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Das grob fahrlässig falsche Glaubwürdigkeitsgutachten, oder: Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Sachverständigen

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Und als zweite Entscheidung dann noch eine BGH-Entscheidung, die sich mit Sachverständigenfragen befasst. Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 30.08.2018 – III ZR 363/17. Ergangen ist er (ebenfalls) in einem Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde. Diese richtete sich gegen das OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.11.2017 – 4 U 26/15. Die zu dem Urteil ergangene PM hing schon länger in meinem Blogordner und wartete auf die „Veröffentlichung“ hier. Nachdem (nun) der BGH entschieden hat, ist es dafür (endlich) an der Zeit.

Das Urteil des OLG ist sehr lang, mehr als 50 Seiten. Daher nehme ich – ausnahmsweise – mal die PM, um den Sach- und Streitstand darzustellen:

„In dem Berufungsverfahren betreffend die Schadensersatzklage eines nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens Freigesprochenen gegen die damalige Gerichtsgutachterin hat der zuständige 4. Zivilsenat in seinem heute verkündeten Urteil nach Durchführung einer Beweisaufnahme die grundsätzliche Haftung der Beklagten bestätigt und das dem Kläger zustehende Schmerzensgeld um 10.000 € auf 60.000 € erhöht.

Der Senat hat die Begutachtung durch die Beklagte im Strafprozess unter Berücksichtigung der umfangreichen und vom Senat für in jeder Hinsicht überzeugend erachteten Ausführungen des zweitinstanzlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Steller aus Berlin als grob fahrlässig fehlerhaft eingestuft. Die Beklagte habe noch im Jahr 2004 die vom Bundesgerichtshof 1999 aufgestellten Anforderungen an eine aussagespsychologische Begutachtung in mehreren entscheidenden Punkten nicht beachtet. Die Kernaussage des Gutachtens der Beklagten, dass die Angaben der Belastungszeugin mit hoher Wahrscheinlichkeit als glaubhaft einzuschätzen seien, sei demnach nicht haltbar. Nach der im Regressprozess maßgeblichen Sicht des Senats hätte eine strafrechtliche Verurteilung des Klägers nicht erfolgen dürfen. Die weiteren gegen den Schadensersatzanspruch erhobenen Einwände der Beklagten, insbesondere die Verjährungseinrede, hat der Senat eingehend geprüft und nicht für durchgreifend erachtet.

Bei der Erhöhung des erstinstanzlich zugesprochenen Schmerzensgeldes fielen als besondere, den Kläger massiv belastende Umstände der mit der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs der Pflegetochter verbundene Makel, die Umstände der Inhaftierung für insgesamt 683 Tage in verschiedenen Justizvollzugsanstalten und die erst Ende 2013 – dann allerdings umfassend – erfolgte Rehabilitierung ins Gewicht.“

Also: Schadensersatz des Gutachters für ein „grob fahrlässiges Glaubwürdigkeitsgutachten“. Dazu die Leitsätze der OLG-Entscheidung:

1. Zur Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für ein unrichtiges aussagepsychologisches Gutachten im Strafprozess.
2. Im Schadensersatzprozess gegen den gerichtlichen Sachverständigen hat das Regressgericht nach dem Maßstab des § 287 ZPO über den hypothetischen Ausgang des Vorprozesses (hier: des Strafprozesses) zu befinden.
3. Sind im Regressprozess bessere oder andere Erkenntnismöglichkeiten vorhanden, als sie dem für den Vorprozess zuständigen Gericht zur Verfügung standen, dann entspricht es, wie im Rahmen der Rechtsberaterhaftung, der materiellen Gerechtigkeit, dem Schadensersatzkläger deren Verwendung nicht zu versagen.
4. Der normative Schadensbegriff gilt auch für die deliktische Haftung des gerichtlichen Sachverständigen.
5. Das Nichteinholen eines Privatgutachtens im Strafprozess fällt nicht unter § 839 Abs. 3 BGB (Anschluss an BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017, III ZR 440/16, NJW-RR 2017, 1105).

Der BGH hat im BGH, Beschl. v. 30.08.2018III ZR 363/17 – die Nichtzulassungsbeschwerde verworfen. Auch insoweit nur die Leitsätze:

1. Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit-)ursächlich geworden ist („beruhen auf“; haftungsbegründende Kausalität) und ob der geltend gemachte Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).

