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Die Kollision mit der Fahrertür – wie wird da gehaftet

In der verkehrsrechtlichen Praxis spielen die Verkehrsunfälle immer wieder eine Rolle, bei denen es zu einer Kollision eines vorbeifahrenden Fahrzeugs mit einer geöffneten Fahrertür eines abgestellten Pkw kommt. Frage dann. Wie wird die Haftung verteilt?

Das OLG Frankfurt am Main geht im OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 28.01.2014 – 16 U 103/13 – von einer hälftige Schadensteilung aus. Gestritten wurde um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall, bei dem es zu einer Kollision zwischen dem Fahrzeug der Beklagten zu 1 und der hinteren linken, teilweise geöffneten Tür des auf einem Parkstreifen abgestellten Fahrzeugs des Klägers gekommen war. Das OLG stellt auf folgende Umstände ab:

  • Die Beklagte zu 1 hatte keinen ausreichenden Seitenabstand zu dem Fahrzeug des Klägers eingehalten hat. Dabei sei es unerheblich, dass es kein feststehendes Maß für einen Seitenabstand gibt und der Seitenabstand nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht lediglich – wie von der Beklagten zu 1 selbst angegeben – 30 cm, sondern ca. 70 cm betragen hat.
  • Der Anhalteweg der Beklagten zu 1) lag innerhalb der ausgeleuchteten Strecke.
  • Allein der Umstand, dass die Beklagte zu 1 die geöffnete Tür übersehen hat, führt nicht zu einem Verstoß gegen das Sichtfahrgebot.

Und weiter:

Soweit der Beklagten zu 1 ein zu geringer Seitenabstand vorzuwerfen ist, vermag der Senat ein besonders grobes Verschulden, das zu einer alleinigen oder zumindest überwiegenden Haftung der Beklagten führen würde, nicht zu erkennen. Zwar hätte die Beklagte zu 1 bei gehöriger Aufmerksamkeit das Hindernis erkennen und ausweichen können. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines groben Verschuldens, zumal sich der Unfall bei Dunkelheit ereignete und der Sachverständige die grundsätzliche Erkennbarkeit des in der Tür stehenden Klägers unter Berücksichtigung der vor Ort herrschenden Lichtverhältnisse als sehr gering eingestuft hat, so dass eine deutliche Signalwirkung nicht angenommen werden kann. Dessen ungeachtet erachtet der Senat in Abweichung von dem landgerichtlichen Urteil eine hälftige Schadensteilung für sachgerecht. Zwar verlangt § 14 Abs. 1 StVO dem Kläger die höchste Sorgfaltsstufe ab, und er hätte den Unfall ohne Weiteres verhindern können, indem er die im rückwärtigen Bereich befindlichen Gegenstände von der anderen Fahrzeugseite aus hätte entnehmen können. Zugleich ist der Unfall aber dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte zu 1 gegen eine bereits geöffnete – und nicht etwa sich erst im Vorbeifahren (weiter) öffnende – Tür gefahren ist. Diesen Umstand hat zwar auch das Landgericht in seiner Abwägung angeführt; er rechtfertigt es nach Auffassung des Senats aber, eine hälftige Schadensteilung anzunehmen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der von den Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss vom 22.11.2007, 12 U 199/06, NZV 2008, 256). Abgesehen davon, dass der dort entschiedene Sachverhalt nicht im Einzelnen dargelegt worden ist, macht es nach Auffassung des Senats einen Unterschied, ob der Unfall durch einen zu geringen Seitenabstand von einer sich (weiter) öffnenden Tür verursacht wird oder ob gegen eine bereits offen stehende Tür gefahren wird. In letzterem Fall liegt ein größeres Verschulden vor, so dass eine hälftige Schadensteilung gerechtfertigt ist.

Zeuge im Ausland – muss er kommen?

Frankreich IIDas Landgericht hat gegen eine ordnungsgemäß geladene Zeugin türkischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Deutschland ein Ordnungsgeld verhängt, nachdem sie in der Hauptverhandlung, für die sie geladen war, nicht zu ihrer Vernehmung erschienen war, weil sie sich vorübergehend in der Türkei aufgehalten hat. Dagegen die Beschwerde der Zeugin, die der OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.10.2013 – 2 Ws 58/13 – zurückweist. Den Beschluss fasst das OLG in den Leitsätzen wie folgt zusammen:

1. Zeugenpflichten sind staatsrechtlich begründete Pflichten und verpflichten jeden, der mit Wohnsitz in Deutschland als Zeuge geladen wird.

