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Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“, oder: Gehört dazu auch das Abholen oder Bringen von Personen?

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Author: Mediatus

Recht frisch ist der OLG Bamberg, Beschl. v. 09.07.2018 – 3 OLG 130 Ss 58/18, der noch einmal zur Bedeutung des Zusatzzeichens „Lieferverkehr frei“ in der StVO Stellung nimmt. Ergangen nicht in einem Bußgeldverfahren, sondern in einem Strafverfahren, in dem offenbar einem Taxifahrer eine Nötigung (§ 240 StGB) vorgeworfen worden ist.

Aus der nur knapp mitgeteilten Entscheidung (etwas mehr Sachverhalt wäre schön OLG Bamberg) entspricht:

„Die Verwerflichkeit der Gewaltanwendung i.S.v. § 240 II StGB folgt schon aus dem vom Angekl. verfolgten Zweck, die Fahrt in der Fußgängerzone zu erzwingen. Denn es war mit dem von ihm geführten Taxi nicht erlaubt, die nach den tatrichterlichen Feststellungen mit dem Zusatzzeichen nach § 39 Abs. 3 StVO „Lieferverkehr gestattet“ (vgl. Nrn. 1026 – 35 des Anhangs zu § 39 StVO) beschilderte Fußgängerzone zu befahren. Aus Wortsinn und gängigem Sprachgebrauch des gesetzlich nicht definierten Begriffs des „Lieferverkehrs“ i.S.d. Zusatzzeichens ergibt sich, dass mit der stichwortartigen Umschreibung nur der Transport von Gegenständen, insbesondere von Waren oder Gütern, jedoch nicht das Abholen oder Bringen von Personen gemeint ist (st.Rspr., vgl. schon OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.04.1984 – 5 Ss [OWi] 37/84 = VRS 67 [1984], 151; BVerwG, Urt. v. 08.09.1993 – 11 C 38/92 = BVerwGE 94, 136 = NJW 1994, 1080 = NZV 1994, 125; BayObLG, Urt. v. 07.02.1995 – 2 St RR 239/94 = VersR 1995, 810 und KG, Beschl. v. 16.03.1999 – 2 Ss 38/99 [bei juris]; ferner OLG Jena, Beschl. v. 17.07.2012 – 1 Ss Rs 67/12 = VRS 123 [2012], 235 und König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 39 StVO, Rn. 31a). […]“

Da „zickt“ das OLG Bamberg im „(Einsichtsrechts)Streit“, oder: Doppelmoral?

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Ich erinnere an den OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – (dazu Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt) in dem das OLG dem VerfG Saarland erklärt, was Rechtsstaat ist (vgl. dazu VerfG Saarland, Beschl. v. 27.04.2018 – Lv 1/18  und Paukenschlag beim (Akten)Einsichtsrecht, oder: Der Rechtsstaat lebt…) .

Der Kollege Grüne aus Schweinfurt, der den Beschluss des OLG Bamberg „erstritten“ – besser wohl „erlitten“ hat – hat gegen die Entscheidung Anhörungsrüge erhoben, auf die dann das OLG Bamberg inzwischen geantwortet hat. Der Kollege hat mir Anhörungsrüge und Beschluss des OLG übersandt und ausdrücklich sein Einverständnis mit der „Veröffentlichung“ erklärt.

In seiner Anhörungsrüge hatte der Kollege vorgetragen:

… erhebe ich gem. § 79 Abs. 3, § 356a StPO die

Anhörungsrüge

und beantrage, das Verfahren gem. § 79 Abs. 3, § 356a StPO in den Stand vor Erlass der Entscheidung vom 13.06.2018 zu versetzen.

Begründung:

Das OLG Bamberg hat mit seinem Beschluss vom 13.06.2018 das rechtliche Gehör des Be-troffenen i. S. d. Art. 103 I GG verletzt und die Entscheidung beruht aufgrund der entspre-chenden Entscheidungserheblichkeit auch auf dieser Gehörsverletzung. Daher ist der Form halber die Anhörungsrüge zu erheben.