2. Bei der Frage, ob der geltend gemachte Schaden auf die vom unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung zurückzuführen ist, ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden müssen.

Sollte man ggf. „auf dem Schirm haben“.

Hinweis: Das Urteil des OLG kann ich wegen des Umfangs der Entscheidung aus technischen Gründen leider nicht auf meiner HP im Volltext einstellen. Daher hier das PDF.

Beschädigtes Motorrad, oder: Nutzungsausfall ja oder nein?

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Urheber Noop1958

Und in der zweiten Entscheidung geht es heute noch einmal um das Motorrad, und zwar um die Frage, ob ein Anspruch auf Schadensersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit besteht, wenn ein Motorrad beschädigt wird und dadurch die Gebrauchsmöglichkeiten beeinträchtigt werden. Im entschiedenen Fall hatte der Beklagte das Motorrad des Klägers umgestoßen. Das Motorrad wurde beschädigt. Der Kläger macht Nutzungsausfall für 40 Tage geltend. Die Sache landet beim BGH. Der meint im BGH, Urt. v. 23.01.2018 – VI ZR 57/17, nachdem AG und LG die Klage abgewiesen hatten:

„Die Gebrauchsmöglichkeit des Motorrads, das dem Kläger als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht, ist als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass der vorübergehende Entzug einen Vermögensschaden darstellt. Der Umstand, dass der Kläger sein Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zur Nutzung willens und in der Lage war. Die hierzu erforderlichen Feststellungen sind noch nicht getroffen….“

Der BGH stellt dann (noch einmal) die Grundsätze betreffend einen Anspruch auf Entschädigung für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit von Kraftfahrzeugen dar und wendet die dann entsprechend an:

„Diese Grundsätze gelten auch für die Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das als Kraftfahrzeug ebenfalls geeignet ist, Zeit und Kraft zu sparen und unabhängige Mobilität zu gewährleisten. Verfügt allerdings der Geschädigte neben dem Motorrad über einen Pkw und stützt er die Wertschätzung des Motorrads vor allem darauf, dass das Motorradfahren sein Hobby sei oder im Vergleich zur Fahrt mit einem Pkw ein anderes Fahrgefühl vermittle, betrifft dieser Gesichtspunkt nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entzieht sich daher einer vermögensrechtlichen Bewertung (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2012 – VI ZR 92/12, Schaden-Praxis 2012, 438; vom 13. Dezember 2011 – VI ZA 40/11, NZV 2012, 223). Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads hingegen, das als einziges dem Geschädigten zur Verfügung stehendes Kraftfahrzeug nicht ausschließlich zu Freizeitzwecken genutzt wird, stellt sich nicht lediglich als individuelle Genussschmälerung dar und kann ebenso wie der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Pkw den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen (vgl. OLG Hamm, MDR 1983, 932; einschränkend: OLG Saarbrücken, NZV 1990, 312; OLG Düsseldorf, NJW 2008, 1964 sogar für den Fall, dass ein Zweitfahrzeug vorhanden ist; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 25 Rn. 51). Im Rahmen der im ersten Schritt anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise ergibt sich anderes nicht daraus, dass die Nutzung eines Motorrads häufig – insoweit anders als in der Regel die Nutzung eines Pkw – von den Wetter- und Witterungsbedingungen abhängig gemacht wird. Auch der Gebrauch eines Motorrads, das nur in der wärmeren Jahreszeit zugelassen ist und auch in diesem Zeitraum nur bei geeignetem Wetter gefahren wird, spart Zeit und Kraft und ermöglicht es seinem Nutzer, sein Ziel unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Zwar muss er sich von vornherein damit arrangieren, dass er bei ungeeignetem Wetter sein Fahrzeug nicht nutzen und damit von der mit dem Gebrauch des Fahrzeugs verbundenen Zeitersparnis nur unter Umständen profitieren kann, die er weder beeinflussen noch sicher vorhersehen kann. Auch muss er seine Lebensführung so gestalten, dass er jederzeit – ggf. auch kurzfristig – auf ein anderes Fortbewegungsmittel, zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, ausweichen kann. In der Zeit, in der er das Motorrad nutzt, profitiert er aber von dem Vorteil unabhängiger Mobilität und dem Zeitgewinn ebenso wie ein Pkw-Fahrer. Der hierin liegende geldwerte Vorteil kann ihm ebenso wenig wie einem Pkw-Fahrer mit der Begründung abgesprochen werden, dass er ersatzweise die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könnte.