2. Verlässt der Zeuge zwischen Ladung und Hauptverhandlungstermin das Bundesgebiet, ändert das an seiner durch die Ladung in seiner Person begründeten Zeugenpflicht nichts.

3. Gegen ihn darf ein Ordnungsmittel nach § 51 StPO verhängt werden, und zwar unabhängig davon, ob er deutscher oder ausländischer Staatsangehöriger ist

Zu Leitsatz 3 hat das OLG Düsseldorf früher anders entschieden (vgl. OLG Düsseldorf, 25. Januar 1999, 1 Ws 702/98, NJW 1999, 1647 und 29. Mai 1991, 2 Ws 148/91, NJW 1991, 2223).

Revision III: „Pro absente“ oder so – Finger davon lassen

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Auch das ist im Grunde ein revisionsrechtlicher Klassiker, was der OLG Frankfurt, Beschl. v. 01.08.2013 – 2 Ss OWI 565/13 behandelt, nämlich die Unterzeichnung eines Rechtsmittels mit einem Zusatz, aus dem deutlich wird, dass der Rechtsanwalt die Rechtsmittelschrift für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet. Davor kann man nur warnen, wie der Beschluss zeigt:

„Das Kanzleiaktenzeichen im Kopfbogen der Begründungsschrift weist als Sachbearbeiter den Verteidiger aus, dessen Name sich auch unter Hinweis auf seine Kanzleiabwesenheit am Ende des Schriftsatzes befindet („pro abs. AB, Rechtsanwalt, Dipl.-Verw.-Wirt“). Eine Unterschrift des Verteidigers enthält der Schriftsatz jedoch nicht. Stattdessen ist rechts neben dem Abwesenheitsvermerk die – ihrerseits signierte – Unterschriftenzeile „C, Rechtsanwältin“ zu ersehen.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Seitens des Betroffenen kann die Begründung der Rechtsbeschwerde nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen (§ 345 Abs. 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Dieses Erfordernis dient nicht zuletzt dem Ziel, den Rechtsbeschwerdegerichten die Prüfung unsachgemäßer und unverständlicher Anträge zu ersparen (vgl. BVerfG, NJW 1983, 2762, 2764; Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn. 29). Wählt der Betroffene die Möglichkeit der Rechtsbeschwerdebegründung durch Verteidiger- oder Anwaltsschriftsatz, muss aus der Unterzeichnung der Begründungsschrift deutlich werden, dass der Verteidiger oder der unterfertigte Rechtsanwalt die volle Verantwortung für den Inhalt übernimmt (vgl. BGHSt 25, 272, 273 f.; Löwe-Rosenberg/Hanack, StPO, 25. Aufl., § 345 Rn. 16, 20, 27 f.).

Bestehen daran auch nur Zweifel, ist die Rechtsbeschwerdebegründung formunwirksam und damit unzulässig (vgl. BGH, NStZ-RR 2007, 132 [Becker]; NStZ-RR 2002, 309 f.; NStZ 1987, 336; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 345 Rn. 16 m.w.N.).

Solche Zweifel sind zwar nicht schon dann berechtigt, wenn anstelle des Verteidigers ein anderer bevollmächtigter Rechtsanwalt, insbesondere derselben Kanzlei, den Schriftsatz im eigenen Namen unterschreibt. In diesem Fall ist regelmäßig davon auszugehen, dass er sich den Inhalt des Schreibens zu eigen gemacht hat und dafür aufgrund eigener Prüfung die Verantwortung übernimmt (vgl. BVerfG, NJW 1996, 713). Anderes gilt jedoch dann, wenn der Unterzeichner sich im Schriftsatz oder auch an anderer Stelle von dessen Inhalt distanziert oder sich sonst aus dem Inhalt der Schrift ergibt, dass der Anwalt die Verantwortung dafür nicht übernehmen kann oder will (BVerfG aaO.).

