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Strafzumessung – Überseht die Einziehung nicht

 Wenn man die Rechtsprechung des BGH auswertet, fällt m.E. auf, dass Revisionen häufig einen (kleinen) Teilerfolg haben, nämlich im Hinblick auf die Einziehung und verwandte Maßnahmen (§§ 73 ff. StGB). Das werden von den Landgerichten immer wieder Fehler gemacht, die insoweit zur Aufhebung oder ggf. sogar zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs führen. So z.B. der BGH, Beschl. v. 16.02.2012 – 3 StR 470/11, einem BtM-Verfahren, in dem das LG den von der Angeklagten  zum Transport von Drogen benutzten Pkw eingezogen hat. Dazu der BGH:

Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung.

1. Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Pkws der Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 – 3 StR 189/04, NStZ 2005, 232). Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 27. September 2011 – 3 StR 296/11, NStZ-RR 2011, 370; vom 20. Juli 2011 – 5 StR 234/11, StV 2011, 726; vom 20. September 1988 – 5 StR 418/88, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 16; Urteil vom 12. Oktober 1993 – 1 StR 585/93, StV 1994, 76).

Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Pkw hat es offen gelassen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von der Angeklagten  verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte...“

Vor dem Rauben klagen – wichtig für die Strafzumessung…

 Der Angeklagte ist wegen Raubes verurteilt worden. Er macht einen Strafzumessungsfehler geltend und trägt vor, dass ihm in der Strafzumessung angelastet worden ist, dass er nichts zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Forderung unternommen habe.

Dazu der BGH, Beschl. v. 07.02.2012 –4 StR 587/11:

„Der Einwand des Angeklagten B. , ihm hätte bei der Bemessung der Strafe nicht vorgeworfen werden dürfen, dass er keine Anstrengungen zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Forderung unternommen hat, zeigt keinen Rechtsfehler auf. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag zwischen dem Angeklagten B. und dem Zeugen K. wegen Wuchers oder Wucherähnlichkeit nach § 138 BGB nichtig war, wäre jedenfalls der Anspruch auf Rückgewähr der Darlehensvaluta nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB einklagbar gewesen, da die vereinbarte Laufzeit am 30. August 2009 verstrichen war (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1981 – III ZR 90/81, NJW 1983, 1420, 1422; MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl., § 817 Rn. 35 mwN.).“

Also: Vor Rauben klagen…

Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Einen konkreten Leitsatz hat das zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehene BGH, Urt. v. 07.02.2012 – 1 StR 525/11 nicht. Es heißt nur – wenig aufschlussreich – „Zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung „in Millionenhöhe“ (Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71).

Zum Urteil, über das wir auch schon berichtet hatten – jetzt liegt der Volltext vor:

a) Für die Strafzumessung in Fällen der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Folgendes:

Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. In Fällen, in denen – wie hier – noch die vorherige Gesetzesfassung dieser Vorschrift Anwendung findet, weil die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen wur-de, ist das Regelbeispiel nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat seit der Grundsatzentscheidung vom 2. Dezember 2008 (im Verfahren 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 84 ff.) mehrfach bestätigt und fortgeschrieben hat (vgl. zusammenfassend BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 1 StR 579/11), ist das nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbeispiels „in großem Ausmaß“ dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Fi-nanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (BGHSt 53, 71, 85).

Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden gesetz-geberischen Wertung ist bei besonders hohen Hinterziehungsbeträgen dadurch Rechnung zu tragen, dass bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungs-gründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGHSt 53, 71, 86 mwN).

b) Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem am 3. Mai 2011 (BGBl. I, 676) in Kraft getretenen Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages heißt es dazu unter Bezug-nahme auf das in BGHSt 53, 71 abgedruckte Senatsurteil (BT-Drucks. 17/5067 neu, S. 18): „Bei den Beratungen der geplanten Maßnahmen zur Verhinderung der Steuerhinterziehung waren sich alle Fraktionen in der Bewertung einig, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei und entsprechend bekämpft werden müsse. Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP haben dabei betont, … Eine Aussetzung der Freiheitsstrafe auf Bewährung bei Hinterziehung in Millionenhöhe sei nach einer Entscheidung des BGH nicht mehr mög-lich.“ Damit hat der Gesetzgeber diese Rechtsprechung gebilligt (vgl. dazu bereits BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 1 StR 116/11 Rn. 14, wistra 2011, 347).

c) Nach diesen Maßstäben stellt die vom Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren keinen gerechten Schuldausgleich mehr dar. Sie kann daher keinen Bestand haben. …“

Strafzumessung: „…. mit einem erschreckenden Ausmaß von roher und brutaler Gewalt ….“

Mal wieder Strafzumessung:

Das Landgericht verurteilt den Angeklagten u.a. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. In der Strafzumessung hat es zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er mit einem erschreckenden Ausmaß von roher und brutaler Gewalt gegen sein Opfer vorging.

Dazu der BGH, Beschl. v.31.01.2012 -3 StR 453/11:

„Diese Strafzumessungserwägung begegnet unter den hier gegebenen Umständen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 1 StR 223/00, StV 2001, 615; Urteil vom 17. Juli 2003 – 4 StR 105/03, NStZ-RR 2003, 294; Beschluss vom 8. Oktober 2002 – 5 StR 365/02, NStZ-RR 2003, 104; Beschluss vom 16. Juli 2003 – 1 StR 251/03, NStZ-RR 2003, 362; Beschluss vom 29. November 2011 – 3 StR 375/11; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 32). Da-mit, ob dem Angeklagten die ihm vorgeworfene „rohe und brutale Gewalt“ seines Vorgehens trotz der Umstände, die seine nicht ausschließbar erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit begründen, uneingeschränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander. Sie kann auch Ausdruck der verminderten Schuldfähigkeit gewesen sein.“

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In der Berufung gleiche Strafe trotz neuer erheblicher Milderungsgründe – erhöhter Begründungsaufwand

Einen Klassiker der Fehler, die häufig bei der Strafzumessung gemacht werden, behandelt das OLG Bamberg, Beschl. v. 02.11.2011 – 3 Ss 104/11. Da genügt deshalb der Hinweis auf den Leitsatz:

„Der auf Berufung oder nach einer Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht neu entscheidende Tatrichter hat, sofern er Feststellungen trifft, welche die Tat des Angeklagten abweichend vom Ersturteil in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen und sogar einen wesentlich niedrigeren Strafrahmen vorschreiben als den, der nach den früheren Feststellungen geboten war, seine Entscheidung regelmäßig eingehend zu begründen, wenn er dennoch auf eine gleich hohe Strafe erkannt hat (Anschluss u.a. an BGH, Beschluss vom 20.08.1982 – 2 StR 296/82 = NJW 1983, 54 und OLG Stuttgart NStZ-RR 2001, 16).“