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Anrechnung von Vorschüssen/Zahlungen, oder: Was ist die „Höchstgebühr eines Wahlanwalts“?

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Am „Gebührenfreitag“ heute dann zunächst eine OLG-Entscheidung, die zu einem LG-Beschluss ergangen ist, über den ich hier berichtet habe. Und zwar hatte dasLG Bad Kreuznach im LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 15.10.2018 – 2 KLs 1023 Js 6546/17 zur Frage der Anrechnung von Zahlungen/Vorschüssen auf die Pflichtverteidigervergütung nach § 58 Abs. 3 Satz 4 RVG Stellung genommen (vgl. dazu Black-Friday, oder: Anrechnung bzw. was ist die “Höchstgebühr eines Wahlanwalts”?). 

Ich hatte in dem Posting ja schon mitgeteilt, dass der Kollege Groß, der den Beschluss „erstritten“ hatte, ins Rechtsmittel gehen wird. Das hat er getan. Nun liegt mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 08.08.2019 – 2 Ws 224/19 – die dazu gehörende OLG-Entscheidung vor. Für mich ist es wenig überraschend, dass das OLG Koblenz es so macht wie das LG, das sich ja schon auf den OLG Jena, Beschl. v. 20.04.2017 – 1 Ws 354/16 – bezogen hatte. Die Begründung gleicht daher auch der OLG Jena, so dass ich sie mir hier sparen und auf den Volltext verweisen kann. Hier reicht der Leitsatz, nämlich:

Der in § 58 Abs. 3 Satz 4 RVG verwendete Begriff der „Höchstgebühr eines Wahlanwalts“ bezeichnet diejenige Vergütung als Anrechnungsgrenze, die der Pflichtverteidiger gem. § 14 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung der dort benannten Umstände im konkreten Einzelfall nach billigem Ermessen (höchstens) verlangen könnte, wenn er das betreffende Mandat (weiterhin) als Wahlverteidiger wahrgenommen hätte.

Ich hatte ja schon in dem Posting zum LG Bad Kreuznach darauf verwiesen, dass Wortlaut und Gesetzesbegründung nicht konform gehen und das durch das 3. KostRMoG geklärt werden sollte. Ich bin gespannt……

Rechtsmitteleinlegung durch elektronisches Dokument, oder: Wie geht das derzeit in Rheinland-Pfalz

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Bei der zweiten Entscheidung des Tages handelt es ich um den OLG Koblenz, Beschl. v.22.08.2019 –  2 OLG 4 Ss 104/19. Den hat mir der Kollege Scheffler aus Bad Kreuznach geschickt. Über den Beschluss und seine Folgen ist gestern schon an anderer Stelle diskutiert worden.

Im Beschluss geht es um die Einlegung der Revision gegen eine Urteil des LG Bad Kreuznach vom 04.04.2019. Der Kollege hat mit elektronischem Dokument, bei Gericht im Wege der Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO und der elektronischen Poststelle des Gerichts ohne qualifizierte elektronische Signatur am 04.04.2019 eingegangen, Revision gegen das Urteil des LG Bad Kreuznach vom 04.04.2019 eingelegt. Mit weiterem elektronischen Dokument seines Verteidigers, bei Gericht am 08.05 2019, wieder im Wege der Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO und der elektronischen Poststelle des Gerichts, diesmal aber mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen, eingegangen, hat der Angeklagte erneut Revision eingelegt und zugleich Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist gestellt.

Nun geht es um die Frage der Wiedereinsetzung. Die GStA meint, die Revisionseinlegungsfrist sei nicht versäumt, eine Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch daher nicht geboten. Das OLG hat das anders gesehen, dann aber Wiedereinsetzung gewährt.

„Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision ist zulässig, insbesondere ist die Revisionseinlegungsfrist des § 341 Abs. 1 StPO nicht eingehalten. Das elektronische Dokument vom 4. April 2019 erfüllte mangels qualifizierter elektronischer Signatur das Formerfordernis des § 341 Abs. 1 StPO nicht; das elektronische Dokument vom 8. Mai 2019 erfüllte zwar das Schriftformerfordernis, ging aber nicht in der Frist des § 341 Abs. 1 StPO bei Gericht ein.

