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Auslagen II: Wieder Aktenversendungspauschale, oder: Keine Erstattung für den ortsansässigen RA, oder doch?

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Und im zweiten Posting geht es dann mal wieder/noch einmal um die Erstattung der sog. Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG in Höhe von 12 EUR. Man fragt sich zwar immer wieder, was es da noch zu entscheiden git, aber es gibt eben immer wieder AG, die viel Gehirnschmalz darauf verwenden zu begründen, warum der Rechtsanwalt nicht Erstattung der 12 EUr, die er vorgelegt hat, verlangen.

So auch jetzt mal wieder das AG Köln, das im AG Köln, Beschl. v. 10.09.2024 – 581 Cs 391/23 – meint, einem ortsansässigen Verteidiger/Rechtsanwalt seien die 12 EUr nicht zu erstatten:

„Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen der Bezirksrevisorin. Die Erstattung ist abzulehnen, da der von dem Verteidiger für die Aktenversendung verauslagte Betrag von 12,00 EUR als Pauschale gem. KV 9003 KV-GKG keine Aufwendung i.S.v. §§ 675, 670 BGB ist.

Der Anwalt schuldet seinem Mandanten die Besorgung des ihm erteilten Auftrags. Seine Tätigkeit wird nach den Bestimmungen des RVG vergütet, § 1 RVG. Vorbemerk 7 I bestimmt, dass mit den Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten entgolten werden. Soweit in Teil 7 des VV RVG nichts anderes bestimmt ist, kann der Rechtsanwalt Ersatz der entstandenen Aufwendungen (§ 675 i.V.m. 670 BGB) verlangen. Aufwendungen im Sinne der BGB-Vorschrift sind nur Geldbeträge, die der Verteidiger zum Zwecke der Ausführung für erforderlich halten durfte. Wenn er seinem Mandanten für seine Akteneinsicht vor Ort keine Kosten in Rechnung stellen darf, sind keine Aufwendungen entstanden. Wenn er seinem Mandanten jedoch dafür Kosten in Rechnung stellen darf, stellt die verauslagte Aktenversendungspauschale eine Aufwendung dar.

Jedem Strafverteidiger wird abverlangt die unbestritten erforderliche Akteneinsicht auf die für den Mandanten kostengünstigste Art und Weise vorzunehmen.

Mandatiert ein auswärtiger Angeklagter einen auswärtigen Verteidiger ist eine Aktenübersendung die für den Mandanten kostengünstigste Maßnahme zur Durchführung der Einsichtnahme. Den 12,00 EUR für die Übersendung stehen hier Reisekosten des Anwalts nach 7003 bis 7006 VV RVG in Höhe von mindestens 30,00 EUR (7005 W RVG) gegenüber. In solchen Fällen widerspricht die Landeskasse einer Erstattung der Aktenversendungspauschale nicht, müsste jedoch der Erstattung der Kosten einer Geschäftsreise zur Wahrnehmung einer Akteneinsicht widersprechen.

Einem Kölner Verteidiger, der die Akten bei einem Kölner Gericht einsieht oder abholt, entstehen weder Auslagen nach 7003 bis 7006 VV RVG (wegen Vorbemerk 7 II), noch Aufwendungen nach § 675 i.V.m. 670 BGB.

Anstatt Akteneinsicht vor Ort zu nehmen (§§ 147 I, 32f II StPO), beantragte der Verteidiger die Akten zur Einsichtnahme an seine Kanzlei zu übersenden, § 32f II 3 StPO. Dies erfolgt regelmäßig aus arbeitsorganisatorischen Gründen, die aber in die Interessensphäre des Verteidigers fallen, vgl. OVG NRW vom 19.01.2024 – 10 E 780/23 -. Schon das BVerfG NJW 1996, 222 hatte konstatiert, dass die Aktenversendung der Arbeitserleichterung des Strafverteidigers dient; die Leistung des Gerichts ist aber zur Wahrnehmung der vom Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes geforderten Verteidigungsrechte des Beschuldigten – jedenfalls in der Regel – nicht erforderlich.

Weil die Übersendung nicht zur Ausführung des erteilten Mandats erforderlich war, ist die verauslagte Aktenversendungspauschale keine Aufwendung, die der Anwalt seinem Mandanten in Rechnung stellen könnte.

