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Strafe III: Schwere Zwangsprostitution/Zuhälterei, oder: Hat der Angeklagte „gewerbsmäßig“ gehandelt?

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Und im dritten Posting dann noch etwas zur Gewerbsmäßigkeit.

Das LG hat den Angeklagten wegen schwerer Zwangsprostitution in Tateinheit mit Zuhälterei verurteilt. Dagegen die Revison, die hinsichtlich der Strafzumessung Erfolg hatte. Der BGH hat das LG-Urteil mit dem BGH, Beschl. v. 14.09.2022 – 4 StR 55/22 – hinsichtlich der Strafzumessung aufgehoben:

„a) Das Landgericht hat bei der Bemessung der Freiheitsstrafe strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte den Tatbestand der schweren Zwangsprostitution in zweifacher Hinsicht erfüllt hat (§ 232a Abs. 4 Alt. 1, 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 StGB). Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen nicht ergeben, dass der Angeklagte auch gewerbsmäßig im Sinne von § 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB gehandelt hat.

aa) Nach den Feststellungen veranlasste der Angeklagte die zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alte Nebenklägerin durch eine Drohung dazu, der Prostitution nachzugehen. In mindestens einem Fall reagierte er aggressiv, um sie zur Fortsetzung dieser Tätigkeit zu bringen. Als er auf sie einwirkte, um sie zur Aufnahme der Prostitution zu bewegen, handelte er in der Absicht, die zu erwirtschaftenden Einkünfte der Nebenklägerin aus der Prostitutionstätigkeit vollständig zu vereinnahmen und sich daraus eine nicht unerhebliche, dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen.

bb) Dies reicht für die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns nicht aus. Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen; liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig zu werten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 433/20, juris Rn. 22; Beschluss vom 2. Februar 2011 – 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516; Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85 mwN). Kommt es dem Täter dagegen lediglich darauf an, sein Opfer zur Aufnahme der Prostitution zu veranlassen, um sich – wie festgestellt – aus den von diesem erzielten Einkünften eine dauerhafte Einnahmequelle zu erschließen, liegt kein Fall des § 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB vor (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 StR 622/10; Beschluss vom 28. August 2008 – 4 StR 327/08, juris Rn. 2, jew. zu § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB aF).

Dass der Angeklagte darüber hinaus mit der Intention einer wiederholten Tatbegehung gehandelt hat, lässt sich dem Urteil auch seinem Gesamtzusammenhang nach nicht entnehmen. Denn die Strafkammer hat weder festgestellt, dass der Angeklagte noch weitere Personen im Sinne von § 232a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB zur Ausübung der Prostitution bringen wollte, noch dass er bei Tatbegehung damit rechnete, die Nebenklägerin wolle die Prostitutionstätigkeit wieder aufgeben und er müsse sie zur Fortsetzung zwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2022 – 1 StR 65/22, juris Rn. 13; Beschluss vom 12. Februar 2019 – 4 StR 374/18, NStZ-RR 2019, 179 f. zu § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB aF)….“

Strafe II: „Du bist kein Betäubungsmittelkonsument“, oder: „Keine finanzielle Notlage…“

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Im zweiten Posting dann zwei Entscheidungen zur Strafzumessung bei BtM-Delikten, und zwar:

„1. Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte selbst kein Betäubungsmittelkonsument und daher „nicht etwa durch eine Abhängigkeitsproblematik zur Finanzierung des eigenen Konsums zur Tatbegehung bewegt worden“ sei. Das Motiv, die Drogen erworben zu haben, um den eigenen Konsum zu finanzieren, kann Grund für die Milderung der Strafe sein, weil Suchtdruck oder Angst vor Entzugsfolgen das Handeln eines Täters beeinflussen können (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2022 – 2 StR 223/21, Rn. 3; Beschluss vom 5. März 2020 – 1 StR 42/20, Rn. 3; O?lakc?o?lu in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 29a BtMG Rn. 142 mwN). Das Landgericht hat dagegen die fehlende Abhängigkeit des Angeklagten als strafschärfenden Umstand bewertet und damit rechtsfehlerhaft das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zu seinen Lasten berücksichtigt.

