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Überschreiten der Richtgeschwindigkeit versus Fahrstreifenwechsel, oder: Wer haftet wie?

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Schon etwas länger schlummert in meinem Blogordner der OLG Hamm, Beschl. v. 21.12.2107 – 7 U 39/17. Es handelt sich um einen sog. Hinweisbeschluss, mit dem das OLG dem Beklagten Gelegenheit gegeben hat, seine Berufung zurückzunehmen. Nachdem der das nicht getan hat, hat das OLG mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 06.02.2018 – 7 U 39/17 – die Berufung zurückgewiesen. Der Weg zur Berichterstattung ist damit frei 🙂 .

Im Verfahren geht es um die Richtgeschwindigkeit, um Unabwendbarkeit und die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall auf einer BAB, und zwar ist der Drittwiderbeklagte zu 2. den linken Fahrstreifen mit dem klägerischen PKW nutzend auf den PKW des Beklagten zu 1. aufgefahren, als dieser ohne verkehrsbedingten Anlass mit seinem PKW teilweise in den linken Fahrstreifen geriet. Das LG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die (Dritt-)Widerklage des Beklagten zu 1) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu, da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme der Beklagte zu 1) plötzlich und ohne rechtzeitige und deutliche Ankündigung einen Fahrstreifenwechsel durchgeführt und damit schuldhaft gegen § 7 Abs. 5 S. 1, 2 StVO verstoßen habe.^Hinter diesen groben Verstoß trete nicht nur die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs, sondern auch eine etwaige unfallkausale Überschreitung der Richtgeschwindigkeit durch den Drittwiderbeklagten zu 2) zurück. Aus demselben Grund sei die (Dritt-)Widerklage des Beklagten zu 1) unbegründet.

Und das OLG meint das auch und da nehme ich dann mal einfach den Leitsatz der Entscheidung:

„Auch wenn der Auffahrende maßvoll die empfohlene Richtgeschwindigkeit überschreitet, verwirklicht sich die mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit verbundene Gefahr des Ver- und Unterschätzens der Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs nicht, wenn der die Fahrstreifen Wechselnde den rückwärtigen Verkehr gar nicht beachtet.“

Schlagen und Spucken bei der Essenausgabe der Tafel, oder: Das kann „teuer werden“.

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2018 – 4 RVs 19/18, über den ja auch schon an einigen anderen Stellen berichtet worden ist. Es geht um die Strafzumessung durch das LG Paderborn in einem Verfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung. Gegen den Angeklagten sind 5 Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung festgesetzt worden. Das OLG hat seine Revision verworfen. Es nimmt nur in einem Zusatz zur Strafzumessung Stellung:

„Zusatz:

Das Landgericht hat mit Recht strafschärfend berücksichtigt, dass sich die Tat gegen den Mitarbeiter einer Hilfsorganisation gerichtet hat, die dem Angeklagten Unterstützung angeboten hat, und dass das mehrfache Spucken auf Gesicht und Kleidung des Zeugen für diesen besonders ehrverletzend gewesen ist.

Soweit das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten dessen Ungewissheit über den Ausgang des Asylverfahrens und dessen ungünstige Wohn- und Lebensverhältnisse gewertet hat und infolge dessen zu einer außerordentlich milden Strafe gelangt ist, merkt der Senat Folgendes an: Es ist weder ersichtlich, dass diese Umstände als Beweggründe für die Tat eine Rolle gespielt haben könnten, noch dass sie als relevante persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten in irgendeiner Form die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, beeinflussen könnten (vgl. § 46 StGB). Der Angeklagte ist hierdurch jedenfalls nicht beschwert.“

Um das einordnen zu können, hätte man aus dem Beschluss natürlich gern mehr erfahren. Da hilft der Verwerfungsbeschluss des OLG aber nicht weiter. Dazu muss man auf die Pressemitteilung zurückgreifen, die das OLG zu dem Verfahren veröffentlicht hat. Da heißt es u.a.:

„Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Verurteilung eines Angeklagten zu einer fünfmonatigen, nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe bestätigt. Diese ist gegen den Angeklagten verhängt worden, weil er bei der Essensaufgabe einer Tafel eine Körperverletzungs- und Beleidigungsstraftat zum Nachteil eines ehrenamtlichen Helfers verübt hat.

