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Sorry Herr Verteidiger, warum tragen Sie das in einer Haftsache vor?

© Alex White - Fotolia.com

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Manchmal kann ich nur den Kopf schütteln, wenn ich eine Entscheidung lese. So ist es mir beim OLG Koblenz, Beschl. v. 29.07.2016 – 2 Ws 335/16 – ergange, bei dem es sich um eine Entscheidung des OLG im Haftbeschwerdeverfahren handelt. Es ist u.a. um den Beschleunigungsgrundsatz gestritten worden. Das OLG hat die Haftbeschwerde des Angeklagten verworfen, es sieht den Beschleunigungsgrundsatz als nicht verletzt. Und in dem Zusammenhang ist mir eine Passage im OLG-Beschluss sauer augestoßen und hat zu Kopfschütteln geführt. Aber nicht über das OLG – lassen wir mal die Frage der Beschleunigung außen vor – sondern über das Verteidigerverhalten und/oder ein Schreiben, das der Verteidiger im Verfahren an das LG gerichtet hatte und dessen Inhalt ihm jetzt das OLG entgegenhält:

„Dass vom Vorsitzenden der Jugendkammer eine vorausschauende, straffe und effiziente Verhandlungsplanung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG NJW 2006, 672) beabsichtigt war, kommt in seinen eingangs ausführlich dargestellten Bemühungen zum Ausdruck, durch eine die terminlichen Belange der Verteidiger nach Möglichkeit berücksichtigende und ausdrücklich am Beschleunigungsgebot orientierte Kommunikation mit den Beteiligten eine zeitnahe und hochfrequente Verhandlungsfolge zu gewährleisten. Die vom Vorsitzenden mit Verfügung vom 26. Januar 2016 vorgeschlagenen 21 Terminstage zwischen dem 23. März und dem 3. Juni 2016 hätten – Verfügbarkeit der Verteidiger vorausgesetzt – zwanglos eine Verhandlungsfrequenz von durchschnittlich mehr als einem Verhandlungstag pro Woche ermöglicht.

Es war jedoch insbesondere der Verteidiger des Beschwerdeführers, der diese Bemühungen unter anderem mit einem Widerspruch gegen die vom Vorsitzenden beabsichtigte Beiordnung von Pflichtverteidigern zur Verfahrenssicherung unterlief und sich hierbei des das Beschleunigungsgebot missachtenden Argumentes bediente, sein Mandant befinde sich erst (Hervorhebung durch den Senat) seit vier Monaten in Untersuchungshaft, was als Anregung an den Vorsitzenden verstanden werden musste, sich mit der Terminierung mehr Zeit zu lassen als von diesem beabsichtigt. Der Vorsitzende ließ sich hierauf nicht ein und verwies darauf, dass das Beschleunigungsgebot die Beiordnung von Sicherungspflichtverteidigern und eine Durchführung von Teilen der Hauptverhandlung in Abwesenheit der originär tätigen Verteidiger gebiete.“

Sorry Herr Kollege, aber wenn ich so formuliere/schreibe, ist das doch eine Steilvorlage an das Gericht. Man fragt sich was das soll, zumal sich m.E. in Zusammenhang mit U-Haft die Formulierung eines Verteidigers mit „erst“ von vornherein verbietet.

Auch im Übrigen: Ein Verteidiger muss nicht kooperativ sein, ich kann aber m.E. nicht die Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes rügen, wenn ich – so mein Eindruck in dieser Sache – selbst nichts dazu beitragen kann – oder will -, dass es voran geht.