So aber liegen die Dinge hier. Denn die unterzeichnende Rechtsanwältin hat nicht im eigenen Namen, sondern „pro absente“, d.h. für den kanzleiabwesenden Verteidiger die Rechtsbeschwerdebegründung unterschrieben. Ein derartiger Zusatz und die gewählte Form der Unterschrift sprechen dafür, dass die Unterzeichnerin eben nicht die Verfasserin der Rechtsbeschwerdebegründung gewesen ist, sondern lediglich als Vertreterin den von einem anderen verfassten Schriftsatz – ohne eigenverantwortliche Übernahme des Erklärungsinhaltes – unterschrieben hat. Dass dies nicht genügt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 05.04.2013 – 2 Ss-OWi 240/13; Beschl. v. 06.12.2012 – 2 Ss-OWi 912/12; Beschl. v. 08.10.2012 – 2 Ss-OWi 751/12), die sich zudem im Einklang mit weiteren obergerichtlichen Entscheidungen befindet (ebenso BayObLG, NJW 1991, 2095, 2096; OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 381; MDR 2000, 1245; ferner KG, JR 1987, 217; anders, aber unter Berücksichtigung der dortigen Besonderheiten des Einzelfalles jew. OLG Köln, NStZ-RR 2007, 57;  OLG Rostock, Beschl. v. 06.03.2003 – 2 Ss OWi 249/00 I 191/00).

Dabei ist in der Regel unerheblich, welcher genauen Formulierung sich der Unterzeichner bedient, ob er also „für“ einen anderen bzw. in dessen „Auftrag“, „Vertretung“ oder „absentia“ zeichnet.

In allen diesen Fällen bringt er zum Ausdruck, nicht selbst für die Begründungsschrift einstehen zu wollen, andernfalls derartige Zusätze überflüssig wären. Sie zeigen eine inhaltliche Distanzierung auf und machen den Unterzeichner zum bloßen Erklärungsüberbringer.

In der Verwendung vorgenannter Zusätze liegt – was der Betroffene übersieht – ein wesentlicher Unterschied gegenüber demjenigen Sachverhalt, über den das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hatte. Es geht, wie auch der Senat, gerade davon aus, dass den Schriftsatz erkennbar verantwortet, wer im eigenen Namen unterschreibt. Ohnedies hat das Bundesverfassungsgericht den seit jeher geltenden Grundsatz aufgegriffen, dass sich die Mitwirkung des Rechtsanwalts nicht in bloßer Beurkundung erschöpfen darf (BVerfG, NJW 1996, 713; ferner BGH, NStZ-RR 2006, 84; BGHSt 25, 272, 273; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 50). Genau das bringen jedoch Formulierungen wie „für den nach Diktat verreisten Rechtsanwalt“ oder „pro absente“ zum Ausdruck: Beglaubigt wird damit nur, was ein anderer erklärt hat, der hierfür aber ebenso wenig wie der Unterzeichnende selbst die Formalgewähr übernimmt.

Und:

„Soweit der Verteidiger mit der Gegenäußerung ausführt, die unterfertigte Rechtsanwältin habe gleichwohl die volle inhaltliche Verantwortung für die Begründungsschrift tragen wollen und sogar an deren Erstellung mitgewirkt, handelt es sich um unbeachtliches Vorbringen. Solche nach Ablauf der Begründungsfrist gegebenen Erläuterungen können an der Formunwirksamkeit des Rechtsmittels nichts mehr ändern (vgl. BayObLG, NJW 1991, 2095, 2096; KG, JR 1987, 217; OLG Hamburg, JR 1955, 233 m. zust. Anm. Sarstedt; Meyer-Goßner aaO., § 345 Rn. 16). Denn hierbei geht es um den Erklärungsinhalt und nicht etwa um den Nachweis der Vollmacht, der freilich noch zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden kann (dazu OLG Nürnberg, NJW 2007, 1767, 1768; Löwe-Rosenberg/Hanack aaO., § 345 Rn. 18).“

 

Die Entschädigung nach dem StrEG für Zwangsmaßnahmen, wie geht das beim Rechtsanwalt?

