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StPO I: Absprache – Mitteilungspflicht verletzt, oder: „vage erinnerte und nur mögliche Verfahrensabläufe“

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Und heute dann noch einmal ein paar StPO-Entscheidungen. Heute habe alle drei mit Rechtsmitteln zu tun.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 18.04.2023 – 6 StR 124/23 -, der sich noch einmal zum erforderlichen Umfang/Vortrag für eine ausreichende Begründung der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) äußert, wenn ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO – Stichwort: Verständigung – geltend gemacht wird.

Das LG hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen dann u.a. die Rüge der Verletzung formellen Rechts. Die hate keinen Erfolg:

„1. Die Verfahrensrüge, das Landgericht habe seine Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO verletzt, greift nicht durch.

a) Der Beschwerdeführer trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:

Am ersten Sitzungstag regte der Strafkammervorsitzende ein „Rechtsgespräch“ an und unterbrach zu diesem Zweck die Hauptverhandlung. Bei dem sodann zwischen den Berufsrichtern, den Schöffen, der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger geführten „Rechtsgespräch“ wurde die „Frage des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erörtert“, wobei die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft darauf hinwies, dass aus ihrer Sicht kein minder schwerer Fall vorliege. Über dieses Gespräch berichtete der Vorsitzende nach Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht; die Sitzungsniederschrift enthält für den Zeitpunkt der Fortsetzung nach dem „Rechtsgespräch“ den Hinweis, dass „eine Verständigung jedoch nicht erzielt wurde“. Der Angeklagte machte keine Angaben zur Sache; zu einer Verfahrensabsprache kam es auch später nicht.

Der Beschwerdeführer macht geltend, Inhalt und Ablauf der Gespräche nicht näher vortragen zu können. Sein Verteidiger habe ihm im Anschluss an das „Rechtsgespräch“ lediglich mitgeteilt, dass es für ihn „nicht gut aussehe“ und die Staatsanwaltschaft nicht unter fünf Jahren Freiheitsstrafe beantragen werde. Deshalb habe er ihm geraten zu schweigen. Im Revisionsverfahren erbat der Beschwerdeführer Auskunft von der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft über Inhalt und Ablauf des „Rechtsgesprächs“. Diese erklärte hierauf in einer E-Mail: „Da (…) aus meiner Sicht ein minder schwerer Fall nicht vorlag, vertrat ich die Auffassung, dass von einer Mindeststrafe von fünf Jahren auszugehen sei. Ich meine auch zu erinnern, dass das Gericht die Auffassung äußerte, dass sich nach derzeitiger Lage ein minder schwerer Fall zumindest nicht aufdrängen würde“.

Aus dem Verfahrensablauf und den Angaben der Sitzungsvertreterin folgert der Beschwerdeführer, dass das „Rechtsgespräch“ verständigungsbezogene Erörterungen zum Gegenstand hatte und der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO unterstand.

b) Die Verfahrensrüge ist schon unzulässig, weil das Revisionsvorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für eine zulässige Verfahrensrüge die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsbegründung prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2007 – 1 StR 273/07, BGHSt 52, 38, 40). Für die Rüge einer Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO ist danach erforderlich, dass Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass ein nach dieser Vorschrift mitteilungspflichtiges Gespräch stattgefunden hat und dessen wesentlicher Inhalt in der Hauptverhandlung nicht oder nicht ausreichend mitgeteilt und protokolliert wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2022 – 2 StR 269/21). Notwendig ist deshalb die bestimmte Behauptung von Tatsachen, die eine Überprüfung dahin gestatten, ob dabei ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum standen, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in einen Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht wurden, damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung nahelag und somit die Mitteilungspflicht ausgelöst wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 3 StR 310/15, NStZ 2016, 362; vom 7. März 2017 – 5 StR 493/16, NStZ 2017, 424).

bb) Diesen Anforderungen genügt die Revision nicht.

