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OWi II: Nochmals Verhängung der Regelgeldbuße, oder: Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen?

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Die zweite Entscheidung kommt heute vom OLG Saarbrücken. Das hat im OLG Saarbrücken, Beschl. v. 08.05.2023 – 1 Ss (OWi) 8/23 – u.a. zur Frage der Erforderlichkeit von näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen bei Verhängung einer Regelgeldbuße Stellung genommen.

Vom AG war wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG eine Geldbuße in Höhe von 600,- EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt worden, ohne Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen zu treffen.

Das hat das OLG nicht – mehr – beanstandet. Es hat abweichende frühere Rechtsprechung aufgegeben:

„Soweit der Senat in früheren Entscheidungen verlangt hat, dass der Tatrichter bei der Bemessung der Geldbuße grundsätzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen aufzuklären und zu diesen im Urteil in nachprüfbarer Weise Feststellungen zu treffen hat, soweit es sich nicht um geringfügige Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 OWiG handelt – eine solche geringfügige Ordnungswidrigkeit lag – auch im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten – nach der Rechtsprechung des Senats nur in den Fällen vor, in denen das Tatgericht eine Geldbuße von nicht mehr als 250,- Euro verhängt hatte – (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Juni 2013 – Ss (B) 58/2013 (51/13 OWi) –, 24. Oktober 2013 – Ss (B) 101/2013 (83/13 OWi) –, 30. Juni 2014 – Ss (B) 44/2014 (34/14 OWi) –, 16. Oktober 2014 – Ss (B) 69/2014 (54/14 OWi) –, 21. März 2017 – Ss BS 11/2017 (6/17 OWi) – und 25. Oktober 2018 – Ss (BS) 77/2018 (54/18 OWi) – jew. m.w.N.), hält der Senat daran nicht länger fest. Dies jedenfalls für die Fälle, in denen – wie hier – keine die Regelgeldbuße nach dem Bußgeldkatalog übersteigende Geldbuße festgesetzt wird und weder aufgrund der Angaben des Betroffenen selbst noch sonst Anhaltspunkte für vom Regelfall abweichende finanzielle Verhältnisse vorliegen, die ausnahmsweise Anlass zu weiterer Sachaufklärung geben.

a) Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 OWiG kommen für die Bemessung der Geldbuße – neben der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und dem Vorwurf, der den Täter trifft (§ 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG) – auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen in Betracht. Diese gesetzgeberische Wertentscheidung macht deutlich, dass den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen für die Bemessung der Geldbuße nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Dies findet in den Bußgeldregelsätzen, die der Verordnungsgeber aus Gründen der Vereinfachung und Anwendungsgleichheit im Bußgeldkatalog festgelegt hat, dadurch Ausdruck, dass sich ihre Höhe in Übereinstimmung mit § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG an der Bedeutung des Verkehrsverstoßes und dem Tatvorwurf orientiert. Die Regelsätze gehen von gewöhnlichen Tatumständen und durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen aus. Systematisch stellen sie Zumessungsrichtlinien dar, die der Tatrichter bei der Ausübung seines Rechtsfolgeermessens nicht unbeachtet lassen darf. Andernfalls wird er dem Prinzip des Bußgeldkatalogs mit dem Ziel der größtmöglichen Gleichbehandlung gleichartiger Fälle nicht gerecht. Besondere Umstände, die zum Abweichen vom Regelsatz nach oben oder unten führen und die auch in der Person des Betroffenen liegen können, hat der Tatrichter im Einzelfall erst zu erwägen, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben. Dies gilt auch für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen. Die tatrichterliche Aufklärungspflicht setzt demnach erst ein, wenn der Betroffene konkrete Tatsachen vorträgt, die ein Abweichen von der Regel nahelegen, oder solche Anhaltspunkte sonst vorliegen. Andernfalls sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen aufgrund der Regel-Ausnahme-Systematik der Bußgeldkatalogverordnung nicht von vornherein Gegenstand der Amtsaufklärung. Demnach obliegt es dem Betroffenen unter der Geltung der Bußgeldkatalogverordnung durch eigenen Sachvortrag die Aufklärungspflicht des Tatrichters auszulösen. Erst dann hat das Tatgericht im Rahmen der Einzelfallabwägung getroffene Feststellungen zum Abweichen vom Regelfall in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzustellen, so dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung ermöglicht wird, ob das Tatgericht rechtsfehlerfrei von dem Regelsatz des Bußgeldkatalogs abgewichen ist. Dies bedeutet indes nicht, dass das Tatgericht einseitige und wenig aussagekräftige Angaben des Betroffenen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ungeprüft hinzunehmen hat (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27. April 2020 – 3 Ws (B) 49/20 –, juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OLG Bremen, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – 1 SsBs 43/20 –; OLG Braunschweig, Beschluss vom 13. April 2021 – 1 Ss (OWi) 103/20 –, BeckRS 2021, 7676; OLG Köln, Beschluss vom 15. Juli 2022 – III-1 RBs 198/22 –, juris; Krenberger/Krumm, OWiG, 7. Aufl., § 17 Rn. 22b, m.w.N.).