Der Umstand, dass das Motorrad nur eingeschränkt – bei geeignetem Wetter – genutzt wird, spielt erst im zweiten Schritt, nämlich im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte im streitgegenständlichen Zeitraum zur Nutzung willens und in der Lage gewesen wäre und der Gebrauchsentzug für ihn fühlbar geworden ist. Dass dies im Einzelfall – bei einem Motorrad anders als bei einem Pkw möglicherweise unter Einbeziehung der Wetterbedingungen in dem maßgeblichen Zeitraum – festgestellt werden muss, läuft entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit des Schadens nicht zuwider.“

Der BGh hat dann allerdings nicht „durchentschieden“, sondern zurückverwiesen. Das LG muss nun im Einzelnnen klären, wie und wann der Kläger sein Motorrad nutzt.

Herabrutschen vom Beifahrersitz, oder : Wer haftet wie?

Heute dann zunächst das LG Essen, Urt. v. 12.12.2017 – 2 O 265/17. Das hat mal einen etwas anderen Sachverhalt zum Gegenstand. Es geht zwar auch um einen Unfall im Straßenverkehr, aber mal nicht zwischen zwei Pkw, sondern in Zusammenhnag mit der Beförderung einer gehbehinderten Frau. Die führte im Anschluss an eine Hüftoperation eine ambulante Rehabilitation in einer Klinik in Essen durch. Zum Zwecke der Anreise beauftragte die Fachklinik die Beklagte zu 1) mit einem Transport der Klägerin von ihrem Wohnort aus in die Klinik. Gegen 7:00 Uhr holte am Vorfallstag ein Fahrer der Beklagten zu 1), der Zeuge pp., die Klägerin mit einem Krankenbeförderungsfahrzeug in Velbert ab. Dabei parkte dieser das Fahrzeug mit der Fahrerseite auf dem Bordstein und mit der Beifahrerseite auf der Straße, so dass es sich in seitlicher Schräglage befand. Die Beifahrertür musste der Straße aus geöffnet werden. Die Klägerin begab sich mit ihren Krücken und einer Tasche selbständig zum Fahrzeug und setzte sich auf den Beifahrersitz. Daraufhin nahm der Fahrer ihr sowohl die Krücken, als  auch die Tasche ab und verstaute diese anschließend im Kofferraum des Fahrzeugs. Die Beifahrertür blieb währenddessen geöffnet. Als die Klägerin sich anschnallen wollte und zum Sicherheitsgurt griff, rutschte sie von der Beifahrersitzfläche aus dem Fahrzeug auf die Straße und prallte mit dem Kopf sowie der rechten Körperhälfte auf das Pflaster auf. Sie erlitt eine blutende Platzwunde.

Frage, die die Klägerin dem LG gestellt hat: Haftet das Beförderungsunternehmen und/oder der Fahrer, und wenn ja wie?

Das LG sagt: Nein keine Haftung. Dazu die drei zu der Entscheidungen passenden Leitsätze:

  • Es fehlt an der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bei einer Beförderung, wenn eine Insassin mit eigener Kraft nach einer Hüftoperation auf dem Beifahrersitz eines Autos Platz nehmen kann, und diese dann vom Beifahrersitz bei dem Versuch rutscht, sich eigenständig anzuschnallen, während der Fahrer derzeit ihre Gehhilfe in den Kofferraum während einer geöffneten Beifahrertür bei einer leichten Schrägstellung des Fahrzeuges trägt.
  • Bei diesem Schadensfall verwirklicht sich das allgemeine Lebensrisiko und nicht die Betriebsgefahr des betroffenen Fahrzeuges als Fortbewegungsmittel, sodass auch eine Haftung nach dem StVG ausscheidet.
  • Ohnehin würde die Betriebsgefahr hinter dem erheblichen Eigenverschulden der Insassin im vollen Umfang bei der Haftungsabwägung zurücktreten.

tzt.