1. Die Einlegung der Revision mittels elektronischen Dokuments über das besondere elektronische Anwaltspostfach ohne qualifizierte elektronische Signatur erfüllt in Rheinland-Pfalz derzeit nicht das Schriftformerfordernis des § 341 Abs. 1. StPO. Zwar sieht § 32a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StPO für die Einreichung schriftlich abzufassender Dokumente auch den Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung und der elektronischen Poststelle des Gerichts vor. Nach § 15a Abs. 1 EGStPO können die Landesregierungen jedoch jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend von § 32a StPO erst zum 1. Januar des Jahres 2019 oder 2020 möglich ist und § 41a StPO in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung bis jeweils zum 31. Dezember des Jahres 2018 oder 2019 weiter Anwendung findet. Das Land Rheinland-Pfalz hat hiervon Gebrauch gemacht mit § 1 der Verordnung zur Ausführung des § 15 EGStPO und des § 134 OWiG. Danach ist die Einreichung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 32a StPO in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung in Verfahren nach der Strafprozessordnung erst ab dem 1. Januar 2020 möglich. Damit ist weiterhin § 41a Abs. 1 StPO in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden. Nach dieser Vorschrift können an das Gericht gerichtete Erklärungen, Anträge oder deren Begründung, die nach der StPO ausdrücklich schriftlich abzufassen oder zu unterzeichnen sind, als elektronisches Dokument eingereicht werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und für die Bearbeitung durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft geeignet ist (für alles: OLG Zweibrücken Beschl. v. 11.03.2019 — 1 Ws 314/18 Vollz, BeckRS 2019, 8025). Eine solche qualifizierte elektronische Signatur wies das elektronische Dokument vom 4. April 2019 aber nicht auf.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 8. Mai 2019 ist fristgerecht gem. § 45 Abs. 1 StPO gestellt: Der Verteidiger hat versichert, er habe erst am 8. Mai 2019 bei erneuter Überprüfung festgestellt, dass die Übersendung über das elektronische Anwaltspostfach ohne qualifizierte elektronische Signatur die Anforderungen des § 341 Abs. 1 StPO nicht erfülle.

3. Die versäumte Revisionseinlegung wurde mit diesem Antrag auch wirksam nachgeholt gem. § 45 Abs. 2 S. 2 StPO. Die Einlegung der Revision mittels elektronischem Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur erfüllt die Formvorschrift des § 341 Abs. 1 StPO. Wie oben bereits ausgeführt, sieht § 41a Abs. 1 StPO a.F. die Einhaltung der Schriftform durch Einreichung elektronischer Dokumente vor, wenn diese Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Die Vorschrift ist auch auf die Revisionseinlegung vom 8. Mai 2019 anwendbar. § 41a Abs. 2 StPO a.F. sieht vor, dass die Landesregierungen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt bestimmen, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können. Gem. § 15 Abs. 1 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015 i.V.m. Nr. 3 der Anlage zu dieser Landesverordnung können beim Landgericht Bad Kreuznach seit dem 2. November 2017 in allen Verfahrensarten elektronische Dokumente eingereicht werden.

4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet, weil den Angeklagten an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft (§§ 44, 45 StPO). Der Angeklagte hat glaubhaft gemacht, dass die verspätete Rechtsmitteleinlegung auf einem Verschulden seines Verteidigers beruht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen ist.“

Diskutiert worden ist auf der Grundlage des Beschlusses übrigens die Frage, ob eine bereits erfolgte Revisionsbegründung innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nun nachgeholt werden muss. M.E. nicht. Die Frist zur Begründung der Revision beginnt zwar nun erst mit der Zustellung dieses Beschlusses. Vorherige Begründungen verlieren dadurch aber nicht ihre Wirksamkeit.

Und nochmals VW-Abgasskandal, oder: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung…..

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Hier im Kessel Buntes dann heute noch einmal eine Entscheidung zum „Abgasskandal“ und seinen Folgen. Es geht um das OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, wonach die VW AG dem Käufer eines VW-Sharan, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verpflichtet ist. Allerdings muss sich der klagende Käufer Nutzungsvorteile anrechnen lassen.

Gekauft hatte der Kläger den Pkw im Januar 2014 für ca. 31.000 €. In dem Fahrzeug war ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut, der nach Auffassung des Kraftfahrtbundesamtes über eine unzulässige Abschaltvorrichtung verfügt.