Der heute 37 Jahre alte Angeklagte lebt in Höxter, erhält staatliche Unterstützung und bezog gelegentlich Lebensmittel von der Tafel in Höxter. Um für sich und seine Frau Lebensmittel zu besorgen, suchte der Angeklagte im April 2017 die ihm bekannte Lebensmittelausgabe dieser Tafel auf. Bei der Ausgabe bedienen sich Bedürftige nicht selbst. Sie teilen vielmehr den vor Ort tätigen ehrenamtlichen Helfern mit, welche Lebensmittel sie wünschen und erhalten diese sodann ausgehändigt. Am Tattage begann der Angeklagte einen in der Lebensmittelausgabe aufgestellten Brotkorb zu durchwühlen und versuchte sodann eine ehrenamtliche Mitarbeiterin zu attackieren, nachdem diese ihn aufgefordert hatte, die Selbstbedienung zu unterlassen. Ihr kam ein anderer Mitarbeiter zur Hilfe, der sich zwischen sie und den Angeklagten stellte. Diesen schlug der Angeklagte zweimal ins Gesicht und spuckte ihm ins Gesicht und auf seine Kleidung. Durch den Schlag verbog die Brille des Mitarbeiters, er erlitt eine leicht blutende Wunde an seiner Nase. Der Angeklagte spuckte danach noch weitere Lebensmittel in der Auslage an, bevor es den Mitarbeitern des Vereins gelang, ihn aus der Lebensmittelausgabe hinaus zu drängen. Die bespuckten Lebensmittel mussten teilweise aus hygienischen Gründen entsorgt werden.

Für die verübte Körperverletzungs- und die Beleidigungstat verurteilte das Amtsgericht Höxter den – bereits wegen Diebstahlstaten vorbestraften und unter Bewährung stehenden – Angeklagten am 26.07.2017 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, ohne deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen (Az. 4 Ds 183/17 AG Höxter). Die Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Paderborn mit Urteil vom 19.10.2017 (Az. 4 Ns 46/17 LG Paderborn). Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision des Angeklagten blieb ebenfalls erfolglos.“

Schuldfähigkeit, oder: Der Angeklagte aus der „Trinkerszene“

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Und zum Abschluss dann noch eine Entscheidung zur Schuldfähigkeit, nicht vom BGH, sondern vom OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Beschl. v. 25.09.2018 –  1 RVs 78/17, den mir der Kollege E. Schnekle aus Bochum geschickt hat, zum erforderlichen Umfang der Feststellungen hinsichtlich der Schuldfähigkeit Stellung genommen.

Der Angeklagte ist wegen mehrere Diebstahlstaten verurteilt worden. Seien Revision hatte wegen des Strafausspruchs Erfolg:

Nach den vom Landgericht zutreffend als bindend angesehenen Feststellungen des Amtsgerichts Dortmund vom 17.01.2017 zu den im vorliegenden Verfahren erstmals abgeurteilten Taten hat der Angeklagte, dessen Leben in der Bochumer Trinkerszene – abgesehen von mehrmaligen Inhaftierungen und einer im Juni 2005 für erledigt erklärten Unterbringung gemäß § 64 StGB – nach den weiteren Feststellungen der Kammer seit Jahrzehnten vorwiegend von Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und übermäßigem Alkoholkonsum bestimmt ist, nach seiner am 23.06.2016 erfolgten letzten Entlassung aus dem Strafvollzug im Zeitraum vom 27.06.2016 bis zum 26.09.2016 bei acht Gelegenheiten in verschiedenen Geschäften Bierflaschen oder -dosen und in einem weiteren Fall Süßigkeiten entwendet, wobei der Wert der jeweiligen Tatbeute zwischen 0,87 € und 5,20 € lag.

Den nachträglich einbezogenen Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 23.03.2017 lag – wie sich dem Urteil des Landgerichts entnehmen lässt – zugrunde, dass der Angeklagte in der Zeit vom 10.08.2016 bis zum 27.09.2016 bei vier weiteren Gelegenheiten Lebensmittel und/oder Alkohol entwendete und bei einer dieser Taten Mitarbeitern der betroffenen Aldi-Filiale anschließend Schläge androhte, um diese dazu zu bewegen, ihn noch vor dem Eintreffen der Polizei gehen zu lassen. Dabei handelte der Angeklagte – so die im vorliegend angefochtenen Urteil zitierten Feststellungen des Amtsgerichts Bochum – „in allen Fällen aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit im Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit“.

Unter Berücksichtigung dieser Feststellung zu weitgehend gleichgelagerten und sämtlich innerhalb des vorliegend verfahrensgegenständlichen Tatzeitraums begangenen Taten des nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen seit Jahrzehnten übermäßig Alkohol konsumierenden Angeklagten lag die Möglichkeit einer bei ihm erheblich verminderten Schuldfähigkeit auch bei den vorliegend erstmals abgeurteilten Diebstahlstaten, die mit einer Ausnahme sämtlich auf die Beschaffung von Alkohol gerichtet waren, derart nahe, dass sich das Landgericht mit dieser Frage sowie mit einer daraus möglicherweise resultierenden Strafmilderung gemäß § 49 StGB näher hätte auseinander setzen müssen (allg. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14.02.2017 — 111-4 RVs 7/17 -, juris; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 21 Rn. 27 m.w.N.). Die ohne nähere Ausführungen erfolgte Bewertung der Kammer, dass der Angeklagte nach ihrer Überzeugung zum Zeitpunkt der Begehung sämtlicher Taten in vollem Umfang strafrechtlich verantwortlich gewesen sei, erweist sich daher ohne konkrete Begründung als‘ nicht hinreichend tragfähig. Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass die Kammer bei einer diesbezüglichen rechtsfehlerfreien Vorgehensweise zu geringeren Einzelstrafen gelangt wäre.

