Schlagwort-Archive: Strafzumessung

Strafzumessung III: Die formelhafte Begründung der Jugendstrafe

© Alex White - Fotolia.com

© Alex White – Fotolia.com

Ich hatte vorhin schon den BGH, Beschl. v. 15.06.2016 – 1 StR 72/16 – vorgestellt (vgl. Strafzumessung II: Doppelfehler, oder: Die Gefährlichkeit des Rauschgifts). Der ist auch noch aus einem weiteren Gesichtspunkt von Interesse. Denn der BGH gibt in seiner Aufhebung Hinweise auf die Bemessung einer ggf. neu zu verhängenden Jugendstrafe – das passte es ihm also auch nicht:

„Im Hinblick auf die Bemessung einer gegen den Mitangeklagten M. zu verhängenden Jugendstrafe weist der Senat auf § 18 Abs. 2 JGG hin. Danach ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, inwieweit dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folge der Strafe für die weitere Entwicklung des Jugendlichen/Heranwachsenden abgewogen worden ist (dazu BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 – 2 StR 413/13, NStZ 2014, 407; Beschlüsse vom 28. Februar 2012 – 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186 mwN; vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12 und vom 8. Januar 2015 – 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154). Hieran fehlt es, wenn die Begründung wesentlich oder gar ausschließlich mit solchen Zumessungserwägungen vorgenommen wird, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1994 – 4 StR 367/94). Eine abschließende lediglich formelhafte Erwähnung der erzieherischen Erforderlichkeit der verhängten Jugendstrafe genügt den Erfordernissen des § 18 Abs. 2 JGG nicht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12 und vom 8. Januar 2015 – 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154).“

Strafzumessung II: Doppelfehler, oder: Die Gefährlichkeit des Rauschgifts

© macrovector - Fotolia.com

© macrovector – Fotolia.com

Quasi einen „Doppelfehler“ bei der Strafzumessung stellt der BGH im BGH, Beschl. v. 15.06.2016 – 1 StR 72/16 – fest. Es geht um eine Verurteilung wegen unerlaubtem Handeltreiben und unerlaubter Einfuhr von Betäbungsmitteln. Da passt dem BGH die landgerichtliche Strafzumessung nun gar nicht und er beanstandet mehrere Punkte: Also: Doppelfehler.

Zunächst passt dem BGH die vom LG vorgenommene Gewichtung der Art des Rauschgiftes, um das es im Verfahren ging nicht:

Grundsätzlich kommt im Rahmen der Strafzumessung der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit eine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 4 StR 202/00, StV 2000, 613; Patzak in Kör-ner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 208), wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diesbezüglich ein für die Strafzumessung maßgebliches Stufenverhältnis von sog. „harten“ Drogen, wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack (BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 – 4 StR 393/97, NStZ-RR 1998, 148; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 4 StR 202/00, StV 2000, 613) über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 1990 – 2 StR 275/90, StV 1990, 494; vom 10. Februar 1993 – 2 StR 20/92, NStZ 1993, 287; vom 30. Oktober 1996 – 2 StR 508/96, StV 1997, 75 und vom 26. März 2014 – 2 StR 202/13, StV 2015, 353), bis hin zu sog. „weichen“ Drogen, wie Cannabis (dazu BGH, Urteile vom 2. Dezember 1986 – 1 StR 599/86, StV 1987, 203 und vom 28. Januar 2009 – 5 StR 465/08), besteht (vgl. insgesamt Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 114, 126, 209 ff. mwN).

Die straferschwerende Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei Methamphetamin „gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Suchtpotential handelt“, sowie inhaltlich ähnliche Formulierungen begegnen im vorliegenden Fall durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat besorgt deshalb, dass das Landgericht Methamphetamin als mindestens so gefährlich wie Heroin eingeschätzt und damit das in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte vorgenannte Stufenverhältnis außer Acht gelassen hat. Zutreffend ist zwar, dass es sich bei dem Rauschgift Methamphetamin um ein durchaus gefährliches Betäubungs-mittel mit hohem Suchtpotential handelt (so BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 1 StR 7/15, NStZ-RR 2015, 283). Dies bedeutet allerdings nicht ohne weite-res, dass es hinsichtlich seiner Gefährlichkeit mit „harten“ Drogen, wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack, gleichzusetzen ist (dazu auch BGH, Urteil vom 17. November 2011 – 3 StR 315/10, NJW 2012, 400 [401 aE]), zumal eine sol-che Annahme durch das Landgericht auch nicht näher belegt wurde.