Radfahrersturz auf (stillgelegten) Bahngleisen, oder: Selbst schuld

entnommen wikimedia.org Urheber Roulex 45

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Urheber Roulex 45

Im „Kessel Buntes“ dann heute der OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2016 – 6 U 35/16. Es handelt sich um einen sog. Hinweis-Beschluss nach § 522 ZPO, der dazu geführt hat, dass die beim OLG Hamm anhängige Berufung von der Klägerin zurückgenommen worden ist.

Es ging im Verfahren um Schadensersatz nach einem Fahrradsturz der Klägerin, den sie 2013 auf der Zeche Zollverein erlitten hat. Die Klägerin befuhr einen Fuß- und Radweg, auf dem alte Bahnschienen verlaufen. Diese sind auf dem Fuß- und Radweg in Asphalt eingebettet, während sie im aus Betonteilen bestehenden Kreuzungsbereich mit einer Straße ihren ursprünglichen Zustand aufweisen, so dass zwischen dem Beton und den Schienen Zwischenräume aus losem Erdreich existieren. Beim Überqueren der Kreuzung geriet die Klägerin mit dem Vorderreifen ihres Fahrrades in die Rille einer Schiene und stürzte. Sie fiel auf den Kopf und zog sich ein schweres Schädelhirntrauma zu, dass operativ versorgt werden musste. Das LG Essen hat die Klage abgewiesen, die Berufung hatte dann beim OLG auch keinen Erfolg.

Das OLG verneint eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Dazu aus der PM des OLG:

„Die Klägerin sei, so der vom Senat erteilte Hinweis, an einer Stelle gestürzt, die als Gefahrenquelle offensichtlich gewesen sei. Auf Radwegen könne ein Radfahrer nicht mit einer ebenen, schadlosen und von Hindernissen befreiten Fahrbahn rechnen. Er müsse die gegebenen Verhältnisse so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darböten und sein Fahrverhalten entsprechend anpassen. Insbesondere im Bereich von Schienen oder in die Fahrbahn eingelassenen Gleisen habe er sich auf die typischen damit verbundenen Gefahren einzustellen. Dazu gehöre auch die naheliegende Gefahr, mit Reifen in eine Schienenspur zu gelangen und dadurch die Lenkfähigkeit des Fahrrades zu verlieren. Das gelte jedenfalls dann, wenn sich die Gleisanlage vom übrigen Straßenbelag deutlich abhebe und der Schienenverlauf gut sichtbar sei. Bei der an der Unfallstelle in den Straßenbelag eingelassenen Gleisanlage handle es sich um ein schon von weitem sichtbares Hindernis, welches zudem vor dem Kreuzungsbereich durch in die Straße eingelassene, rot-weiß markierte Pfeiler als solches angekündigt werde. Die für einen Radfahrer und auch die Klägerin erkennbar auf die Kreuzung zu laufenden und im Kreuzungsbereich deutlich sichtbaren Schienen stellten eine typische Gefahrenlage dar, auf die sich die Klägerin als Radfahrerin habe einstellen können und müssen. Vor dieser Gefahrenlage habe die Beklagte nicht noch durch zusätzliche Hinweisschilder warnen müssen.

Der Umstand, dass die Schienen an anderen Stellen auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Zeche mit Asphalt verfüllt worden seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Zeche Zollverein sei – dies stelle eine Besonderheit des Falles dar – ein Industriedenkmal. Sinn und Zweck eines solchen Denkmals sei es, den Besuchern bauliche Besonderheiten der Anlage möglichst originalgetreu nahezubringen. Zu den baulichen Besonderheiten der Zeche Zollverein gehöre u.a. der zum Rangieren von Gütern bestimmte Gleisbereich der Anlage, der im Unfallbereich im ursprünglichen Zustand belassen worden und daher nur mit losem Erdreich verfüllt gewesen sei. Aufgrund dieses Charakters der Anlage habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, dass der Radweg an allen Stellen des ehemaligen Betriebsgeländes frei von nicht asphaltierten Schienen oder weiteren Gefahrenquellen sei, auch wenn Schienen an weniger exponierten Stellen bündig in den Asphalt eingelassen seien.“

Also – wie der Westfale sagt: Selbst in schuld 🙂 .