Der Kläger hat die VW AG als Herstellerin des Fahrzeugs und Motors auf Schadensersatz in Anspruch genommen, und zwar nach § 826 BGB. Das LG hat seine Klage abgewiesen. Das OLG hat zur Zahlung von ca. 26.000 € verurteilt. Der Restbetrag waren Nutzungsvorteile.

Ich sehe mal davon ab die rund 25 Seiten lange Entscheidung hier (teilweise) einzustellen und verweise auf den Volltext. Hier nur die Leitsätze:

1. Wird ein Fahrzeug mit einer unzulässigen, weil die Typengenehmigung in Frage stellenden Einrichtung (hier. Abgasrückführungsabschalteinrichtung) in den Verkehr gebracht, kann eine Haftung aufgrund sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB in Betracht kommen.

2. Als Schaden können sowohl die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeuges, die mit den Folgen der Nachrüstung verbundenen Aufwände als auch die enttäuschte Erwartung, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, in Betracht kommen.

3. Der Käufer muss sich in der Regel den Wert der gezogenen Nutzungen als Vorteilsausgleich anrechnen lassen.

Das OLG hat die Revision zugelassen. Vielleicht hören wir dann auch in der Sache demnächst etwas vom BGH.

Pflichti I: Auswechselung des Pflichtverteidigers, oder: Vertrauensverhältnis ist nicht erforderlich

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Heute dann mal wieder drei Pflichtverteidigungsentscheidungen.

Zunächst stelle ich den OLG Koblenz, Beschl. v. 10.12.2018 – 2 Ws 698/18 – vor, den mir der Kollege Scheffler aus Bad Kreuznach vor einiger Zeit übersandt hat. Das OLG hat über die Auswechselung des dem Angeklagaten beigeordneten Pflichtverteidiger gegen seinen (neuen) Wahlverteidiger entschieden und hat die – mit dem LG – abgelehnt. Begründung:

„2. Eine Entpflichtung des Pflichtverteidigers käme nur in Betracht, wenn Umstände vorlägen, die den Zweck der Pflichtverteidigung, dem Untergebrachten einen geeigneten Beistand zu sichern und einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährden wür­den (vgl. BVerfGE 39, 238, 244), insbesondere wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Un­tergebrachten und dem Verteidiger endgültig und nachhaltig erschüttert und deshalb zu besorgen ist, dass die Verteidigung objektiv nicht (mehr) sachgerecht geführt werden kann (BVerfG NJW 2001, 3695, 3697; BGH NStZ 2004, 632, 633; Senat aa0.). Einen wichtigen Grund in diesem Sin­ne hat das Landgericht zu Recht verneint und dieser ergibt sich weder aus dem Beschwerdevor­bringen noch aus der Stellungnahme auf das Votum der Generalstaatsanwaltschaft.

Soweit die Beschwerde rügt, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger nicht entstehen konnte, ist dies unerheblich, da für die Bestellung eines Pflicht­verteidigers ein solches keine Voraussetzung ist. Erst das Vorliegen von Gründen, die ein Vertrauensverhältnis ausschließen oder es endgültig und nachhaltig erschüttern, kann die Entbindung rechtfertigen, da in diesem Fall eine sachgerechte Verteidigung nicht gewährleistet wäre. Derartige Gründe sind indes nicht ersichtlich. Allein die Kontaktaufnahme und die Bestellung des Wahlverteidigers und dessen vorgetragener Kontakt mit dem Angeklagten schließt ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger nicht aus. Die Gründe für die unterbliebene Kontaktaufnahme vor der erstinstanzlichen Verhandlung beruhten, wie das Landge­richt mit zutreffender Begründung dargelegt hat und worauf der Senat Bezug nimmt, nicht auf ei­nem Verschulden des Pflichtverteidigers. Das rechtmäßige Verhalten kann einen Vertrauensverlust nicht begründen. Auch für den Zeitraum zwischen dem erstinstanzlichen Urteil und der zunächst für den 29. November 2018 anberaumten Berufungsverhandlung ist kein Fehlverhalten des Pflichtverteidigers ersichtlich, welches seine Abberufung begründen könnte. Ein Kontakt mit dem Angeklagten war nach der Stellungnahme des Pflichtverteidigers vom 12. Oktober 2018 (BI. 206 d. A.) rechtzeitig geplant und durchaus möglich. Zudem ist ein vorheriges Beratungsbedürfnis des Angeklagten weder dargetan noch ersichtlich. Eine vorherige Übersendung des Urteils an den Angeklagten war entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht erforderlich, da das Amtsgericht dem Angeklagten bereits eine Ausfertigung übermittelt hatte (BI. 124 d. A.).

