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Arbeitsrecht meets Strafvollzug – die „Ablösung“ des Gefangenen von der Arbeit

© chris52 - Fotolia.com

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Ich habe länger nichts mehr zu Haftfragen gebracht. Daher heute mal Strafvollzug mit arbeitsrechtlichem Einschlag: Der Antragsteller verbüßt eine Freiheitsstrafe in der JVA Saarbrücken. Seit dem 5.12.2012 war er als Hausarbeiter eingesetzt. Am 5.8.2013 wandte sich der Gefangene A an den Sozialdienst der Vollzugsabteilung und gab an, er werde von den Mitgefangenen M, G und D, zu denen auch der Antragsteller gehörte, bedroht. Diese bestritten in den folgenden Anhörungen den Vorwurf und behaupteten, der Gefangene A habe gerade eine Bedrohung oder einen Angriff auf seine Person provozieren wollen, um eine Verlegung in sein Heimatland zu erzwingen. Der Antragsteller befand sich als einziger dieser Gefangenen im Arbeitseinsatz. Nachdem er bis auf weiteres für die Tätigkeit gesperrt worden war, ordnete der Anstaltsleiter – ohne weitere Disziplinierung – am 10.9.2013 die Ablösung des Antragstellers von seiner Tätigkeit an. Dagegen wendet sich dieser und begehrt die gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG sowie die Verpflichtung ihm seine vorherige Arbeit wieder zuzuweisen. Nach seiner Auffassung komme eine Ablösung nur in Betracht, wenn sich nachträglich seine fehlende Eignung herausgestellt habe. Er sei jedoch nach wie vor motiviert und auch geeignet der Tätigkeit nachzugehen. Sein Vollzugsverhalten sei zudem ohne Beanstandung gewesen und er habe bisher keine Probleme bereitet.

Der Antragsteller hat mit seinem Antrag bei der StVK des LG Saarbrücken Erfolg. Die hat im LG Saarbücken, Beschl. v. 18.03.2014 – IV StVK 1366/13 – die JVA angewiesen, den Antragsteller wieder zu beschäftigen.

„Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht die von ihr ermittelte Verdachtslage als ausreichend für die erfolgte Ablösung von der Arbeit gehalten.

Besteht nur der Verdacht einer Verfehlung, so muss er seiner Intensität nach ebenso gravierend wie in jenen Fällen sein, in denen die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung ihn als Kündigungsgrund genügen lässt (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 158; Feest-Lesting, StVollzG, 6. Auflage, § 37 Rdnr. 17).

Grundsätzlich kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer sein. Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn und sobald der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört (ständige Rsp. des BAG; vgl. nur BAG vorn 26.09.2002 — 2 SZR 424/02 = AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vom 05.04.2011 — 2 AZR 217/00 = AP Nr. 34 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vorn 20.08.1997 — 2 AZR 620/96 = AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vom 14.09.1994 — 2 AZR 164/94 AP Nr. 24 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Bei der Verdachtskündigung sind objektive Tatsachen, die für den Verlust des zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendigen Vertrauens ursächlich sind, der Kündigungsgrund. § 626 Abs. 1 BGB lässt im Fall des Verdachts einer Straftat eine außerordentliche Kündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen; wenn die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geforderte Vertrauen zu zerstören und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dein Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. BAG AP Nr. 23, 24 und 25 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Der Verdacht muss objektiv durch bestimmte, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegende (Indiz-)Tatsachen begründet sein. Der Verdacht muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Er muss darüber hinaus schwerwiegend sein. Es ist zu prüfen, ob eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gekündigte Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat (LAG Schleswig-Holstein vom 25.02.2004 — 3 Sa 491/03; KR-Fischermeier, Gemeinschaftskommentar zum KSchG, 6. Auflage, Rdnr. 212 und 214 zu § 626 BGB; KR-Etzel, Rdnr. 508 zu § 1 KSchG, jeweils m. w. N.)….“

Briefkontrolle in der JVA – zweimal Art. 10 GG

120px-BriefWenn man die Leitsätze des KG, Beschl. v. 31.07.2013 – 2 Ws 300 Vollz liest – ergangen in einer Strafvollzugssache -dann man als Fazit daraus ziehen, Das Brief- und Postgeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG wird durch strafvollzusrechtliche Vorschriften eingeschränkt, diese Vorschriften werden ihrerseits aber wiederum durch Art. 10 GG eingeschränkt. Also eine Einschränkung der Einschränkung, wenn es um die Breif und Postkontrolle im Strafvollzug geht. Die (amtlichen) Leitsätze des Beschlusses lauten:

