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„Halt, stopp, Polizeikontrolle“, oder: Bei Weiterfahrt ein oder zwei Taten (Dauerstraftat)?

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Nach dem BGH, Beschl. v. 27.04.2017 – 4 StR 547/16 (vgl. dazu BGH locuta, causa finita, oder: Das AG-Urteil beim Fahren ohne Fahrerlaubnis) dann als erste Entscheidung des heutigen Tag eine weitere Entscheidung zum Fahren ohne Fahrerlaubnis. Es ist das AG Dortmund, Urt. v. 26.05.2017 – 729 Ds-266 Js 32/17 -121/17. Es ging um die Frage: Hat das Anhalten des Angeklagten bei einer Fahrt im Rahmen einer Geschwindigkeitsüberwachungsmaßnahme mit Personenkontrolle zur „Unterbrechung“ des Fahrens ohne Fahrerlaubnis geführt mit der Folge, dass zwei Taten des § 21 StVG vorlegen hätten. So war angeklagt. Das AG sagt: Passt nicht:

„Hinsichtlich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis waren zwei selbstständige materiell rechtliche Taten angeklagt worden, nämlich zum einen das Fahren bis zur der polizeilichen Kontrolle und zum anderen das Fahren ab der polizeilichen Kontrolle. Tatsächlich stellten diese beiden Teilfahrten eine einheitliche Tat im rechtlichen Sinne dar.

Bei § 21 StVG handelt es sich um eine sogenannte Dauerstraftat, die durch lediglich kurze Fahrtunterbrechungen nicht unterbrochen wird (vgl. hierzu: NK-GVR/Kerkmann/Blum, 2. Auf. 2017, § 21 StVG Rn. 76). Im vorliegenden Falle hat der Angeklagte nach der Feststellung der Ordnungswidrigkeit durch die Polizei seine Fahrt – wie von Anfang an vorgehabt – fortgeführt. Insoweit ist diese Situation zu vergleichen mit anderen kurzen Fahrtunterbrechungen, wie den Anhalten zum Tanken oder dem Anhalten zum Einkauf (weitere Nachweise bei Krumm, SVR 2010, 279). Die Tatsituation ist insoweit auch anders zu werten, als bei Dauerstraftat tatsächlich beendenden polizeilichen Anhaltevorgängen, wie sie etwa stattfinden im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle, in deren Rahmen eine Alkoholisierung oder ein Drogenkonsum des Fahrers festgestellt wird und bei der dem Fahrer eine Weiterfahrt untersagt wird (hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 8. 8. 2008 – 2 Ss OWi 565/08 = NZV 2008, 532 = VRS 115, 142 = ZfS 2008, 593). Eine Dauerstraftat (hier § 21 StVG) wird also nicht durch ein Anhalten durch Polizeibeamte wegen eines einfachen Geschwindigkeitsverstoßes und die Personalienfeststellung unterbrochen, wenn die Polizei den Fahrzeugführer danach seine ursprünglich beabsichtigte Fahrstrecke weiterfahren lässt.“

Es reichte insoweit auch ein einfacher rechtlicher Hinweis dahin aus, dass es sich bei dem Angeklagten bei zwei Fahrten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis lediglich um eine Tat handelte. Ein Teilfreispruch hinsichtlich der einen der beiden Taten musste nicht erfolgen.“

Die Frage ist übrigens kein § 21 StVG-spezifisches Problem, sondern eine Frage, die sich bei allen Dauerstraftaten stellt. Also z.B. auch bei § 316 StGB

Mehrere Fahrverbote bei Tatmehrheit? Nein, nur eins, sagt jetzt der BGH

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Das OLG Hamm hatte mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 30.04.2015 – 3 RBs 116/15 dem BGH die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage: Mehrere Fahrverbote bei Tatmehrheit?, vorgelegt (vgl. dazu Mehrere Fahrverbote bei Tatmehrheit? – das beantwortet demnächst der BGH).

