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Unterschrift unter dem Urteil fehlt, oder: Da hilft dann wenig

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In einer FB-Gruppe, der ich angehöre, ist gerade gefragt worden: „Urteil Strafkammer von drei Richtern unterzeichnet, eine „Unterschrift“ nicht individualisierbar. (Würde sagen es ist eine Welle und kein Buchstabe). Sach- oder Verfahrensrüge?“ Das erinnert mich an den OLG München, Beschl. v. 26.08.2018 – 5 OLG 15 Ss 89/18. Da fehlte unter einem nach § 329 StPO ergangenen Verwerfungsurteil die Unterschrift der Berufungsrichterin. Das OLG hebt auf und verweist zurück:

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Das zu den Akten gelangte Urteil des Landgerichts München Il ist nicht von der Vorsitzenden Richterin des Landgerichts unterschrieben und trägt auch keinen Verhinderungsvermerk.

Gemäß § 275 Abs. 2 S. 1 StPO ist das Urteil von den Richtern, die bei der Entscheidung mit gewirkt haben, zu unterschreiben. S. 2 sieht vor, dass für den Fall, in dem ein Richter verhindert ist, seine Unterschrift beizufügen, dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt wird

Gegenstand der Überprüfung eines Urteils durch das Revisionsgericht in sachlichrechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Urteilsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters bzw. der Richter zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben. Trägt ein Urteil überhaupt keine Unterschrift, ist dieser Mangel auf Sachrüge hin zu beachten. Das Fehlen jedweder Unterschrift der erkennenden und entscheidenden Richter ist dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleich zustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.11.2000, NJW 2001, 838, 839, der den Unterschied zu einem mit der Verfahrensrüge geltend zu machenden Verfahrensfehler nach § 338 Nr. 7 StPO herausstellt, der in Betracht kommt, wenn bei der Entscheidung durch ein Kollegialgericht (nur) ein Richter keine Unterschrift leistet; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2010, NStZ-RR 2010, 250, 251; OLG Hamm, Beschluss vom 19.08.2010, NStZ 2011, 238; OLG Bamberg, Beschluss vom 30.04. 2018, Az.: 3 Ss OWi 602/18 zitiert über juris, Rdn. 3).

In Ermangelung der Unterschrift der Vorsitzenden Richterin am Landgericht als alleiniger Berufsrichterin (§ 275 Abs. 2 S. 3 StPO) ist der Inhalt der schriftlich fixierten Urteilsgründe nicht gedeckt, d.h. es fehlt das Zeugnis, dass es sich bei den schriftlich niedergelegten Gründen um die Gründe des Gerichts handelt, die als Ergebnis der Hauptverhandlung in der Beratung gewonnen wurden. Dem Senat ist damit eine Entscheidung, ob das Landgericht München Il das sachliche Recht zutreffend angewandt hat, nicht möglich.

Der Mangel wird nicht durch den maschinenschriftlich abgedruckten Namen der Vorsitzenden Richterin am Landgericht und auch nicht durch die Bestätigung der Geschäftsstelle: „Unterschriebenes Urteil zur Geschäftsstelle gelangt am 23.11.2017“ ausgeglichen. Diese Zusätze vermögen die vom Gesetz geforderte Unterzeichnung nach § 275 Abs. 2 S. 1 StPO nicht zu ersetzen (vgl. OLG Bamberg a.a.O. Rdn. 4).

Gleiches gilt für die Unterschrift der Vorsitzenden Richterin am Landgericht, mit der sie die Zustellung des nicht unterschriebenen Urteils angeordnet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 01.04.2010, StV 2010, 618).

Ein nach § 275 Abs. 2 S. 2 StPO durch den zuständigen Vertreter angebrachter Verhinderungsvermerk fehlt ebenso.