(1) Es fehlt bereits an einem konkret behaupteten vollständigen Verfahrensgeschehen. Die bloße Wiedergabe vage erinnerter und nur möglicher Verfahrensabläufe (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1964 – 3 StR 60/63, BGHSt 19, 273, 275) ersetzt den notwendigen bestimmten Tatsachenvortrag nicht (vgl. im Einzelnen KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 33 mwN).

(2) Dessen ungeachtet wäre auch anhand der mitgeteilten Stellungnahme der Staatsanwaltschaft für das Revisionsgericht nicht abschließend zu überprüfen, ob es sich um verständigungsbezogene oder lediglich um unverbindliche sonstige verfahrensfördernde Erörterungen gehandelt hat, die nicht auf eine einvernehmliche Verfahrenserledigung abzielten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15, NStZ 2015, 535, 536). Denn als Gegenstände unverbindlicher Erörterungen, die das Gericht ohne Verständigungsbezug allein als Ausdruck eines transparenten kommunikativen Verhandlungsstils führen kann, sind etwa Rechtsgespräche und Hinweise auf die vorläufige Beurteilung der Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses für unbedenklich erachtet worden (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 228; BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Mitteilung 4; vom 7. März 2017 – 5 StR 493/16). Dies gilt gleichermaßen für die Klärung der – einer Verständigung entzogenen (vgl. BVerfG, aaO, S. 228; BGH, Beschluss vom 25. April 2013 – 5 StR 139/13, NStZ 2013, 540) – Vorfrage, ob überhaupt die Möglichkeit der Verständigung bei Annahme eines minder schweren Falles in Betracht kommt, ohne dass ein Prozessverhalten des Angeklagten in Rede steht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2021 – 5 StR 199/21, NStZ 2022, 55, 56). Ob der Gesprächsgegenstand hier bereits über diese abstrakte Vorfrage einer möglicherweise erwogenen Verständigung hinausging, vermag der Senat ohne Vortrag näherer Inhalte nicht abschließend zu prüfen.

(3) Nichts anderes gilt vor dem Hintergrund des übrigen Revisionsvorbringens (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48; vom 21. März 2017 – 1 StR 622/16, NStZ 2017, 482, 483), das sich auf die pauschale Behauptung beschränkt, auf Initiative des Gerichts sei „ein Rechtsgespräch“ (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. April 2014 – 3 StR 24/14, NStZ 2014, 529 f.; vom 23. Juni 2022 – 2 StR 269/21, NStZ-RR 2022, 355) durchgeführt, eine Verständigung „jedoch nicht erzielt“ worden (vgl. KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 243 Rn. 112 mwN).

(4) Der Beschwerdeführer behauptet schließlich auch nicht, dass es ihm oder seinem Revisionsverteidiger unmöglich gewesen wäre, nähere Informationen zum Verfahrensgeschehen bei seinem Instanzverteidiger einzuholen (vgl. hierzu BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. September 2005 – 2 BvR 93/05, StraFo 2005, 512, 513; BGH, Urteil vom 3. August 2022 – 5 StR 203/22; Beschluss vom 23. November 2004 – 1 StR 379/04, NStZ 2005, 283; Hamm/Pauly, Die Revision in Strafsachen, 8. Aufl. Rn. 408 mwN).“

StPO I: Mal wieder Verletzung der Mitteilungspflicht, oder: What’s talked about?