Hierfür spricht auch, dass eine unbedingte Aufklärungspflicht das Tatgericht bei einem zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen schweigenden Betroffenen zu – ggf. mit schwerwiegenden Grundrechtseingriffen einhergehenden – Maßnahmen wie der Durchsuchung der Wohn- oder Geschäftsräume nach Einkommensnachweisen des Betroffenen anhalten dürfte, die zur Bedeutung des Vorwurfs und der Höhe der Geldbuße außer Verhältnis stünden (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O.; KG Berlin, Beschluss vom 12. März 2019 – 3 Ws (B) 53/19 –, Rn. 14, juris).

Eine über die bloße Darlegungslast hinausgehende Beweislast wird dem Betroffenen hierdurch nicht auferlegt. Denn bei Vorliegen eines hinreichend konkreten Vortrages des Betroffenen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Tatrichter diesem wiederum von Amts wegen nachzugehen und sich von dessen Richtigkeit zu überzeugen (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O., m.w.N.).

b) Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Tatrichter eine den Regelsatz des Bußgeldkatalogs übersteigende Geldbuße festlegt (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O.), braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden. Ein Fall der Erhöhung einer Regelgeldbuße liegt nicht vor. Zwar legen die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil nahe, dass das Amtsgericht wegen der einschlägigen Voreintragung im Fahreignungsregister lediglich die für einen (erstmaligen) Verstoß gegen § 24 a StVG vorgesehene Regelgeldbuße nach Nr. 242 BKat von 500,- EUR angemessen auf 600,- EUR erhöhen wollte. Tatsächlich hat es die nach der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehene Regelgeldbuße indes verringert. Nr. 242.1 BKat normiert – sowohl in der im Tatzeitpunkt als auch in der heute geltenden Fassung – für den hier vorliegenden Fall der Eintragung einer – gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2b i.V.m. Nr. 2.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV bislang weder getilgten noch tilgungsreifen – Entscheidung nach § 24a StVG im Fahreignungsregister, deren Vorliegen das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, eine Regelsanktion von 1000,- EUR Geldbuße und drei Monaten Fahrverbot. Da sich dieser Fehler nicht zu Lasten des Betroffenen auswirkt, berührt er den Bestand der ausschließlich vom Betroffenen angefochtenen Entscheidung auch im Übrigen nicht.

c) Gemessen an den vorstehend dargestellten Maßstäben bestand im vorliegenden Fall keine Pflicht des Amtsgerichts, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen von Amts wegen weiter aufzuklären. Der Senat vermag den Urteilsgründen noch hinreichend zu entnehmen, dass der auf eigenen Antrag vom persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene weder im Vorfeld noch in der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hatte, die Anlass zu weiterer Sachaufklärung gaben.“