Telefonieren in der U-Haft, oder: Keine Gespräche mehr mit „Mutti“

© Mac Dax - Fotolia.com

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Untersuchungshaftgefangene benötigen für Telefonate eine Telefonerlaubnis. Die wird vom Gericht „erteilt/ausgesprochen, wenn keine Bedenken gegen das Telefonat bestehen. Frage: Was ist, wenn sich nach Erteilung einer Telefonerlaubnis herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Zustimmung weggefallen sind. Nun, dann kann die erteilte Zustimmung widerrufen werden. So der OLG Celle, Beschl. v. 08.09.2016 – 1 Ws 434/16:

„c) Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat zu Recht seine Zustimmung zur Erteilung einer Erlaubnis für Telefonate des Angeschuldigten mit seiner Mutter unter deren Festnetznummer versagt und eine vor Anklageerhebung von der Staatsanwaltschaft Hildesheim – auf der Basis einer Zuständigkeitsübertragung nach § 134 Abs. 3 Satz 1 NJVollzG – erteilte Zustimmung für Telefonate des Angeschuldigten mit seiner Mutter unter deren Mobiltelefonnummer widerrufen. Denn es sind neue Umstände zu Tage getreten, die befürchten lassen, dass der Angeschuldigte Telefongespräche unter Verwendung der Telefonanschlüsse seiner Mutter zu Verdunkelungshandlungen nutzen wird.

Die Lebensgefährtin des Angeschuldigten, die Zeugin S. V., die bei der mutmaßlichen Tat des Angeschuldigten zugegen war und damit als unmittelbare Tatzeugin in Betracht kommt, hat in einem Brief an dem Angeschuldigten verklausuliert vorgeschlagen, sie und der Angeschuldigte sollten sich nach außen hin als Verlobte gerieren. Sie hat damit implizit vorgeschlagen, der Angeschuldigte möge dazu beitragen, dass sie unter Berufung auf ein ihr zuzubilligendes Zeugnisverweigerungsrecht eine Aussage vor Gericht vermeiden und eine Unverwertbarkeit ihrer gegenüber der Polizei gemachten Angaben erreichen könne. Der Inhalt eines Briefes des Angeschuldigten an S. V. mit der Formulierung, „… aber es war nicht so und du warst dabei und hast es gesehen,“ belegt jedenfalls eine Einflussnahme auf die Zeugin und begründet den Verdacht einer versuchten Anstiftung zu einer Falschaussage. Damit besteht die tatsachenfundierte Besorgnis, dass die Zeugin V. und der Angeschuldigte Kontakte zu verdunkelnden Absprachen nutzen werden.

Zwar bezieht sich die erteilte Telefonerlaubnis auf Gespräche des Angeschuldigten mit seiner Mutter und soll sich auch die neu erstrebte weitere Telefonerlaubnis auf Gespräche des Angeschuldigten mit seiner Mutter erstrecken. Jedoch hat die Zeugin V. in einem weiteren Brief an den Angeschuldigten vom 12. August 2016 erklärt, sie werde das nächste Mal hoffentlich einen Anruf des Angeschuldigten mitbekommen, weil sie am nächsten Tag zu seiner Mutter gehen werde. Diese Angabe der Zeugin V. begründet – wie der Vorsitzende des Schwurgerichts zu Recht angenommen hat – die weitere Besorgnis, dass die Zeugin V. bei Telefonaten des Angeschuldigten mit seiner Mutter anwesend ist beziehungsweise selbst mit dem Angeschuldigten unter Nutzung von Telefonanschlüssen der Mutter des Angeschuldigten telefoniert. Damit besteht die Befürchtung, dass die Telefonerlaubnisse, um die es vorliegend geht, für Verdunkelungsabsprachen zwischen dem Angeschuldigten und der Zeugin V. genutzt werden. Dabei ist naheliegend, dass solche Gespräche in Kenntnis und mit Billigung der Mutter des Angeschuldigten geführt werden. Vor diesem Hintergrund sind ungeachtet des Umstandes, dass Kontakte zwischen dem Angeschuldigten und seiner Mutter unter dem besonderen Schutz von Art. 6 Grundgesetz stehen, die Versagung und der Widerruf der Zustimmung zu Telefonerlaubnissen nicht nur rechtlich statthaft, sondern auch in der Sache geboten.

Durch eine akustische Gesprächsüberwachung könnte die begründete Befürchtung von Verdunkelungsaktivitäten nicht hinreichend abgewendet werden, weil bei einer akustischen Gesprächsüberwachung in der Regel erst im Anschluss an eine bereits erfolgte Absprache und damit erst zu spät reagiert werden könnte (vgl. insofern OLG Celle, Beschluss vom 24. November 2009 – 2 Ws 276/09, NStZ-RR 2010, 159).