Die Gehörsverletzung ergibt sich aus der Nichtzurverfügungstellung der angeforderten Be-weismittel, namentlich

– Die dem Bußgeldverfahren zugrunde liegende Messdatei im entsprechenden Original-format, einschließlich – soweit im einschlägigen Messverfahren vorhanden – Tokenda-tei, Passwort, Statistikdatei samt Annullierungsrate und Fotoliniendokumentation

– Entsprechendes bezüglich des gesamten Datensatzes der Messreihe

– Lebensakte des eingesetzten Messgeräts i. S. d. § 31 II Nr. 4 MessEG, hilfsweise, so-weit eine Lebensakte nicht geführt wird, eine Übersicht der seit der Inbetriebnahme vorgenommenen Reparaturen und Nacheichungen

– Original-Lichtbild, ggf. als Datei

– Verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung

Es wird daher nochmals auf den bereits zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 27.04.2018, Az. Lv 1/18, verwiesen, wonach der Betroffene die angewandte Richtigkeitsvermutung eines Bußgeldverfahrens nur angreifen kann, wenn er konkrete An-haltspunkte für einen Fehler im Rahmen der Messung vorträgt. Es wird ihm also eine Beibrin-gungs- bzw. Darlegungslast auferlegt (Cierniak, ZfS 2012, 664 [669]). Diese Punkte vorzutra-gen, also die erfolgversprechende Verschaffung rechtlichen Gehörs, wird ihm jedoch unmöglich gemacht, wenn die Messdaten als die Grundlage der Messung nicht für eine sachverstän-dige Untersuchung zur Verfügung gestellt werden (OLG Celle, Urteil vom 16.6.2016 – 1Ss OWi 96/16 –, NJOZ 2017, 559 Rn. 5; Deutscher, DAR 2017, 723; Cierniak, ZfS 2012, 664 [669]). Letztlich wird er unter Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens als Objekt des Verfahrens behandelt, dem wesentliche Mitwirkungsrechte versagt werden bzw. welches diese nicht effektiv ausüben kann. Dies wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Senat behauptet, der Betroffene habe ja ausreichende Möglichkeiten, sich anderweitig an der Wahr-heitsfindung aktiv zu beteiligen, wenn dies durch die Rechtsprechung des Senats gerade unmöglich gemacht wird. Hieraus folgt dann die faktische „Darlegungs- und Beibringungslast“, die der Senat so vehement von sich weist. Müssen nämlich bei einem standardisierten Mess-verfahren keinerlei Aufklärungsmaßnahmen vorgenommen und muss keinerlei Beweisanträgen nachgegangen werden, da eine Konkretisierung mangels Messdaten unmöglich gemacht wird, ist eine amtsrichterliche Sachaufklärung vor der Feststellung der „vollen Überzeugung des Tatrichters“ nicht mehr gegeben.

Aus dem Gebot eines fairen Verfahrens folgenden Gebot der Waffengleichheit folgt, dass ebenso, wie dem „Ankläger“ Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, einen Tatvorwurf nachzuweisen – was in Fällen der hier diskutierten Art leicht möglich ist, da der vom Gerät angezeigte Wert dafür genügt –, einem im Bußgeldverfahren Betroffenen Zugang zu den In-formationen gewährt werden muss, die er benötigt, um sich gegen den Vorwurf zu verteidigen oder durch einen Verteidiger verteidigen zu lassen („Parität des Wissens“, vgl. LG Trier, DAR 2017, 721 [722]; „Informationsparität“ gemäß Art. 6 EMRK, vgl. Krenberger, juris PR-VerkR 17/2016), sodass sich auch hieraus erneut Grundrechtsverletzungen durch den angegriffenen Beschluss ergeben.