OWi III: Vorbeifahren an drei Verkehrsbeschränkungen, oder: Erhöhung der Regelgeldbuße=

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Und als dritte Entscheidung dann noch etwas zur Gledbußenhöhe. Das AG hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h eine gegenüber dem Regelsatz von 70 EUR erhöhte Geldbuße von 85 EUR festgesetzt. Die Erhöhung hatte das AG damit begründet, dass die die Beschränkung anordnenden Verkehrszeichen vor der Messstelle dreimal beidseitig wiederholt aufgestellt waren. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 08. 03.2021 – 4 OWi 6 SsRs 26/21 –  hatte keinen Erfolg:

„Auch der Rechtsfolgenausspruch ist frei von Rechtsfehlern.

Insbesondere ist ein sachlich-rechtlicher Verstoß nicht darin zu sehen, dass das Amtsgericht die Regelgeldbuße gemäß BKatV von 70,- Euro um 15,- Euro erhöht hat, weil es dem Betroffenen eine erhöhte Fahrlässigkeit angelastet hat.

In der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz wird die Frage, ob der Betroffene mit erhöhter Fahrlässigkeit handelt, wenn er mehrere beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen ignoriert, ohne sein Fahrverhalten entsprechend anzupassen, unterschiedlich beantwortet, wobei bislang – soweit ersichtlich – hierzu eine Senatsentscheidung noch nicht vorliegt.

Dies wird in einigen Entscheidungen des 1. und 2. Bußgeldsenats bejaht (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 OWi 6 SsRs 361/20 v. 25.11.2020; 1 OWi 6 SsRs 253/30 v. 02.10.2020; 2 OWi 6 SsBs 30/20 v. 11.03.2020; 1 OWi 6 SsBs 11/18 v. 08.06.2018). Demgegenüber ist in einer Entscheidung des links unterzeichnenden Einzelrichters des 3. Bußgeldsenats die Auffassung vertreten worden, dass durch ein solches Fehlverhalten der Fahrlässigkeitsvorwurf nicht erhöht wird und deshalb eine darauf gestützte Erhöhung der Regelgeldbuße zu unterbleiben hat (OLG Koblenz, Beschl. 3 OWi 6 SsRs 299/20 v. 26.10.2020).

Der Senat entscheidet die Rechtsfrage jetzt dahingehend, dass in den besagten Fällen ein gegenüber dem Regelfall – dem achtlosen Vorbeifahren an nur einem die Geschwindigkeit beschränkenden Verkehrszeichen – der Fahrlässigkeitsvorwurf als erhöht anzusehen ist, was es rechtfertigt, die Regelgeldbuße entsprechend zu erhöhen. An der anderslautenden Rechtsprechung des Einzelrichters des Senats vom 26. Oktober 2020 wird nicht mehr festgehalten.

Grundsätzlich sind die Regelsätze der BKatV für die Gerichte verbindlich, da sie Rechtssatzqualität haben (vgl. BeckOK-OWiG/Sackreuther, § 17 Rn. 111; KK-OWiG/Mitsch § 17 Rn. 103). Dabei gehen die Bußgeldregelsätze für fahrlässiges Handeln von gewöhnlichen Fällen aus; ein Abweichen hiervon ist nur dann angezeigt, wenn außergewöhnliche, besondere Umstände vorliegen, die nicht dem durchschnittlichen Fahrlässigkeitsgrad entsprechen. Dies ergibt sich aus § 17 Abs. 3 OWiG, wonach Grundlage für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf sind, der den Täter trifft.