  1. Zwar wird das grundrechtlich geschützte Brief- und Postgeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) durch § 29 Abs. 3 StVollzG in verfassungsmäßiger Weise eingeschränkt, jedoch muss die Vorschrift ihrerseits im Lichte der besonderen Bedeutung des Brief- und Postgeheimnisses unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgelegt und angewendet werden.
  2. Der Umstand, dass ein Strafgefangener einen Amtshaftungsprozess gegen das Land Berlin führt, in dem es maßgeblich um die Verhältnisse in der JVA geht, in der er untergebracht ist, begründet ein Bedürfnis dafür, den darauf bezogenen Briefverkehr mit seinem Prozessvertreter von der Briefkontrolle auszunehmen.
  3. Das Argument, im Hinblick auf die Vielzahl vergleichbarer Fälle, in denen wegen angeblich menschenrechtswidriger Unterbringung in der fraglichen JVA Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden, führe eine Einzelfallprüfung bei jedem deshalb in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit befindlichen Gefangenen zu einem um ein Vielfaches erhöhten Verwaltungs- und Organisationsaufwand, was der Vollzugsbehörde daher nicht „zuzumuten“ sei, misst dem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG und dem Recht auf effektiven Rechtschutz (Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG) keine ausreichende Bedeutung zu.

Das KG folgt der Argumentation des Verurteilten und gibt Handreichungen für die Briefkontrolle:

Wenn insoweit Übereinstimmung besteht, kann – solange keine Tatsachen bekannt werden, die eine von dem Antragsteller konkret ausgehende Gefahr vermuten lassen – Gegenstand der Ermessensentscheidung der Vollzugsanstalt letztlich nur sein, wie die Vertraulichkeit des prozessbezogenen Schriftwechsels gewährleistet werden kann. Die von der Vollzugsbehörde ultimativ verlangte Bezeichnung der fraglichen Schriftstücke als „Verteidigerpost“, kann jedenfalls nicht zur Voraussetzung für einen Verzicht auf die Briefkontrolle gemacht werden, denn sie wäre eine Falschbezeichnung (wenngleich sie – entgegen der Sorge der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers – vor dem hier diskutierten Hintergrund wohl jedenfalls den subjektiven Tatbestand des § 115 OWiG nicht erfüllte).

Der Senat neigt – ohne dass dies hier jetzt bereits entscheidungserheblich wäre – zu der Ansicht, dass es im vorliegenden Fall am zweckmäßigsten wäre, als „Anwaltspost“ gekennzeichnete Schreiben von Rechtsanwältin B an den Antragsteller für die Dauer des anhängigen Amtshaftungsprozesses gar nicht zu kontrollieren oder in Gegenwart des Antragstellers lediglich einer groben Sichtung auf verbotene Beigaben oder Schriftstücke zu unterziehen, die offensichtlich nichts mit dem fraglichen Amtshaftungsverfahren zu tun haben (vgl. zu der ähnlichen Problematik bei der Durchsuchung von Hafträumen in Abwesenheit des Gefangenen: Senat, Beschluss vom 23. Mai 2003 – 5 Ws 99/03 Vollz – [[…]]).

Das letztlich rein fiskalische Argument der Rechtsbeschwerde, im Hinblick auf die Vielzahl vergleichbarer Fälle, in denen wegen angeblich menschenrechtswidriger Unterbringung in der JVA Tegel Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden, führe eine Einzelfallprüfung bei jedem deshalb in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit befindlichen Gefangenen zu einem um ein Vielfaches erhöhten Verwaltungs- und Organisationsaufwand, was der Vollzugsbehörde daher nicht „zuzumuten“ sei, misst dem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG und dem Recht auf effektiven Rechtschutz (Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG) keine ausreichende Bedeutung zu.“

Rockerkluft/Kutte in der JVA?

entnommen Wikimedia.org originally posted to Flickr as Metal kutte

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Der Verurteilte sitzt in der JVA Hagen ein. Er ist offenbar Mitglied einer Rockergruppe bzw. sympathisiert mit einer solchen. Zunächst war ihm das Tragen von Kleidung mit Symbolen oder Aufdrucken, welche die Zugehörigkeit zu einer Rockergruppe erkennen lässt, gestattet. Als er jedoch im Vollzug einen anonymen Drohbrief erhielt, hat der Leiter der JVA allen Gefangenen und Besuchern das Tragen von solcher Kleidung untersagt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte beim OLG Hamm keinen Erfolg. Der OLG Hamm, Beschl. v. 29.01.2013 – 1 Vollz (Ws) 659/12 – ist also schon etwas älter – führt dazu aus:

„Nach § 20 Abs. 1 StVollzG ist der Grundsatz, dass der Gefangene Anstaltskleidung zu tragen hat. § 20 Abs. 2 S. 2 StVollzG gibt dem Anstaltsleiter lediglich die Möglichkeit, zu gestatten, Privatkleidung zu tragen, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. Bei § 20 StVollzG handelt es sich um ein allgemeines Gesetz i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG.

