Schlagwort-Archive: Strafaussetzung

Lesetipp: Der Widerruf der Strafaussetzung wegen einer neuen Straftat

Für einen Monat steht zum kostenlosen Download bereit auf der Startseite von LexisNexis Strafrecht der Beitrag von Rechtsanwalt L.Krawczyk, Bielefeld, aus StRR 2010, 451: „Der Widerruf der Strafaussetzung wegen einer neuen Straftat“. Das ist ja eine Thematik, die in der Praxis immer wieder von Bedeutung ist.

„Bei Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind Ausführungen zur Strafaussetzung zur Bewährung fern liegend…

formuliert der BGH in seinem Beschl. v. 06.10.2010 – 2 StR 394/10. In der Tat, das sind sie.

Die ganze vom BGH beanstandete Passage lautet:

„Bei Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind Ausführungen zur Strafaussetzung zur Bewährung fern liegend; die Frage, „ob es des Vollzugs der Freiheitsstrafe bedürfe“, stellt sich nicht und muss vom Tatrichter daher auch nicht erörtert werden. Das gilt erst Recht auch für die hier vom Landgericht ausgesprochene „dringende Empfehlung“, den Angeklagten „umgehend in den offenen Vollzug aufzunehmen“ (UA S. 16). Solche rechtlich unverbindlichen Hinweise können Erfordernisse und Besonderheiten des Vollzugs der Freiheitsstrafe und des Vollstreckungsverfahrens der Natur der Sache nach nicht berücksichtigen und begründen die Gefahr, als rechtlich bindend fehlgedeutet zu werden.“

Wenn man es liest, fragt man sich: Was sollte es bringen?

Auch wenn du mir nicht sagst, wer dir geholfen hat, gibt es Bewährung

Wir hatten vor einiger Zeit über eine Entscheidung des OLG Düsseldorf berichtet, in der dem Verurteilten die bedingte Entlassung nach § 57 StGB verwehrt worden war, weil er nicht gesagt hatte, wo sich die Beute befand (vgl. hier).

Dazu passt ganz gut die Entscheidung des OLG Oldenburg v. 04.08.2010 – 1 Ws 380/10, in der die StA ihr Rechtsmittel/ihren Ablehnungsantrag u.a. damit begründet hatte, dass der Verurteilte seine Mittäter nicht preisgebe. Das OLG sagt: Die bedingte Entlassung und die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung kann nicht deshalb versagt werden, weil der Verurteilte seine Mittäter nicht preisgibt. Und wörtlich:

„Soweit die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auch darauf stützt, dass der Verurteilte keine näheren Angaben „zu den Taten seiner Mittäter“ gemacht habe, so ist dieser Umstand als solcher für die Frage einer bedingten Entlassung aus der Strafhaft nach § 57 StGB unerheblich. Die Fortsetzung einer Haft über den 2/3-Zeitpunkt hinaus ist kein Beugemittel, um ein derartiges Schweigen eines Verurteilten zu brechen und auch keine zulässige Sanktion hierfür, arg. § 57 Abs. 6 StGB. Bedeutung kann dieser Umstand insoweit allerdings haben, wenn sich in ihm eine innere Einstellung eines Verurteilten zeigt, die künftige Straftaten besorgen lässt.“

Anhörung des ausgewiesenen Verurteilten – das wird schwierig werden…

Auch ein ausgewiesener Verurteilter, der die Aussetzung seiner Reststrafe zur Bewährung in der Bundesrepublik begehrt, ist zwingend anzuhören, wenn nicht von dieser Anhörung ausnahmsweise abgesehen werden darf. Ist das Gericht der Auffassung, dass ein Absehen von der mündlichen Anhörung angezeigt ist, so muss es dies darlegen und auch begründen. Hat der Verurteilte aber nicht dargetan, ob er sich dem Risiko einer möglichen Verhaftung bei Erfolglosigkeit seines Antrages nach Wiedereinreise stellen möchte oder nicht, kann auch nicht von einem Verzicht auf die Anhörung ausgegangen werden. Ebenso wenig kommt die Anhörung durch ein ersuchtes Gericht in der Türkei in Betracht, da dies dem Gesetzeszweck zuwider läuft, der vorsieht, dass sich ein persönlicher Eindruck von dem Verurteilten zu verschaffen ist.

So  OLG Hamm, Beschl. v. 04.05.2010 – III-5 Ws 142/10.  Wird in der Praxis sicherlich nicht ganz einfach werden, die Vorgabe zu erfüllen.

Bewährungswiderruf nicht bei noch möglichem Geständniswiderruf

Das OLG Oldenburg weist darauf hin (vgl. Beschl. v. 14.10.2009, 1 Ws 548/09): Grundsätzlich ist ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen neuer Straftaten nur nach deren rechtskräftiger Aburteilung zulässig, weil erst dann die Begehung der neuen Straftat feststeht. Bei Vorliegen eines glaubhaften Geständnisses wird als Ausnahme ein Widerruf gleichfalls für zulässig erachtet (vgl. BVerfG NJW 2005, 817, Fischer, StGB, 56. Aufl., § 56f Rn. 7 m. w. N.). Dies gilt aller­dings dann nicht, wenn der Verurteilte das Geständnis zwischenzeitlich widerrufen hat und dieses im Verfahren noch Berücksichtigung finden kann (Anschluss an OLG Zweibrücken NStZ-RR 2005, 8,9.).

Also: Unbeschränkte Berufungseinlegung verhindert den Widerruf.