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Man kann es ja mal versuchen, oder: Was stört mich eine h.M.?

© a_korn - Fotolia.com

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Wenn es sie gäbe die Rubrik: Man kann es ja mal versuchen, dann müsste der AG Pirmasens, Beschl. v. 10.03.2014 – 2 Ds 4372 Js 7830/13 – dort abgelegt werden, zumindest was die vorhergehende Entsscheidung der Rechtspflegerin betrifft. Denn er behandelt eine Frage, die zum Übergang BRAGO/RVG bereits entschieden war und die die Rechtspflegerin beim AG Pirmasens nun aber neu belebt hat. Nämlich: Altes oder neues Recht, wenn der Rechtsanwalt nach/ab dem 01.08.2013 zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, er aber schon vorher als Wahlanwalt tätig war? Die h.M. sagt(e): Neues Recht. Und das sagt das AG Pirmasens auch.

Der jetzige Pflichtverteidiger war im hiesigen Verfahren zuvor als Wahlverteidiger tätig. Mit Beschluss vom 13.01.2014 wurde er als Pflichtverteidiger bestellt.

„Gem. § 60 I RVG ist die Vergütung nach bisherigen Recht, d.h. nach der Rechtslage vor dem 01.08.2013 zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt wurde. Dies wurde seitens der Rechtspflegerin bejaht, da das Wahlmandat bereits vor dem Stichtag des 01.08.2013 bestand.

Ob die Berechnung nach alter Rechtslage erfolgen kann, wenn ein Pflichtverteidiger nach dem Stichtag zur Rechtsänderung als solcher bestellt wurde, vor diesem Stichtag aber bereits als Wahlverteidiger tätig war, ist umstritten.

Die überwiegendes Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, der sich das Gericht vorliegend anschließt, vertritt die Auffassung, dass die Pflichtverteidigergebühren nach der neuen Rechtslage zu berechnen sind, wenn die Pflichtverteidigerbestellung nach dem jeweiligen Stichtag erfolgte. Dies auch dann, wenn der Verteidiger vor dem Stichtag bereits das Wahlmandat hatte. (vgl. statt vieler: Mayer/Kroiß, RVG § 60 Rn. 15, 2013; OLG Frankfurt, 09.03.2005, Az. 2 Ws 15/05; OLG Jena17.03.2005, Az. 1 Ws 73/05). Da das Wahlmandat jedenfalls mit dem Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung endet, ist die Pflichtverteidigerbestellung als Auftrag im Sinne des § 60 1’RVG zu verstehen. Damit ist deren Zeitpunkt auch für die Berechnung der Gebühren maßgeblich.“

Entscheidend ist der Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses. Und: Die Wahlanwaltsgebühren richten sich (noch) nach altem Recht

In eigener Sache: 10 Jahre gebührenrechtliches Forum auf Burhoff-online

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Nur durch Zufall bin ich neulich in dem gebührenrechtlichen Forum auf meiner Homepage „burhoff-online“ auf die Statistik zu dem Forum gestoßen und war dann doch erstaunt, dass es das Forum nun schon 10 Jahre gibt. Kinder, wie die Zeit vergeht :-). Und, richtig. da habe ich mich erinnert, dass ich es damals 🙂 – also im Jahr 2004 – in Zusammenhang mit dem 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz eingerichtet habe bzw. habe einrichten lassen, um mit den Nutzern die sich aus dem (damals neuen) RVG ergebenden Fragen diskutieren zu können.

Schön, wenn man dann nach 10 Jahren sieht, was daraus geworden ist. Immerhin 1.904 Themen mit insgesamt 6.012 Beiträgen, die von 1.393 Nutzern eingestellt worden sind. Also fast 1.400 Nutzer, die sich der Mühe unterzogen und sich angemeldet haben. Das muss man – schon aus Spam-Gründen. Ich erinnere mich noch gut an den „vorsichtigen Hinweis“ eines Nutzers, ob ich eigentlich schon gesehen hätte, was da teilweise für Internet-Adressen angegeben seien. Ich hatte es nicht gesehen, habe es dann aber geprüft und mit Schrecken festgestellt, dass da bei einigen Nutzern aus Übersee „Sexseiten“ hinterlegt waren. Die habe ich alle mühsam händisch rausgelöscht und dann einen Anmeldemodus eingeführt.