Da die Strafzumessung schon unter diesem Gesichtspunkt rechtsfehlerhaft ist, kann der Senat offen lassen, ob die Strafkammer durch ihre weitere Erwägung, der Angeklagte habe „kühl wirtschaftlich kalkulierend aus reinem Gewinnstreben mit Betäubungsmitteln Handel getrieben“ ein noch im Rahmen der Tatbestandsmäßigkeit von § 29a Abs. 1 Nr. 2 Variante 1 BtMG liegendes Gewinnstreben strafschärfend herangezogen und damit gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstoßen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2020 – 2 StR 517/19 Rn. 4, NStZ-RR 2020, 146, 147; Beschluss vom 22. Mai 2018 – 4 StR 100/18, StV 2019, 325, 236; Maier in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29a Rn. 266 mwN).“

„……

a) Zwar ist die Formulierung bedenklich, wonach dem Angeklagten angelastet wird, dass er nicht aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt hat; denn das Fehlen von Strafmilderungsgründen darf dem Angeklagten nicht angelastet werden (vgl. zu dieser Formulierung nur BGH, Beschluss vom 5. Februar 2020 – 2 StR 517/19, NStZ-RR 2020, 146 mwN). Damit hat das Landgericht nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe aber lediglich das zuvor als Straferschwerungsgrund gewertete Handeln aus grobem Eigennutz im Sinne eines übersteigerten Gewinnstrebens weiter illustrieren wollen.“

Strafe I: Doppelverwertungsverbot beim Missbrauch, oder: „Garantenstellung“, Sexualobjekt, Entwicklung

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Und heute dann noch einmal Entscheidungen zur Strafzumessung. Es ist manchmal wie verhext. Da tut sich zu einer Thematik lange nichts und dann auf einmal gibt es zahlreiche Entscheidungen. So ist es im Moment mit dem Thema „Strafzumessung“. Dazu hängen einige Entscheidungen in meinem Blogordner.

Ich eröffne den Reigen heute mit einigen Entscheidungen zum Doppelverwertungsverbot beim Missbrauch, und zwar zunächst mit dem BGH, Beschl. v. 26.04.2022 – 4 StR 34/22. Es geht um die Strafzumessung im „Münsteraner Missbrauchsfall“. Das LG hat die Angeklagte, die Mutter des Missbrauchsopfers, unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe durch Unterlassen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen die Revision der Angeklagten, die Erfolg hatte:

„Nach den Feststellungen missbrauchte der gesondert verfolgte Lebensgefährte der Angeklagten den zur Tatzeit zwischen neun und elf Jahre alten Nebenkläger, indem er zweimal pro Woche u. a. an ihm den Oralverkehr ausübte oder an sich von dem Nebenkläger vornehmen ließ. Die Angeklagte, die als leibliche Mutter allein sorgeberechtigt für den Nebenkläger war, unternahm nichts, um diese Handlungen des gesondert Verfolgten zu beenden, zu erschweren oder zu minimieren. Vielmehr ließ sie zu, dass der gesondert Verfolgte mit dem Nebenkläger allein war und diesen zu einer Vielzahl von Tagesausflügen oder mehrtägigen Aufenthalten mit Übernachtungen mitnahm. Dabei rechnete sie zu Beginn des Tatzeitraums damit, dass der gesondert Verfolgte ihre Abwesenheit zum Missbrauch ausnutzte, und fand sich damit ab. Spätestens nach einem Jahr hatte sie positive Kenntnis von den fortlaufenden Missbrauchshandlungen. Durchgehend war sie sich ihrer Pflicht als Mutter und ihrer vielfältigen Handlungsmöglichkeiten bewusst.

….

3. Dagegen kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil die Strafkammer die Art der Garantenstellung der Angeklagten rechtsfehlerhaft strafschärfend berücksichtigt hat ( § 46 Abs. 3 StGB ).

a) Das Landgericht hat die Strafe dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2 , § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 176a Abs. 2 StGB (in der ab 27. Januar 2015 geltenden Fassung) entnommen; eine nochmalige Milderung des Strafrahmens gemäß § 13 Abs. 2 , § 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt. Bei der Prüfung eines minder schweren Falls gemäß § 176a Abs. 4 StGB aF und bei der konkreten Strafbemessung hat die Strafkammer dabei der Angeklagten die Qualität der Garantenstellung angelastet, die sich aus ihrer Eigenschaft als allein sorgeberechtigter leiblicher Mutter des Nebenklägers ergebe, und zur Begründung angeführt, dass diese Garantenstellung ein deutlich „anderes“ Gewicht habe als beispielsweise eine Garantenstellung aus Gefahrengemeinschaft.

b) Damit hat die Strafkammer gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstoßen.