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Heute stelle ich dann drei StPO-Entscheidungen vor, und zwar eibnmal BGH, einmal OLG und einmal LG.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 08.03.2023 – 1 StR 19/23. Das LG hat den Angeklagaten u.a. wegen Diebstahls verurteilt. Dagegen die Revision, die mit der Verfahrensbeanstandung einer Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 1, § 257c Abs. 3 StPO Erfolg hatte:

„1. Der Entscheidung liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

a) Nach Eröffnung des Hauptverfahrens fanden am 24. Mai 2022 und am 7. Juni 2022 außergerichtliche Vorgespräche mit sämtlichen Verteidigern der drei Angeklagten – lediglich der Verteidiger des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt S.    , war am 24. Mai 2022 urlaubsbedingt verhindert -, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft sowie dem Vorsitzenden Richter und dem Berichterstatter statt. In beiden Besprechungen wurde eine mögliche Verfahrensverständigung erörtert. In dem Gespräch am 7. Juni 2022 wurde die zu erwartende Strafhöhe im Falle eines Geständnisses des Angeklagten zwischen dem Vorsitzenden Richter, dem Beisitzer, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und Rechtsanwalt S.     als Verteidiger des Angeklagten mit dem Hinweis darauf besprochen, dass eine Erörterung mit den weiteren Verteidigern unter Bezugnahme auf das Besprechungsprotokoll vom 24. Mai 2022 bereits stattgefunden habe.

b) Der Vorsitzende Richter gab in dem Gespräch vom 7. Juni 2022 eine Einschätzung zu den Tatvorwürfen ab und wies darauf hin, dass sich in erheblichem Maß strafmildernd auswirken könne, wenn der Angeklagte weitergehende Informationen zu weiteren, unbekannten Tatbeteiligten liefern könnte.

c) Daraufhin erläuterte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft ihre Sichtweise und erklärte, dass bei einem Geständnis mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sieben Jahren und sechs Monaten zu rechnen sei. Bei einer echten Aufklärungshilfe könne diese Strafe auch reduziert werden, wobei insoweit keine konkrete Zahl genannt werden könne. Ohne geständige Einlassung sei mit einer Mindeststrafe von neun Jahren Freiheitsstrafe zu rechnen.

d) Der Vorsitzende Richter stellte im Anschluss daran folgenden Strafrahmen in Aussicht: Ohne ein Geständnis sei mit einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe zwischen neun Jahren und elf Jahren zu rechnen, bei einem Geständnis mit einer solchen zwischen sieben Jahren und sechs Monaten sowie neun Jahren und sechs Monaten. Sollte ein Geständnis über den Tatbeitrag des Angeklagten hinaus weitere Informationen enthalten, so könnte von einem Strafrahmen von sieben Jahren bis zu acht Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe auszugehen sein. Bei sehr weitgehenden Informationen zu den Beteiligten und Dritten sei daran zu denken, dass die Strafe noch weiter reduziert werden könnte, möglicherweise bis zur Hälfte der ansonsten in Aussicht gestellten Strafe. Etwas Genaueres könne noch nicht gesagt werden; das hänge von der Wertigkeit der Informationen ab.

e) Schließlich erläuterte auch der Verteidiger des Angeklagten seine Einschätzungen hinsichtlich der Tatvorwürfe und äußerte, dass er die Differenz der in Aussicht gestellten Strafen bei einem Geständnis und ohne Geständnis für zu gering halte.

2. Eine Verständigung kam nicht zustande. Zu Beginn der Hauptverhandlung am 19. Juli 2022 gab der Vorsitzende nach der Feststellung der Personalien bekannt, dass eine Verständigung bislang nicht vorliege. Es hätten am 24. Mai 2022 und 27. Juni 2022 (richtig: 7. Juni 2022) Erörterungen mit letztlich sämtlichen Verteidigern stattgefunden. Dabei seien durch die Staatsanwaltschaft, die Berufsrichter der Strafkammer und den Verteidigern Strafmaßvorstellungen je nach dem jeweiligen Prozessverhalten ausgetauscht worden. Verständigungen seien dabei nicht zustande gekommen. Im Übrigen nehme er „auf die Einzelheiten zu den jeweils erstellten Protokollen Bezug“, die übersandt worden seien.

