom 22.03.2017 (2 Rv 8 Ss 125/17) angeschlossen.

a) Gemessen an den vom Bundesgerichtshof in der o. g. Entscheidung aufgestellten Grundsätzen, denen der Senat nunmehr folgt, bilden die Feststellungen des Amtsgerichts jedenfalls zu den unter II. 1. bis 8. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Taten eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung. Deshalb war insoweit die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen wirksam und damit der diese Taten betreffende Schuldspruch wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in acht Fällen aus dem angefochtenen Urteil in Rechtskraft erwachsen; ferner waren die ihn tragenden Feststellungen für das Berufungsgericht bindend geworden.

Ausgehend davon war das Berufungsgericht zwar nicht gehindert, – soweit erforderlich – eigene Feststellungen zu den Beweggründen der jeweiligen Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke u. a.) zu treffen und dadurch den für die Rechtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen (BGH aaO). Es hatte aber zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat, insbesondere durfte es keine abweichenden Feststellungen über die Schuldart treffen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 327 Rn. 6 mwN). Vielmehr war das Berufungsgericht infolge der insoweit wirksamen Berufungsbeschränkung an die vom Amtsgericht für den Schuldspruch bezüglich der unter II. 1. bis 8. festgestellten Taten getroffene Feststellung eines vorsätzlichen Handelns gebunden. Soweit das Berufungsgericht gleichwohl in sechs Fällen den Schuldspruch auf ein fahrlässiges Handeln abgeändert hat, ist es sich somit über dessen Rechtskraft hinweggesetzt.

Dieser Rechtsfehler zwingt jedoch nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, vielmehr kann der Senat den richtigen Zustand selbst herstellen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 352 Rn. 4), indem der Schuldspruch – wie aus dem Tenor ersichtlich – insoweit korrigiert wird, als dieser bereits in Rechtskraft erwachsen war (vgl. zum entsprechenden Vorgehen im Rechtsbeschwerdeverfahren nach Beschränkung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid: BayObLG, Beschluss vom 07.12.1999 – 2 ObOWi 575/99; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20.02.2017 – (1) 53 Ss-OWi 56/17 (34/17) – jeweils zit. nach juris; Senat, Beschluss vom 02.11.2015 – 2 (6) SsBs 555/15 – AK 160/15).