Der individuelle Sorgfaltsverstoß, der dem Betroffenen hier anlastet, ist nach den Urteilsgründen des Amtsgerichts darin zu sehen, dass er trotz Kenntnis der im Messstellenbereich durch Zeichen 274 angeordneten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h sein Fahrverhalten sorgfaltswidrig nicht angepasst hat, obwohl er zuvor wiederholt durch die mehrfache Beschilderung mit dem gleichen Zeichen dazu angehalten worden ist. Diesem Verhalten liegt eine gegenüber dem Regelfall, der Nichtbeachtung nur eines Schildes, eine erhöhte Sorgfaltspflichtverletzung zugrunde.

Für einen erhöhten Sorgfaltsverstoß und die damit einhergehende besondere individuelle Vorwerfbarkeit sprechen zunächst Sinn und Zweck der Mehrfachbeschilderung. Nach Ziffer I. zu Zeichen 274 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) v. 26. Januar 2001 sollen Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben haben, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten sind. Dies gilt jedoch nur dann, wenn festgestellt worden ist, dass die geltende Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten wird. Im anderen Fall muss die geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit durchgesetzt werden. Geschwindigkeitsbeschränkungen können sich im Einzelfall schon dann empfehlen, wenn aufgrund unangemessener Geschwindigkeiten häufig gefährliche Verkehrssituationen festgestellt werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften sollen Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Maßgabe der voranstehenden Erwägungen der VwV-StVO angeordnet werden, wo Fahrzeugführer insbesondere in Kurven, auf Gefällstrecken und an Stellen mit besonders unebener Fahrbahn ihre Geschwindigkeit nicht den jeweiligen Straßenverhältnissen anpassen; die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll dann auf diejenige Geschwindigkeit festgelegt werden, die vorher von 85 % der Fahrzeugführer von sich aus ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen, ohne überwachende Polizeibeamte und ohne Behinderung durch andere Fahrzeuge eingehalten wurde.

Daraus folgt, dass ein Fahrzeugführer davon auszugehen hat, dass er sich mit seinem Fahrzeug auf einer besonders unfall- oder sonst gefahrenträchtigen Strecke befindet, wenn er ein geschwindigkeitsbeschränkendes Verkehrszeichen passiert. Der Erfolgsunwert seines Handels bzw. der Sorgfaltspflichtverstoß ist darin zu sehen, dass der Verkehrsteilnehmer, der die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nicht reduziert, die Gefahrenwarnung des Verkehrszeichens ignoriert und deshalb nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ist eine Unfall- oder Gefahrenstelle – wie vorliegend – nicht durch ein, sondern durch mehrere, mit Abstand hintereinander aufgestellte geschwindigkeitsbeschränkende Verkehrszeichen als solche besonders kenntlich gemacht, so wird dies einen verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmer in besonderer Weise dazu veranlassen, vorsichtig zu fahren und sich durch einen Blick auf den Tachometer zu vergewissern, ob er die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit einhält bzw. sein Fahrverhalten entsprechend darauf einzustellen. Denn ein solcher Fahrer wird der Mehrfachfachbeschilderung die Warnung vor einer besonders gefährlichen und unfallträchtigen Stelle entnehmen. Ein Fahrer, der eine solche Beschilderungssituation ignoriert, handelt deshalb mit in zweifacher Hinsicht gesteigerter Fahrlässigkeit, denn er ignoriert nicht nur die Botschaft der besonderen Unfall- oder Gefahrenträchtigkeit, sondern dies auch nicht nur in einem kurzen Augenblick, sondern über einen längeren Zeitraum hin.

Der Sinn und Zweck der dreifach hinter einander aufgestellten Schilder ist auch im konkreten Fall darin begründet, dass unmittelbar auf die Messstelle ein Unfallschwerpunkt folgt, zu dessen Entschärfung die Geschwindigkeitsbeschränkung und die zu ihrer Überwachung aufgebaute stationäre Messanlage dienen. Ihr geht über mehrere Kilometer eine Gefällestrecke voraus, aus der die besondere Unfallgefährlichkeit des Streckenabschnitts erwächst. Dies ist dem Senat aus einer Vielzahl von diese Messstelle betreffenden Verfahren, aber auch aus eigener Anschauung bekannt.