Auch die Ablehnung des in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht gestellten Beweisantrags auf Einholung eines technischen Gutachtens verletzt das Gebot eines fairen Verfahrens, das Gebot des rechtlichen Gehörs und das Willkürverbot, und stellt damit weitere Grundrechtsverletzungen dar.

Es ist willkürlich und unfair und begründet einen Gehörsverstoß, wenn nach Nichtzugänglichmachung der Messdaten – in dieser Situation – der Beweisantrag auf Einholung eines technischen Gutachtens zur weiteren Überprüfung der Messung auf Fehlerhaftigkeit mit der Begründung abgelehnt wird, es liege ein standardisiertes Verfahren vor, und damit ausdrücklich oder stillschweigend dem Beschwerdeführer oder der Verteidigung vorgeworfen wird, es seien keine konkreten Anhaltspunkte für Messfehler dargelegt worden. Eine solche Darlegung wäre nämlich erst nach Einsicht in die Messdaten möglich gewesen. Damit verletzt das OLG Bam-berg zudem, aufgrund der entsprechenden Abhandlung sogar sehenden Auges, die sich aus Art. 20, 1 I GG ergebende Unschuldsvermutung sowie die Menschenwürde, indem es den Betroffenen zum bloßen Verfahrensobjekt macht.

Sofern ein Gericht zu Unrecht davon ausgeht, dass die Nichtüberlassung von Messdaten sich nicht auf die Voraussetzungen zur Ablehnung von Beweisanträgen im Rahmen des § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auswirkt ist ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens, das Will-kürverbot und das Gehörsgebot gegeben, vgl. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 27.04.2018, Az. Lv 1/18.

Zumindest aufgrund der der Rechtsprechung des OLG Bamberg entgegenstehenden Rechtsprechung des OLG Celle, des OLG Frankfurt, des OLG Brandenburg, des OLG Jena sowie des OLG Oldenburg wird nochmals auf die Vorlagepflicht zum Bundesgerichtshof verwiesen. Ein Rückzug darauf, man befände sich bei der Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH ist spätestens jetzt aufgrund verfassungsgerichtlicher Beanstandung der Vor-gehensweise nicht mehr möglich. Anderenfalls ist das Grundrecht auf den gesetzlichen Rich-ter nach Art. 101 I 2 GG durch die Nichtvorlage zum BGH verletzt.“

Darauf antwortet das OLG Bamberg im OLG Bamberg, Beschl. v. 25.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – erkennbar mehr als leicht verschnupft:

„1. Die „der Form halber (Antragsschrift S. 1 unten) erhobene Anhörungsrüge ist unbegründet. Ein Fall des § 356a StPO liegt nicht vor, weil der Senat bei seiner Entscheidung vom 13.06.2018 zum Nachteil des Betroffenen und Antragstellers keine Tatsachen, Beweisergebnisse, Anträge oder sonstige Ausführungen rechtlicher oder tatsächlicher Art verwertet bzw. übergangen hat, zu denen der Antragsteller nicht zuvor gehört worden wäre. Vielmehr wurde der Antragsteller und Betroffene gehört, aber nicht erhört.

2. Mit Blick auf den in Diktion und Argumentation die Grenzen einer noch als sachlich vertretbar anzusehenden anwaltlichen Interessensvertretung sprengenden und in dieser Form dem Rechtsbeschwerdegericht noch nicht untergekommenen Vortrags der Verteidigung hält der Senat noch nachfolgende Feststellungen für angezeigt:

Soweit der Antragsteller meint, der Senat selbst sei als Rechtsbeschwerdegericht gehalten gewesen, die „angeforderten Beweismittel“ zu beschaffen, wird schon die Funktion des Rechtsbeschwerdegerichts, dem eine Beweisaufnahme von Rechts wegen verwehrt ist, verkannt Da diese „Beweismittel“ nicht Bestandteil der Akten wurden, standen sie schon dem Erstgericht nicht zur Verfügung, weshalb sie – wie der Senat in seinem Beschluss vom 13.06.2018 gerade dargelegt hat – nicht Grundlage eines Gehörsverstoßes sein können. Von einem die angegriffene Entscheidung des Senats in die Nähe des Verdachts der Rechtsbeugung rückenden, gar „sehenden Auges“ [sic!] durch den Senat begangenen Verstoß gegen die „Unschuldsvemutung sowie die Menschenwürde“ (Antragsschrift S. 3 oben) kann keine Rede sein. „