Auch das AG Tiergarten hält in seiner Entscheidung vom 12.07.023 – 327 Ds 10/19 – fest, dass die Übersendung „aus der vorgenannten Alternativmöglichkeit allerdings schon sprachnotwendig“ nicht notwendig sei. Eine Ungleichbehandlung der Kölner Anwälte im Vergleich zu auswärtigen Anwälten wie sie das Amtsgericht Köln in dem Beschluss vom 08.06.2018 – 707 Ds 101/15 – feststellt, ist darin nicht zu sehen. Denn dass die von dem Anwalt für die Abholung aufgewendete Zeit nicht nach ihrer Dauer von dem Mandanten zu vergüten ist, liegt in der für Anwälte maßgeblichen Vergütungsordnung, dem RVG, begründet. Dieses Gesetz sieht keine minutengenaue Honorierung vor, so dass der konkret erbrachte Zeitaufwand für die Frage, ob es sich um eine Aufwendung handelt, unerheblich ist. Die Ermittlung eines konkreten Zeitaufwands dürfte auch schwierig sein und vermutlich werden Akten zumeist gar nicht von dem Verteidiger selbst, sondern von seinen Kanzleimitarbeitern abgeholt und zurückgebracht.

Die Entscheidung des AG Köln vom 20.12.2013 – 535 Ds 44/13 – behandelt den Fall, dass der auswärtige Verteidiger eines in Köln wohnenden Angeklagten die Übersendung der Akten zur Wahrnehmung seines Akteneinsichtsrechts beantragt und dafür die Aktenversendungspauschale (KV 9003 KV-GKG) entrichtet hat. Im Rahmen der Festsetzung der von der Landeskasse zu tragenden notwendigen Auslagen (§ 464b StPO) spricht sich das Gericht für eine Zugehörigkeit zu den notwendigen Auslagen aus. Es begründet dies damit, dass „ein auswärtiger Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht vernünftigerweise und sachdienlich nur durch Übersendung der Akte ausüben kann; (…) Ein Angeklagter ist grundsätzlich auch berechtigt, einen Verteidiger seiner Wahl und seines Vertrauens mit seiner Verteidigung zu beauftragen; er kann daher auch nicht grundsätzlich verpflichtet werden, nur einen Verteidiger am Ort des Gerichts zu beauftragen.“ Diese Begründung lässt indes die obergerichtliche kostenrechtliche Rechtsprechung außer Acht, und überzeugt deshalb nicht. Für die Fallgestaltung, dass der Angeklagte seinen Wohnort am Sitz des Prozessgerichts hat und sich eines auswärtigen Verteidigers bedient, ist es ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln, dass die Zuziehung nur dann als notwendig anzuerkennen ist, wenn das Strafverfahren ein schwieriges und abgelegenes Rechtsgebiet betrifft, deshalb nur ein Anwalt mit besonderen Kenntnissen auf diesem Spezialgebiet zur ordnungsgemäßen Verteidigung in der Lage ist, oder der Beschuldigte, der sich gegen einen Vorwurf mit erheblichem Gewicht (beispielsweise vor dem Schwurgericht) verteidigen muss, zur Verteidigung einen Rechtsanwalt seines Vertrauens heranzieht, zu dem bereits ein gewachsenes Vertrauensverhältnis besteht (OLG Köln – 2 Ws 317/03).“

Tja, das ist dann mal wieder eine Entscheidung, die zu Kopfschütteln führt. Man fragt sich nämlich (wieder), ob eigentlich die Vertreter der Landeskasse nichts anderes zu tun haben, als sich wegen solcher Beträge mit Verteidigern zu streiten. Und ein Amtsrichter springt dann noch auf den Zug auf und verfasst einen langen Beschluss. Und das Ganze dann auch noch so, dass noch nicht einmal innerhalb eines Gerichts eine einheitliche Auffassung besteht (siehe die oben zitierte Entscheidung des AG Köln und auch noch AG Köln, Beschl. v. 13.03.2024 – 651 Ds 256/23, das die Aktenversendungspauschale als erstattungsfähig angesehen hat.). Im Übrigen erwähnt der Amtsrichter mit keinem Wort den VerfGH Berlin, Beschl. v. 18.5.2022 – 91/21 (StraFo 2023, 27 = AGS 2022, 557 = StRR 12/2022, 33 = VRR 2/2023, 27). Das VerfGH hat in dem Beschluss die Nichterstattung der Aktenversendungspauschale mit der Begründung, es handle sich um eine Serviceleistung des Gerichts – was in etwa der Begründung des AG entspricht – als willkürlich angesehen. Die einzige andere Möglichkeit, Akteneinsicht zu erlangen, sei nämlich eine Einsichtnahme in den Räumen der Ermittlungsbehörden, was aber eine deutlich zeit- und kostenaufwändigere Alternative darstelle. Daher ist auch dem ortsansässigen Rechtsanwalt/Verteidiger die Aktenversendungspauschale als Aufwendung zu erstatten. Und das ist zutreffend. Denn wenn das Gesetz in § 32f Abs. 2 S. 3 StPO dem Verteidiger/Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffne, die Übersendung der Akten zu beantragen, was dann i.d.R. erfolgen muss, dann ist die dadurch von der Staatskasse verlangte Aktenversendungspauschale eine Aufwendung, die der Verteidiger/Rechtsanwalt im Interesse des vertretenen Mandanten erbracht habe und deren Erstattung er verlangen könne. Etwas anderes folgt m.E. nicht aus dem vom AG angeführten OVG NRW, Beschl. v. 19.01.2024 (10 E 780/23, AGS 2024, 126). Denn da ging es nicht um die Frage der Erstattung, sondern um die Frage, wer Kostenschuldner ist. Und das ist eben der Rechtsanwalt/Verteidiger, der die Versendung beantragt hat, der dann aber ggf. Kosten von seinem Mandanten erstattet verlangen kann.

