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Strafzumessung II: Strafzumessung beim Totschlag, oder: Beseitigen des Leichnams

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Die zweite Entscheidung zur Strafzumessung kommt auch vom BGH. Im BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – 5 StR 535/20 – geht es um die Verurteilung eines Angeklagten wegen Totschlags, Störung der Totenruhe und bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Angeklagte ist zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt worden. Die Revision hatte Erfolg:

„1. Wie vom Generalbundesanwalt beantragt, hebt der Senat den Schuldspruch wegen Störung der Totenruhe im Fall II.3 auf. Zwar belegen die insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts, dass der Angeklagte mit dem Leichnam seines Opfers in einer Art und Weise umgegangen ist, die objektiv eine grob ungehörige, rohe Kundgabe von Missachtung im Sinne von § 168 Abs. 1 Alt. 2 StGB darstellt. Allerdings sind die Feststellungen zur subjektiven Seite unzureichend. Voraussetzung einer Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 Alt. 2 StGB ist, dass der Täter entweder dem Toten seine Verachtung zeigen will und ihm der beschimpfende Charakter seiner Handlung bewusst ist (Rechtsgut postmortaler Persönlichkeitsschutz, vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2005 – 2 StR 310/04, BGHSt 50, 80, 89; BGH, Beschlüsse vom 30. August 2018 – 5 StR 411/18; vom 24. Februar 1981 – 1 StR 834/80, NStZ 1981, 300) oder dass der Täter mit dem Leichnam in einer Art und Weise umgeht, die seine Verachtung gegenüber dem Menschsein an sich aufzeigt, indem er die dem Menschen über den Tod hinaus zukommende Würde als Gattungswesen missachtet (Rechtsgut Pietätsgefühl der Allgemeinheit, vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2005 – 2 StR 310/04, BGHSt 50, 80, 89 f.). Zu beiden Alternativen sind die Feststellungen zur subjektiven Tatseite letztlich unklar. Der Senat hebt diese auf, um dem zur neuen Entscheidung berufenen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen, sofern insoweit nicht nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren wird.

2. Dieser Rechtsfehler wirkt sich auch hinsichtlich der Strafzumessung für den Totschlag im Fall II.2 aus.

Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Das bloße Beseitigen des Leichnams sowie ein ungehöriger Umgang mit dem Leichnam, der die Voraussetzungen des § 168 StGB nicht erfüllt, darf grundsätzlich nicht straferschwerend herangezogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 – 2 StR 117/13 -, NStZ 2013, 579, 580; Senat, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 5 StR 92/08 -, NStZ 2008, 569). Derartigen Handlungen liegt letztlich nur der Versuch zugrunde, sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Anders kann es freilich liegen, wenn der Täter mit seinen Verschleierungsbemühungen seine rechtsfeindliche Gesinnung dokumentiert oder neues Unrecht schafft (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2018 – 2 StR 416/16 -, NJW 2018, 2210, 2211). Vor diesem Hintergrund wäre die mit der Leichenzerteilung verbundene Intention des Angeklagten – dem es allein um den Schutz seiner von der Rechtsordnung nicht gedeckten Cannabisplantage ging (…) – geeignet gewesen, ausnahmsweise eine Strafschärfung zu begründen. Jedoch hat das Landgericht diesem Aspekt im Rahmen der Strafzumessung zum Fall ll.3 sogar strafmildernden Charakter beigemessen (…).“

Dem verschließt sich der Senat letztlich nicht.

Danach kann dieser Einzelstrafausspruch keinen Bestand haben. Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus. Das neue Tatgericht wird den ungehörigen Umgang des Angeklagten mit dem Leichnam strafschärfend berücksichtigen dürfen, soweit dieser über bloße Beseitigungshandlungen hinausgegangen ist und die Angehörigen schwer belastet hat. Auch ist es dem neuen Tatgericht nicht verwehrt, den vom Generalbundesanwalt angeführten Gesichtspunkt straferschwerend zu werten, dass der Angeklagte mit seinem Nachtatverhalten der Leichenzerteilung die Sicherung seiner illegalen Cannabisplantage beabsichtigte.

Strafzumessung III: Schwere der Schuld im JGG, oder: Bloß „Internetjihadismus“

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Die dritte und letzte Entscheidung kommt aus Berlin vom KG. Es handelt sich um das KG, Urt. v. 30.10.2020 – (6a) 172 OJs 22/18 (1/20), und zwar mit einer ganz interessanten Frage in Zusammenhang mit derStrafzumessung im Jugendrecht, nämlich der Frage nach der Schwere der Schuld bei „Internetjihadismus“.