Dass die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben würde, war zu erwarten. Aber musste das OLG so dünnhäutig und zickig reagieren. Man wirft dem Kollegen vor „in Diktion und Argumentation die Grenzen einer noch als sachlich vertretbar anzusehenden anwaltlichen Interessensvertretung“ zu sprengen. Zum einen sehe ich nicht , wo sich der Kollege unsachlich geäußert hat, zum anderen ist diese Art der Empörung im Hinblick auf die „Diktion und Argumentation“, mit der das OLG Bamberg die Entscheidung des VerfG Saarlandes „qualifiziert“ hat, nur mit einer gewissen Doppelmoral zu erklären. Und das Wortspiel: „gehört/erhört“ muss auch nicht sein.

Ich denke, der Kollege ist auf dem Weg zum Verfassungsgericht.

Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt

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Auf den Paukenschlag aus dem Saarland mit dem VerfG Saarland, Beschl. v. 27.04.2018 – Lv 1/18 (vgl. dazu Paukenschlag beim (Akten)Einsichtsrecht, oder: Der Rechtsstaat lebt…) folgt dann schon nach kurzer Zeit die Antwort aus dem Freistaat. Das OLG Bamberg teilt im OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – mit, was es von der Entscheidung des Verfassungsgerichts hält: Nämlich nichts. Und das in einer Diktion, die mich dann doch erstaunt. Bisher habe ich nämlich noch keinen OLG-Beschluss gesehen/gelesen, in dem das OLG einem Verfassungsgericht so „die Leviten liest“, jedenfalls kann ich micht nicht erinnern. Da heißt es: Das Verfassungsgericht „übersieht“, seine Auffassung ist „unhaltbar“ und sein „Hinweis….. verfängt“ nicht. Wenn man das so liest, hat man den Eindruck, dass man mit dem Verfassungsgericht spricht wie mit einem unartigen Kind, dem man nun endlich mal die Dinge, die es nicht kann/weiß, erklären muss. „Mia san mia“ eben, so wie man (teilweise) „die Bayern“, vor allem aber das OLG Bamberg kennt.

Mich überrascht allerdings nur die Diktion, nicht der Inhalt der Entscheidung. Denn ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass die OLG sich der Auffassung des VerfG Saarland anschließen würden. Das wäre dann ein zweiter Paukenschlag gewesen. Nein, es war zu erwarten, dass diese Antwort – vor allem aus Bayern – kommen würde, vollgestopft mit Zitaten und Hinweisen auf die eigene Rechtsprechung. Passieren wird jetzt Folgendes: Die anderen OLG werden dankbar auf diesen Zug aufspringen und sich dem OLG Bamberg anschließen. Und es wird weiter gehen wie bisher. Ändern wird sich also im Zweifel nichts. Schade. Und da kein OLG den Weg zum BGH gehen oder besser – zu gehen wagt -, werden Verteidiger nach wie vor, um die Einsicht in und die Übersendung von Messdaten pp. kämpfen müssen. Von wegen: „der Rechtsstaat lebt“.