3. Der Beschwerdeführer ließ sich anschließend am ersten Hauptverhandlungstag, noch vor Eintritt in die Beweisaufnahme, in objektiver und subjektiver Hinsicht zu seiner eigenen Tatbeteiligung geständig ein; zu einem Mitwirken anderer Personen äußerte er sich nicht.

II.

1. Die Rüge der Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat Erfolg.

a) Das Vorbringen des Beschwerdeführers genügt – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts – den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision teilt zwar nur den Inhalt des Verständigungsgesprächs vom 7. Juni 2022 unter Beifügung des vom Vorsitzenden hierzu gefertigten und übersandten Protokolls mit, nicht aber den Inhalt der am 24. Mai 2022 geführten und ebenfalls protokollierten Gespräche. Die Darstellung des Inhalts dieses Gesprächs vom 24. Mai 2022 ist jedoch nicht erforderlich, um den angebrachten Verfahrensverstoß nachzuweisen. Die Verletzung der Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ergibt sich schon aus der unzureichenden Mitteilung des Vorsitzenden über den Inhalt des Verständigungsgesprächs vom 7. Juni 2022 in der Hauptverhandlung vom 19. Juli 2022.

b) Die Verfahrensrüge ist begründet. Der Vorsitzende der Strafkammer hat die sich aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ergebende Pflicht zur Information über außerhalb der Hauptverhandlung geführte verständigungsbezogene Erörterungen verletzt, indem er das Ergebnis des Gesprächs vom 7. Juni 2022 zwar in der Hauptverhandlung als erfolglose Verständigungsbemühungen referiert, den Inhalt aber unzureichend dargestellt hat, weil er hinsichtlich der Einzelheiten des Inhalts der geführten Gespräche lediglich auf die übersandten Protokolle verwies.

aa) Bei Gesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden und als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können, ist vom Vorsitzenden über deren wesentlichen Inhalt in der Hauptverhandlung zu informieren (§ 243 Abs. 4 StPO). Die Mitteilungspflicht greift ein, sobald ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach einer oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt. Zum mitzuteilenden Inhalt solcher Erörterungen gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168 Rn. 85 mwN). Nach der Konzeption der gesetzlichen Regelung sind die Transparenz und Dokumentation von Verständigungsgesprächen zu gewährleisten. Dies erfordert als Voraussetzung einer effektiven Kontrolle durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht die Mitteilung des Inhalts dieser Gespräche in der Hauptverhandlung selbst (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168 Rn. 80 ff. und BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 2 BvR 900/19 Rn. 22). Darüber hinaus dienen die Transparenz- und Dokumentationspflichten nach § 243 Abs. 4 StPO auch dem Schutz des von einer Verständigung betroffenen Angeklagten. Deshalb gewährleistet die Mitteilung der Einzelheiten der Gesprächsinhalte über verständigungsbezogene Erörterungen durch den Vorsitzenden in der Hauptverhandlung vornehmlich auch die Information des Angeklagten, der an den Gesprächen regelmäßig nicht beteiligt war, um für ihn eine Wissensparität zu schaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 2 BvR 900/19 Rn. 35 mwN). Die Unterrichtung des Angeklagten (allein) durch seinen Verteidiger über den Inhalt der Verständigungsgespräche vermag die Mitteilung durch das Gericht in der Hauptverhandlung grundsätzlich nicht zu ersetzen. Richterliche und nichtrichterliche Mitteilungen sind nicht von identischer Qualität; der Strafprozessordnung liegt an verschiedenen Stellen die Wertung zugrunde, dass Authentizität, Vollständigkeit und Verständlichkeit einer Mitteilung oder Belehrung nur durch richterliches Handeln verbürgt sind (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 2 BvR 900/19 Rn. 38 mwN).