Und der zweite Punkt: Rechtsfehlerhaft nicht einen minder schweren Fall geprüft.

b) Des Weiteren ist die unterbliebene Prüfung, ob hinsichtlich des Ange-klagten N. die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß § 30 Abs. 2 BtMG vorliegen, hier rechtsfehlerhaft.

Hier lag unter den gegebenen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles gerade für den Angeklagten N. infolge der fehlenden Vorstrafen, der sozialen Einordnung in der Tschechischen Republik, der finanziellen Unterstützung der Familie in Vietnam, der Sicherstellung des Betäu-bungsmittels, insbesondere aber infolge des Vorliegens des vertypten Milde-rungsgrundes der Beihilfe und vor allem seines untergeordneten Tatbeitrages sowie des vom Landgericht nicht festgestellten Eigeninteresses – auch in Anbetracht der Art und Menge des Betäubungsmittels – nicht fern und hätte infolgedessen der ausdrücklichen Erörterung durch das Landgericht bedurft.“

Also: Doppelfehler. Und ein weitere Punkt ist noch von Interesse. Auf den komme ich dann aber nachher noch einmal extra zurück.

Strafzumessung I: Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil, oder: Kindesmissbrauch

© Dan Race Fotolia .com

© Dan Race Fotolia .com

Da scheint ggf. die nächste Rechtsfrage auf dem Weg zum Großen Senat für Strafsachen zu sein. Dieses Mal ist es aber nicht der 2. Strafsenat, der die Problematik auf den Tisch gebracht hat, sondern es war der 3. Strafsenat, der im BGH, Beschl. v. 29.10.2015 – 3 StR 342/15 – eine Anfrage gestartet hatte betreffend die Strafzumessung bei Kindesmissbrauch. Hintergrund:

„Der 3. Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden, der wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 35 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist. Nach den Feststellungen des LG kam es zwischen 1990 und 1994 zu sexuellen Missbrauchstaten des Angeklagten zu Lasten seiner im März 1985 geborenen Tochter. Während der Taten erklärte er seiner Tochter, dies gehöre dazu und eine gute Tochter mache das so. Er schärfte ihr auch ein, sie dürfe niemandem von den Geschehnissen berichten, da ihm sonst Gefängnis drohe. Der 3. Strafsenat möchte das Urteil im gesamten Strafausspruch aufheben. Anlass hierzu gibt ihm die Wertung des Landgerichts, wonach zwar zugunsten des Angeklagten spreche, dass die Taten inzwischen sehr lange zurück lägen, dieser Umstand jedoch nicht in gleicher Weise wie bei anderen Straftaten berücksichtigt werden könne, da der sexuelle Kindesmissbrauch im familiären Umfeld geschehen und die späte Anzeige der Tat hierdurch mitbedingt gewesen sei, so dass die gesetzgeberische Wertung des § 78b StGB tangiert werde. Der anfragende Senat sieht hierin eine sachlich nicht gerechtfertigte Vermischung von
Gesichtspunkten der Strafzumessung mit solchen der Verjährung. Er beabsichtigt daher zu entscheiden:

„Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung bei Taten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten.“

Hieran sieht er sich jedoch durch entgegenstehende Rechtsprechung des 1. Strafsenats (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2006 – 1 StR 7/06) gehindert.“

Der 1. Strafsenat hat nun im BGH, Beschl. v. 10.05.2016 – 1 ARs 5/16 – geantwortet. Er hält an seiner Rechtsprechung grundsätzlich fest:

„Mit welchem Gewicht sich der Zeitablauf bei Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafmildernd auswirkt, kann nicht allgemein, sondern nur nach Lage des Einzelfalls beurteilt werden. Der Senat hält daran fest, dass das Tatgericht dabei die gesetzgeberische Wertung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB berücksichtigen darf.“

„Grundsätzlich“ und „Einzelfall“ und die weiteren lesenswerten Gründe sind vielleicht ein Ausweg oder eine Umleitung, um den Großen Senat für Strafsachen nicht anrufen zu müssen. Ich bin gespannt, was daraus wird. Zu tun hat der Große Senat ja an sich genug.

Starke Worte vom BGH: „Nicht nachvollziehbare“ Strafzumessung

© stockWERK - Fotolia.com

© stockWERK – Fotolia.com

Revisionsgerichte formulieren in der Regel „vorsichtig“. Aber manchmal eben auch nicht bzw. manchmal kann man aus bestimmten Formulierungen ableiten, was das Revisionsgericht von dem angefochtenen Urteil, dessen Richtigkeit es überprüft hat, hält. Nämlich, (teilweise) nichts bzw. nicht viel. Das kann man m.E. aus dem BGH, Beschl. v. 27.07.2016 – 1 StR 336/16 – ableiten, in dem sich der 1. Strafsenat zu einem Urteil des LG Hof, geäußert hat, das den Angeklagten wegen bewaffneter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt hat.

