Im zweiten Posting berichte ich dann auch über einen OVG Nordrhein-Westfalen-Beschluss, und zwar über den OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.08.2025 – 16 A 74/24. In ihm geht es um die Löschung personenbezogener Daten in Strafverfahrensakten. Mit einer entsprechenden Klage hatte der Kläger beim VG keinen Erfolg. Er beantragt nun für das Berufungsverfahren PKH. Das OVG hat den Antrag wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt:
„Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben ist der Klägerin jedenfalls deswegen keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil ihre Klagebegehren auch in einem potentiellen Berufungsverfahren voraussichtlich erfolglos blieben.
Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit des Klageantrags zu 1. [Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: Ministerium) vom 20. Januar 2022] hat die Klägerin – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass das Ministerium über ihre Anträge im Schreiben vom 6. Januar 2022 abweichend von den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen selbst entscheidet.
Die Zuständigkeit für den Antrag der Klägerin gemäß § 123 JustG NRW auf Niederschlagung der in der Rechnung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 13. Januar 2021 und deren Schreiben vom 28. Dezember 2021 angeführten Rechnungspositionen liegt gemäß § 123 Abs. 4 Satz 2 JustG NRW i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach § 123 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen bei der Leiterin oder dem Leiter der mit Vollstreckungsaufgaben betrauten Stelle, nicht beim Ministerium.
Das Ministerium ist auch nicht zuständig für die Entscheidung über den Antrag der Klägerin gemäß „Art. 17, 18 und 21 DS-GVO“ auf „Vernichtung“ von Strafakten. Für einen solchen Antrag sind die von der Klägerin genannten Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung [Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG] nicht einschlägig, weil diese Verordnung nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchstabe d auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung keine Anwendung findet.
Die Löschung personenbezogener Daten, die in Akten einer Staatsanwaltschaft oder von Strafgerichten enthalten sind, richtet sich vielmehr nach § 500 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 der Strafprozessordnung (StPO) i. V. m. § 58 Abs. 2 BDSG oder nach speziellen Löschungsvorschriften in der Strafprozessordnung (z. B. § 489 StPO). Diese stellen bereichsspezifische Sonderregelungen im Rahmen von Strafverfahren dar.
Vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2023 – 5 StR 421/22 -, juris, Rn. 4 (zum Datenverwertungsverbot); Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschlüsse vom 30. Juli 2024 204 VAs 36/24 , juris, Rn. 50, und vom 27. Januar 2020 203 VAs 1846/19, juris, Rn. 17; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Februar 2021 – III-1 VAs 74/20 -, juris, Rn. 17.
Für Löschungen von Daten in Strafakten oder für das Vernichten ganzer Akten sind gemäß § 500 Abs. 1 StPO i. V. m. § 45 Sätze 1 und 2, § 46 Nr. 7, § 58 Abs. 2, § 75 Abs. 2 BDSG die für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung oder Ahndung von Straftaten zuständigen öffentlichen Stellen, hier die Staatsanwaltschaft und die Strafgerichte, als Verantwortliche zuständig, nicht das Ministerium.
Das Verwaltungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass es sich bei dem Antrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 22. April 2022, die „Entscheidung der Beklagten v. 8.4.2022“ [Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. April 2022], für nichtig zu erklären, um einen weiteren Klageantrag mit einem anderen Klagegrund handelt und die darin liegende Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig ist. Ein anderer Klagegrund liegt vor, weil es um einen anderen Lebenssachverhalt geht, nämlich das o. g. Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Unterschied zum Schreiben des Ministeriums vom 20. Januar 2022. Dem steht nicht entgegen, dass beide Schreiben die von der Klägerin beantragte Löschung von Akten betreffen. Für die Frage, ob ein einheitlicher oder ein anderer Klagegrund vorliegt, ist es auch nicht entscheidend, ob eine Klage gegen das Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. April 2022 ebenfalls gegen den Beklagten zu richten wäre.
Auf die Rügen der Klägerin betreffend die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit des Klageantrags zu 1. und betreffend die Pflicht des Verwaltungsgerichts, gemäß § 86 Abs. 3 VwGO auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (dazu Nr. 3 bis 7 und 9 in Abschnitt II. ihres Schriftsatzes vom 4. Januar 2024), kommt es damit nicht mehr an. Dass die Klägerin die Kosten- und Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für falsch hält, begründet keine Erfolgsaussicht ihrer Klageanträge.
….“