bb) Gemessen an diesen Maßstäben war die Mitteilung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung zum Inhalt der verständigungsbezogenen Erörterungen defizitär. Eine Kontrollmöglichkeit hinsichtlich des Inhalts der Gespräche war für die Öffentlichkeit schon nicht gegeben. Auch der Beschwerdeführer könnte allenfalls durch seinen Verteidiger über die Einzelheiten der ergebnislos gebliebenen Verständigungsgespräche in Kenntnis gesetzt worden sein. Dies genügt jedoch nicht, um die sich aus § 243 Abs. 4 StPO ergebende Verpflichtung der richterlichen Mitteilungspflicht zu erfüllen.

cc) Ein Beruhen des Urteils auf diesem Rechtsfehler kann – entgegen der Argumentation des Generalbundesanwalts – nicht ausgeschlossen werden (vgl. schon BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE, 133, 168 Rn. 97 ff. mwN). Der Beschwerdeführer hat seine Tatbeteiligung ohne ausreichende Mitteilung des Vorsitzenden (§ 243 Abs. 4 StPO) über die Einzelheiten des Inhalts der ergebnislos gebliebenen Verständigungsgespräche eingeräumt. Schon aus diesem Gesichtspunkt war seine Aussagefreiheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168 Rn. 60) betroffen. Darüber hinaus hatten die Erörterungen auch konkrete Vorstellungen des Vorsitzenden und der Staatsanwaltschaft zu möglichen Straferwartungen zum Gegenstand, je nachdem, ob der Beschwerdeführer Aufklärungshilfe leistet und gegebenenfalls wie werthaltig dies ist. Nachdem der Angeklagte keine weitergehenden Angaben zu möglichen weiteren Beteiligten machen wollte, ist nicht auszuschließen, dass der aufgezeigte Rechtsfehler sich auch auf den Umfang seines Geständnisses ausgewirkt hat.“

StPO II: Verletzung der Mitteilungspflicht? oder: Verständigungs- oder Organisationsgespräch?

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Im zweiten Posting des Tages dann noch einmal etwas zur Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO9, und zwat der BGH, Beschl. v. 03.03.2022 – 5 StR 228/21. Die Sache ist zum zweiten Mal beim BGH. Der BGH hatte ein erstes Urteil des LG aufgehoben. Das hatte in dann erneut wegen  Untreue verurteilt, allerdings nicht mehr zu einer Freiheitsstrafe, sondern zu einer Geldstrafe.  Dagegen hat der Angeklagate dann nochmals Revision eingelegt, mit der u.a. ein Verstoß gegen § 243 Abs. 4 StPO gerügt worden war. Die hatte keinen Erfolg.

Die Rüge des Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO war im Hinblick auf ein zwischen der Vorsitzenden und dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft am 06.04.2020 geführtes Telefonat erhoben worden. In dem Telefonat hatte die Vorsitzende den Oberstaatsanwalt gefragt, ob er für einen gemeinsamen Besprechungstermin mit der Strafkammer und dem Verteidiger zur Verfügung stehe. Der Oberstaatsanwalt hatte dies bejaht und zugleich aber mitgeteilt mit, er wolle bereits jetzt erklären, dass er mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO, wie vom Verteidiger vorgeschlagen, nicht einverstanden sei. Dies hat die Vorsitzende in einem zu den Akten gebrachten Vermerk niedergelegt, der vor der Hauptverhandlung dem Verteidiger im Wege der Akteneinsicht und dem Angeklagten durch Übersendung einer Kopie des Aktenauszuges bekannt gemacht wurde. In der Hauptverhandlung teilte sie den Inhalt dieses Vermerks dann nicht (noch einmal) mit.

