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Zumutbarkeit/Höhe Pauschgebühr, oder: „Düsseldorfer Altbier“ wird nicht angerechnet

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Als zweite gebührenrechtliche Entscheidung stelle ich den OLG München, Beschl. v. 16.11.2017 – 1 AR 413/17 – vor. Den hat mir der Kollege Wamser aus Passau übersandt. Es geht um die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG. Als der Kollege die Übersendung eines  Pauschgebührbeschlusses durch das OLG München angekündigt hat, hatte ich nur gedacht: Oh ha, OLG München zur Pauschgebühr nach § 51 RVG, das ist fast so schlimm wie das OLG Frankfurt am Main. Denn beide OLG sind in meinen Augen besonders restriktiv bei der Bewilligung. Nun, ganz so schlimm war es dann doch nicht. Denn das OLG hat immerhin einen Zuschlag von 50% auf die gesetzlichen Gebühren gewährt. Ob das ausreicht, lassen wir mal, da sich aus dem Beschluss (mal wieder) nicht die Einzelheiten der Inanspruchnahme ergeben dahin gestellt.

Im Übrigen im Beschluss die Formulierungen, die wir fast immer lesen, wenn es um eine Pauschgebühr geht. Die gesetzlichen Gebühren sind zumutbar, die Gewährung einer Pauschgebühr ist die Ausnahme usw.:

„Die Bewilligung einer Pauschvergütung ist daher die Ausnahme, die bei besonders umfangreichen und schwierigen Verfahren unzumutbare Sonderopfer des beigeordneten Rechtsanwalts vermeiden soll. Es ist nicht Zweck der Pauschgebühr, den Pflichtverteidiger wirtschaftlich dem Wahlverteidiger gleich zu stellen. Nur in extrem aufwändigen Verfahren, die in jeder Hinsicht auch Verfahren in den Schatten stellen, bei denen eine Pauschgebühr schon angezeigt ist, kommt eine Bewilligung in Höhe der Wahlverteidigergebühren in Betracht. Ihre Überschreitung ist so gut wie immer ausgeschlossen.“

Das ist m.E. so nicht richtig.

Aber eine Formulierung im Beschluss war dann doch „bemerkenswert“, und zwar.

„Auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsätzen vom 23.10.2017 und 04.11.2017 vorgetragenen Argumente des Antragstellers erscheint jedoch ein Zuschlag von 50 % auf die gesetzlichen Gebühren ausreichend und angemessen, wobei dem Antragsteller darin gefolgt werden kann, dass das erhaltene Düsseldorfer Altbier nicht anzurechnen ist.hat mich dann doch stutzig gemacht.“

„Bemerkenswert“ nicht deshalb, weil eine Anrechnung von „Erhaltenem“/erhaltenen Zahlungen nicht im Rahmen der Bewilligung der Pauschgebühr erfolgt, sondern im Festsetzungsverfahren. Das kann einem OLG schon mal durchgehen. Nein bemerkenswert, wegen der Art der empfangenen Leistung – nämlich „Düsseldorfer Altbier“. Ich habe deswegen dann beim Kollegen nachgefragt, der mir mitgeteilt hat:

„Hallo Herr Kollege, im Verfahren ging es um Gewerbe- und bandenmäßigen Betrug durch den Verkauf fiktiver Aktien im Telefonvertrieb mit phantastischen Gewinnaussichten. Vor einer „normalen“ Kammer des LG Passau fanden 8 Hauptverhandlungstermine statt. Das Verfahren endete mit Verurteilungen aller Angeklagten. Die Pflichtverteidigervergütung wurde mit dem Standardsatz „Vorschüsse und Zahlungen nach § 58 Abs. 3 RVG habe ich nicht erhalten. Später eingehende Zahlungen, die für die Pflicht zur Rückzahlung der Gebühren an die Staatskasse von Bedeutung sind, werde ich der Staatskasse anzeigen“ beantragt. Im Rahmen des Antrages auf die Pauschvergütung hat dann die Bezirksrevisorin eine detaillierte Darlegung von allem im Mandat erlangten begehrt. Diese Darlegung bekam sie gerne. Erlangt wurde lediglich das Düsseldorfer Altbier gemäß meinem Schreiben, das ich Ihnen glaublich beigefügt hatte und das dann in den Beschluss mündete.

