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OLG Stuttgart zur Befriedungsgebühr: Leider nur teilweise richtig

Das OLG Stuttgart hat in einem Beschl. v. 08.03.2010 – 2 Ws 29/10 zur sog. Befriedungsgebühr Stellung genommen. Die erste Freude über diese Entscheidung verfliegt schnell, wenn man sich den Beschluss genauer ansieht.

1. Erste Freude deshalb: Zutreffend ist die Entscheidung hinsichtlich des vom OLG gewählten Leitsatzes: „Für die anwaltliche Mitwirkung in Sinne der Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG genügt jede auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit, die objektiv geeignet ist, das Verfahren im Hinblick auf eine Verfahrensbeendigung außerhalb der Hauptverhandlung zu fördern. Weitergehende Anforderung an die Quantität oder Qualität der Mitwirkung, insbesondere im Sinne einer intensiven und zeitaufwändigen anwaltlichen Mitwirkung bestehen nicht (entgegen KG Berlin, Beschluss vom 24.10.2006, 4 Ws 131/06).“ Das entspricht der ganz h.M. Meinung in dieser (Streit)Frage.

2. Schlicht falsch ist es aber, wenn das OLG hinsichtlich der Höhe der Gebühr davon ausgeht, dass die Gebühr innerhalb des Rahmens zu bemessen ist und sie dann vom OLG mit 40 € bemessen wird. Falsch deshalb, weil schon nach dem Wortlaut „bemisst“ die Befriedungsgebühr als eine reine Festgebühr anzusehen ist und sie immer in Höhe der Mittelgebühr entsteht. Für seine abweichende Ansicht gibt das OLG keine Begründung. Das spricht m.E. dafür, dass man die Problematik gar nicht gesehen und im Kommentar offenbar nicht zu Ende gelesen hat. Um es vorsichtig auszudrücken: Schade.

Der Kampf um den Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt

Im Verkehrsrecht gibt es einen Dauerbrenner: Das ist der Kampf um den Vorsatz bei § 316 StGB. Immer wieder argumentieren die AG, dass (allein) aus der Höhe der BAK auf Vorsatz geschlossen werden kann. Immer wieder lehnen die OLG dies ab, weil es eben einen solchen Erfahrungssatz nicht gibt. So jetzt vor kurzem auch mal wieder das OLG Brandenburg in einem Beschl. v. 10.06.2009, 2 Ss 17/09. Aber ich bin sicher: Der Kampf geht weiter.

Höhere Geldstrafen rücken näher……

Die Frage der höheren Geldstrafen nimmt allmählich Form an. In Zukunft sollen also höhere Tagessätze bei Geldstrafen verhängt werden können. Der Rechtsausschuss stimmte am gestern hne Aussprache einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zu (BT-Drs. 16/11606), die Linksfraktion enthielt sich. nach dem Entwurf sollen zukünftig Tagessätze von bis zu 20.000 Euro verhängen werden können, bislang lag die Obergrenze bei 5.000 Euro. Mit dem Gesetzentwurf wird auf die Entwicklung der Spitzeneinkommen in den vergangenen Jahrzehnten reagiert. Einkommensstarken Tätern solle „ein vergleichbares finanzielles Opfer abverlangt werden „wie einkommensschwachen Tätern, so die Bundesregierung in der Begründung. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung – samt Stellungnahme des Bundesrates und ihrer Gegenäußerung – finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 16/11606 (PDF)

Grundsatzentscheidung zur Strafhöhe bei Steuerhinterziehung

Der BGH hat heute über eine Revision gegen ein Urteil des LG Landshut entschieden. Das LG hatte den Angeklagten, der ein Bauunternehmen als Sub-unternehmer betrieb, u.a. wegen Steuerhinterziehung und Beitragshinterziehung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatte der Angeklagte Revision eingelegt und insbesondere die Strafzumessung gerügt.

Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der Angeklagte seine Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte und demzufolge weder Lohnsteuern noch Sozialabgaben abführte. Er gab auch keine Umsatzsteuererklärungen ab. Zudem unterstützte er die Umsatzsteuerhinterziehung seiner Auftraggeber durch die Beschaffung von Scheinrechnungen, damit diese die an den Angeklagten geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben ansetzen und einen Vorsteuerabzug geltend machen konnten. Der dadurch bewirkte Steuerschaden und die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen jeweils insgesamt fast 1 Mio €.

Der BGH hat die Revision des Angeklagten verworfen und dabei zu zwei Fragen grundsätzliche Ausführungen gemacht:

Bei einer Steuerhinterziehung ist die Höhe des Hinterziehungsbetrags ein Strafzumessungsumstand von besonderem Gewicht. Der Steuerschaden bestimmt daher auch maßgeblich die Höhe der Strafe. Dabei kommt der gesetzlichen Vorgabe des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO indizielle Bedeutung zu, wonach bei einer Hinterziehung in „großem Ausmaß“ in der Regel nur eine Freiheitsstrafe, und zwar von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, angedroht ist. Der BGH hat ausgeführt, dass ein großes Ausmaß – wie bereits zum gleichen Merkmal bei Betrug entschieden – dann vorliegt, wenn der Steuerschaden über 50.000 € liegt. Das bedeutet, dass jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein wird. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Bei der letztgenannten Fallgestaltung (Millionenbetrag) wird auch eine Erledigung im Strafbefehlsverfahren regelmäßig nicht geeignet erscheinen, da hier nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verhängt werden kann.

Die Berechnung der Höhe der Beitragshinterziehung nach § 266a StGB bei Schwarzarbeit richtet sich nach der neuen gesetzlichen Vorgabe in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach gilt die Zahlung des Schwarzlohns nicht mehr wie bisher – für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge – als Bruttolohnabrede, sondern als Nettolohnabrede, mit der Folge, dass das ausbezahlte Arbeitsentgelt zu einem Bruttolohn hochzurechnen ist. Das führt zu der Konsequenz, dass der Hinterziehungsbetrag höher ausfällt als bei Annahme einer Bruttolohnabrede.

Herr Zumwinkel, dessen Verfahren beim LG Bochum am 22.01.2009 beginnt, wird sich über die Vorgaben vom BGH sicherlich nicht freuen.