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Bei Jurion bin ich auf das OLG Frankfurt, Urt. v. 18.03.2013, 1 U 179/12 – gestoßen, das sich mit der Ersatzfähigkeit des Zeitaufwandes eines  Verfolgungsmaßnahmen geschädigten Rechtsanwalts zur Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes befasst. Das OLG sagt. Kann grundsätzlich ersatzfähig sein. Der Kläger des Verfahrens ist Rechtsanwalt und ehrenamtlich Vorstand des A e.V., eines gemeinnützigen Vereins. Seit dem Jahre 2004 führten zunächst die Staatsanwaltschaft bei dem LG Marburg, dann die Staatsanwaltschaft bei dem LG Gießen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Betruges und Untreue im Zusammenhang mit der Einwerbung und der Verwendung von Vereinsmitteln. Im Zuge dieses – später eingestellten – Ermittlungsverfahrens führte die Staatsanwaltschaft eine Vielzahl strafprozessualer Zwangsmaßnahmen gegen den Kläger durch.

Das OLG hat den Beklagten in einem ersten Rechtsstreit rechtskräftig zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000 € für die Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und zur Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.902,95 € verurteilt sowie festgestellt, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger zum Ersatz der materiellen Schäden aus folgenden Handlungen der Bediensteten des Beklagten verpflichtet ist: Freiheitsentziehung zulasten des Klägers am 28. 9. 2004, erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers am 28. 9. 2004, Aufrechterhaltung der Speicherung der bei der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers erhobenen Daten in den Dateien und den Unterlagen der Ermittlungsbehörden im Zeitraum vom 28. 09. 2004 bis zur Datenlöschung im Laufe des Monats November 2007, Beschlagnahme, Öffnung und Auswertung der an den Kläger gerichteten Post im Zeitraum vom 28. 09. 2004 bis 13. 05. 2005, Durchsuchungen am 28. 09. 2004, Arrestanordnungen am 30. 09. 2004, Beschlagnahmen im Eigentum des Klägers stehender Unterlagen und sonstiger Gegenstände, insbesondere am 28. 09. 2004. Die Generalstaatsanwaltschaft hat den Entschädigungsantrag des Klägers unter dem 20. 12. 2010 insgesamt abgelehnt.

Das OLG nimmt auf das Urteil des ersten Rechtsstreits Bezug und verurteilt noch einmal zu rund 16.000 € Entschädigung. Die Leitsätze zur Schadensberechnung:

1. Für die Ersatzfähigkeit von Arbeitszeit, die der Geschädigte nach dem Schadensereignis aufwendet, ist eine differenzierende Beurteilung geboten, die insbesondere berücksichtigt, für welche Art von Arbeiten der Geschädigte seine Zeit verwendet hat.

a) (Arbeits-) Zeit, die der Geschädigte zur Ermittlung des Schadens und zur außergerichtlichen Abwicklung des Schadensfalles aufwendet, ist – abgesehen von Ausnahmefällen außergewöhnlichen zeitlichen Umfangs oder wirtschaftlich bedrohlicher Auswirkungen – nicht als Vermögensschaden ersatzfähig.

b) (Arbeits-) Zeit, die der Geschädigte zur Beseitigung des Schadens selbst aufwendet, zur Wiederherstellung eines Zustandes, der dem vor Eintritt des schädigenden Ereignisses nahe kommt, ist grundsätzlich als Vermögensschaden ersatzfähig.

2. Die Regel, dass Unternehmer oder andere selbstständig Erwerbstätige ihren Schaden nicht nach den Kosten einer hypothetisch beschäftigten Ersatzkraft berechnen können, sondern als Schaden ihren bilanziellen Verlust nachzuweisen haben, ist nicht auf den Fall zu übertragen, dass der Geschädigte arbeitsfähig ist und seine Arbeitskraft zur Beseitigung des Schadens einsetzt, jedenfalls dann nicht, wenn der Unternehmer Tätigkeiten erbracht hat, die er hätte delegieren können.

3. Für die Bewertung der von einem selbstständigen Rechtsanwalt zur Schadensbeseitigung aufgewendeten, dem Grunde nach ersatzfähigen Arbeitszeit kann im Rahmen einer Schadensschätzung auf die regelmäßig in den BRAK-Mitteilungen veröffentlichten STAR-Untersuchungen zurückgegriffen werden.