Aus meiner Stellungnahme:
„Zahlungen Dritter sind an mich nicht erfolgt. Soweit erinnerlich wurden mir durch einen Bekannten des Angeklagten im Laufe des Verfahrens einige Flaschen Düsseldorfer Altbier geschenkt, das dieser wohl selbst braut. Der genaue Wert ist mir unbekannt, dürfte sich aber im unteren 2-stelligen Eurobereich bewegen. Der Vorgang wurde nicht als Gewährung einer Vergütung aufgefasst, sondern als – vergeblichen – Versuch mich als künftigen Kunden für rheinische Brauprodukte zu gewinnen.“

Damit klärt sich also die „Altbierfrage“. Zumindest Humor scheint man beim OLG München gelegentlich zu haben 🙂 .

Fälligkeit der Pauschgebühr, oder: Geiz ist geil

Als zweite gebührenrechtliche Entscheidung heute dann der OLG Bamberg, Beschl. v. 07.06.2016  – 10 AR 30/16. Er betrifft den Pauschgebührantrag einer Rechtsanwältin, die der Nebenklägerin als Nebenklägervertreterin beigeordnet war. Sie hat, nachdem ein erstinstanzliches Urteil vom BGH aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden ist, für ihre bisherige Tätigkeit eine Pauschgebühr nach § 51 RVG beantragt, und zwar 970 € zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren. Das OLG hat den Antrag abgelehnt.

Die Leitsätze:

  1. Der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr besteht – jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung – erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens.
  2. Ein besonderer Umfang oder eine besondere Schwierigkeit innerhalb eines Verfahrensabschnitts kann durch einen unterdurchschnittlichen Umfang oder eine unterdurchschnittliche Schwierigkeit innerhalb eines anderen Verfahrensabschnitts ganz oder teilweise kompensiert werden.

Dazu ist anzumerken:

Die Ausführungen des OLG zur Fälligkeit der Pauschgebühr entsprechen grundsätzlich der h.M. in der vom OLG zitierten Rechtsprechung. Allerdings haben wir es hier mit dem Sonderfall der Pauschgebühr für einen Verfahrensabschnitt zu tun. Da könnte man, wenn man wollte, auch anders entscheiden. Das würde aber voraussetzen, dass man nicht auch den „unseligen“ Kompensationsgedanken vertreten würde. Dass diese Ansicht falsch ist, habe ich bereits dargelegt. Darauf verweise ich. Dass hier noch einmal zu wiederholen, bringt nichts. Die OLG interessieren Einwände gegen ihre Rechtsprechung offenbar nicht.

Die zweite Anmerkung betrifft die Stellungnahme der Bezirksrevisorin. Die hatte „dahin Stellung genommen, dass die Bewilligung einer Pauschvergütung vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens grundsätzlich nicht veranlasst sei. Da es hier im vorliegenden Fall aber nicht um eine Pflichtverteidigung, sondern um eine Nebenklage gehe und das Ergebnis in der Richtung eindeutig erscheine, dass der Antrag abzulehnen sei, komme auch ohne Eintritt der Rechtskraft eine Entscheidung in Betracht.“ Auf den Zug ist das OLG nicht aufgesprungen, sondern hat dazu angemerkt: „Der Umstand, dass vorliegend der Antrag – jedenfalls unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens der Antragstellerin – auch bei Eintritt der Fälligkeit wohl wenig Aussicht auf Erfolg hätte, rechtfertigt vor dem Eintritt der Fälligkeit keine endgültige ablehnende Entscheidung.“ Immerhin. Allerdings fragt man sich, was die Vertreterin der Staatskasse in ihrer „Geiz ist Geil-Mentalität“ zu ihrer Stellungnahme veranlasst hat. Das ist doch nichts anderes als: Nur weg damit. Auf die Idee, dass ggf. der Antrag doch noch begründet sein/werden könnte, ist man offenbar gar nicht gekommen. Denn es ist doch nicht ausgeschlossen, dass von der Rechtsanwältin nun noch erbrachte Tätigkeiten einen Umfang erreichen, der eine Kompensation ausschließt.