Der BGH sieht keinen Rechtsfehler:

„a) Die Rügen eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 StPO zeigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

aa) Die Rüge eines Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO im Hinblick auf ein zwischen der Vorsitzenden und dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft am 6. April 2020 geführtes Telefonat ist unbegründet. In dem Telefonat fragte die Vorsitzende den Oberstaatsanwalt, ob er für einen gemeinsamen Besprechungstermin mit der Strafkammer und dem Verteidiger zur Verfügung stehe. Der Oberstaatsanwalt bejahte dies und teilte mit, er wolle bereits jetzt erklären, dass er mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO, wie vom Verteidiger vorgeschlagen, nicht einverstanden sei. Dies legte die Vorsitzende in einem zu den Akten gebrachten Vermerk nieder, der vor der Hauptverhandlung dem Verteidiger im Wege der Akteneinsicht und dem Angeklagten durch Übersendung einer Kopie des Aktenauszuges bekannt wurde. In der Hauptverhandlung teilte sie den Inhalt dieses Vermerks nicht mit.

Einen Rechtsfehler deckt die Revision damit nicht auf, denn Gegenstand des Telefongesprächs war nicht die Möglichkeit einer Verständigung, so dass es nicht der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO unterfiel. Die Mitteilungspflicht greift ein, sobald bei außerhalb einer Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168 Rn. 85; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 2 BvR 900/19, NJW 2020, 2461; BGH, Beschluss vom 18. August 2021 – 5 StR 199/21, NStZ 2022, 55). So verhält es sich hier nicht.

Die Frage der Vorsitzenden zielte allein auf die Organisation eines gemeinsamen Gesprächs zwischen den Verfahrensbeteiligten hin. Die Äußerung des Oberstaatsanwalts in diesem Zusammenhang stellt lediglich eine einseitige Willensbekundung auf den – wie allseits bekannt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 5 StR 366/19 Rn. 42) – bereits im ersten Durchgang von der Verteidigung formulierten Vorschlag einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO dar, die als solche (eine Reaktion der Vorsitzenden hierauf wird auch von der Revision nicht bestimmt behauptet) nicht mitteilungsbedürftig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 5 StR 366/19 Rn. 42). An der inhaltlichen Richtigkeit des Vermerks der Vorsitzenden bestehen keine Zweifel, zumal nach der Äußerung des Oberstaatsanwalts – anders als möglicherweise in anderen Fällen – auch keine Reaktion der Vorsitzenden hierzu nahelag, denn ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft kommt eine Einstellung nach § 153a Abs. 2 StPO von vornherein nicht in Betracht. Die von der Revision in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung von § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt nicht vor, denn das Protokoll gibt den Verfahrensgang zutreffend wieder.

bb) Soweit die Revision das Fehlen einer sogenannten „Negativmitteilung“ nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO rügt, also einer ausdrücklichen Mitteilung der Vorsitzenden, dass keine Verständigungsgespräche stattgefunden hatten, schließt der Senat aus, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler im Sinne von § 337 Abs. 1 StPO beruht. Denn auch nach dem Vortrag der Revision (insbesondere auch zu dem ausführlich dokumentierten und in der Hauptverhandlung mitgeteilten Erörterungstermin am 9. November 2020) kann der Senat ausschließen, dass es Gespräche über die Möglichkeit einer Verständigung gegeben hat (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 26. August 2014 – 2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592, 594; BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 – 1 StR 523/13, NStZ-RR 2014, 115; vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13, NStZ 2015, 232 mwN).“

StPO I: Dreimal zur Verständigung (§ 257c StPO), oder: Mitteilungspflicht und Belehrung

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Und auf geht es in den nächsten Tag, und zwar heute mit StPO-Entscheidungen.

Zunächst hier drei neuere Beschlüsse des BGH zur Verständigung (§ 257c StPO) und zur Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO).

Die beiden Beschlüsse zur Mitteilungspflicht gehen in dieselbe Richtung, daher stelle ich hier nur die jeweiligen Leitsätze vor. Es geht u.a. um im Vorfeld der Hauptverhandlung geführte Gespräche, und zwar:

Bei einer im Vorfeld der Hauptverhandlung erfolgten Unterredung, in deren Verlauf eine Verbindung zwischen einem möglichen Geständnis des Angeklagten und dem Verfahrensergebnis hergestellt wurde, handelt es sich um ein Gespräch, das die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatte und das der sog. Mitteilungspflicht unterfällt.

Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist (auch) über Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO zu berichten, die außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist. Davon ist auszugehen, sobald bei den Gesprächen ausdrücklich oder konkludent Fragen des prozessualen Verhaltens in Verbindung zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt.

Und dann noch etwas zur Belehrungspflicht, nämlich der BGH, Beschl. v. 15.12.2021 – 6 StR 528/21:

„Der Beschwerdeführer sieht in dieser Verfahrensweise zu Recht einen Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO. Denn die Vorsitzende der Jugendkammer hätte den Angeklagten bereits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 237; BVerfG [Kammer], NStZ 2014, 721; BGH, Beschluss vom 25. März 2015 – 5 StR 82/15 mwN).“

 

 

StPO I: Mitteilungspflicht verletzt, oder: „Verständigungs-“ oder „Rechtsgespräch“?

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Heute dann noch einmal StPO-Entscheidungen. Den Aufschlag mache ich – wie gestern wieder mit dem BGH, Beschl. v. 28.09.2021 – 5 StR 140/21. 

Den hatte ich ja gestern wegen der Wiedereinsetzungsproblematik vorgestellt (vgl. StPO I: Wenn das Faxgerät zwei Seiten verschluckt, oder: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), heute komme ich auf den Beschluss wegen der vom BGH anagesprochenen Frage in Zusammenhang mit § 257c StPO – Verständigung – zurück. Es geht um die Abgrenzung der Verständigung vom Rechtsgespräch. Dazu der BGH:

„1. Im Ergebnis zu Recht hat der Generalbundesanwalt hervorgehoben, dass es sich bei dem am ersten Prozesstag in Unterbrechung der Hauptverhandlung geführten Gespräch nicht um ein nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO mitteilungsbedürftiges Gespräch gehandelt hat. Denn nach dem Inhalt des von dem erstinstanzlichen Verteidiger des Angeklagten in öffentlicher Verhandlung angeregten Gesprächs, wie er sich ? von der Verteidigung nicht angezweifelt ? aus dem allerdings erst am vorletzten Hauptverhandlungstag vom Vorsitzenden der Strafkammer verlesenen Gesprächsprotokoll ergibt, wurde nicht über die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO gesprochen (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO). Es hätte von den Verfahrensbeteiligten auch nicht als ein Gespräch verstanden werden können, das aufgrund des ausdrücklichen oder konkludenten Bemühens um eine Verständigung zur Vorbereitung einer solchen diente (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2015 ? 5 StR 9/15, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Mitteilung 4). Vielmehr ergibt das Gesprächsprotokoll, dass es sich lediglich um ein nicht mitteilungspflichtiges Rechtsgespräch im Sinne von § 257b StPO handelte, weil weder der Verteidiger für den Angeklagten ein bestimmtes Prozessverhalten ankündigte, noch die Strafkammer ihrerseits einen Strafrahmen zusagte oder auch nur Vorstellungen eines zu erwartenden Strafmaßes in den Raum stellte: Der Verteidiger beschränkte sich darauf, die Vorstrafen- und Haftsituation darzustellen, seine Sicht zur Beweislage und zu dem behaupteten Konsumverhalten des Angeklagten mitzuteilen sowie eine abstrakt gehaltene Strafvorstellung (bewährungsfähige Strafe) zu äußern, die der Vorsitzende zurückwies. Daneben machte er noch Ausführungen zu einer aus seiner Sicht in Betracht kommenden Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG; hierzu teilte der Vorsitzende mit, dass die für eine Sucht des Angeklagten sprechenden Indizien in den Prozess eingeführt würden. Die Staatsanwaltschaft gab lediglich ihre (abweichende) Beurteilung der Beweislage zur Kenntnis. Danach wurde von keiner Seite eine synallagmatische Verknüpfung zwischen einem Prozessverhalten des Angeklagten und einem in Aussicht genommenen Verfahrensergebnis hergestellt, wie sie verständigungsbezogene Gespräche auszeichnet (BGH aaO mwN). Es liegt auch kein Fall vor, in dem das Tatgericht „die Verfahrensbeteiligten auf dem Weg der weiteren Entscheidungsfindung im Hinblick auf verfahrensbezogene Maßnahmen sowie ihr Prozessverhalten (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO) ‚mitnehmen‘ wollte“ (vgl. zu einer solchen Konstellation BGH, Urteil vom 23. März 2016 ? 2 StR 121/15, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Hinweis 6), denn es ging ? wie dargelegt ? gerade nicht darum, mit den Verfahrensbeteiligten über ihr Prozessverhalten zu sprechen.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Instanzverteidiger angeregt hatte, in ein „Verständigungsgespräch“ einzutreten, der Vorsitzende, nachdem er zunächst erklärt hatte, es seien „keine Verständigungsgespräche“ geführt worden, gleichwohl anordnete, das „Protokoll des Verständigungsgesprächs“ zu verlesen, und dieses Protokoll die Überschrift „Verständigungsgespräch“ trägt. Entgegen der in der Gegenerklärung der Verteidigung vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Vorsitzende durch die Verlesung des Protokolls seine vorangegangene Mitteilung, es hätten „keine Verständigungsgespräche“ stattgefunden, korrigieren wollte, denn unmittelbar danach wiederholte er diese Erklärung. Daraus wird deutlich, dass er weiterhin ? und, wie dargelegt, im Ergebnis rechtlich zutreffend ? die Auffassung vertrat, es habe sich nicht um ein verständigungsbezogenes Gespräch gehandelt, wenn auch das Protokoll darüber missverständlich als „Verständigungsgespräch“ überschrieben worden war.