Ohne Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Haftbefehl nicht auf Verdunkelungsgefahr gestützt ist; Maßnahmen zur Vermeidung von konkret zu befürchtenden Verdunkelungshandlungen können auch in einem solchen Fall ergriffen werden (OLG Celle, Beschluss vom 24. November 2009 – 2 Ws 276/09, NStZ-RR 2010, 159; OLG Celle, Beschluss vom 24. März 2016 – 1 Ws 28/16; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 119 Rn. 5).“

 

Manche lernen es nie III, oder: Freilassung der Angeklagten wegen Überlastung der Justiz

© Elena Schweitzer - Fotolia.com

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Und dann hier noch „Manche lernen es nie III“. Es geht um den OLG Bremen, Beschl. v. 20.05.2016 – 1 HEs 2/16 -, der (mal wieder) die Problematik der Überlastung der Justiz und die sich daraus ergeben Folgen für die Fortdauer von U-Haft behandelt. Das OLG Bremen hat – ich lege jetzt mal die PM des OLG zugrunde – im Rahmen der sog. „Sechs-Monats-Prüfung“ zwei Haftbefehle aufgehoben, in denen den beiden Angeklagten u.a. gemeinschaftlicher Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, gemeinschaftliche Zuhälterei und Körperverletzung vorgeworfen wurde. Das AG Bremen hatte gegen beide Angeklagten am 28.10.2015 die Haftbefehle erlassen. Die Angeklagten wurden am 28.10.2015 bzw. am 02.11.2015 verhaftet und in U-Haft genommen. Haftgründe waren Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Eine erste Anklage ging beim LG Bremen am 11.01.2016 ein. Aufgrund notwendiger Nachermittlungen wurde die Akte an die Staatsanwaltschaft zurück gesandt. Die nach diesen Ermittlungen abgeänderte Anklage ging beim LG Bremen am 14.03.2016 ein. Vor einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Fortdauer der Untersuchungshaft hat das LG Bremen die Akte dem OLG zur Haftprüfung vorgelegt und dabei mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ab dem 15.07.2016 zu verhandeln. Die Vorsitzende der Strafkammer hat darüber hinaus mitgeteilt, dass ein rechtzeitiger Beginn der Hauptverhandlung innerhalb von sechs Monaten nach der Verhaftung wegen des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache und wegen anderer bereits begonnener bzw. anberaumter Hauptverhandlungen nicht möglich sei.

Die GStA Bremen hatte in ihrer Stellungnahme beantragt, die Haftbefehle aufzuheben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dass bei der zuständigen Strafkammer keine kurzfristige Überlassung vorliege, die eine Fortdauer der U-Haft rechtfertigen könne, sondern dass sich aus verschiedenen Umständen ergebe, dass insgesamt bereits über einen längeren Zeitraum eine erhebliche Belastung der Strafkammern bestehe.

Das OLG hat die Haftbefehle aufgehoben. Zur Begründung hat es „ausgeführt, dass hier eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vorliege. Eine Überlastung des Landgerichts sei nur dann ein wichtiger Grund für die Fortdauer der Untersuchungshaft, wenn diese Überlastung nur kurzfristig und weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr ergebe sich aus den durch den 1. Strafsenat eingeholten Kennzahlen und sonstigen Informationen, dass die Belastungssituation der Strafkammern des Landgerichts Bremen bereits seit einiger Zeit deutlich geworden sei. Auch wenn sich die Eingänge in den Strafkammern des Landgerichts Bremen unter dem Bundesdurchschnitt bewegten, seien die Bestände im Jahr 2014 um 38 % und im Jahr 2015 sogar um 63 % höher als im Bundesdurchschnitt. Auch die Verfahrensdauer liege deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Eine drohende strukturelle Überlastung habe sich deshalb spätestens seit Mitte 2015 abgezeichnet, ohne dass ihr durch wirkungsvolle Maßnahmen planvoll entgegengewirkt worden wäre. Da auch bei den Zivilkammern des Landgerichts eine hohe Belastung vorliege, sei es nicht möglich gewesen, die Strafkammern durch Richter aus den Zivilkammern zu verstärken. Diese Umstände dürften jedoch nicht zulasten der in Haft befindlichen Angeklagten gehen.“

Manche lernen es eben nie, und zwar hier nicht die Strafkammer, sondern die Justizverwaltung, die einfach nicht genug Personal zur Verfügung stellt. Dafür schafft der BMjV lieber immer neue Strafvorschriften, die nun auch nicht gerade dazu führen werden, dass die Belastung der Justiz zurückgeht.