„Ich habe gedolmetscht“, oder: Keine Pauschgebühr, denn der Verteidiger ist kein Dolmetscher

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Als zweite Entscheidung des heutigen Tages dann eine Problematik zur Pauschgebühr nach § 51 RVG. Der Pflichtverteidiger hatte sie nach Abschluss des Verfahrens beantragt. Zur Begründung hat er – ausschließlich – darauf verwiesen, dass er sich mit dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Mandanten in englischer Sprache unterhalten und daher der Staatskasse entsprechende Auslagen erspart habe. Das OLG Karlsruhe hat den Antrag im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.06.2017 – P 302 AR 17/17 – zurückgewiesen.

Der Antrag ist als unbegründet abzulehnen, da die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht vorliegen. Das Verfahren als solches weist die entsprechende Erforderlichkeit nach zutreffender allseitiger Auffassung nicht auf. Der Senat hält an seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht fest, dass allein die Sprachkenntnisse eines Verteidigers, welche die Hinzuziehung eines Dolmetschers entbehrlich gemacht haben, wodurch der Staatskasse entsprechende Kosten erspart worden sind, kein taugliches Kriterium für die Bewilligung einer Pauschvergütung ist. Sinn und Zweck der Pauschgebühr ist es zu verhindern, dass der beigeordnete Verteidiger im Verhältnis zu seiner Vergütung unzumutbar belastet wird, weil die maßgeblichen Gebühren augenfällig unzureichend oder unbillig sind. Entscheidend ist daher allein, ob durch die Verwendung der nichtdeutschen Sprache für den Verteidiger ein erheblicher Zeit- und/oder Arbeitsaufwand angefallen ist, nicht aber der Staatskasse ersparte Aufwendungen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 03.09.2015 – 2 AR 29/15; KG Berlin JurBüro 2013, 362; OLG Düsseldorf JurBüro 2009, 532; OLG Celle NStZ 2007, 342; OLG Hamm NStZ-RR 1997, 188; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014, § 51 Rn. 32 mwN; aA OLG Köln StraFo 2006, 258). Da der Antragsteller die verwendete Sprache offensichtlich gut beherrscht, lag eine zusätzliche Schwierigkeit in der Kommunikation mit dem Mandanten gerade nicht vor; diese dürfte im Gegenteil sogar erleichtert worden sein. Es wäre letztlich allein Sache des Gesetzgebers, durch eine entsprechende Regelung im RVG oder JVEG in diesen Fällen eine Vergütung zu gewährleisten.

Im vorliegenden Fall wird weder geltend gemacht noch ist ansonsten ersichtlich, dass die Verwendung der englischen Sprache beim Antragsteller zu einem zeitlichen oder arbeitsmäßigen Mehraufwand geführt hätte.“

Obwohl das „Ersparnisargument“ nicht von der Hand zu weisen ist, ist die Entscheidung ist m.E. zutreffend; sie entspricht im Übrigen der der h.M. Das OLG weist im Übrigen ebenfalls zutreffend daraufhin, dass es letztlich allein Sache des Gesetzgebers wäre, durch eine entsprechende Regelung im RVG oder JVEG in diesen Fällen eine Vergütung zu gewährleisten. Quasi eine „Dolmetschergebühr“ für den Verteidiger/Rechtsanwalt.

Pauschgebühr, nein? oder: Die Pauschgebühr ist keine Belohnung für Kosteneinsparungen beim Staat

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Als zweite gebührenrechtliche Entscheidung des heutigen Tages stelle ich den OLG Koblenz, Beschl. v. 13.02.2017 –  1 AR 110/16 – vor. Er behandelt einen Pauschgebührantrag. Der Verteidiger – es war der Kollege Siebers aus Braunschweig – hatte nach einem Berufungsverfahren eine Pauschgebühr beantragt. Zur Begründung hatte er vorgetragen, „der Angeklagte sei vom Amtsgericht „nach einer mehrtägi­gen aufwendigen Beweisaufnahme“ verurteilt worden: durch „intensives Aktenstudium und eine ausführliche Analyse“ sei er zu der dem Angeklagten ausführlich erläuterten Einschätzung gelangt, dass die Berufung kaum Aussicht auf Erfolg habe. Nach Erörterung der Sach- und Rechtlage zu Beginn der Hauptverhandlung habe er dem Angeklagten die Berufungsrückname nahegelegt.“

Das OLG hat abgelehnt und führt zur Begründung aus:

„2. Der Antrag ist unbegründet, weil weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass und warum die Sache besonders umfangreich oder besonders schwierig gewesen sein könnte und die Regelvergütung in Höhe von 672 € für die Teilnahme an einer kurzen Hauptverhandlung und deren Vorbereitung unzumutbar wäre.