Nach Ablauf der in § 275 Abs. 1 StPO bestimmten Frist können weder die Unterschrift der Vorsitzenden Richterin am Landgericht noch der Verhinderungsvermerk nachgeholt werden (vgl. BGH NStZ-RR 200, 237, 238, MG Schmitt StPO 61. Aufl. § 275 R n. 4).“

Wie immer in der Juristerei, heißt die Antwort auf die o.a. Frage: Es kommt darauf an. Fausregel: Fehlen die Urteilsgründe vollständig oder fehlt überhaupt eine individualisierende richterliche Unterschrift führt bereits die Sachrüge zur Aufhebung. Fehlt eine einzelne Unterschrift ist die Verfahrensrüge zu erheben.

Rettungswagen gegen Linksabbieger, oder: Wer haftet wie?

entnommen wikimedia.org
Author Soenke Rahn

Mit den Hinweisen auf interessante verkehrszivilrechtliche Entscheidungen hinke ich ja immer ein wenig hinterher. Aber da ich die nur an Samstagen im „Kessel Buntes“ bringe, ist dafürt nicht so vile Raum und es kommt zu „Verzögerungen“. So auch beim OLG München, Urt. v. 12.01.2018 – 10 U 2135/17, der mal wieder eine „Sonderrechtsproblematik“ zum Gegenstand hat, und zwar Überholen bei unklarer Verkehrslage (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Dazu die Leitsätze aus der Entscheidung:

1. Für die im Rahmen von § 35 Abs. 5a StVO erforderliche Beurteilung, ob höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, kommt es nicht auf eine Betrachtung ex post, sondern darauf an, ob sich der Einsatzfahrer nach der ihm bekannten Lage für berechtigt halten durfte, die Sonderrechte in Anspruch zu nehmen (Anschluss OLG Düsseldorf Beschluss vom 06.01.2010, Az.: IV – 3 RBs 95/09). Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit derjenige, der sich auf die Sonderrechte beruft.

2. Der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs mit aktiviertem Blaulicht und Martinshorn darf an einer ampelgeregelten Kreuzung darauf vertrauen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer, für die Grünlicht gilt, dem bei Rotlicht die Kreuzung überquerenden Einsatzfahrzeug freie Bahn gewähren, wenn sie ihr Tempo hinreichend reduzieren (vgl. BGH Urt. v. 17.12.1974 – VI ZR 207/73).
3. Demgegenüber darf der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs trotz aktiviertem Blaulicht und Martinshorn nicht darauf vertrauen, dass ein Linksabbieger, der vor dem Abbiegen sein Tempo reduziert oder anhält, insbesondere wenn der linke Fahrtrichtungsanzeiger nicht abgestellt wird, das von hinten kommende Einsatzfahrzeug noch vor dem Abbiegen überholen lässt (entgegen LG Saarbrücken LG Saarbrücken Urt. v. 1.7.2011 – 13 S 61/11). Überholt der Fahrer des Einsatzfahrzeugs den Linksabbieger dennoch, kann darin ein Verstoß gegen § 35 Abs. 8 StVO liegen.
4. Kollidiert ein Einsatzfahrzeug mit aktiviertem Blaulicht und Martinshorn mit einem von ihm unter Verstoß gegen § 35 Abs. 8 StVO überholten, seinerseits gegen § 9 Abs. 1 S. 4, § 38 Abs. 1 S. 2 StVO verstoßenden Linksabbieger, so kommt eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Linksabbiegers in Betracht.“
Die Leitsätze stammen von der Seite „Bayern-Recht“. Ich habe die Beck-RS-Fundstellen aufgelöst. M.E. eine Unsitte der entsprechenden Seiten mit Bezahlfundstellen zu arbeiten. Was macht der, der dorthin keinen Zugang hat. Er darf suchen….

Nach rechts blinken, aber geradeaus fahren, oder: 25 % Mithaftung, wenn es kracht

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So, gestern alle den Tag des Inkrafttretens der DSGVO überstanden? Ich hoffe ja. Und man merkt dann, die Welt dreht sich tatsächlich weiter und Internet gibt es auch weiter. Man kann also nach dem Hype der letzten Tage wieder zum Tagesgeschäft übergehen.

Und das tue ich heute mit meinem „Kessel Buntes“. Und in dem befindet sich zunächst das OLG München, Urt. v. 15.12.2017 – 10 U 1021/17.