Ferner stellt die Empfehlung und Entscheidung für eine Berufung, auch im Hinblick auf eine ver­meintlich begründete Verfahrensrüge, keine Fehlberatung dar. Tragende Tatsachen für die ange­deutete Rüge eines Verstoßes gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 250 StPO) sind nicht dargelegt, soweit lediglich unter Bezugnahme auf das Protokoll zitiert wird: „Die polizeiliche Verneh­mung des Zeugen G. vom 11.1.18 soll gem.§ 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO verlesen werden …“.

Zudem findet in der Berufung eine vollständige Überprüfung in tatsächlicher Hinsicht statt und die Möglichkeit einer Revision gegen die Berufungsentscheidung bleibt erhalten….“.

Insoweit und auch wegen der weiteren Begründung – Stichwort: Nur ausnahmsweise zwei Verteidiger – nichts Besonderes und das Übliche. Na ja. Wirklich? Nun m.E. nicht so ganz. Denn den Satz: „Soweit die Beschwerde rügt, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger nicht entstehen konnte, ist dies unerheblich, da für die Bestellung eines Pflicht­verteidigers ein solches keine Voraussetzung ist. Erst das Vorliegen von Gründen, die ein Vertrauensverhältnis ausschließen oder es endgültig und nachhaltig erschüttern, kann die Entbindung rechtfertigen, da in diesem Fall eine sachgerechte Verteidigung nicht gewährleistet wäre.“ ist m.E. – gelinde ausgedrückt – schon bemerkenswert. Abgesehen davon, dass er m.E. einen Zirkelschluss enthält – aber Zirkelschlüsse interessieren die OLG nicht – halte ich die Ansicht des OLG zum Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem (Pflicht)Verteidiger schon für „bemerkenswert“. Aber auch das interessiert die OLG nicht.

OWi II: Anforderungen an die Urteilsgründe, oder: Kleiner Grundkurs für den Amtsrichter

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Der Kollege T. Scheffler aus Bad Kreuznach hat mir den OLG Koblenz, Beschl. v. 11.0.2018 – 1 OWi 6 SsBs 129/18 – geschickt. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Er enthält einen kleinen Grundkurs für den Amtsrichter, wie manein Urteil schreibt.

Das angefochtene Urteil weist durchgreifende sachlich-rechtliche Mängel auf. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift vom 14. September 2018 zutreffend ausgeführt:

„Die Urteilsgründe sind hinsichtlich des Schuldspruchs und des Rechtsfolgenausspruchs unvollständig und ermöglichen dem Rechtsbeschwerdegericht daher nicht die Feststellung, dass es rechtsfehlerfrei ergangen ist.

1. Ist bereits weder dem Tenor noch den Urteilsgründen zu entnehmen, ob der Betroffene wegen einer vorsätzlichen oder einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit verurteilt wurde, müssen die Urteilsgründe bei Verwendung eines standardisierten Messverfahren über die Feststellungen zum angewandten Messverfahren und die Angabe des berücksichtigten Toleranzwertes hinaus insbesondere die Mitteilung enthalten, dass die Bedienungsvorschriften beachtet worden sind und das Gerät geeicht war (OLG Koblenz, Beschl. v. 07.05 2014 — 2 SsBs 22/14 — zitiert nach juris). Daran fehlt es hier.

2. Ferner sind in das schriftliche Urteil auch die Beweismittel und deren Würdigung aufzunehmen (OLG Koblenz, Beschl. v. 26.11.2013 — 2 Ss Bs 64// 13; OLG Branden-burg, Beschl. v. 24.02.2010 — (1) 53 Ss 9/10 — Rdnr. 13 — zitiert nach juris). Auf welche Beweismittel der Tatrichter seine Feststellungen gestützt hat, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Soweit der Tatrichter lediglich hinsichtlich der Fahrereigenschaften ein Beweismittel dahin angegeben hat, dass ein Vergleich des hinterlegten Passbildes und sein Vergleich in der Hauptverhandlung ergeben habe, dass der Betroffene die auf dem Lichtbild abgebildete Person sei, wird ein Beweismittel bereits nicht benannt, da nicht ersichtlich ist, um welches Lichtbild es sich handelt.