Aktenversendungspauschale na(h)türlich auch beim ortsansässigen RA, oder: Solche Entscheidungen braucht man nicht

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Die 27. KW., ist fast abgelaufen, aber vorher gibt es natürlich am heutigen Gebührenfreitag noch zwei gebührenrechtliche Entscheidungen. Zunächst weise ist auf den AG Köln, Beschl. v. 08.06.2018 – 707 Ss 101/15 – hin, den mir der Kollege M. Hayn aus Köln übersandt hat. Er – der Beschluss, nicht der Kollege 🙂 – gehört in die Rubrik: Entscheidungen, die man an sich nicht braucht.

Entschieden hat das AG über die Aktenversendungspauschale (AVP) der Nr. 903 KV GKG, also über einen Betrag von 12,00 €. Der Kollege hatte die AVPnach Einstellung des Verfahrens gegen den Mandanten nach § 170 Abs. 2 StPO im Wege der Kostenerstattung geltend gemacht. Der Kostenbeamte hatte sie festgesetzt. Die „Hüterin der Staatskasse“ meinte, das sei nicht zutreffend, da der Kollege ortsansässig sei. Bei ortsansässigen Rechtsanwälten  gehöre die AVP aber nicht zu den zu erstattenden notwendigen Gebühren und Auslagen Auslagen eines Rechtsanwalts gemäß § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Zutreffend anders das AG:

Das Gericht schließt sich zunächst den zutreffenden Ausführungen der Abt. 535 (AG Köln, Beschl. v. 20.12.2013, Az. 535 Ds 44/13) an:

,Bei der Aktenversendungspauschale, die im Rahmen der für ein Strafverfahren zur Verteidigung des Angeklagten erforderlichen Akteneinsicht anfällt, handelt es sich im konkreten Fall um notwendige, nämlich zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche und damit vom Mandanten zu erstattende Auslagen i.S. des 91 Abs. 2 ZPO. Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten i.S.d. 91 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen dufte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen; sie ist ledig/ich gehalten, die kostengünstigste Maßnahme auszuwählen (vgl. BGH vom 16.2.2002, VIII ZB 30/02, zitiert nach Juris). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt diese Kosten im Rahmen des mit dem Mandanten bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß 670, 675 BGB erstattet verlangen kann (vgl. auch LG Berlin Beschluss vom 17.5.1997 – 510 Qs 46/97; AG Lahr Urteil vom 13.3.2008, 6 C 33/08, beide zitiert nach Juris). Dies gilt im konkreten Verfahren auch für die Erstattung dieser Kosten durch die Landeskasse. ‚

Das Gericht schließt sich von diesem Standpunkt ausgehend zunächst den zutreffenden Ausführungen des Rechtspflegers in dem angefochtenen Beschluss an. Nach Auffassung des Gerichts ist es auch einem ortsansässigen Anwalt nicht zumutbar, für jede Akteneinsicht das Prozessgericht aufzusuchen.

Unstreitig so auch nach Auffassung der Erinnerungsführerin ist die Aktenversendungspauschale im Rahmen der Kostenfestsetzung nach S 464b StPO zu erstatten, wenn der Anwalt nicht in Köln ansässig ist (vgl. auch AG Köln, a.a.O.). Aus der Akte ergibt sich (BI. 16 d.A.), dass sich der Verteidiger zunächst von seinem Büro in Wismar aus bestellt und dorthin auch die Übersendung der Akte beantragt hat, sodass insoweit gar keine abweichende Auffassung bestehen dürfte.

Aber auch hinsichtlich des zweiten Akteneinsichtsersuchens (BI. 64 d.A.) darf nach hier vertretener Auffassung im Ergebnis nichts anderes gelten. Nach Auffassung des Gerichts durfte eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme, nämlich die Aktenversendung, im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen. Dass es für den Anwalt kostengünstiger gewesen wäre, die Akte auf der Geschäftsstelle einzusehen oder gar einen Boten zu schicken, ist für das Gericht nicht erkennbar. Ein Gerichtsfach führt der Verteidiger am hiesigen Gericht nicht. Zudem würde es andernfalls zu einer im Vergleich zu einem ortsabwesenden Anwalt bestehenden Ungleichbehandlung kommen, für die es nach Auffassung des Gerichts keine Gründe gibt.“

Wie gesagt: SolcheEntscheidungen sind m.E. überflüssig wie ein Kropf.