 

OLG Frankfurt zu Provida – bin etwas verwirrt

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Der OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.03.2013, 2 Ss-OWi 1003/12 – lässt mich etwas verwirrt zurück. Das OLG hat in ihm zu „Provida 2000 Modular“ Stellung genommen. Die Leitsätze:

Auch bei dem Messverfahren „Provida 2000 Modular“ reicht es aus, darzulegen, dass ein sog. standardisiertes Verfahren zum Einsatz gekommen ist, die Messung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, sowie die gewonnenen Messergebnisse und die in Ansatz gebrachte Messtoleranz mitzuteilen.

Sollte die konkrete Verwendung des Messgeräts einen anderen als vom Amtsgericht zugrunde gelegten Toleranzwert notwendig machen, bedarf es einer Verfahrensrüge, in der der Betroffene konkret darlegen muss, in welcher Art und Weise die Messanlage in Einsatz gebracht worden ist und welcher anderer, als der festgestellte Toleranzwert sich daraus ergibt.

So weit, so gut. Aber: Das OLG führt aus:

„Die Rechtsprechung auf die sich der Betroffene und in Teilen auch die Generalstaatsanwaltschaft bezieht, sind allgemein gehalten und gehen auf eine Zeit zurück, in der es aufgrund bauartbedingter Besonderheiten dazu gekommen ist, dass für einen bestimmten Einsatz der Nachfahrt mit dem vorliegenden Messgerät keine PTB-Zulassung vorlag und somit kein standardisiertes Messverfahren gegeben war (vgl. OLG Hamm Beschluss v. 26.02.2009 – 3 SsOwi 871/08). Diese Besonderheiten im Tatsächlichen sind allerdings längst beseitigt (vgl. bereits klarstellend OLG Hamm Beschluss v. 15.11.2000 – 2 Ss OWi 1057/00; OLG Düsseldorf Beschluss v. 13.06.2000 – 2b Ss (Owi) 125/00; OLG Köln DAR 1999, 516 [OLG Köln 30.07.1999 – Ss 343/99 B]; etwas missverständlich als obiter dictum OLG Bamberg DAR 2012, 154 Rn. 18).

Das Tatgericht ist deswegen auch nicht gehalten, auch wenn es hilfreich ist, mitzuteilen, in welcher Art und Weise die ProVida 2000 Modular-Messanlage vorliegend zum Einsatz gekommen ist, da der Einsatz keine Auswirkungen auf das standarisierte Messergebnis (mehr) hat.“

Und das verwirrt mich: Das OLG weist darauf hin, dass die Rechtsprechung, auf die sich der Betroffene zur Begründung bezogen habe, auf eine Zeit zurückgehe, in der es aufgrund bauartbedingter Besonderheiten dazu gekommen sei, dass für einen bestimmten Einsatz der Nachfahrt mit dem vorliegenden Messgerät keine PTB-Zulassung vorlag und somit kein standardisiertes Messverfahren gegeben war. Dazu wird verwiesen auf OLG Hamm, Beschl. v. 26. 2. 2009 (3 Ss Owi 871/08, VRR 2009, 195), woraus das jedoch nicht folgt. Diese Besonderheiten im Tatsächlichen seien allerdings – so das OLG – längst beseitigt, wozu – angeblich „bereits klarstellend“ – verwiesen wird auf OLG DAR 2001, 85 = VRS 100, 61; OLG Düsseldorf VRS 99, 133; OLG Köln DAR 1999, 516, und auf „etwas missverständlich als obiter dictum“ OLG Bamberg DAR 2012, 154 Rn. 18). M.E. ist in den Entscheidungen gar nichts klar gestellt und kann ja auch wohl auf eine erst 2009 ergehende Entscheidung nicht klar gestellt werden. Für mich ist nicht ersichtlich, was das OLG eigentlich sagen will. Dass „Provida“ ein standardisiertes Messverfahren für Geschwindigkeitsüberschreitung ist, ist ständige Rechtsprechung der OLG, etwas anderes gilt für Abstandsmessungen. Die OLG verlangen aber auch immer noch wegen der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von Provida deren Mitteilung, da das für den anzunehmenden Toleranzwert von Bedeutung sein kann (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.). Also was nun?