Das OLG hatte über einen Unfall beim Abbiegen zu entscheiden. Der Pkw des Klägers – gesteuert von seiner Tochter – wollte von einer untergeordneten Straße nach links in eine Vorfahrtsstraße einbiegen. Auf der fuhr der Beklagte mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 – 50 km/h. Der Fahrtrichtungsanzeiger des Pkw des Beklagten blinkte nach rechts, obwohl der Beklagte gar nicht abbiegen wollte. Die Tochter des Klägers ging daher davon aus, dass der Beklagte abbiegen wollte und bog selbst auf die Vorfahrtstraße ein. Es kam, wie es kommen musste: Zusammenstoß und dann der Streit um die Haftungsanteile.

Das OLG München sagt in seinem Beschluss:

  1. Die Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers durch den auf der Vorfahrtstraße fahrenden Fahrzeugführer rechtfertigt alleine noch nicht das Vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte auch abbiegt und so den Weg für einen aus der untergeordneten Straße Abbiegenden freigibt. Denn im Allgemeinen darf ein Wartepflichtiger nur darauf vertrauen, dass ein rechts blinkender Vorfahrtberechtigter auch nach rechts abbiegen wird, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die Anlass zu Zweifeln an dieser Absicht begründen, wie z.B. fehlendes Einordnen oder eine unvermindert hohe Geschwindigkeit.
  2. Bei einer Kollision des nach links aus der untergeordneten Straße abbiegenden Fahrzeugführers mit dem nach rechts blinkenden bevorrechtigten Fahrzeug wiegt der Verstoß des Linksabbiegers gegen § 9 Abs. 3 StVO schwer und rechtfertigt die weit überwiegende Haftung.

Ergebnis: Haftungsverteilung von 75 zu 25 zu Lasten des Klägers.

Geplatzter Termin, oder: Wenn der „eindeutige Wortlaut“ zu unsinnigen Ergebnissen führt

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Und als zweite Entscheidung stelle ich dann den OLG München, Beschl. v. 23.04.2018 – 6 St (K) 12/18 – vor. Er gehört in die Kategorie: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein OLG seine Meinung ändert. Zumindest das OLG München. Der Kollege – in München als Verteidiger in einem umfangreichen Verfahren tätig – hat für einen ausgefallen Termin eine Terminsgebühr geltend gemacht. Der Rechtspfleger schreibt ihm, dass er dem anberaumten Termin bis 09:45 nicht erschienen sei. Das stimmt. Die Terminsabsetzung war der  Kanzlei des Kollegen um 09:05 Uhr mitgeteilt worden. Als er davon erfuhr, war er auf dem Weg zum Strafjustizzentrum, die Anfahrt hat er sodann abgebrochen. Die Terminsgebühr ist nicht festgesetzt worden. Das OLG sieht es ebenso wie der Rechtspfleger:

„Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr nach Nr. 4121 VV RVG für die Teilnahme an der Hauptverhandlung (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 1 VV RVG). Er erhält die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG). Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder der Verlegung des Termins Kenntnis erlangt hat (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 3 VV RVG).

Der klare und eindeutige Wortlaut der genannten Vorschriften macht damit das Entstehen der Terminsgebühr von der Teilnahme an bzw. dem Erscheinen zu einem anberaumten Termin abhängig. Zu einem Termin erscheint ein Rechtsanwalt, wenn er im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Gerichtstermin körperlich anwesend ist (Senat, Beschluss vom 14.3.2014, 6 St (k) 5/14; Beschluss vom 19.7.2013, 6 st (k) 15/13; OLG München, NStZ-RR 2008, 159).