Mit dem Schuldspruch hatte der 1. Strafsenat des BGH keine Probleme. Insoweit hat er die Revision (nach § 349 Abs. 2 StPO) als unbegründet verworfen. Aber beim Rechtsfolgenausspruch. Da hat es – ganz gehörig – gehapert. Denn dazu führt der BGH aus:

2. Der Strafausspruch erweist sich allerdings als rechtsfehlerhaft. Auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs hält die Begründung der Ablehnung eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der Angeklagte über den ehemaligen Grenzübergang S. nach Deutschland, wobei er 13,99 Gramm Methamphetamin in seinem Darm inkorporiert einführte. Auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs befand sich griffbereit in einem Rucksack ein in der Tschechischen Republik erworbenes Pfefferspray, das nicht über das erforderliche PTB-Prüfzeichen verfügte. Dabei war ihm bewusst, dass dieses Pfefferspray in Deutschland verboten und zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt war.

b) Die Versagung eines minder schweren Falls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Urteil vom 11. März 2015 – 2 StR 423/14, NStZ-RR 2016, 110 mwN).

So stellt das Landgericht eine Vielzahl gravierender, zu Gunsten des Angeklagten sprechender, schuldmindernder Gesichtspunkte fest, u.a. dass er vollumfänglich geständig ist, sich reuig und schuldeinsichtig gezeigt hat, die erworbenen Betäubungsmittel lediglich zum Eigenkonsum dienen sollten und er als Konsument unter erheblichem Suchtdruck stand, der Grenzwert der nicht geringen Menge nur um das 1,9-fache überschritten wurde, die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten und nicht in den Verkehr gelangten sowie vor allem auch, dass dem Pfefferspray im Vergleich zu anderen Waffen eine weitaus mindere Gefährlichkeit innewohnt.

Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht neben einigen Vorstrafen nur das hier gerade wenig belastende „gesamte Tatbild“ berücksichtigt (UA S. 29). Angesichts des Umfangs und Gewichts der vom Landgericht zugunsten des Angeklagten angeführten gravierenden Milderungsgründe, denen hier nur wenig bedeutsame Strafschärfungsgründe gegenübergestellt wurden, ist es für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar, weshalb dem Angeklagten die Annahme eines minder schweren Falles versagt worden ist.“

„Nicht nachvollziehbar“ – das sind eben schon starke Worte. Und m.E. zu Recht. Denn: Sechs Jahre Freiheitsstrafe für „13,99 Gramm Methamphetamin“ das ist schon ein „Hammer“, auch wenn man die Vorstrafen des Angeklagten nicht kennt. Vorsichtiger ausgedrückt als der BGH: In meinen Augen „leicht übersetzt“. < Ironie aus >. Aber vielleicht liegt es ja daran, dass das LG-Urteil aus Bayern kommt?

Manche lernen es nie II, oder: Vierfacher Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, bemerkenswert

© Alex White - Fotolia.com

© Alex White – Fotolia.com

Ganz gut in die heutige Serie: „Manche lernen es nie …“, passt der OLG Naumburg, Beschl. v. 25.08.2016 – 1 RV 44/16 (zum ersten Teil dann hier der AG Prenzlau, Beschl. v. 22.08.2016 – 21 OWi 485/16 und dazu: Manche lernen es nie I, oder: Warum will die Zentrale Bußgeldstelle „angewiesen“ werden?), den mir die Kollegin Holstein aus Brandenburg zugesandt hat. Die Kollegin hat zum zweiten Mal Erfolg mit einer Revision gegen ein Urteil des LG Dessau-Roßlau. Es geht (mal wieder) um Strafzumessung. Das kann man dort offenbar nicht, oder eben: Manche lernen es nie, wenn man es liest – die Gründe sprechen für sich:

„Mit Urteil vom 18. April 2016 hat die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 17. September 2014 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Angeklagte wegen Diebstahls in sieben Fällen und Computerbetrugs in 31 Fällen, davon in zwei Fällen als Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht hinsichtlich der Tat Nr. 1 (Diebstahl während des Transports der Geschädigten P. im RTW) strafschärfend gewertet, „dass es sich hierbei um die erste Tat der Angeklagten handelte und sie mit der Tat zum ersten Mal die dabei gegebene Hemmschwelle überwinden musste“. Bezüglich der Tat Nr. 16 (Diebstahl von Schmuck und Bargeld in der Wohnung der Geschädigten S.) musste sich nach den Feststellungen des Landgerichts „erheblich strafschärfend auswirken, dass die Angeklagte mit besonders erheblicher krimineller Energie vorging, indem sie nicht nur den Rettungseinsatz zur Tatbegehung ausnutzte, sondern auch die Wohnung nach stehlenswerten Sachen und Geld durchsuchte“. Bei der Festsetzung der Einzelstrafen für die Taten Nr. 17 und 25 hat das Landgericht sich „davon leiten lassen, dass sich der schwer erkrankte Geschädigte in einer besonders erheblich hilflosen Lage befand“ bzw. „zu Lasten der Angeklagten die massive Hilfslosigkeit des schwer erkrankten Patienten ergänzend berücksichtigt“. Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung hat das Landgericht schließlich berücksichtigt, „dass die Angeklagte sich trotz zuvor bereits bestehender Verdachtsmomente gegen sie bezüglich der ersten Tat und der Kenntnis der Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen der Taten zu 2. und 16., wenn auch nicht gegen sie, nicht davon abhalten ließ, ihr strafbares Verhalten fortzusetzen“.

Mit ihrer (zweiten) Revision rügt die Angeklagte insoweit Verstöße gegen das in § 46 Abs. 3 StGB normierte Doppelverwertungsverbot, wonach Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt werden dürfen.

II.

Die zulässige Revision der Angeklagten hat in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes, weil der Rechtsfolgenausspruch in mehrfacher Weise gegen § 46 Abs. 3 StGB verstößt.

Hinsichtlich der Tat Nr. 1 wird der Angeklagten die für eine Ersttäterin besonders hohe Hemmschwelle angelastet. Im Ergebnis wird ihr damit vorgehalten, dass sie erstmals einen Diebstahl begangen hat, d.h. es wird die (erste) Tatbegehung als solche strafschärfend berücksichtigt (vgl. BGH, Beschl. v. 7. September 2015, 2 StR 124/15, Rn. 4; Münchener Kommentar-Mübeck, StGB, 2. Aufl., § 46, Rn. 190).

Bei der Tat Nr. 16 erfüllt das Durchsuchen der Wohnung nach stehlenswerten Sachen und Geld nicht das in § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB normierte Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Diebstahls und darf daher auch nicht wie die Verwirklichung eines weiteren Regelbeispiels neben dem hier bereits verwirklichten Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Nr. 6 StGB strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 46, Rn. 47). Andernfalls würde der Angeklagten ein Verhalten, das sich im Hinblick auf die Analogie- und Gegenschlusswirkung von Regelbeispielen (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46, Rn. 94; § 243, Rn. 2) nach der gesetzgeberischen Wertung noch nicht wesentlich vom typischen Grundtatbestand des einfachen Diebstahls abhebt, und damit letztlich die Erfüllung des Grundtatbestandes als solche bei der Strafzumessung angelastet (vgl. hierzu Münchener Kommentar-Mübeck, StGB, 2. Aufl., § 46, Rn. 187, 188; Horn in: SK-StGB, 35. Lfg., 7. Aufl., § 46, Rn. 153).

Bezüglich der Taten Nr. 17 und 25 ergibt sich der Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot daraus, dass die Hilflosigkeit des Opfers bereits Merkmal des in § 243 Abs. 1 Nr. 6 StGB normierten Regelbeispiels ist (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Juni 1993, 4 StR 302/93, Rn. 5, zitiert nach juris). Daran ändert aufgrund der Analogie- und Gegenschlusswirkung von Regelbeispielen auch das Abstellen auf die „besonders erhebliche“ bzw. „massive“ Hilflosigkeit nichts.

Dass im Rahmen der Gesamtstrafenbildung berücksichtigt worden ist, dass die Angeklagte sich auch durch die eingeleiteten Ermittlungen nicht von ihrem strafbaren Verhalten abhalten ließ, verstößt ebenfalls gegen § 46 Abs. 3 StGB, (vgl. BGH, Beschl. v. 7. September 2015, 2 StR 124/15, Rn. 3, zitiert nach juris).“

Bemerkenswert, und sowohl der zweimalige Erfolg der Kollegin mit ihren Revisionen als auch der viemalige Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB durch das LG Dessau-Roßlau – insoweit ohne weiteren Kommentar.