2. In diesem Zusammenhang ist allerdings noch in den Blick zu nehmen, dass durch die Unterbrechung der Sitzung am ersten Hauptverhandlungstag, nachdem der Verteidiger angeregt hatte, „in ein Verständigungsgespräch einzutreten“, der ? unzutreffende ? Eindruck entstanden sein kann, es sei tatsächlich doch ein Verständigungsgespräch geführt worden. Nachdem indes die Anregung dazu in öffentlicher Hauptverhandlung erging und ? wenn auch spät ? in der Hauptverhandlung durch die Verlesung des Protokolls über den Inhalt des Gesprächs informiert wurde, war dem Transparenzgebot im Hinblick auf die Belange der Öffentlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 ? 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170, 171) noch hinreichend Genüge getan.

3. Die Mitteilung des Gesprächs wies ? unbeschadet dessen, dass es für sich genommen nicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO mitteilungspflichtig war ? entgegen der nicht näher ausgeführten Auffassung des Beschwerdeführers auch keine inhaltlichen Defizite auf; allenfalls fehlte in dem Gesprächsprotokoll die Mitteilung, von wem die Initiative zum Führen des Gesprächs ausgegangen war. Nachdem dieses aber in öffentlicher Hauptverhandlung von der Verteidigung angeregt worden war, bestand insoweit kein Informationsdefizit.

4. Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Angeklagte seine Einlassung am dritten Hauptverhandlungstag in der irrtümlichen Annahme abgegeben hätte, es sei bereits am ersten Hauptverhandlungstag zu einer Verständigung gekommen, oder dass er durch die zunächst unterbliebene Information über das Rechtsgespräch anderweitig in seinem Prozessverhalten beeinflusst war. Da das Gespräch zudem ersichtlich nicht auf die Herbeiführung einer gesetzwidrigen Absprache gerichtet war (vgl. dazu BVerfG aaO, S. 172), kann der Senat nach alledem auch ausschließen, dass das Urteil auf etwaigen Rechtsfehlern im Zusammenhang mit der späten Verlesung des Gesprächsprotokolls beruhen würde.“