Zu den Teilen 1 und 2 der „Miniserie“ geht es hier: Manche lernen es nie I, oder: Warum will die Zentrale Bußgeldstelle „angewiesen“ werden? und Manche lernen es nie II, oder: Vierfacher Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, bemerkenswert.

Besuchsüberwachung, oder: Keine Verdachtsüberwachung

© Joachim B. Albers - Fotolia.com

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Der Beschuldigte befindet sich u.a. wegen des (schweren) sexuellen Missbrauch eines Kindes gem. § 176 Abs. 2 Nr. 1 StGB und § 176 Abs. 4 Nr. StGB in U-Haft. Das AG hat gem. § 119 StPO angeorndet, dass Besuche und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen und diese sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sei. Begründung: Es bestehe die Gefahr , dass der Beschuldigte Verdunklungshandlungen durch Einwirken auf Zeugen vornehme, da eine hohe Straferwartung gegeben sei.

Das LG Magdeburg hat im LG Magdeburg, Beschl. v. 04.07.2016 – 22 Qs 143 Js 14979/16 (29/16)  – die Beschränkungen – wie zu erwarten – aufgehoben. Begründung:

„Für die angeordneten Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO fehlt es jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium an einer Grundlage, weshalb sie aufzuheben waren.

Jede über die Inhaftierung hinausgehende Beschränkung der Freiheitsrechte des Beschuldigten muss in Umsetzung mit der Unschuldsvermutung und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einzeln auf ihre konkrete Erforderlichkeit geprüft und ausdrücklich angeordnet sowie begründet werden. Die Nichtanordnung von Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 ist also der Regelfall, die Beschränkung nach eingehender Einzelfallprüfung die Ausnahme [vgl. Gärtner in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., (Nachtrag), § 119 Rn. 4, 11 m. w. N. Die Anordnung, dass die Telekommunikation und der Empfang von Besuchen der Erlaubnis bedürfen und Besuche, Telekommunikation sowie Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind, ist nur zulässig, wenn im Einzelfall aufgrund konkreter Anhaltspunkte durch den unkontrollierten Kontakt des Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt eine reale Gefahr für die darin genannten Haftzwecke (Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr) besteht, während die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbrauchen könnte, nicht genügt (vgl. BVerfG StV 2009, 253; OLG Düsseldorf StV 2011, 746; KG StV 2015, 306; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 292). Der vom Amtsgericht genannte Aspekt, dass zu befürchten sei, dass der Beschuldigte zu der Geschädigten gegebenenfalls auch über Dritte Kontakt aufnimmt, um diese in ihrem Aussageverhalten zu beeinflussen, ist nicht geeignet, eine solche reale Gefahr für einen Haftzweck zu belegen. Die bloße Möglichkeit eines Missbrauchs rechtfertigt noch keine Haftbeschränkung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, 59. Aufl., StPO, § 119 Rn. 6 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte auf die Geschädigte einwirken würde, sind bisher nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Geschädigte mit dem Beschuldigten bis zu dessen Inhaftierung offenbar eine „Liebesbeziehung“ geführt hat, spricht noch nicht für das Vorliegen einer realen Gefahr, zumal sich der Beschuldigte bisher im Rahmen des Ermittlungsverfahrens geständig gezeigt hat. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ohne Beschränkungen der Haftzweck real gefährdet wäre, lassen sich dem Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 31. Mai 2016 ansonsten nicht entnehmen und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.“

Nichts wesentlich Neues, aber der Beschluss ruft noch einmal ins Gedächtnis: Ohne konkrete Anhaltspunkte für Missbrauch gibt es keine Überwachung, oder: Eine Verdachtsüberwachung ist nicht zulässig.