So, das vorab. Und in der Sache erspare ich mir das Einstellen des recht langen Beschlusses und stelle hier nur die Leitsätze ein, so wie sie aus Bamberg gekommen sind – das heißt also mit von den dort bekannten vielen Zitaten der eigenen Rechtsprechung:

„1. Die Ablehnung eines Antrags des Betroffenen auf Beiziehung, Einsichtnahme oder Überlassung digitaler Messdateien oder weiterer nicht zu den Akten gelangter Messunterlagen verletzt weder das rechtliche Gehör noch das Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren. Es handelt sich um einen Beweisermittlungsantrag, über den der Tatrichter unter Aufklärungsgesichtspunkten (§ 244 II StPO) zu befinden hat (Festhaltung u.a. an OLG Bamberg, Beschl. v. 04.04.2016 – 3 Ss OWi 1444/15 = DAR 2016, 337 = OLGSt StPO § 147 Nr. 10; 05.09.2016 – 3 Ss OWi 1050/16 = StraFo 2016, 461 = VA 2016, 214; 24.08.2017 – 3 Ss OWi 1162/17 = DAR 2017, 715 und 04.10.2017 – 3 Ss OWi 1232/17 = NZV 2018, 80 = NStZ 2018, 235; entgegen VerfGH Saarbrücken, Beschl. v. 27.04.2018 – 1 Lv 1/18).

2. Die Annahme, den Betroffenen eines Bußgeldverfahrens treffe eine „Darlegungs- und Beibringungslast“ in Bezug auf die geltend gemachte Unrichtigkeit des im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens erzielten Messergebnisses ist mit dem geltenden Recht nicht vereinbar.“

Die Unterstreichungen sind nicht von mir.

Im Übrigen meine ich – das nur kurz und in der Diktion des OLG: U.a. die Auffassung des OLG zu Leitsatz 2 ist m.E. nicht haltbar. Es ist zwar richtig, dass den Betroffenen eines Bußgeldverfahrens ebenso wie den Beschuldigten im Strafverfahren nach den Vorgaben der StPO und des GG eine „Darlegungs- und Beibringungslast“ nicht trifft. Nur ist die Aussage des OLG im Hinblick darauf, was die OLG aus dem Satz im Bußgeldverfahren gemacht haben, nicht „haltbar“ und „verfängt“ nicht.

Insgesamt schade. Das OLG Bamberg hat in meinen Augen mal wieder eine Chance vertan, die Rechte des Betroffenen – so wie es der VerfG Saarland getan hat – zu stärken und eine andere Rechtsprechung einzuläuten. Aber vielleicht will man das ja auch gar nicht und will lieber das Süppchen „standardisiertes Messverfahren“ weiter kochen lassen.

Nachträgliche Einspruchsbeschränkung, oder: Dafür braucht der Verteidiger eine „ausdrückliche Ermächtigung“

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So, und zum Schluss dann heute der OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 – 3 Ss OWi 330/18. Es geht um die nachträgliche Einspruchsbeschränkung . Nach dem OLG-Beschluss stellte sich folgender Sachverhalt:

„Nach Einspruchseinlegung beschränkte der vom damaligen Verteidiger mit einer „Terminsvollmacht“ beauftragte Unterbevollmächtigte in der ohne den Betr. stattfindenden Hauptverhandlung am 03.08.2017 ohne zusätzliche Erklärung zum Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch. Nachdem der Unterbevollmächtigte eine Rücknahme des Einspruchs bis spätestens 04.10.2017 „zugesichert“ hatte, setzte das AG die Hauptverhandlung aus. Entgegen der „Zusicherung“ wurde der Einspruch in der Folgezeit jedoch nicht zurückgenommen. Aufgrund dessen verurteilte das AG den Betr. am 11.12.2017 zu einer Geldbuße von 320 € und verhängte gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot. Das von der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung ausgehende AG hat keine Feststellungen zum Tatgeschehen getroffen.“

Das OLG Bamberg hat aufgehoben:

„2. Die vom unterbevollmächtigten Verteidiger der ersten Instanz in der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betr. erklärte Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nach § 67 II OWiG ist unwirksam. In der nachträglichen Beschränkung des zunächst unbeschränkt eingelegten Einspruchs liegt eine teilweise Zurücknahme des Rechtsbehelfs, die durch den Verteidiger gem. § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO nur mit ausdrücklicher Ermächtigung des Betr. erklärt werden konnte. Eine solche lag indes nicht vor.