Das KG hat die Frage auch bei bloßer Propaganda für den militanten Jihad bejaht:

„2. Verhängung einer Jugendstrafe

Nach der gebotenen jugendspezifischen Gesamtabwägung reichte die Verhängung von Zuchtmitteln oder Erziehungsmaßregeln nicht aus. Vielmehr war gegen den Angeklagten eine Jugendstrafe zu verhängen. Denn seine Schuld wiegt schwer (§ 17 Abs. 2 2. Alt. JGG).

Die Schwere der Schuld bemisst sich nach dem Gewicht der Tat und der in der Persönlichkeit des Angeklagten begründeten Beziehung zu ihr. Entscheidend ist die innere Tatseite, also inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (vgl. BGH NStZ 2010, 281). Dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat kommt keine selbständige Bedeutung zu. Er ist allerdings sowohl für die Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG als auch für die Zumessung der konkreten Jugendstrafe insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. NStZ-RR 2015, 155; NStZ-RR 2001, 215; BGHR JGG § 18 Abs. 2 Tatumstände 2; BGHSt 16, 261; BGHSt 15, 224). Dabei ist zur Bestimmung der zurechenbaren Schuld des jugendlichen oder heranwachsenden Täters das Tatunrecht am Maßstab der gesetzlichen Strafandrohungen des Erwachsenenstrafrechts heranzuziehen, weil in den Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts die Bewertung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 155).

Bei der nach dieser Maßgabe vorzunehmenden Beurteilung war Folgendes zu berücksichtigen:

Der Angeklagte hat die Straftatbestände der §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 91 Abs. 1 Nr. 1, 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 i. V. m. 129b Abs. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1a StGB verwirklicht. Für das nach dem Strafrahmen schwerste dieser Vergehen – Werben um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland – sieht § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB im Falle der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Die Voraussetzungen für eine Strafmilderung nach § 129a Abs. 6 StGB liegen nicht vor, denn die Schuld des Angeklagten ist nicht gering und seine Mitwirkung war auch nicht von untergeordneter Bedeutung.

Vielmehr offenbaren die vom Angeklagten begangenen Taten im oben bezeichneten vorwiegend subjektiven Sinn schwere Schuld. Der Angeklagte zeigte sich hasserfüllt, kalt und empathielos, als er für den IS und damit seit Jahren weltweit gewalttätigste und gefährlichste terroristische Organisation warb. Dabei hatten es ihm vor allem die Brutalität und die Menschenverachtung des IS angetan, aber er wusste auch um die große Macht und die objektive Gefährlichkeit der Vereinigung für alle Andersdenkenden. Der vom Angeklagten empfundene und verbreitete Hass und der Wille unbedingter Vernichtung gegen „Ungläubige“ richtete sich dabei offen gegen große Teile seiner eigenen Lebenswelt und damit auch gegen die deutsche Bevölkerung. Er war sich darüber im Klaren, dass seine Tathandlungen Versklavung, Folter und Mord Vorschub leisteten. Grausame Darstellungen menschlichen Leids befand er für besonders geeignet, als Propaganda gegen die „Ungläubigen“ und für die grenzenlose Macht eines weltweit herrschenden Islams zu dienen. Der vom Angeklagten betriebene „Internetjihadismus“ war auch kein singuläres oder kurzfristiges Ereignis mit Ausnahmecharakter. Seine Taten waren kein Augenblicksversagen, sondern von erheblicher Dauer, Stringenz und strategischer Planung gekennzeichnet. Er war, teils lesend und teils mit Administratorenrechten ausgestattet, Mitglied in Hunderten von radikalislamistischen und jihadistischen Gruppen und Kanälen. Zwar hat der Senat erkannt und gewürdigt, dass der Angeklagte geständig war. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass sich der Angeklagte offenbaren und weitgehend reinen Tisch machen wollte. Nicht festgestellt werden konnte allerdings, dass das Geständnis von tiefgreifendem Problembewusstsein, über die Oberfläche hinausgehender Reue oder gar unumkehrbarer Einsicht getragen gewesen wäre. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass der Angeklagte das begangene Tatunrecht nur oberflächlich reflektiert hat. Insgesamt befindet sich der Angeklagte noch am Anfang eines dringend erforderlichen Entwicklungsprozesses.“

Strafzumessung II: Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: „bequemliche Polizeiflucht“