Bei der Entscheidung nach § 20 Abs. 2 S. 2 StVollzG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. BT-Drs. 7/918 S. 56), die nur im Rahmen des § 115 Abs. 5 StVollzG gerichtlich überprüfbar ist. Das Gericht prüft daher lediglich nach,

ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen nicht oder nicht in einer nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. § 115 Rdn. 13 m.w.N.).

Derartige Ermessensfehler sind hier nicht gegeben. Die Grenzen des Ermessens sind ersichtlich eingehalten, denn das Gesetz sieht eine große Bandbreite von der weitgehenden Genehmigung des Tragens von Privatkleidung bis zum gesetzlichen Regelfall ihres völligen Ausschlusses vor. Hintergrund der Vorschrift sind Sicherheitserwägungen (Arloth a.a.O. § 20 Rdn. 1; vgl. auch: BT-Drs. 7/918 S. 56). Dem Zweck der Ermächtigung hat die Justizvollzugsanstalt dementsprechend Rechnung getragen, wenn sie das Verbot der Ermächtigung mit der Vermeidung von Konflikten rivalisierender Gruppen begründet. Dass es noch zu keinen Zwischenfällen in der Justizvollzugsanstalt gekommen ist, steht dem nicht entgegen. Angesichts der allgemein bekannten gewalttätigen Rivalitäten bestehender Rockergruppen ist es durchaus nicht fernliegend, dass sich diese auch innerhalb des Strafvollzuges entfalten, wenn Angehörige verschiedener Gruppen als solche offen erkennbar aufeinander treffen. Dass es bisher noch nicht zu entsprechenden Auseinandersetzungen gekommen ist, besagt noch nicht, dass eine solche Gefahr nicht bestünde. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt kommt mit einer entsprechenden Einschränkung des Rechts zum Tragen von Privatkleidung letztlich nur seinem Auftrag nach, schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken (§ 3 Abs. 2 StVollzG), indem er etwaigen körperlichen Übergriffen, die durch die erkennbare Gruppenzugehörigkeit provoziert werden könnten, entgegenwirkt. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt hat sein Ermessen auch ausgeübt, indem er nicht etwa Privatkleidung generell verboten hat und damit zum gesetzlichen Regelfall übergegangen wäre, sondern eben die Erlaubnis zum Tragen von Privatkleidung nur partiell eingeschränkt hat. Damit hat er insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

Der Betroffene kann sich auch nicht erfolgreich auf einen Vertrauensschutz berufen (etwa weil er nach der Bedrohungssituation noch geraume Zeit die inkriminierten Symbole auf seiner Kleidung hat tragen dürfen).

………..“

Nun aber mal ein bisschen zügig mit der Neubescheidung

© chris52 - Fotolia.com

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Bei HRR-Strafrecht habe ich den BVerfG, Beschl. v. 25.09.2013 – 2 BvR 1582/13 – gefunden, der sich zum Beschleunigungsgrundsatz im Strafvollzug äußert, wenn es um Lockerungen im Hinblick auf die Resozialisierung geht und der JVA von der StVK eine Neubescheidung aufgegeben worden ist. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde zwar nicht zur Entscheidung angenommen, äußert sich aber zur Frage der Rechtzeitigkeit und Eilbedürftigkeit einer erforderlichen Neubescheidung:

„1. Die Vollzugsbehörden sind allerdings verpflichtet, Anträge von Strafgefangenen rechtzeitig zu bescheiden (vgl. BVerfGE 69, 161 <170>). Geht es um Entscheidungen, die unmittelbar oder mittelbar die Gewährung von Lockerungen betreffen, besteht mit Rücksicht auf die Bedeutung solcher Entscheidungen für die Resozialisierung oder Erhaltung der Lebenstüchtigkeit des Gefangenen besonderer Anlass zu zügiger Bearbeitung (vgl. BVerfG, a.a.O.; LG Hildesheim, Beschluss vom 25. Juni 2007 – 23 StVK 302/07 -, juris). Ist gerichtlich beanstandet worden, dass mehrere aufeinanderfolgende Vollzugsplanfortschreibungen sich in ihrem lockerungsbezogenen Teil zur Frage der Flucht- oder Missbrauchsgefahr nicht oder nicht ausreichend verhalten haben, und wurde die Justizvollzugsanstalt insoweit zur Neubescheidung verpflichtet, so ist die Justizvollzugsanstalt in erhöhtem Maß zur Beschleunigung verpflichtet (vgl. allgemein zu den die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen betreffenden Anforderungen in zeitlicher Hinsicht BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. November 2010 – 2 BvR 1377/07 -, juris; s. außerdem für den Grundsatz, dass der Staat sich auf verzögernde Umstände, die in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegen, nicht zulasten des Rechtsschutzsuchenden mit rechtfertigender Wirkung berufen kann, BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Oktober 2003 – 1 BvR 901/03 -, NVwZ 2004, S. 334 <335>, und vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. September 2009 – 1 BvR 1304/09 -, juris).“