Darüber hinaus müssen die Urteilsgründe bei der Identifikation des Fahrers durch ein Lichtbild so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (grundlegend BGHSt 41, S. 376 ff.).

Hierzu kann es ausreichend sein, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Au-genschein genommen werden kann. Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich (Brandenburgisches Ober-landesgericht, Beschl. vom 24.06.2010 — 1 Ss (OWi) 124 B/10 — Rdnr. 10 — zitiert nach juris).

Sieht der Tatrichter von der Verweisung gemäß § 267 StPO ab, so muss er dem Rechtsmittelgericht, dem das Foto dann nicht als Anschauungsobjekt zur Verfügung steht, durch eine entsprechend ausführliche Beschreibung die Prüfung ermöglichen zu entscheiden, ob es für eine Identifizierung geeignet ist. In diesem Fall muss das Urteil Ausführungen zur Bild-qualität, dabei insbesondere zur Bildschärfe, enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls-mehrere Identifikationsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenschaften so präzise beschreiben, dass dem Rechtsbeschwerdegericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit des Fotos ermöglicht wird (vgl. ,grundlegend BGHSt 41, S. 376 ff.; vgl. auch OLG Köln, NJW 2004, S. 3274; OLG Koblenz, NStZ-RR 2001, S. 110; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschl. vom 24.06.2010 — 1 Ss (OWi) 124 B/10 — Rdnr. 11-12 — zitiert nach juris ). Die Urteilsgründe, aus denen sich weder eine Bezugnahme noch eine Beschreibung des Fotos ergibt, genügen diesen Anforderungen nicht.

3. Das amtsgerichtliche Urteil lässt zudem nicht erkennen, ob der Tatrichter sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, von der Verhängung des an sich verwirkten Regelfahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der Regel-geldbuße absehen zu können. Dazu muss das Urteil nach ständiger Rechtsprechung aber Ausführungen enthalten (OLG Hamm, Beschl. v. 03.06.1998 — 2 Ss OWi 541/98 — Rdnr. 12 — zitiert nach juris).“

Und dann – man kann alles toppen:

2. Eines näheren Eingehens auf die durch den Betroffenen erhobenen Verfahrensrügen einer Verletzung von § 261 StPO bedarf es daher nicht. Ihre Zulässigkeit unterstellt, wären allerdings auch diese nicht ohne Erfolgsaussicht geblieben. Das Sitzungsprotokoll enthält außer dem Vermerk, dass das Fahreignungsregister des Betroffenen „zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht“ (richtig: verlesen, vgl. BGHSt 11, 29) wurde, keine Angaben zu weiteren Beweiserhebungen, insbesondere nicht zu der Vernehmung von Zeugen, einer Inaugenscheinnahme der in den Akten befindlichen Lichtbilder oder einer Verlesung von Urkunden. Da derartige Verfahrenshandlungen zu den wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung zählen (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 273 Rdn. 7), wäre durch die dem Protokoll insoweit zukommende negative Beweiskraft nach § 274 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG formell bewiesen, dass es zu ihnen nicht gekommen ist. Da das Protokoll außerdem vermerkt, dass der Betroffene von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, ließe sich ausschließen, dass die im Urteil getroffenen Feststellungen und ihre Beweisgrundlagen, insbesondere die Identifizierung des Betroffenen durch Lichtbildervergleich, die Tatsachen der Geschwindigkeitsbeschränkung und der Geschwindigkeitsmessung, auf die Hauptverhandlung zurückgehen.

3. Der Senat weist zur Tenorierung des Bußgeldurteils darauf hin, dass dieses den gesetzlichen Tatbestand der begangenen Ordnungswidrigkeit und die Schuldform wieder-zugeben hat, vorliegend mithin den Umstand, dass der Betroffene fahrlässig oder vorsätzlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat. Im Hinblick auf die daran anknüpfenden Rechtsfolgen sind in den Tenor zusätzlich die Höhe der Überschreitung und die Tatbegehung inner- oder außerorts aufzunehmen. Einer Angabe der angewendeten Vorschriften bedarf es demgegenüber nicht.

Ich hatte das neulich schon mal geschrieben: Für mich grenzt das an Arbeitsverweigerung. So, und jetzt dürfen die Amtsrichter, die mitlesen, wieder schäumen….

Die Anforderungen sind übrigens auchg sehr schön in unserem OWi-Handbuch dargestellt, das man hier bestellen kann.