a) Die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs stellt eine teilweise Zurücknahme des Rechtsbehelfs dar (vgl. auch LR/Jesse StPO 26. Aufl. [2014] § 302 Rn. 44), weil hierdurch der Prüfungsumfang des Gerichts reduziert wird. Dem steht nicht entgegen, dass im Falle einer Revision deren Beschränkung auf bestimmte Beschwerdepunkte, die mit der Revisionsbegründung vorgenommen wird, nicht als Teilrücknahme in diesem Sinne, sondern lediglich als Konkretisierung des zunächst offen gebliebenen Anfechtungsumfangs anzusehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.06.1991 – 4 StR 105/91 = BGHSt 38, 4 = NStZ 1991, 501 = MDR 1991, 979 = BGHR StGB § 64 Ablehnung 4 = BGHR StPO § 302 II Beschränkung 2 = AnwBl. 1991, 599 = wistra 1991, 348 = NJW 1991, 3162 = StV 1992, 7; Urt. v. 23.10.1991 – 3 StR 321/91 = StV 1992, 10 = NStZ 1992, 126 = BGHR StGB § 24 I 1 Versuch, unbeendeter 25 = BGHR StGB § 46 I Kronzeuge 1 = BGHR StPO § 260 III Freispruch 3 = BGHR StPO § 302 I Konkretisierung 1 = MDR 1992, 393 = NJW 1992, 989 = JZ 1992, 536). Dieser Grundsatz, von dem dann eine Ausnahme gemacht wird, wenn die Beschränkung der Revision erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erfolgt (BGH, Urt. v. 18.07.2013 – 4 StR 100/13 = NStZ-RR 2013, 352 = BGHR StPO § 302 I Rücknahme 7), kann auf den Einspruch nicht übertragen werden. Denn er beruht allein auf der Besonderheit des Revisionsrechts, wonach der Bf. gem. § 344 I StPO die Erklärung abzugeben hat, inwieweit er das Urteil anfechten will (KG, Beschl. v. 19.02.1999 – 2 Ss 419/985 Ws (B) 717/98 [bei juris]). Dagegen wird durch den Einspruch, der nach der gesetzlichen Regelung gerade keiner Begründung bedarf, der Bußgeldbescheid in vollem Umfang angefochten, sofern er nicht bereits mit der Einlegung nach 67 II OWiG auf einen bestimmten Beschwerdepunkt beschränkt ist (KG a.a.O.; i.E. ebenso für die Berufung OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.10.2010 – 2 Ss 618/10 = Justiz 2011, 104 = OLGSt StPO § 302 Nr. 10 und für den Einspruch gegen den Strafbefehl OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2010 – 1 RVs 71/10 = NStZ 2010, 655 sowie LR/Jesse § 302 Rn. 44).

b) Die demnach gem. § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO für die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch erforderliche ausdrückliche Ermächtigung durch den Betr. lag nicht vor.

aa) Aus den Vollmachtsurkunden, die für den Verteidiger der ersten Instanz sowie den Unterbevollmächtigten ausgestellt worden waren, ergibt sich eine solche Befugnis nicht. Ungeachtet dessen, dass eine in der schriftlichen Vollmachtsurkunde enthaltene Ermächtigung nur dann ausreichend wäre, wenn die Vollmacht gerade zu dem Zweck der Einlegung des Rechtsbehelfs erteilt worden wäre (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 31.08.2016 – 2 StR 267/16 [bei juris] m.w.N.), ist in den vorgelegten Vollmachtsurkunden ohnehin eine ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme oder Beschränkung des Rechtsbehelfs gerade nicht aufgenommen.