Soweit „entgegen dem Wortlaut“ der Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG die Auffassung vertreten wird, für den Anfall der Gebühr genüge bereits die Anreise zum Termin (Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. [2017], Vorb. 4 VV Rdn 40), kann sich der Senat dieser Rechtsmeinung nicht anschließen. Ist der Wortlaut einer Vorschrift eindeutig und führt er zu einer sinnvollen Anwendung der Vorschrift, so kann ihr durch Auslegung nicht ein erweiternder Anwendungsbereich beigelegt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 60. Aufl. [2017], Einl. Rdn. 193 f., 196). Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG ist eine Ausnahmeregelung (OLG München, NStZ-RR 2008, 159), die eng auszulegen ist. Wollte man bereits die Anreise zu einem Gerichtstermin für ein Erscheinen im Sinne der Vorschrift ausreichen lassen, führte dies zu erheblichen Abgrenzungsproblemen (dazu OLG München, NStZ-RR 2008, 159, 160). Derartige Abgrenzungsprobleme werden durch die hier vertretene enge Auslegung der Vorb. 4 Abs. 3 VV RVG sachgerecht vermieden.

An dieser bereits in seinem Beschluss vom 14.3.2014, 6 St (k) 5/14, vertretenen Rechtsansicht hält der Senat fest. Sie findet ihre Bestätigung in den Gesetzesmaterialien. Dort ist zu Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG ausgeführt, es sei kein Grund ersichtlich, warum ein Verteidiger, der zur Hauptverhandlung erscheine, hierfür keine Gebühr erhalten solle. Er erbringe unter Umständen einen nicht unerheblichen Zeitaufwand schon zur Vorbereitung des Termins (BTDrs. 15/1971, §. 221). Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den nutzlosen Zeitaufwand nur in den Fällen vergütet wissen will, in denen der Rechtsanwalt auch zu einem Hauptverhandlungstermin erscheint.

3. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist für den 20. Februar 2018 eine Terminsgebühr nach Nr. 4121 i.V.m. Vorb. 4 Abs. 3 VV RVG nicht angefallen.

Der Antragsteller ist am 20. Februar 2018 nicht zu einem anberaumten Termin mit dem Ziel der Teilnahme im Gericht erschienen.

Allein die Anreise zu den Terminen vom 20. Februar bis 22. Februar 2018, kann eine Terminsgebühr nicht begründen. Entscheidend für den Anfall einer Terminsgebühr ist — unabhängig von der Entfernung zwischen Kanzleisitz und Gerichtsort die Teilnahme am oder das Erscheinen zu einem Hauptverhandlungstermin. Eine erweiternde Auslegung der Vorb. 4 Abs. 3 VV RVG gegen ihren eindeutigen Wortlaut ist nicht möglich.“

In meinen Augen falsch und eindeutig gegen Sinn und Zweck der Vorschrift entschieden. Aber das interessiert das OLG München nicht, Hauptsache der Wortlaut passt. Und wozu führt diese Rechtsprechung? Verteidigertourismus 2.0, denn: Der Kollege wird demnächst die Anfahrt nicht abbrechen, sondern weiter anreisen und „erscheinen“, damit das OLG zufrieden ist. Allerdings: Wenn er Pech hat – und ich traue der Rechtsprechung an der Stelle alles zu – wird ihm dann entgegengehalten werden: Bist ja rechtzeitig abgeladen worden – also Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 4 VV RVG. Potentieller Irrsinn.

Bestellung von BtM im Internet, oder: Dringender Tatverdacht?

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Und dann noch mal etwas zum Darknet, nämlich den OLG München, Beschl. v. 19.01.2018 – 1 Ws 20/18. Es geht um den dringenden Tatverdacht als Grundlage für den Erlass eines Haftbefehls (§ 112 StPO) bei BtM-Bestellungen im Internet:

„Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen besteht der erforderliche dringende Tatverdacht.

Ein dringender Tatverdacht besteht, wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer nach deutschem Strafrecht zu beurteilenden Straftat ist. Hierbei muss der dringende Tatverdacht aus bestimmten Tatsachen hergeleitet werden.

Dieser dringende Tatverdacht besteht bezüglich der im Haftbefehl aufgeführten drei Taten gegen den Beschuldigten bei Gesamtbetrachtung der aus den vorgelegten Zweitakten ersichtlichen gegenwärtigen Stand der Ermittlungen.