Der Besuch der eigenen Ehefrau/Mittäterin im Knast…

entnommen openclipart.org

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Das OLG Düsseldorf hat sich vor einiger Zeit im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2015 – III-3 Ws 231/15 – mit der Frage des Besuchs der eigenen Ehefrau eine U-Haft-Gefangenen befasst, wenn diese potentielle Mittäterin ist. Das OLG sagt: Ja, sie darf – Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK lassen grüßen -, aber unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen:

„Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Haftzwecks oder der Anstaltsordnung vorliegen, der Umstand allein, dass ein möglicher Missbrauch eines Freiheitsrechts nicht völlig auszuschließen ist, reicht nicht aus (BVerfG a.a.O.; OLG Hamm StV 1998, 35). Dabei müssen die Anforderungen um so gewichtiger sein, wenn es sich – wie vorliegend – um den Besuch des Ehepartners handelt (Schultheis, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Auflage 2013, § 119, Rn. 25). Denn Ehe und Familie stehen gem. Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Es müssen deshalb die erforderlichen und zumutbaren Anstrengungen unternommen werden, um in angemessenem Umfang Besuche von – auch möglicherweise als Mittäter verdächtigen und in Haft befindlichen – Ehepartnern zu ermöglichen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. Februar 2003, 2 Ws 17/2003, [juris]). Die Zusammenführung darf nur verweigert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie zum unzulässigen Austausch von verdeckten Informationen missbraucht und diese Gefahr mit den Mitteln der Besuchsüberwachung nicht ausgeräumt werden kann (OLG Stuttgart, a. a. O., Karlsruher Kommentar, a. a. O). Befinden sich inhaftierte Eheleute in verschiedenen Haftanstalten, so kann, wenn der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht gegeben ist, je nach Lage des Falles (Dauer der Haft, Entfernung der Vollzugsanstalt usw.) eine Besuchszusammenführung geboten sein (OLG Stuttgart StV 2003, 628; Karlsruher Kommentar, a. a. O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juli 1989, 1 Ws 670/89).

Dies ist vorliegend der Fall. Der Angeklagte und seine Ehefrau, die seit dem 5. November 2014 verheiratet sind, befinden sich seit mehr als acht bzw. neun Monaten getrennt voneinander in Haft. Die Vollzugsanstalten Gelsenkirchen und Wuppertal-Vohwinkel liegen nicht derart weit auseinander, dass eine Besuchszusammenführung erhebliche organisatorische oder personelle Schwierigkeiten mit sich bringen würde, so dass gerade im Hinblick auf den Schutz der Ehe der Besuch der Ehefrau bei dem Angeklagten grundsätzlich zu ermöglichen ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte den Besuch seiner Ehefrau zur Verdunkelung missbrauchen würde, liegen entgegen der Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht vor. Soweit die Ehefrau sich an den Taten des Angeklagten beteiligt haben sollte und als Zeugin im vorliegenden Verfahren der Einlassung des Angeklagten teilweise widersprechende Angaben gemacht hat, kann einer möglichen Besorgnis von Absprachen über das Prozessverhalten und Verdunkelungshandlungen anlässlich eines Besuchs durch eine optische und akustische Überwachung der Kommunikation hinreichend begegnet werden. Im Falle einer spontanen Absprache wird es dem überwachenden Beamten möglich sein, sofort in das Gespräch einzugreifen bzw. dieses abzubrechen.

Der Senat hat deshalb entsprechend § 19 UVollzG vorsorglich in Konkretisierung der Anordnung des Landgerichts vom 19. März 2015 gem. § 119 Abs. 1 StPO bestimmt, dass der Besuch optisch und akustisch zu überwachen ist. Da der Schriftverkehr zwischen dem Angeklagten und dessen Ehefrau überwiegend in spanischer und nur vereinzelt in arabischer Sprache geführt wird, stellt die Anordnung der Kommunikation in deutscher oder spanischer Sprache unter Hinzuziehung eines Dolmetschers eine im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK hinzunehmende Einschränkung dar.“