aa) Danach dürfen die Merkmale des Tatbestands, welche die Strafbarkeit begründen und der Bestimmung des gesetzlichen Strafrahmens zugrunde liegen, nicht nochmals bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Dies gilt in gleicher Weise für deliktsübergreifende strafbarkeitsbegründende Umstände aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2007 – 3 StR 497/06 Rn. 10 [zum Unterlassen]; Beschluss vom 25. September 2002 – 1 StR 347/02 Rn. 6 [zum unterbliebenen Rücktritt] und Beschlüsse vom 18. März 2003 – 4 StR 83/03 Rn. 3, vom 13. September 2001 – 4 StR 322/01 Rn. 4 und vom 16. August 2000 – 3 StR 253/00 Rn. 5) und damit auch für die Gesichtspunkte, die eine Garantenstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB begründen (vgl. Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 46 Rn. 45b mwN).

bb) Mit der strafschärfenden Berücksichtigung der Eigenschaft der Angeklagten, die alleinerziehende Mutter des Tatopfers zu sein, hat die Strafkammer einen Umstand zu Lasten der Angeklagten gewürdigt, der ihre Garantenstellung gemäß § 13 Abs. 1 StGB i. V. m. § 1626 Abs. 1 BGB und ihre sich daraus ergebende Handlungspflicht überhaupt erst begründet. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann dem Hinweis auf die „Qualität der Garantenstellung“ auch nicht entnommen werden, dass die Strafkammer damit aufzeigen wollte, dass die Angeklagte eine weit unter der Zumutbarkeitsschwelle liegende und von ihr deshalb „regelhaft“ zu erwartende Handlung nicht vorgenommen habe (vgl. dazu Roxin, Strafrecht AT Bd. 2 § 31 Rn. 242; krit. dazu LK-StGB/Weigend, 13. Aufl., § 13 Rn. 101). Denn die Strafkammer hat sich an anderer Stelle mit der Zumutbarkeit eines Eingreifens gesondert auseinandergesetzt.

c) Der Senat kann trotz des erheblichen Gewichts des Untätigbleibens letztlich nicht ausschließen, dass sich der Rechtsfehler bei der Strafbemessung ausgewirkt hat.“

Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot hat der BGH auch angenommen im BGH, Beschl. v. 17.06.2022 – 5 StR 110/22. Da hatte die Strafkammer Die Strafkammer  „straferschwerend gewertet, dass die Geschädigten für den Angeklagten „nur Sexualobjekte“ seien, „deren von ihm erkannte entgegenstehende Willen er rücksichtslos beiseiteschiebt“.“ Anders der BGH, Beschl. v. 06.09.2022 – 6 StR 274/22 Die Erwägung, der Angeklagte „habe „durch seine Taten eine unbefangene sexuelle Entwicklung der Geschädigten verhindert“, “ hat der BGH nicht als Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) beanstandet. Denn: “ Während der Tatbestand von §§ 176, 176a StGB der Gefahr von Entwicklungsschäden auf sexuellem Gebiet begegnen soll und diese damit keinen tauglichen Strafzumessungsumstand darstellt, können tatsächlich eingetretene Schäden strafschärfend berücksichtigt werden….“

Strafzumessung II: Nochmals Urteil wegen BtM-Delikte, oder: Einlassungsverhalten und Gewerbsmäßigkeit

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Und als zweite Entscheidung  heute dann das BGH, Urt. v. 20.07.2022 – 5 StR 29/22. Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die keinen Erfolg hat:

„1. Die Strafzumessung ist Sache des Tatgerichts. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit entfernt, dass sie sich nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht zustehenden Spielraums bewegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht ist daher ausgeschlossen. Das Revisionsgericht muss die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2021 – 5 StR 545/20 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die Bildung der Gesamtstrafe (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2022 – 5 StR 369/21).

2. Daran gemessen weist die Strafzumessung weder zugunsten noch zulasten (§ 301 StPO) des Angeklagten Rechtsfehler auf.

a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist dem Landgericht bei der „Bewertung des Einlassungsverhaltens“ kein Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten unterlaufen.

Das Landgericht hat strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte bereits vor Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis abgelegt und dieses in der Hauptverhandlung wiederholt hat. Angesichts der damals noch nicht geklärten Rechtsfrage der Verwertbarkeit von Encrochat-Daten hat es die geständigen Angaben als nicht „nur taktisch motiviert“ bewertet, sondern als „besonders werthaltig“ und von aufrichtiger Reue getragen. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Denn das Landgericht hat mit diesen Erwägungen lediglich begründet, weshalb es dem (frühzeitigen) Geständnis trotz gewichtiger belastender Beweismittel ein ungemindertes strafmilderndes Gewicht beigemessen hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106). Weil das Landgericht rechtsfehlerfrei von einer auf einem echten Reue- und Schuldgefühl beruhenden Einlassung ausgegangen ist, hindert auch der Umstand, dass der Angeklagte die Qualität des gehandelten LSD relativiert hat, nicht, das Geständnis als „werthaltig“ zu bewerten und ihm daher eine erhebliche strafmildernde Bedeutung beizumessen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2019 – 2 StR 589/18).