Die Statistik im Einzelnen:

Anzahl der Beiträge: 6012 Datenbankgröße: 27.56 MB
Anzahl der Themen: 1904 Beiträge pro Tag: 1,65
Anzahl der Benutzer: 1393 Themen pro Tag: 0,52
Board startete am: Fr Feb 13, 2004 2:38 pm Benutzer pro Tag: 0,38

Nun, 10 Jahre Forum sind dann ein Anlass zu einem herzlichen Dankeschön an alle, die sich im Forum beteiligt haben. Viele Fragen waren Anregungen zu Vertiefungen im RVG-Kommentar oder auch zu gebührenrechtlichen Beiträgen. Ad multos annos.

Ach so: Die 0,38 Benutzer pro Tag – ich finde es nett 🙂 .

Ich habe da mal eine Gebührenfrage: Alles neu, alles alt oder gesplittet?

FragezeichenAus meinem gebührenrechtlichen Forum auf meiner HP Burhoff-online eine m.E. ganz interessante Frage zur Erstreckung (ein Dauerbrenner), allerdings dieses Mal kombiniert mit einer Übergangsproblematik in Zusammenhang mit dem 2. KostRMoG.

Es wird gefragt:

„Die Pflichtverteidigerbeiordnung erfolgte im Juni 2013. Nach dem 01.08.2013 wurden mehrere Verfahren hinzuverbunden, die Beiordnung auch auf diese Verfahren erstreckt.

Wird jetzt gesplittet, also das führende Verfahren nach „altem“ Gebührenrecht abgerechnet und die hinzu verbundenen Verfahren nach „neuem“ Recht ab dem 01.08.2013?

Ich habe dann geantwortet:

Ich bin der Auffassung, dass es insgesamt auf den Zeitpunkt der Bestellung ankommt und der lag vor dem Stichtag, also alles altes Recht. Anderenfalls käme man ja auch dazu, dass für Tätigkeiten, die vor dem 01.08.2013 erbracht worden sind, neues Recht gelten würde. 

Sorry, aber man kann nicht immer gewinnen :-), oder?

Denn ein Kollege hat dazu gepostet, und zwar wie folgt:

„Hallo Herr Burhoff,
in einem Fall wie oben geschildert habe ich vom AG Braunschweig für die nach dem 01.08.2013 hinzuverbundenen Sachen die Gebühren und Auslagen nach neuem RVG bekommen.
Ich würde mal sagen: Ausprobieren und damit argumentieren, dass die Erstreckung für die hinzuverbundenen Verfahren wie eine „Beauftragung“ ist. Vielleicht klappt es ja. :-)“

Also Fazit dann doch: Nur ein Versuch macht klug.

Aus dem Rechtspflegerforum: Ich kann den Unmut/das Unverständnis der Rechtspfleger verstehen

Ich habe mal wieder im Rechtspflegerforum gestöbert und bin dabei auf folgenden Thread im Bereich „Kosten“ gestoßen, und zwar auf:  „Phänomen nach Änderung der Gebührentabellen“. Da heißt es:

„Hier wird regelmäßig und schmerzfrei in Altfällen die Kostenfestsetzung nach neuem Gebührenrecht beantragt.

Frage an die Kollegen innerhalb der Gerichte: Wurde dieses Phänomen bereits woanders beobachtet?

Frage an die Kollegen außerhalb der Gerichte: Woran liegt es und was veranlaßt Antragsteller zu einem derart sinnlosen Unterfangen – oder hatte damit schon jemand Erfolg?

Aus den Antworten:

 „Bei mir kam das bisher nur vereinzelt vor, ich glaub es war auch immer der gleiche RA. Da gibts von mir ne Zwischenverfügung …. Es kommt dann auch immer ganz schnell eine neue Berechnung nach altem Recht.“

oder

„Woran liegt es und was veranlaßt Antragsteller zu einem derart sinnlosen Unterfangen – oder hatte damit schon jemand Erfolg?

Unwissenheit, ggf. aber auch der klägliche Versuch („Merkt ja keiner!“), evtl. doch mehr Kohle rausschlagen zu können? Erst letztens eine Diskussion gehabt, wo der RA meinte, die EG sei ja nach neuem Recht zu berechnen, da der Auftrag, eine Einigung zu erzielen, erst nach dem 1.8. erteilt worden sei. Will sagen, der Antragsteller muß nicht immer bösgläubig sein.“

oder

„Möglicherweise trägt auch die Umstellung der Kanzleisoftware dazu bei? Obwohl, das sollte eigentlich kein Grund sein.
Bei mir sind derartige Versuche bislang zum Glück nicht vorgekommen.

oder

„Bislang hatte ich erst einen Antrag nach neuem Recht, bin aber zuversichtlich, dass es dabei nicht bleiben wird. Die Zwischenverfügung habe ich mir jedenfalls vorsichtshalber schon mal weggespeichert …Lustig wird es ja auch erst, wenn die Diskussionen Aufkommen, wann denn der unbedingte Auftrag erteilt wurde.“

oder

 „Habe heute eine Erinnerung des beigeordneten PKH Anwalts bekommen.

