An den Satz von Fritz Teufel „Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient.“ – inzwischen ein geflügeltes Wort – werde ich immer erinnert, wenn es mal wieder eine (OLG-)Entscheidung gibt, die sich mit Ungebühr vor Gericht in Form des Nichtaufstehens befasst. Und alle Jahre wieder, wird eine zu dieser Problematik veröffentlicht. So jetzt der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.01.2015 – 2 Ws 448/14, über den ja auch schon andere Blogs berichtet haben. In der Entscheidung ging es um die Frage, ob das Nichtaufstehen des Angeklagten beim Wiedereintritt des Gerichts nach einer Sitzungspause eine Ungebühr i.S. des § 176 GVG darstellt. Das OLG Karlsruhe hat das verneint:
„Demgegenüber stellt das bloße Sitzenbleiben beim Eintreten des Gerichts nach vorangegangener Sitzungspause nur dann eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar, wenn weitere objektive Umstände hinzutreten, was vorliegend nicht der Fall war. Ungebührlich wird ein solches Verhalten auch nicht dadurch, dass die Vorsitzende den Angeklagten aufgefordert hatte, sich von seinem Platz zu erheben. Denn hierzu war er nicht verpflichtet, mag es auch verbreitet üblich sein. Anders als zu Beginn der Sitzung stellt deren Fortsetzung nach einer Pause nämlich keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf (OLG Saarbrücken StraFo 2007, 208).“
Dazu passt dann ganz gut der OLG Hamburg, Beschl. v. 07.11.2014 – 1 Ws 117/14. Da hatte sich in einem schon umfangreicheren Verfahren der Angeklagte in Zeugenvernehmungen des Vorsitzenden eingemischt und diesen wohl immer wieder unterbrochen. Es gab Abmahnungen und die Androhung von Ordnungsmitteln, was der Angeklagte mit den Worten „scheiß drauf!“ kommentierte. Daraufhin wurde dann ein Ordnungsgeld von immerhin 300 € verhängt. Und das OLG setzt dann noch einen drauf und erhöht auf 400 €. Mit „immerhin“ deshalb formuliert, weil es mir unter Berücksichtigung der vom OLG dargelegten Kriterien schon 300 € doch recht hoch erscheint. Denn das OLG führt selbst aus:
„Zur Ahndung der Störungen und Ungebührlichkeiten waren die vom Senat neu festgesetzten Ordnungsmittel erforderlich. Dabei hat der Senat bedacht, dass Störungen und Entgleisungen durch den Angeklagten mit Blick auf die durch die gegen ihn durchgeführte Hauptverhandlung entstehende Stresssituation verständlicher erscheinen können als Störungen durch unbeteiligte Dritte und dass deshalb das Maß notwendiger Ahndung geringer ist. Der Senat hat ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt und dabei namentlich auch auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bedacht genommen.“
Und dann noch Erhöhung auf 400 €? Dabei habe ich jetzt noch nicht mal geprüft, ob das überhaupt geht, oder ob da nicht auch das Verbot der reformatio in peius gilt.