Im Moment spielen die mit dem Rückwärtsfahren zusammenhängenden Fragen in der Rechtsprechung zur Unfallschadenshaftung eine große Rolle. Ich erinnere in dem Zusammenhnag an das BGH, Urt. v. 15.12.2015 – VI ZR 6/15 (vgl. dazu BGH zum Rückwärtsfahren: Wenn der andere steht, kein Anscheinsbeweis). Mit einem „Rückwärtsfahrfall“ hatte nun auch das AG Gelsenkirchen zu tun, und zwar im AG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05. 2016 – 427 C 74 / 15 – mit einer besonderen Variante. Nämlich dem Rückwärtseinparken in eine Paklücke unter zuhiklfenahme einer Einparkautomatik. Der Kläger hatte in dem Verfahren Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall verlangt, bei dem er selber zum Unfallzeitpunkt rückwärts auf einer Straße in eine Parklücke einparken wollte. Hierfür hatte er eine Einparkautomatik eingesetzt, die für ihn die entsprechende Analyse der Parklücke und die Steuerung des Fahrzeugs beim Einparkvorgang übernahm. Laut der Bedienungsanweisung des Herstellers oblag es ihm als Fahrzeugführer allerdings weiterhin, diesen Vorgang auf ein gefahrloses Einparken zu überwachen, während er angemessen Gas gibt und den Hinweisen im Display zu folgen hat. Der Kläger hatte behauptet, dass der Beklagte während dieses Einparkvorgangs aus Unachtsamkeit von hinten gegen sein Fahrzeug gefahren wäre, während ihn kein Fehlverhalten treffen könnte, da die Einparkautomatik für ihn die Überwachung übernimmt und eine Gefahrenquelle nicht angezeigt hatte. Der Beklagte hatet dagegen eingewandt, zum Unfallzeitpunkt hinter dem Fahrzeug der Klägerseite gestanden zu haben, während der Kläger unachtsam gegen ihn gefahren wäre. Durch ein Sachverständigengutachten wurde nachgewiesen, dass das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt rückwärts bewegt wurde, während das Fahrzeug der Beklagtenseite aller Wahrscheinlichkeit nach gestanden hat.
Das AG hat die Klage abgewiesen:
„Nach dem in jeder Hinsicht überzeugenden und in Anbetracht der Fotodokumentation nachvollziehbaren Sachverständigengutachten – gegen welches die Parteien keine Einwendungen erhoben haben – ist festzuhalten, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1) im Zeitpunkt der Kollision stand, während das Klägerfahrzeug rückwärts gefahren wurde. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der insoweit glaubhaften Aussage der Zeugin L. überein.
In dem vorliegenden Fall spricht die Tatsache, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt der Kollision stand, für das alleinige Verschulden des Klägers, hinter dem auch die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs vollständig zurücktritt.
Denn nach der gemäß § 9 Abs. 5 StVO gebotenen äußersten Sorgfalt ist die vorherige und ständige Rückschau beim Rückwärtsfahren unerlässlich. Der zurücksetzende Fahrzeugführer hat in ständiger Bremsbereitschaft bei rückwärtigem Verkehr sofort anzuhalten und darauf zu achten, dass der Gefahrraum hinter seinem Fahrzeug frei ist und von hinten wie von den Seiten frei bleibt; anderenfalls muss er sofort anhalten können. Auch auf eine Einparkhilfe darf er sich nicht verlassen. (vgl. Hentschel/König/Dauer, StraßenverkehrsR 42. Aufl., § 9 Rn. 51).
Wegen der besonderen Gefahren, die das Rückwärtsfahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich bringt, muss der Rückwärtsfahrende sich auch beim Einrangieren in eine Parklücke ganz besonders sorgfältig verhalten. Diesem Sorgfaltserfordernis ist der Kläger offensichtlich nicht nachgekommen.
Der Einwand des Klägers, dass sein Fahrzeug mit einer Einparkautomatik ausgestattet ist, die die Verkehrslage automatisch überprüfen und das Fahrzeug bei Gefahr stoppen würde, ist unerheblich. Denn einerseits gebietet es die erhöhte Sorgfaltspflicht schon nicht, sich auf eine solche Einparkhilfe zu verlassen. Andererseits wird auch die Einparkautomatik des Klägerfahrzeugs noch dadurch aktiv gesteuert, dass beim Einparken durch den Fahrzeugführer Gas gegeben und gebremst werden muss. Das Sachverständigengutachten hat insoweit eindeutig dargelegt, dass der Fahrzeugtyp des klägerischen Fahrzeugs bei sich annähernden Gefahren nicht automatisch anhält, sondern aktiv von dem Fahrer gebremst werden muss.“