Passiert der Betroffene, wie hier, auf einer mehrere Kilometer reichenden Gefällestrecke drei im Abstand hintereinander aufgestellte Verkehrszeichen, die er neben leicht erkennbaren Gegebenheiten wie dem Gefälle vor der Messstelle als Anhaltspunkt zur Überprüfung seiner gefahrenen Geschwindigkeit wahrnehmen muss, dann handelt er mit höherem Unwertgehalt als ein Fahrzeugführer, der lediglich ein die Höchstgeschwindigkeit anordnendes Verkehrsschild passiert, ohne seine Geschwindigkeit entsprechend anzupassen. Die Mehrfachbeschilderung in Verbindung mit der Gefällestrecke führt auch deswegen zum erhöhten Sorgfaltsverstoß, weil der betroffenen Fahrzeugführer durch das Gefälle mittels dauerhaften Betätigens der Bremseinrichtung aktiv auf die gefahrene Geschwindigkeit Einfluss nehmen muss (also nicht einfach den Fuß vom Gas nehmen kann).

Somit ist die Rechtsauffassung des Amtsgerichts Linz am Rhein nicht zu beanstanden, wonach das Fehlverhalten in vorliegendem Fall vom Regelfall nach der BKatV in einem Maße nach oben abweicht, dass es nicht mehr einem mittleren Fahrlässigkeitsgrad zuzuordnen ist, sondern in den Bereich der bewussten Fahrlässigkeit aufrückt. Die Dreifachbeschilderung und die Streckenführung stellen besondere Begleitumstände dar, welche die besondere Aufmerksamkeit des Fahrers hervorrufen müssen. Unter diesen Umständen belegt die Unkenntnis von der eigenen Geschwindigkeitsüberschreitung einen gesteigerten Sorgfaltsverstoß des Betroffenen.

In der Erhöhung des Bußgeldes aufgrund der die Geschwindigkeitsbegrenzung anordnenden, mehrfach wiederholten Beschilderung ist ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nicht zu sehen (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 2 OWi 6 SsBs 30/20 v. 11.03.2020). Denn nicht ein mehrfaches Überfahren der Geschwindigkeitsbeschränkung vor der Messstelle hat das Tatgericht hier zum Anlass für die Erhöhung der Geldbuße genommen, sondern die Fehlleistung des Betroffenen, bei mehreren aufeinander folgenden Schildern die Gelegenheit sorgfaltswidrig versäumt zu haben, sein Fahrverhalten der besonderen Streckengefährlichkeit anzupassen.“

Das Höchstmaß der Geldbuße, oder: Die Begründung des OLG Stuttgart lässt das Arbeiten mit altem Gesetzestext besorgen..

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Dieses ist das erste Arbeitsposting des Jahres 2019. Daher noch einmal allen Lesern ein frohes und erfolgreiches neues Jahr.

Und ich eröffne dann heute mit einem kleinen Schmankerl, nämlich dem OLG Stuttgart, Beschl. v. 09.11.2018 – 4 Rb 25 Ss 1007/18, der mir vor einigen Tagen übersandt worden ist mit der Frage, ob in unserem OWi-HB bei den Rn. 1732 ff. die Rechtslage nicht richtig dargestellt werde? Bei solchen Fragen ist man als Herausgeber natürlich gleich „alarmiert“ und prüft und schaut sich die Sache an.

Worum geht es? Dem OLG Stuttgart-Beschluss liegt ein Verfahren beim AG Reutlingen zugrunde, in dem gegen den Betroffenen „wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen eine Vorschrift über die Vorfahrt in Tateinheit mit einem fahrlässigen Verstoß gegen eine Vorschrift über das allgemeine Verhalten im Straßenverkehr eine Geldbuße von 145 € verhängt“ worden ist. Das AG ist wohl davon ausgegangen, dass es sich dabei um die Regelbuße gehandelt hat.