Kachelmann, oder: Wenn die Zivilisten wissen, wie es geht

© SZ-Designs - Fotolia.com

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So, und den heutigen Tag beschließe ich hier dann mit dem Kachelmann-Urteil des OLG Frankfurt, also dem OLG Frankfurt, Urt. v. 28.09.2016 – 18 U 5/14, das die Kachelmann-Geschichte nun wohl abschließen dürfte. Mit dem Urteil wird die beklagte Ex-Geliebte des Wettermoderators Kachelmann verurteilt, Schadenersatz für Kosten zu leisten, die dem dadurch entstanden sind, dass er aufgrund eines von ihr erhobenen Vergewaltigungsvorwurfs in U-Haft genommen wurde. Später ist Kachelmann dann vom LG Mannheim aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden.

Kachelmann hat dann von seiner Ex-Geliebten Ausgleich eines Teils des Schadens verlangt, der ihm durch die U-Haft entstanden ist. Er hat geltend gemacht, dass er zur Verteidigung im Haftbeschwerdeverfahren mehrere Sachverständige habe beauftragen müssen, um die Glaubwürdigkeit seiner früheren Freunding sowie die von ihr vorgezeigten Verletzungen zu entkräften. Zuletzt hat er noch rund 6.300 e verlangt.

Das LG hatte die Klage abgewiesen. Dazu aus der PM zum Verfahren: „Zur Begründung führte es aus, zwar sei K. durch die Anzeigen der Beklagten in Untersuchungshaft genommen worden – die Beklagte habe ihn also der Freiheit beraubt, indem sie staatliche Organe zum amtlichen Eingreifen veranlasst habe. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft sei jedoch, dass es sich um eine wahrheitswidrige Anzeige gehandelt habe. Der Beklagten könnte aber nicht vorgeworfen werden, dass sie K. vorsätzlich wahrheitswidrig einer Vergewaltigung bezichtigt habe mit dem Ziel, diesen seiner Freiheit zu berauben. Es sei möglich, dass die Beklagte durch „nicht-intentionale Verfälschungs- und Verzerrungseffekte“ subjektiv der festen Überzeugung gewesen sei, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein, obwohl dies objektiv nicht der Fall war.“

Das OLG hat zugesprochen.  Zur Begründung führt das OLG aus – ich zitiere aus der PM, da das Urteil mit 22 Seiten den Rahmen sprengt:

„Die Beklagte habe sich gegenüber K. schadenersatzpflichtig gemacht, weil sie wissentlich eine unwahre Strafanzeige erstattet und so – wie von ihr beabsichtigt – die Anordnung der Untersuchungshaft gegen K. herbeigeführt habe. Hierdurch habe sich die Beklagte der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Die erlittene Freiheitsentziehung beruhe zwar unmittelbar auf dem Haftbefehl; die Beklagte müsse sich jedoch das staatliche Handeln im Wege der mittelbaren Täterschaft zurechnen lassen, da sie die Ermittlungsbehörden durch die wahrheitswidrige Anzeige und falsche Aussagen vorsätzlich getäuscht habe. Die Überzeugung, dass die Beklagte K. vorsätzlich der Wahrheit zuwider der Vergewaltigung bezichtigt habe, gründe sich auf das Ergebnis der in der Berufung durchgeführten Beweisaufnahme. Hiernach habe sich die Behauptung K.s bestätigt, die Beklagte habe sich die festgestellten Verletzungen selbst zugefügt.

So spreche das Verletzungsbild in der Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Schilderungen der Beklagten nach den Feststellungen des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main für eine Selbstbeibringung. Bedeutsam sei ferner, dass die Schilderungen der Beklagten zum angeblichen Vergewaltigungsgeschehen nicht mit den Verletzungen in Übereinstimmung zu bringen seien und ihre Aussagen für sich genommen erhebliche Plausibilitätsdefizite aufwiesen. Zudem habe die Beklagte im Ermittlungsverfahren unstreitig teilweise falsch ausgesagt.“

Die Beklagte habe auch mit direktem Vorsatz gehandelt. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass es ihr gerade darauf angekommen sie, die Verhaftung des K. herbeizuführen.

Für ausgeschlossen hielt das OLG, dass bei der Beklagten eine „Autosuggestion“ vorlag, die dazu geführt habe, dass sie nur glaubte, vergewaltigt worden zu sein. Die entsprechende Annahme des Landgerichts sei nicht nur spekulativ, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die Beklagte die Verletzungen selbst zufügte, auch widerlegt.

M.E. lesenswert. Eine sehr schöne Beweiswürdigung des OLG.