Außerdem gibt es noch Hinweise zum richtigen Vorgehen: Das ist nicht der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin, dass der Vollzugsplan in einem vom Antragsteller gewünschten Sinne fortgeschrieben wird. Sondern:

Gegen eine etwaige zögerliche Umsetzung der Gerichtsbeschlüsse, die die Justizvollzugsanstalt zur Neubescheidung verpflichten, stünde dem Beschwerdeführer der Weg des Antrags auf Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der bereits gerichtlich ausgesprochenen Verpflichtung zur Neubescheidung (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 172 VwGO; vgl. zum Antrag nach § 172 VwGO (vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 2 E 291/10 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 11 C 13.32 -, juris) offen.

„Menschenverachtend“? – keine Ausführung zum lebensgefährlich erkrankten Vater

© frank peters - Fotolia.com

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Mit manchen obergerichtlichen Beschlüssen habe ich Probleme bzw. mit den ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen der Instanzen. So ist es mir auch beim Lesen des OLG Celle, Beschl. v. 04.09.2013 – 1 Ws 337/13 (StrVollz) – gegangen, der die Ausführung eines Strafgefangenen aus wichtigem Grund behandelt.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus: „Der Antragsteller verbüßt derzeit wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe. 15 Jahre wird er im Juni 2024 verbüßt haben. Weil sein Vater schwer erkrankt und dessen Lebenserwartung nicht sicher abzusehen war, gestattete die Antragsgegnerin dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Grund eine Ausführung, die beanstandungsfrei verlief. Einen erneuten Antrag auf eine entsprechende Ausführung hat die Antragsgegnerin abgelehnt und hierzu ausgeführt, seit der Ausführung im September 2012 habe sich der Zustand des Vaters nicht verschlechtert, weshalb ein wichtiger Grund im Sinne von § 14 NJVollzG nicht vorliege. Kontakt zum Vater könne der Antragsteller auch durch Briefe oder telefonisch pflegen. Zudem stehe eine Entlassung aus dem Strafvollzug voraussichtlich nicht vor Juni 2024 an, so dass der Vater dann bereits verstorben sein dürfte; von daher sei die Bedeutung einer Ausführung vor dem Hintergrund der Resozialisierung zu relativieren.“ Sorry, aber wie muss ich das den verstehen? Weil der Vater eh im Juni 2014 wahrscheinlich tot ist, gibt es keine Ausführung? Da liegt das Argument, dass der Verteidiger dagegen gebracht – nämlich „menschenverachtend“ nicht so weit weg.

Darauf stellt das OLG aber nicht ab, sondern geht einen anderen Weg:

„2. Aber auch soweit die Kammer das Vorliegen eines wichtigen Anlasses verneint, hält dies im Rahmen voller gerichtlicher Nachprüfbarkeit einer Nachprüfung durch den Senat nicht stand. Insofern steht vielmehr zu besorgen, dass die Antragsgegnerin – und nachfolgend die Strafvollstreckungskammer – den Begriff des wichtigen Anlasses im Sinne von §§ 14 NJVollzG, 35 StVollzG verkannt hat. Das Gesetz selbst nennt als wichtigen Anlass eine lebensgefährliche Erkrankung eines Angehörigen. Eine solche liegt in der Person des Vaters des Antragstellers offenkundig vor – was Anlass bot, dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Anlass eine entsprechende Ausführung zu bewilligen. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung kann nunmehr aber nicht mit der Erwägung verneint werden, der Zustand des Vaters habe sich seit der letzten Ausführung nicht wesentlich verändert – zumal ausweislich des vom Antragsteller vorgelegten Attests die Lebenserwartung nach wie vor stark eingeschränkt ist. Das Attest teilt hierzu mit, ein plötzliches Ableben sei bei auch nur geringer Verschlechterung einer Komponente der Multimorbidität zu erwarten. Ein lebensbedrohlicher Zustand liegt also weiterhin dem Grunde nach vor. Alles Weitere ist keine Frage des wichtigen Anlasses, sondern kann erst und nur auf Rechtsfolgenseite im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden.

Nun, ein kleiner Stückchen weiter ist der Inhaftierte damit, am Ziel aber noch nicht…

Um Kommentaren vorzubeugen: Ich habe nicht übersehen, dass das OLG auf den erheblichen personellen Aufwand hinweist, den die Ausführung des Gefangenen ggf. verursacht. Vermutlich lebt der Vater in Tschetschenien. Das ändert aber an der „Macke“ in der Argumentation der StVK und der JVA nicht.