Gegen das Urteil wird Rechtsbeschwerde eingelegt, die wegen der geringen Geldbuße der Zulassung bedarf (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 OWig). Das OLG lässt dann durch den Einzelrichter nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zu. Begründung: „Das Amtsgericht geht im angefochtenen Urteil bei der Bemessung der Geldbuße für die festgestellte Ordnungswidrigkeit von einem nach Tabelle 4 im Anhang zu § 3 Abs. 3 BKatV unzutreffenden Regelsatz aus. Die Begründung lässt besorgen, dass es sich dabei nicht nur um einen Rechtsfehler im Einzelfall handelt.“ Und: „Weil hier die Nachprüfung des Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, ist die Sache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen.“

Und dann ändert das OLG durch den Senat – also in Dreierbesetzung –  den Rechtsfolgenausspruch. Das begründet es u.a. mit folgenden Ausführungen:

„2. Der Rechtsfolgenausspruch kann auch nach dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Rechtsbeschwerdegerichts keinen Bestand haben.

Rechtsfehlerhaft ist bereits der angegebene Bußgeldrahmen von 5 € bis zu 1.000 €. Bei den hier in Rede stehenden fahrlässigen Ordnungswidrigkeiten beträgt gemäß § 17 Abs. 2 OWiG das Höchstmaß der Geldbuße 500 €, weil dem Betroffenen lediglich fahrlässiges Handeln zur Last fällt und § 24 Abs. 2 StVG für das Höchstmaß der Geldbuße von 1.000 € nicht zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln unterscheidet.“

Wer findet den Fehler? Nun m.E. nicht ganz so schwer. Denn diese Begründung lässt besorgen 🙂 , dass das OLG entweder keinen gültigen Gesetzestext zur Verfügung hatte (davon kann man aber wohl im „reichen“ Baden-Württemberg“ nicht ausgehen) oder eben einen alten Gesetzestext herangezogen hat. Denn die o.a. Passage ist nicht zutreffend. In § 24 Abs. 2 StVG heißt es nämlich schon seit 2009: „Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.“ Und kombiniert man das mit § 17 Abs. 2 OWiG, in dem es heißt: „Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.“, dann kommt man aus den Ausgangspunkt des Amtsrichters für die Bemessung der Geldbuße, nämlich „Bußgeldrahmen von 5 € bis zu 1.000 €„.

Und nun? Nichts weiter. Der Amtsrichter wird diebische Freude haben über den Fehler des OLG, das ihn wahrscheinlich in anderen Fällen auch gerne immer mal wieder belehrt, und dem OLG die „virtuelle Zunge herausstrecken“. Der Fehler ist ja nicht schlimm. Oder doch? Nun, schlimm nicht, aber man fragt sich schon, warum eigentlich sechs Augen – ich erinnere Dreierbesetzung – die insgesamt mit R 7 (R 3 und 2 x R 2) bezahlt werden, das überlesen. Und: Man hat sogar die Rechtsbeschwerde zugelassen. Na ja, kann man passieren, darf/sollte aber nicht…

Wen es interessiert, wie es in der Sache weiter gegangen ist: Das OLG hat eine Geldbuße von nur 50 € festgesetzt:

„Das Amtsgericht geht bei seiner Rechtsfolgenentscheidung von einem unzutreffenden Regelsatz von 145 € aus, obwohl dieser gemäß Lfd. Nr. 34 BKat in Verbindung mit § 3 Abs. 3 BKatV in Ver-bindung mit Tabelle 4 lediglich 120 € beträgt. Gemäß § 3 Abs. 3 BKatV erhöhen sich die Regelsätze des Bußgeldkatalogs bei Vorliegen einer Gefährdung oder Sachbeschädigung nach Tabelle 4, soweit diese Merkmale oder eines dieser Merkmale nicht bereits im Tatbestand des Bußgeldkatalogs enthalten sind. Lfd. Nr. 34 BKat umschreibt den hier einschlägigen Tatbestand wie folgt: „Vorfahrt nicht beachtet und dadurch eine vorfahrtsberechtigte Person gefährdet“. Der Bußgeldkatalog enthält demnach eine Gefährdung, nicht aber eine Sachbeschädigung. Für diesen Fall sieht die Tabelle 4 (in ihrem zweiten Teil) eine Erhöhung des Regelsatzes von 100 € auf 120 € vor. Da das Amtsgericht ausdrücklich die „Regelbuße“ festsetzen wollte, beruht die Rechtsfolgenentscheidung auf diesem Rechtsfehler.

3. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 79 Abs. 6 OWiG Gebrauch, in der Sache selbst zu entscheiden und verhängt eine Geldbuße von 50 €. Den vorfahrtsberechtigten Verletzten trifft am Unfallgeschehen und der eingetretenen Gefährdung ein nicht unerhebliches Mitverschulden, da er nach den getroffenen Feststellungen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 24 km/h überschritten hat. Für die Rechtsfolgenentscheidung ist zu Gunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass sich dieses verkehrswidrige Verhalten des Verletzten auf das Unfallgeschehen ausgewirkt hat; der Senat schließt aus, dass bei einer erneuten tatrichterlichen Verhandlung — jedenfalls unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes — für den Betroffenen nachteilige Feststellungen getroffen werden können. Die durch das Mitverschulden des Verletzten begründete Abweichung von den gewöhnlichen Tatumständen, von denen der Regelsatz ausgeht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV), rechtfertigt die Verhängung einer geringeren Geldbuße. Nach Auffassung des Senats ist unter Berücksichtigung der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und des Vorwurfs, der den Betroffenen trifft, eine Geldbuße von 50 € angemessen.“

Insofern: Fehlerfrei :-).

Für mich Entwarnung beim OWi-Handbuch. Und das führt dann gleich <<Werbemodus an>> zum ersten Werbehinweis 2019: Man kann das OWi-Handbuch, das in 5. Auflage vorliegt, hier bestellen <<Werbemodus>> aus.

Geschwindigkeitsüberschreitung – aber Rettung des Rettungshundes – deshalb Regelgeldbuße runter

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Verhältnismäßig großzügig hat m.E. das AG Koblenz entschieden, als es im AG Koblenz, Urt. v. 29.04.2013 – 2010 Js 43957/12.34 OWi – die an sich für eine Geschwindigkeitsüberschreitung verwirkte Geldbuße von 80 € auf 35 € gesenkt hat. Die Betroffene war außerorts um 28 km/ zu schnell gefahren. Sie befand sich auf der Fahrt zum Tierarzt, um dort ihren lebensbedrohlich erkrankten Rettungshund behandeln zu lassen. U.a. das hat das AG bewogen, die Regelgeldbuße zu senken:

„Die Verfehlung der Betroffenen war wie tenoriert zu ahnden. Es konnte von der Festsetzung der Regelgeldbuße gemäß § 11.3.5 BKat, der die Anordnung einer Geldbuße von 80,00 Euro vorsieht, im tenorierten Umfang abgesehen werden.

 Diese Reduzierung rechtfertigt sich aus der besonderen Stresssituation, in der sich die Betroffene befand aber auch im Hinblick auf den langen Zeitablauf seit Tatgeschehen, was die Betroffene nicht zu vertreten hat. Darüber hinaus wurde nach Auffassung des Gerichts bereits in ausreichendem Maße verkehrserzieherisch auf die Betroffene durch das vorliegende Gerichtsverfahren eingewirkt.“

Interessant ist die Frage, ob das AG mit derselben Begründung auch von einem Fahrverbot abgesehen hätte, wenn ein solche im Raum gestanden hätte. Passen würde die Argumentation auch da. Allerdings ist das so – so weit ich die Rechtsprechung im Blick habe – bisher noch nicht entschieden worden.