bb) Da allerdings für die nach § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung, die im Zeitpunkt der Erklärung der Einspruchsbeschränkung vorgelegen haben muss, keine besondere Form vorgeschrieben ist und der Nachweis auch nachträglich, etwa durch eine anwaltliche Versicherung, erbracht werden kann (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 06.12.2016 – 4 StR 558/16 = NStZ-RR 2017, 185; 04.2015 – 1 StR 112/15 = NStZ-RR 2016, 24; 05.02,2014 – 1 StR 527/13 [bei juris]; Urt. v. 18.07.2013 – 4 StR 100/13 = NStZ-RR 2013, 352 = BGHR StPO § 302 I Rücknahme 7), hat der Senat entsprechende Ermittlungen durchgeführt. Hiernach ist indes nicht davon auszugehen, dass der Betr. seine in erster Instanz für ihn tätigen Verteidiger ausdrücklich zur Beschränkung seines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid ermächtigt hatte. Der Hauptbevollmächtigte hat sich mit dem Hinweis, dass ihm weder das Sitzungsprotokoll noch das Urteil der ersten Instanz zur Verfügung stehen, „außerstande gesehen“, die ihm gestellte Frage, ob er vom Betr. zur Beschränkung des Einspruchs ermächtigt war und ob er den Unterbevollmächtigten entsprechend ermächtigt hat, zu beantworten. Der Betr. hat erklärt, er habe seinem Verteidiger gegenüber zwar durchaus zum Ausdruck gebracht, dass sein „Hauptanliegen“ das Entfallen des Fahrverbots sei, eine ausdrückliche Besprechung zur „prozessualen Vorgehensweise“ habe jedoch seiner Erinnerung nach nicht stattgefunden. Die Einholung einer Stellungnahme des Unterbevollmächtigten war bei dieser Sachlage nicht mehr geboten, zumal er seine Befugnis zur Rechtsmittelbeschränkung allenfalls vom Hauptbevollmächtigten ableiten konnte, dieser aber schon nicht über eine entsprechende Ermächtigung verfügte.“

Urteil ohne Unterschrift, oder: Der Selbstläufer führt zur Aufhebung

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Und zum Schluss des Tages das viel gescholtene OLG Bamberg mit dem OLG Bamberg, Beschl. v. 30.04.2018 – 3 Ss OWi 602/18. Das hatte über ein amtsgerichtliches Urteil zu befinden, das nicht unterschrieben war. Ergebnis: Auf die Sachrüge hin Aufhebung:

„Gegenstand der Überprüfung eines Urteils durch das Rechtsbeschwerdegericht in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 25.04.2017 – 1 RVs 35/17 [bei juris]; OLG Köln, Beschl. v. 19.07.2011 – 1 RVs 166/11 = NStZ-RR 2011, 348; KK/Gericke StPO 7. Aufl. § 337 Rn. 27; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 60. Aufl. § 337 Rn. 22). Das Fehlen jedweder richterlichen Unterschrift ist hierbei dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2000 – 4 StR 354/00 = BGHSt 46, 204 = BGH NJW 2001, 838 = NStZ 2001, 219 = StV 2001, 155; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.12.2015 – 1 Ss 318/14 = NStZ-RR 2016, 287; OLG Hamm, Urt. v. 29.04.2008 – 4 Ss 90/08 = NStZ-RR 2009, 24) und führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils (vgl. OLG Hamm und OLG Köln, jew. a.a.O.; KK/Greger a.a.O § 275 Rn. 68; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 275 Rn. 29).

So liegt der Fall hier. Das angefochtene Urteil weist keine handschriftliche Unterzeichnung mit dem Namenszug eines Richters auf. Dieser Mangel wird auch nicht durch den maschinenschriftlich abgedruckten Namen der Richterin und durch die zu Unrecht erfolgte Bestätigung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ausgeglichen, wonach das unterschriebene Urteil am 07.02.2018 zur Geschäftsstelle gelangt sei. Diese Zusätze vermögen die vom Gesetz geforderte Unterzeichnung (§ 275 II 1 StPO) nicht zu ersetzen.

Eine Entscheidung, die nicht überrascht. Da musste sogar das OLG Bamberg aufheben.