Die Frage war:

„Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander- zu verhängen?“

Jetzt ist die Antwort des BGH da. Der Kollege Türker aus Berlin hat mir den von seinem Kollegen RA Hizarci erstrittenen BGH, Beschl. v. 16.12.2015 – 4 StR 227/15 – übersandt (steht bzw. stand bis gestern noch nicht auf der HP des BGH). Und der BGH sieht es anders als das OLG Hamm. Er sagt:

„Wird über zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können, gleichzeitig entschieden, so ist nur ein einheitliches Fahrverbot zu verhängen.“

Es bleibt also bei der h.M. der Obergerichte.

Mehrere Fahrverbote bei Tatmehrheit? – das beantwortet demnächst der BGH

FragezeichenBislang war es einhellige Rechtsprechung der OLG, dass innerhalb derselben Entscheidung auch dann nicht mehrfach auf ein Fahrverbot erkannt werden kann, wenn mehrere Verkehrsordnungswidrigkeiten geahndet werden, von denen jede bereits für sich allein die Anordnung eines Fahrverbots rechtfertigen würde (u.a. OLG Brandenburg VRS 106, 212; DAR 2013, 391 = VRR 2013, 470; OLG Düsseldorf NZV 1998, 298). Auch das OLG Hamm – 3. Senat für Bußgeldsachen – hat diese Ansicht vertreten (NZV 2010, 159 = DAR 2010, 335 = VRR 2010, 155).

Davon will das OLG Hamm – 3. Senat für Bußgeldsachen – jetzt weg. Begründung u.a.: Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, von der Einführung einer an die Bildung einer Gesamtstrafe angelehnten Gesamtgeldbuße abzusehen. Diese unterschiedliche, vom Gesetzgeber getroffene Rechtsfolgenlösung entkräfte wesentlich das Argument, der Betroffene stünde bei der Begehung zweier Straftaten besser als bei der Begehung zweier Ordnungswidrigkeiten; denn eine unterschiedliche Behandlung habe der Gesetzgeber bewusst vorgenommen. Es erscheine in sich wenig schlüssig, einerseits hinsichtlich der Geldbußen nach § 20 OWiG von einem „Kumulationsprinzip“, hinsichtlich der Nebenfolge „Fahrverbot“ dagegen von einer einheitlichen Rechtsfolge auszugehen („Asperationsprinzip“).

Damit war wegen der o.a. Rechtsprechung ein Vorlagebeschluss erforderlich. Und der liegt mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 30.04.2015 – 3 RBs 116/15 – vor. In dem fragt das OLG den BGH:

„Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander- zu verhängen?“

Warten wir ab, was passiert und ob der BGH die h.M. kippt. Der Kollege Deutscher hat in Burhoff (Hrsg.) Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, übrigens schon immer diese jetzt auch vom OLG Hamm vertretene Auffassung vertreten.

Mehrere Geschwindigkeitsverstöße auf einer Fahrt: Tateinheit oder Tatmehrheit?

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob und ggf. wann mehrere auf einer Fahrt begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen in Tateinheit oder in Tatmehrheit zueinander stehen.

Das AG Suhl, Beschl. v. 21.02.2011 – 330 Js 21777/10 1 OWi geht von Tateinheit aus, wenn es sich um mehrere Geschwindigkeitsverstöße, die innerhalb weniger Kilometer bei gleichbleibender Geschwindigkeitsbegrenzung auf einer Fahrt begangen werden, gehandelt hat.  In den Feststellungen heißt es dazu:

Der Betroffene tat dieses mit einer Geschwindigkeit von mindestens 98 km/h gegen 14.47 Uhr bei km 117 und mit mindestens 92 km/h bei km 127, obwohl an angegebenen Stellen die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 StVO auf 80 km/h begrenzt ist.“

Folge:

„Der Bußgeldkatalog sieht für eine entsprechende Übertretung um 18 km/h in Nr. 11.3.3 ein Bußgeld von 30,- Euro vor.

Die weitere geringfügigere Geschwindigkeitsübertretung innerhalb der Strecke mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h war nicht bußgelderhöhend zu berücksichtigen. Wird, wie im Bußgeldbescheid zutreffend, zugrunde gelegt, Tateinheit angenommen, d.h. mehrere Verstöße durch eine Handlung, so gilt gemäß § 2 Abs. 6 BKatV, dass jedenfalls im Verwarnungsgeldbereich unter 35,- Euro nur ein Verwarnungsgeld, und zwar das höchste der in Betracht kommenden, verhängt wird.“