Und:

Trotz des Umstandes, dass der vielfach einschlägig vorbestrafte Angeklagte erst vier Tage vor Beginn der verfahrensgegenständlichen Tatserie aus einer wegen einschlägiger Straftaten verbüßten Strafhaft von einem Jahr und vier Monaten entlassen worden war, erscheint es dem Senat vorliegend auch für den Fall, dass sich das Landgericht nunmehr rechtsfehlerfrei von der vollen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten überzeugt, sowohl unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbotes als auch bezüglich der „Binnendifferenzierung“ hinsichtlich der Einzelstrafen (insbesondere im Vergleich mit der für den Diebstahl vom 27.06.2016 von zwei Bierdosen mit einem Verkaufswert von 3,90 € verhängten einmonatigen Freiheitsstrafe) rechtlich bedenklich, den am 25.07.2016 begangenen Diebstahl von vier Bierdosen zum Verkaufspreis von 5,60 € mit einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten zu belegen.

Auch wird die neu entscheidende Strafkammer bei der Gesamtstrafenbildung, die sich ungeachtet der seit dem heutigen Tag vollständigen Verbüßung der am 23.03.2017 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe auch auf die damals verhängten Einzelstrafen zu erstrecken hat (vgl. Fischer, a.a.O., § 55 Rn. 6a m.w.N.), besonders zu beachten haben, dass das Gesamtstrafübel den Schuldgehalt der zu berücksichtigenden Taten insgesamt nicht übersteigt, die sich soweit vorliegend erstmals abgeurteilt auf Bier und Süßigkeiten mit einem Gesamtverkaufswert von 25,74 € beziehen und im Übrigen – soweit nämlich bereits am 23.03.2017 abgeurteilt – Waren im Wert von 9,98 €, 26,41 € und zweimal 30,00 € betrafen.“

Pflichti III: Freispruch und dagegen Berufung der StA, oder: Pflichtverteidiger?

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Und zum Abschluss dann noch den OLG Hamm, Beschl. v. 05.09.2017 – 1 Ws 411/17. Problematik: Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Berufungsverfahren, wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes Urteil Berufung eingelegt hat. Normalerweise wird dann ja beigeordnet, hier jedoch nicht:

„Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, unerlaubt Betäubungsmittel besessen zu haben. Bei einer polizeilichen Kontrolle sei bei dem Angeklagten ein Tütchen mit 0,54 g MDMA vorgefunden worden, wobei der Angeklagte nicht im Besitz betäubungsmittelrechtlicher Erlaubnisse sei. Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten am 29.03.2017 freigesprochen. Hiergegen wandte sich die Staatsanwaltschaft Dortmund mit der Berufung. Sie wandte ein, das Amtsgericht habe den Sachverhalt nicht umfassend gewürdigt. In der Berufungshauptverhandlung vom 06.07.2017 stellte der Angeklagte den Antrag, seinen Wahlverteidiger als notwendigen Verteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO beizuordnen. Diesen Antrag wies das Landgericht mit der Begründung zurück, dass der Sachverhalt überschaubar sei und weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht überdurchschnittliche Schwierigkeiten aufweise. Auch im Hinblick auf das zu erwartende Strafmaß – im Strafbefehlswege waren zuvor 40 Tagessätze festgesetzt worden – lägen die Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht vor. Das Verfahren wurde sodann ebenfalls durch weiteren Beschluss gemäß § 153a StPO gegen eine Arbeitsauflage vorläufig eingestellt. Gegen die Ablehnung der Beiordnung wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde vom 25.07.2017. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16.08.2017 nicht abgeholfen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Beschwerde beantragt.

II. …….

Das Landgericht hat zu Recht eine Pflichtverteidigerbestellung abgelehnt, da weder ein in § 140 Abs. 1 StPO genannter Fall notwendiger Verteidigung vorliegt noch die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 S. 1 StPO gegeben sind. Nach letztgenannter Vorschrift bestellt der Vorsitzende auf Antrag oder von Amts wegen unter anderem dann einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hat diese Regelung dahin konkretisiert, dass dem Angeklagten in der Regel ein Verteidiger beizuordnen ist, wenn die Staatsanwaltshaft gegen ein freisprechendes Urteil Berufung eingelegt hat und eine Verurteilung aufgrund abweichender Beweiswürdigung oder sonst unterschiedlicher Beurteilung der Sach- und Rechtslage erstrebt (vgl. Schmitt a.a.O., § 140 Rn. 26a m.w.N.).