Es mag sein, dass der Verteidiger einen wesentlichen Beitrag dazu leistete, dass der Angeklagte seine Berufung zurücknahm. Das ist aber kein Grund für die Bewilligung einer Pauschvergütung. Wenn die Erfolgsaussichten gering waren – was nach Aktenlage zutrifft – hat der Antragsteller mit einer entsprechenden Beratung des Angeklagten genau das getan, was seine Aufgabe war. Die Pauschvergütung ist aber keine Belohnung für pflichtgemäßes Verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dies im Endeffekt auch für den Staat als kostensparend erweist.

Auch bei einem bestellten Verteidiger gehört ein sorgfältiges Aktenstudium zur Erarbeitung einer zielführenden Verfahrensstrategie zu den Aufgaben, die grundsätzlich durch die Regelgebühren abgegolten werden. Besondere Umstände. die eine Pauschvergütung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Es mag nicht ganz einfach gewesen sein, aus dem Aktenwust mit viel „Verfahrensbürokratie“ die (potentiell) relevanten Protokolle und Vermerke zu extrahieren. Der verfahrensrelevante Stoff selbst war aber nicht besonders umfangreich. Das, was für die Schuld des Angeklagten sprach, konnte man im Urteil des Amtsgerichts nachlesen: Entlastendes, das vom Amtsgericht übersehen worden sein könnte, war in den Akten nicht zu finden.“

Tja: Jetzt lassen wir mal die Frage dahingestellt, ob in dem Fall eine Pauschgebühr nach § 51 RVG festzusetzen war oder nicht. Jedenfalls hat der Kollege ja wohl zur Abkürzung des Verfahrens beigetragen, was andere OLG bei der Bewilligung einer Pauschgebühr berücksichtigen. Das aber wohl nicht beim OLG Koblenz. Das meint vielmehr den Kollege über seine Pflichten belehren zu müssen, was der Kollege sicherlich mit großer Dankbarkeit über die belehrenden Worte zur Kenntnis genommen haben wird 🙂 . Das hätte das OLG sich m.E. sparen können. Der Satz: „Die Pauschvergütung ist aber keine Belohnung für pflichtgemäßes Verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dies im Endeffekt auch für den Staat als kostensparend erweist.“ ist überflüssig. Es geht bei § 51 RVG nicht um pflichtgemäßes Verhalten des Verteidigers – wir können jetzt lange diskutieren, was das eigentlich ist – sondern nur darum, ob das Verfahren „besonders umfangreich“ oder „besonders schwierig“ war und die gesetzlichen Gebühren unzumutbar waren/sind. Mehr ist nicht gefragt.

RVG I: Pauschgebühr von 349.150 EUR, oder: Übergangsgeld von 5.000 EUR

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Heute vor dem RVG-Rätsel dann zwei ganz interessante – und auch ganz positive – RVG Entscheidungen. Die erste ist ein Beschluss des OLG Koblenz zur Pauschgebühr nach § 51 RVG, nämlich der OLG Koblenz, Beschl. v. 21.12.2106 – 1 AR 105/16. Ergangen ist er in einem Verfahren, das schon häufiger Gegenstand der Berichterstattung war, nämlich einmal wegen  Nicht Rosen, sondern Schoko-Nikoläuse gibt es beim LG Koblenz für den Staatsanwalt und dann wegen Der Schöffe mit Handy in der Hauptverhandlung, oder: Ein Schöffe weniger. Es ist das beim LG Koblenz seit längerem anhängige Verfahren gegen Mitglieder des „Aktionsbüro Mittelrhein, das ja auch schon den BGH beschäftigt hat. Ich hoffe, dass ich das jetzt richtig dargestellt habe.

Jedenfalls ist das Verfahren gegen einen der Angeklagten 2015 eingestellt worden. Dessen Verteidiger hat nun eine Pauschgebühr beantragt und vom OLG Koblenz 349.150 € zugesprochen bekommen. Bevor nun Hektik wegen dieses Betrages anfängt: Ruhig, ruhig.

