Rockerkluft/Kutte in der JVA?

entnommen Wikimedia.org originally posted to Flickr as Metal kutte

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Der Verurteilte sitzt in der JVA Hagen ein. Er ist offenbar Mitglied einer Rockergruppe bzw. sympathisiert mit einer solchen. Zunächst war ihm das Tragen von Kleidung mit Symbolen oder Aufdrucken, welche die Zugehörigkeit zu einer Rockergruppe erkennen lässt, gestattet. Als er jedoch im Vollzug einen anonymen Drohbrief erhielt, hat der Leiter der JVA allen Gefangenen und Besuchern das Tragen von solcher Kleidung untersagt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte beim OLG Hamm keinen Erfolg. Der OLG Hamm, Beschl. v. 29.01.2013 – 1 Vollz (Ws) 659/12 – ist also schon etwas älter – führt dazu aus:

„Nach § 20 Abs. 1 StVollzG ist der Grundsatz, dass der Gefangene Anstaltskleidung zu tragen hat. § 20 Abs. 2 S. 2 StVollzG gibt dem Anstaltsleiter lediglich die Möglichkeit, zu gestatten, Privatkleidung zu tragen, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. Bei § 20 StVollzG handelt es sich um ein allgemeines Gesetz i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG.

Bei der Entscheidung nach § 20 Abs. 2 S. 2 StVollzG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. BT-Drs. 7/918 S. 56), die nur im Rahmen des § 115 Abs. 5 StVollzG gerichtlich überprüfbar ist. Das Gericht prüft daher lediglich nach,

ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen nicht oder nicht in einer nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. § 115 Rdn. 13 m.w.N.).

Derartige Ermessensfehler sind hier nicht gegeben. Die Grenzen des Ermessens sind ersichtlich eingehalten, denn das Gesetz sieht eine große Bandbreite von der weitgehenden Genehmigung des Tragens von Privatkleidung bis zum gesetzlichen Regelfall ihres völligen Ausschlusses vor. Hintergrund der Vorschrift sind Sicherheitserwägungen (Arloth a.a.O. § 20 Rdn. 1; vgl. auch: BT-Drs. 7/918 S. 56). Dem Zweck der Ermächtigung hat die Justizvollzugsanstalt dementsprechend Rechnung getragen, wenn sie das Verbot der Ermächtigung mit der Vermeidung von Konflikten rivalisierender Gruppen begründet. Dass es noch zu keinen Zwischenfällen in der Justizvollzugsanstalt gekommen ist, steht dem nicht entgegen. Angesichts der allgemein bekannten gewalttätigen Rivalitäten bestehender Rockergruppen ist es durchaus nicht fernliegend, dass sich diese auch innerhalb des Strafvollzuges entfalten, wenn Angehörige verschiedener Gruppen als solche offen erkennbar aufeinander treffen. Dass es bisher noch nicht zu entsprechenden Auseinandersetzungen gekommen ist, besagt noch nicht, dass eine solche Gefahr nicht bestünde. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt kommt mit einer entsprechenden Einschränkung des Rechts zum Tragen von Privatkleidung letztlich nur seinem Auftrag nach, schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken (§ 3 Abs. 2 StVollzG), indem er etwaigen körperlichen Übergriffen, die durch die erkennbare Gruppenzugehörigkeit provoziert werden könnten, entgegenwirkt. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt hat sein Ermessen auch ausgeübt, indem er nicht etwa Privatkleidung generell verboten hat und damit zum gesetzlichen Regelfall übergegangen wäre, sondern eben die Erlaubnis zum Tragen von Privatkleidung nur partiell eingeschränkt hat. Damit hat er insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

Der Betroffene kann sich auch nicht erfolgreich auf einen Vertrauensschutz berufen (etwa weil er nach der Bedrohungssituation noch geraume Zeit die inkriminierten Symbole auf seiner Kleidung hat tragen dürfen).

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