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die – zwingende – Beiordnung eines Pflichtverteidigers liegen derzeit nicht vor. Zwar besteht in Verfahrenskonstellationen der vorliegenden Art – Freispruch des Angeklagten im ersten Rechtszug und Berufung der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Verurteilung des Angeklagten – in der Regel Anlass für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, weil sie dokumentiert, dass zwei mit der Strafverfolgung betraute Stellen über die Beurteilung der Sach- oder Rechtslage unterschiedlicher Auffassung sind und für den – freigesprochenen – Angeklagten das Risiko einer Verurteilung im Berufungsrechtszug besteht. Hier ist indessen ein Ausnahmefall gegeben. Rechtliche Schwierigkeiten, auf die ein großer Teil der Oberlandesgerichte (vgl. OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2002, 336; OLG Bremen, NJW 1957, 151; OLG Hamm, NZV 1989, 244) maßgeblich abstellt, bestehen derzeit nicht. Zweck der Beiordnung ist, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Angeklagte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensabschluss gewährleistet ist. In tatsächlicher Hinsicht ist die Sachlage derzeit einfach und übersichtlich. Das Verfahren ist – wenn auch nur vorläufig – gemäß § 153a StPO eingestellt. Der Angeklagte hat es selbst in der Hand mit der Ableistung der ihm auferlegten Arbeitsstunden die endgültige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen. Für den Angeklagten steht damit aktuell eine Verurteilung nicht im Raum. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Verfahren nach Erfüllung der Auflage endgültig eingestellt wird. Bei dieser Sachlage besteht kein Grund für die Bestellung eines Pflichtverteidigers. Erst dann, wenn eine endgültige Einstellung des Verfahrens wegen Nichterfüllung der Auflage nicht erfolgt und das Berufungsverfahren fortgesetzt wird, bestünde gegebenenfalls Anlass einen Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO zu bestellen.“

Man beachte das „derzeit“.

Vortäuschen einer Straftat?, oder: „Darf es etwas mehr sein?“

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Und zum Schluss dann noch den OLG Hamm, Beschl. v. 19.10.207 – 4 RVs 126/17. Der hat eine Problematik betreffend das Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB) zum Inhalt. Es geht um das Aufbauschen der Schadenshöhe. Das reicht – so das OLG – nicht für die Erfüllung des § 145d StGB:

„Soweit der Angeklagte wegen Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, tragen die Feststellungen im angefochtenen Urteil diese Verurteilung nicht. Nicht unter den genannten Straftatbestand fällt es, wenn bei einer wirklich begangenen Tat nur Umstände, insbesondere die Schadenshöhe, übertrieben oder vergröbert in einer Weise dargestellt werden, die den Ermittlungsaufwand der Strafverfolgungsbehörden nicht wesentlich erhöhen (OLG Hamm NJW 1982, 60; OLG Hamm NStZ 1987, 558; OLG Karlsruhe MDR 1992, 1167, 1168; OLG Oldenburg NStZ 2011, 95). Nach den getroffenen Feststellungen bleibt unklar, ob hier vom Angeklagten nicht lediglich die Schadenshöhe eines etwaigen tatsächlich zu seinen Lasten begangenen Diebstahls übertrieben worden ist. Es heißt einerseits, er habe bei seiner am 23.08.2016 erstatteten Strafanzeige „bewusst wahrheitswidrig“ angegeben, „dass ihm am selben Tage während einer Busfahrt seine Geldbörse mit seinem Entlassungsgeld von etwa 2.400 € gestohlen worden sei“. In Wahrheit habe er „einen Teil des Geldes bereits ausgegeben“ gehabt. „Der Rest“ sei ihm „- unwiderlegt – entwendet worden“. Er habe eine Kürzung öffentlicher Leistungen bei Offenbarung des wahren Sachverhalts gegenüber dem Jobcenter befürchtet. Diese Feststellungen lassen – mangels näherer Angaben zu den Umständen der „unwiderlegt“ gebliebenen Entwendung des restlichen Geldes – auch die Deutung zu, dass dem Angeklagten während seiner Busfahrt tatsächlich ein (noch nicht zuvor ausgegebener) Teil seines Entlassungsgeldes gestohlen worden ist und er lediglich die Schadenshöhe aufgebauscht hat. Nur wenn die tatsächlichen Umstände der (als unwiderlegt vom Landgericht festgestellten) Teilentwendung des Geldes eine völlig andere Tat darstellen würden (als die Entwendung während einer Busfahrt am 23.08.2016) käme man aber zu einer Strafbarkeit nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB. Das ergeben die bisherigen Feststellungen aber nicht.“