Die vom Landgericht vorgenommene Gewichtung des strafmildernden Gehalts des Geständnisses hält sich im Rahmen des tatgerichtlichen Ermessens und weist daher keinen Rechtsfehler auf.

b) Anders als der Generalbundesanwalt meint, stellt es keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht die festgestellte gewerbsmäßige Tatbegehung nicht als bestimmenden Strafzumessungsumstand im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zulasten des Angeklagten berücksichtigt hat.

Zwar kann die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) im Rahmen der Strafzumessung innerhalb des Qualifikationstatbestandes des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafschärfend verwertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2020 – 3 StR 319/20; Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 433/20). Zwingend ist dies aber nicht. Vielmehr gilt auch insofern: Das Tatgericht ist lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, entscheidet das Tatgericht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2021 – 6 StR 127/21). Eine strafzumessungsrechtlich beachtliche Lücke deckt die Revision nicht auf (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 2. Juni 2021 – 3 StR 21/21 Rn. 55 [in NJW 2021, 2813 nicht abgedruckt]; vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337).

c) Im Übrigen setzt die Beschwerdeführerin lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts; dies ist revisionsrechtlich unbehelflich. Entgegen der Revision sind weder die Einzelstrafen noch die Gesamtfreiheitsstrafe unvertretbar niedrig.“

BtM III: Zwei „klassische Strafzumessungsfehler“, oder: Was man als Strafkammer wissen sollte

Und die dritte Entscheidung, die ich vorstelle, ist der BGH, Beschl. v. 02.08.2022 – 4 StR 80/22. In ihm geht es auch um die Strafzumessung, Die Strafkammer hatte zwei „klassische Fehler“ gemacht, die aber keine Folgen hatten. Richtig, nach Auffassung des BGH das Urteil beruhte nicht auf diesen Fehlern:

„Ergänzend bemerkt der Senat:

Im Rahmen der Strafzumessung in den Fällen II. 35.) bis 37.) der Urteilsgründe sind die Erwägungen des Landgerichts nicht frei von Bedenken, soweit es strafschärfend berücksichtigt hat, dass es sich bei Ecstasy „nicht mehr um eine weiche Droge“ handele. Damit hat die Strafkammer dem Angeklagten das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes angelastet. Die mindere Gefährlichkeit einer „weichen“ Droge wie Cannabis kann bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2020 – 4 StR 537/19 Rn. 11; Beschluss vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16 Rn. 12; Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., Vorbemerkungen zu §§ 29 ff. BtMG Rn. 120). Dem bloßen Fehlen eines solchen Strafmilderungsgrundes bei einem Betäubungsmittel mittlerer Gefährlichkeit wie Ecstasy (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – 4 StR 463/18 Rn. 11 mwN) darf hingegen keine straferhöhende Wirkung beigemessen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 3 StR 586/17 Rn. 5 mwN zu Amphetamin; s. ferner BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 4 StR 393/17 Rn. 4; Beschluss vom 14. Juni 2017 – 3 StR 97/17 Rn. 12).

Das Landgericht hat zudem rechtsfehlerhaft in den Fällen II. 35.) und 36.) der Urteilsgründe, in denen es den Angeklagten jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hat, straferschwerend herangezogen, dass die Betäubungsmittel „auch tatsächlich in Umlauf gelangt“ seien. Mit dieser Erwägung hat es gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. Denn der Handel mit Betäubungsmitteln erfasst typischerweise deren Verkauf an andere Personen und damit auch, dass die Betäubungsmittel in den Verkehr geraten (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juni 2021 – 2 StR 13/21; Beschluss vom 14. Juni 2017 – 3 StR 97/17 Rn. 11).

Der Senat kann allerdings mit Blick auf die weiteren Zumessungserwägungen ausschließen, dass die in den Fällen II. 35.) bis 37.) der Urteilsgründe verhängten (maßvollen) Einzelgeldstrafen auf den rechtsfehlerhaften Erwägungen beruhen.“

Sollte man an sich als Strafkammer wissen…..