Die zweite Entscheidung kommt vm OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Beschl. v. 19.11.2020 – 4 RVs 129/20 – die Strafzumessung in einem Urteil des LG Münster wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis beanstandet. Das hatte auf den der Fahrt zugrunde liegenden Anlass – Polizeiflucht – und darauf abgestellt, dass der Angeklagte „- trotz der offenen Bewährungen – allein aus Bequemlichkeitsgründen ungefähr 18 Monate nach der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Rheine vom 02.12.2016 erneut gegen das Verbot, ohne Fahrerlaubnis zu fahren, verstoßen hat und dabei mit seiner Polizeiflucht auch die Gefährdung Dritter Personen in Kauf genommen hat“. Das hat dem OLG nicht gefallen:

„2. Die auf die erhobene Sachrüge hin vorgenommene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat im Rechtsfolgenausspruch jedoch durchgreifende Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des tatrichterlichen Ermessens und daher vom Revisionsgericht nur darauf zu prüfen, ob Rechtsfehler vorliegen. Das Revisionsgericht darf daher nur eingreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen des Urteils in sich rechtsfehlerhaft sind, wenn der Tatrichter die ihm nach § 46 StGB obliegende Pflicht zur Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände verletzt, insbesondere rechtlich anerkannte Strafzwecke nicht in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat, oder die Strafe bei Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens unvertretbar hoch oder niedrig ist (st. Rspr. des BGH; vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2015 -1 StR 142/14 -, juris; BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11 -; BGHSt 57, 123, 127; jeweils mwN; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, § 337 Rn. 34).

Solche Rechtsfehler liegen hier indes vor.

So hat das Landgericht strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte aus Bequemlichkeitsgründen mit dem Kraftfahrzeug gefahren ist. Diese Erwägung ist jedoch rechtsfehlerhaft, als sich hieraus allein noch kein auffälliges Missverhältnis von Anlass und Tat im Sinne einer „aus der Tat sprechenden Gesinnung“ gemäß § 46 Abs. 2 StGB ableiten lässt, sondern vielmehr nur das Fehlen eines triftigen Grundes für die Fahrt und damit das Fehlen nachvollziehbarer Motive strafschärfend berücksichtigt wurde.

Ferner hat das Landgericht rechtsfehlerhaft die „Flucht des Angeklagten vor der Polizei“ zu dessen Lasten gewertet. Der Versuch, sich der Strafverfolgung zu entziehen, darf aber grundsätzlich nicht zu Lasten eines Angeklagten herangezogen werden, es sei denn, das Nachtatverhalten schafft neues Unrecht oder der Täter verfolgt Ziele, die ein ungünstiges Licht auf ihn werfen, so wenn er sich damit erneut über strafrechtliche Gebote hinweg setzt (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2011 – 2 StR 493/10 -, juris). Hinreichende Feststellungen dazu, dass ein solches Nachtatverhalten des Angeklagten vorliegt, sind den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen. Feststellungen dazu, dass es im Rahmen der Flucht des Angeklagten vor der Polizei zu einer konkreten Gefährdungssituation für die nachfahrenden Polizeibeamten oder andere Verkehrsteilnehmer gekommen ist, sind nicht getroffen worden. Auch kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden, dass zumindest eine abstrakte Gefährdung dergestalt bestanden hätte, dass der Angeklagte mit stark überhöhter Geschwindigkeit geflüchtet wäre. Auch liegt in der „Fluchtfahrt“ des Angeklagten keine neue Tat, die ggf. ein neues Unrecht begründen könnte, da es sich bei dem vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis um eine Dauerstraftat handelt, die grundsätzlich erst endet, wenn der Täter mit dem Weiterfahren endgültig aufhört und die Fahrtrichtungsänderung, um einer Polizeikontrolle zu entgehen, keine neue Tat beginnen lässt (vgl. BGH, NJW 1983, 1744 zur Trunkenheitsfahrt). Damit sind den Urteilsgründen im Ergebnis keine Umstände zu entnehmen, die über die abstrakte Gefährlichkeit, die mehr oder minder mit dem Vergehen gegen § 21 StVG verbunden ist und die allein nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf, hinausgehen (vgl. Hühnermann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, § 26. Auflage 2020, § 21 StVG Rn. 51). ….“

Strafzumessung I: Widerruf in anderer Sache droht, oder: Das muss erörtert werden

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Wenn ich es richtig sehe, habe ich im neuen Jahr noch keine Strafzumessungsentscheidungen vorgestellt. Das hole ich heute nach.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 09.09.2020 – 2 StR 281/20. Der BGH beanstandet eine landgerichtliche Strafzumessung als „lückenhaft“:

„a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. In die Strafzumessungsentscheidung des Tatrichters kann das Revisionsgericht nur eingreifen, wenn diese Rechtsfehler aufweist, weil die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen hat oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).

Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägung im Urteil ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller für die Strafzumessungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte ist dagegen weder gesetzlich vorgeschrieben noch in der Praxis möglich (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 14. März 2018 – 2 StR 416/18, NStZ 2019, 138, 139; BGH, Urteil vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Ein der Strafzumessung in sachlich-rechtlicher Hinsicht anhaftender Rechtsfehler liegt jedoch dann vor, wenn das Tatgericht bei seiner Zumessungsentscheidung einen Gesichtspunkt, der nach den Gegebenheiten des Einzelfalls als bestimmender Strafzumessungsgrund in Betracht kommt, nicht erkennbar erwogen hat (vgl. BGH, Urteile vom 27. Februar 2020 – 4 StR 552/19, juris Rn. 10, vom 4. April 2019 – 3 StR 31/19, juris Rn. 15; Senat, Urteil vom 14. März 2018 – 2 StR 416/18, aaO).

b) Diesen Anforderungen wird die Strafzumessungsentscheidung des angefochtenen Urteils nicht in jeder Hinsicht gerecht. Sie erweist sich als lückenhaft.

aa) Die Strafkammer hat einerseits rechtsfehlerfrei zum Nachteil des Angeklagten unter anderem dessen strafrechtliche Vorbelastung aufgrund einer Verurteilung vom 1. Juni 2017 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie die Begehung der neuerlichen Tat während der bis zum 31. Mai 2020 für die vorgenannte Verurteilung laufenden Bewährungszeit berücksichtigt.

bb) Sie hätte indes mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB), angesichts des drohenden Widerrufs der Strafaussetzung einer erheblichen Restfreiheitsstrafe auch das den Angeklagten treffende Gesamtstrafübel in den Blick nehmen und erörtern müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 5 StR 478/14, juris Rn. 3; Senat, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, juris Rn. 21; BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2009 – 5 StR 243/09, NStZ-RR 2009, 367, vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 314; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis für Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 740; MüKo-StPO/Wenske, § 267 Rn. 395). Zwar hatte der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen in dem zum Widerruf anstehenden Verfahren in der Zeit vom 17. Dezember 2016 bis zum 1. Juni 2017 Untersuchungshaft erlitten. Gleichwohl wird die Gesamtverbüßungsdauer durch den drohenden Bewährungswiderruf der verbleibenden Reststrafe von mehr als einem Jahr hier erheblich verlängert. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.“

Strafzumessung II: „Du hast die Tat nicht abgebrochen und warst nicht einsichtig“, oder: Dauerbrenner

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Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 07.10.2020 – 4 StR 364/20. Eine „Dauerbrennerentscheidung“, denn man fragt sich auch hier: Wie oft muss der BGH die Fehler denn noch beanstanden? Es geht um Folgendes:

„4. Die Bemessung der in den Fällen II. 10 und 13 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen begegnet durchgreifenden revisionsrechtlichen Bedenken.

Die Strafkammer hat dem Angeklagten im Fall II. 10 der Urteilsgründe (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis) vorgeworfen, dass die Fahrt durch mehrfaches Parken und Starten unterbrochen war und er deshalb die Möglichkeit gehabt habe, seine Handlungsweise zu überdenken. Diese Erwägung verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB. Denn damit wird dem Angeklagten zur Last gelegt, die Tat nicht abgebrochen, sondern in dem vorliegenden Umfang begangen zu haben. Die Tatbegehung als solche darf dem Täter aber nicht zusätzlich angelastet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2019 – 5 StR 467/19, Rn. 6 [unzulässiger Vorwurf der Tatvollendung]; Urteil vom 9. Oktober 2019 – 5 StR 299/19, Rn. 16 [energische Verfolgung des Tatziels]; Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 2 StR 332/03 [mehrfache Gelegenheit, die Tat abzubrechen]; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 46 Rn. 76b mwN).

Im Fall II. 13 der Urteilsgründe (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis) hat das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er keine erkennbare Unrechtseinsicht gezeigt, sondern uneinsichtig betont habe, die Fahrschule abgebrochen zu haben, weil er schon fahren könne. Erkennbare Unrechtseinsicht kann sich zwar strafmildernd auswirken; ihr Fehlen berechtigt aber nicht ohne weiteres dazu, diesen Umstand zu Lasten des Täters zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2018 . 4 StR 325/18, Rn. 5 [zum Fehlen verständlicher Motive]; Urteil vom 9. Oktober 2013 – 2 StR 119/13, NStZ-RR 2014, 45, 46 mwN).“