Zwar kann man – und muss man vielleicht – auf den ersten Blick sicherlich die Höhe der Pauschgebühr als „bemerkenswert“ ansehen. Allerdings: Bei der Bewertung darf man nicht übersehen, welche Tätigkeiten der Pflichtverteidiger dafür im Laufe des Verfahrens hat erbringen müssen. Das relativiert den Betrag dann erheblich. Denn da sind der Umfang der Akte (45 Bände Sachakten, 26 Bände TKÜ-Ordner, 8 Sonderhefte, 52 Fallakten, 26 Personenakten mit Unterbänden, zahlreiche elektronische Datensätze, 988 Seiten Anklageschrift), der notwendige Einarbeitungsaufwand, die Dauer der seit August 2012 – für den Pflichtverteidiger bis Anfang Oktober 2015 – laufenden Hauptverhandlung, die Terminierungsdichte mit zwei bis vier – zuletzt regelmäßig drei – Verhandlungstagen pro Woche, die Dauer und Schwierigkeit der Hauptverhandlungstermine mit ursprünglich 26 Angeklagten mit jeweils zwei Verteidigern, der erhöhte Abstimmungsbedarf unter den Verteidigern, der Besprechungsaufwand in und außerhalb der Hauptverhandlung, die erhöhten rechtlichen Schwierigkeiten in der Bearbeitung von Staatsschutzsachen und die Höhe des mit der Verfahrensbearbeitung verbundenen Verdienstausfalles – so sieht es das OLG. Und man darf dann auch nicht übersehen, dass der Pflichtverteidiger an 302 Hauptverhandlungsterminen teilgenommen hat.

Auf der Grundlage ist die Höhe der Pauschgebühr sicherlich „bemerkenswert“, aber nicht außergewöhnlich, und ist das Bild zu diesem Beitrag sicherlich nur bedingt zutreffend 🙂 .

Zwei Punkte aus der Entscheidung sind m.E. darüber hinaus besonders hevorzuheben:

  • Das OLG hat die“heilige Kuh“ der OLG geschlachtet und ist bei der Bemesssung der Pauschgebühr über die Wahlanwaltshöchstgebühren hinaus gegangen. Die durch sie nach Auffassung der OLG i.d.R. gesetzte Grenze wird – wenn überhaupt – ja nur in Ausnahmefällen überschritten. Hier wird man aber zu Recht fragen können: Wenn nicht in diesem Fall, wann denn dann?
  • Interessant auch der zweite Punkt, den man, weil ein wenig versteckt, schnell überliest. Bei der Bemessung der Pauschgebühr führt das OLG an einer Stelle knapp aus: Deshalb hat der Senat pauschal ….ein „Übergangsgeld“ in Höhe von 5.000 festgesetzt“. Man fragt sich, was das OLG damit meint, denn nähere Ausführungen macht das OLG dazu – aus welchen Gründen auch immer – nicht. Nun, gemeint ist damit offenbar – alles andere macht keinen Sinn – ein (finanzieller) Ausgleich für den Umstand, dass der Plfichtverteidiger in dem Verfahren schon lange vor Inkrafttreten der höheren Gebührensätze durch das 2. KostRMoG am 1. 4. 2014 tätig gewesen ist, aber als Pflichtverteidiger an sich nicht in den Genuss der höheren Gebühren kommt. Denn der Pflichtverteidiger rechnet grundsätzlich nach dem Recht ab, das zum Zeitpunkt seiner Bestellung gegolten hat. Tritt im Laufe des Verfahrens eine Rechtsänderung/Gebührenerhöhung ein, hat das keinen Einfluss auf die Höhe einer Pauschgebühr, da Bemessungsgrundlage das „alte Recht“ ist (vgl. a. für den Übergang BRAGO/RVG OLG Hamm RVGreport 2005, 419; ähnlich OLG Frankfurt am Main NJW 2006, 457 = RVGreport 2006, 145; vgl. noch BVerfG RVGreport 2009, 59StRR 2009, 77). Das hier gewährte „Übergangsgeld“ ist vor dem Hintergrund dann schon bemerkenswert. Allerdings hätte man sich eine Begründung für diesen Bemessungsfaktor gewünscht. Dennoch: Damit kann man argumentieren.