Er verlangt a.) die Gebühren nach neuem Recht (Auftragserteilung und Beiordnung waren 2010!) und b.) nach der Tabelle bei § 13 RVG (!). Der Rechtspfleger sei bei seiner Vergütungsfestsetzung „einem groben Fehler“ aufgesessen“. Kleine Notiz am Rande: Es geht um eine Mehrvergütung von ca. 20 €….“

oder

„Interessant auch Nachfragen in ReNo-Foren, ob man die Terminsgebühr nun nach der neuen Tabelle abrechnen dürfe, da die Verhandlung ja erst nach dem 01.08.2013 stattfand.

oder

„Wie kann man auf solche Ideen kommen?

Ich hatte heute einen Anruf eines Rechtsanwaltes, der wissen wollte, ob er jetzt bei allen KFA`s neues Recht anwenden kann …traurig…“.

Soweit in den Antworten Unmut, zumindest aber Unverständnis der Antwortenden – nicht alles Rechtspfleger – geäußert wird oder „durchschimmert“: Ich kann das verstehen. Denn die Übergangsregelung sind doch eindeutig. Da kann man z.B. nicht ernsthaft auf den Gedanken kommen, ein aus dem Jahr 2010 stammendes Mandant mit PKH-Beiordnung nach neuem Recht abrechnen zu wollen. Man sollte sich also schon mit den Übergangsvorschriften des § 60 RVG befasst haben, wenn man einen Antrag auf der Grundlage des neuen Gebührenrechts stellt (hier dazu noch einmal: Alt oder neu – Inkrafttreten des 2. KostRMoG – welches Recht gilt?) So schwer ist das nun auch nicht.

Ich habe da mal eine Gebührenfrage: „Zurückverweisung“ im Bußgeldverfahren – entstehen die Gebühren noch einmal

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Mich erreichen immer wieder interessante Gebührenfragen oder sie werden in dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online gestellt, die mir dann zeigen, dass es doch immer noch Probleme und offene Fragen bei der Anwendung des RVG gibt. So das Problem, dass ein Kollege neulich aufgeworfen hat, und zwar folgendes.

Der Kollege hat den Mandanten im Bußgeldverfahren vertreten. Auf seinen Antrag hat das AG das Verfahren nach § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen. Der Kollege bezog sich auf eine Stelle in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Danach endet das Verfahren bei der Bußgeldbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG. Deswegen war er der Ansicht, dass nach Zurückverweisung gem. § 69 Abs. 5 OWiG die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV erneut entsteht.Dazu fand er nichts in Rechtsprechung und Literatur.

 Ich musste den Kollegen darauf hinweisen, dass es sich bei der Zurückverweisung nicht um eine i.S.  des § 21 RVG handelt und daher die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nicht noch einmal entstehen. So steht es auch im Kommentar in Teil A: Zurückverweisung (§ 21) Rn. 1688.

Aber der Kollege hat repliziert, und wie folgt:

„Allerdings ist zu überlegen, ob der § 21 nicht auch analog angewendet werden kann. Immerhin handelt es sich beim Verfahren vor der Bußgeldbehörde um die erste Entscheidungsinstanz im Bußgeldverfahren. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben: Es muss ermittelt sowie der Sachverhalt aufgeklärt werden. Ferner gibt es am Ende dieser „Entscheidungstanz“ auch eine Entscheidung in Form des Abschlussvermerks nach § 69 Abs. 3 OWiG und es gibt sogar eine Präklusionsnorm in § 109 a Abs. 2 OWiG.

Könnte vor diesem Hintergrund nicht eine Regelungslücke vorliegen, die eine analoge Anwendung ermöglicht?“

Mein Gedanke: Gar nicht mal schlecht bzw. überlegenswert. Ich habe ihm geraten, es ggf. mal zu versuchen mit der Argumentation. Denn: Nur ein Versuch macht klug.

Ach so – und das ist jetzt Werbung: Den RVG-Kommentar gibt es derzeit zu einem Sonderpreis – es handelt sich um eine „Mängelexemplare-Aktion“.