Der Beschuldigte ist Adressat aller drei Postsendungen, die am pp. und bei der Post sichergestellt wurden. Er war zur Tatzeit unter der auf den Postsendungen angegebenen Anschrift gemeldet und auch tatsächlich wohnhaft. An seiner Wohnungsklingel und seinem Briefkasten befand sich nur sein Namensschild. Die Postsendung, die am pp. bei der Post in pp. sichergestellt wurde, wurde per Einschreiben versandt. Daher hätte diese Postsendung nur vom Beschuldigten persönlich oder von einer von ihm bevollmächtigten Person in Empfang genommen werden können.

Bei der am pp. in der vom Beschuldigten bewohnten Doppelhaushälfte durchgeführten Durchsuchung wurde in zwei Zimmern im 1 . Obergeschoss jeweils ein BtM-Crusher mit Marihuana-Anhaftungen und in einem Raum im Erdgeschoss ein Laminiergerät, eine Feinwaage und eine Geldbetrag in Höhe von 575 € vorgefunden. Hierbei wurde möglicherweise nur ein Zimmer im Obergeschoss vom Beschuldigten bewohnt, die beiden anderen Zimmer von zwei. dort nicht gemeldeten Mitbewohnern. Alle Zimmer waren aber für den Beschuldigten frei zugänglich.

Völlig fernliegend ist, dass irgendeine, nicht in der vom Beschuldigten bewohnten Doppelhaushälfte wohnhafte Person, die Bestellungen im Namen des Beschuldigten aufgegeben hat und beabsichtigte, die jeweiligen Sendungen aus dem Briefkasten des Beschuldigten zu entnehmen. Denn dieser Besteller wäre bewusst das Risiko eingegangen, dass ihn die Sendungen nicht erreichen. Es bestand hierbei unter anderem die Gefahr, dass der tatsächliche Adressat der Sendung, nämlich der Beschuldigte, der von einem dritten Besteller beabsichtigten Entnahme aus dem Briefkasten zuvor gekommen wäre und den Inhalt entweder für sich behalten oder vernichtet hätte oder den Fund der Polizei gemeldet hätte. Die dritte Person wäre bei der zweiten und dritten Bestellung das Risiko eingegangen, dass Ermittlungen der Polizei bereits eingeleitet worden waren und er bei dem Versuch der Entnahme der Lieferung aus dem Briefkasten festgestellt würde. Zudem bestand für diese Person die Gefahr beim Herausnehmen der Lieferung aus dem Briefkasten des Beschuldigten von Dritten beobachtet zu werden, die den Beschuldigten oder Polizeikräfte hiervon in Kenntnis gesetzt hätten. Ferner liegt es fern, wie auch das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, dass eine nicht in der Doppelhaushälfte des Beschuldigten wohnhafte Person wiederholt an die Adresse des Beschuldigten derart große Mengen an teuren Betäubungsmitteln bestellt, nachdem ihr das Abfangen der jeweiligen Postsendungen misslungen ist. Insoweit wird im vollen Umfang auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen

Fernliegend ist auch, dass einer der beiden Mitbewohner des Beschuldigten die Bestellungen auf den Namen des Beschuldigten ohne dessen Kenntnis abgegeben hat. Denn auch hier bestand die Gefahr, dass den Adressaten die Bestellung tatsächlich erreicht hätte. Zudem wurde die Postsendung vom per Einschreiben an den Beschuldigten versandt, so dass diese Postsendung, wie bereits ausgeführt, nur vom Beschuldigten persönlich oder von einer von ihm bevollmächtigten Person in Empfang genommen werden könnte.

Nachvollziehbar ist jedoch, dass die dritte Lieferung per Einschreiben an den Beschuldigten versandt wurde, um sicherzustellen, dass ihn seine Bestellung erreicht. Denn die beiden vorausgehenden Bestellungen hatten den Beschuldigten nicht erreicht. Nach der Mitteilung des Adressaten an den Versender der Lieferung, dass ihn vorausgehende Lieferungen nicht erreicht hatten, wurde so eine sichere Art der Versendung gewählt.“

Einige AG haben es ja in der letzten Zeit anders gesehen. Sehr schön übrigens die Formulierung: „Denn auch hier bestand die Gefahr, dass den Adressaten die Bestellung tatsächlich erreicht hätte. Da fehlt wohl ein „icht“.