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StPO III: Ablehnung eines Beweisantrages, oder: Gerichtsbeschluss ist zwingend

Und in der dritten Entscheidung des Tages, dem BGH, Beschl. v. 05.12.2019 – 1 StR 517/19 – geht es um die Bescheidung eines Beweisantrages. Dazu war in der Hauptverhandlung kein Gerichtsbeschlus (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO) ergangen. Das geht icht, sagt der BGH und hebt das LG-Urteil auf. Und es gibt dann auch noch ein paar Ausführungen zur „Unerreichbarkeit“ eines Zeugen:

„1. Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Landgericht den Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin S. nicht beschieden hat (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO). Die Zeugin sollte nach dem Beweisantrag Tatsachen bekunden, die die Einlassung des Angeklagten, er habe eine berechtigte Geldforderung geltend gemacht, stützen sollten.

a) Der fehlende Gerichtsbeschluss konnte nicht durch den in der Hauptverhandlung verlesenen Vermerk des Vorsitzenden vom 3. April 2019 ersetzt werden. Aus diesem Vermerk ergibt sich nur, dass die Zeugin nicht geladen werden konnte, weil sie ausweislich der Mitteilung der Polizei unter der angegebenen Anschrift nicht verzeichnet, dort auch nicht mehr wohnhaft und eine neue Adresse nicht bekannt sei. Auf die Beachtung der zwingenden Vorschrift des § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO können die Prozessbeteiligten auch nicht verzichten (BGH, Beschluss vom 10. Mai 1983 – 5 StR 221/83 Rn. 2; LR/Becker, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 132, jeweils mwN). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte auf die beantragte Beweiserhebung verzichtet oder seinen Beweisantrag ausdrücklich zurückgenommen hat, lassen sich der Sitzungsniederschrift nicht entnehmen. Bei dieser Sachlage beanstandet der Beschwerdeführer zutreffend die Nichtbescheidung seines Beweisantrags (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. März 1999 – 5 StR 566/98 Rn. 2; vom 4. August 1983 – 1 StR 341/83, NStZ 1983, 568 und vom 10. Mai 1983 – 5 StR 221/83 Rn. 2).

b) Auf diesem Verfahrensfehler kann das angefochtene Urteil – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO), zumal sich aus dem vom Vorsitzenden verlesenen Vermerk nicht ergibt, dass die Zeugin unerreichbar war.

Ein Zeuge ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur unerreichbar, wenn der Tatrichter unter Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht alle der Bedeutung des Beweises entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit von dem Gericht als Beweismittel herangezogen werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 2. November 2016 – 2 StR 556/15 Rn. 11 und vom 4. August 1992 – 1 StR 246/92 Rn. 6, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 13 jeweils mwN). Daran fehlt es hier. Aus dem vom Vorsitzenden verlesenen Vermerk lässt sich nicht entnehmen, welche konkreten Prüfungen die ermittelnden Polizeibeamten zur Auffindung der Zeugin unternommen haben. Dass ein Zeuge unbekannt verzogen ist, macht ihn nicht ohne weiteres unerreichbar. Da somit die tatsächlichen Grundlagen für eine ordnungsgemäße Prüfung des Ablehnungsgrundes der Unerreichbarkeit fehlen, kann dies der Senat wegen des fehlenden Gerichtsbeschlusses nach § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO nicht ohne weiteres unterstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 1983 – 5 StR 221/83 Rn. 3).

2. Die begründete Verfahrensrüge gebietet die Aufhebung der Verurteilung des Beschwerdeführers mit den zu Grunde liegenden Feststellungen. Der Senat kann auch mit Blick auf die vom Angeklagten eingeräumte Anwesenheit am Tatort nicht ausschließen, dass im Fall einer verfahrensfehlerfreien Behandlung des Beweisantrags eine Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht erfolgt wäre. Dies gilt hier vor allem auch deshalb, weil bei einer Vernehmung der Zeugin die Einlassung des Angeklagten bestätigt und gleichzeitig die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen in Zweifel hätte gezogen werden können.“

BGH I: Ausschluss der Öffentlichkeit, oder: Wenn ein Gerichtsbeschluss fehlt…

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Heute dann noch einmal drei BGH-Entscheidungen. Und zu denen nur ganz kurz die (amtlichen) Leitsätze. Denn hier ist es zeitlich noch knapp. Ist dann doch noch mehr zu erledigen, als man meint. Umziehen ist schwer :-).

Zunächst daher der Hinweis auf den zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmten BGH, Beschl. v. 09.05.2019 –4 StR 605/18, der sich mit Fragen des Ausschlusses der Öffentlichkeit befasst. Die sind für die Revision ja immer von Bedeutung, weil ggf. ein sog. absoluter Revisionsgrund vorliegt (§ 338 Nr. 6 StPO).

Der BGH meint in dem Beschluss:

Liegen die Voraussetzungen des § 171b Abs. 3 Satz2 GVG vor, stellt das Fehlen eines den Ausschluss der Öffentlichkeit für die Schlussvorträge anordnenden Gerichtsbeschlusses keinen absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 6 StPO dar.

Immer wieder übersehen wird § 238 Abs. 2 StPO…

wenn nicht in der Hauptverhandlung, dann aber häufig im Rahmen der Begründung der Verfahrensrüge. Denn da wird häufig vergessen vorzutragen, dass in der Hauptverhandlung der erforderliche (§ 338 Nr. 8 stPO) Gerichtsbeschluss gem. § 238 Abs. 2 StPO eingeholt wurde. Ergebnis: Die Verfahrensrüge ist nicht zulässig begründet (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

So auch mal wieder in BGH, Beschl. v. 08.06.2011 -1 StR 126/11.

Warum ein Gerichtsbeschluss nach § 251 Abs. 4 StPO erforderlich ist?

Man fragt sich immer wieder, warum eigentlich für die Verlesung nach § 251 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO ein Gerichtsbeschluss erfoderlich ist.

Der BGH hat es in seinem Beschl. v. 10.06.2010 – 2 StR 78/10 gesagt. Das Beschlusserfordernis in § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO soll angesichts der potentiellen Bedeutung der Verlesung für die Zuverlässigkeit der Beweisgewinnung und Rekonstruktion des Tatgeschehens auch gewährleisten, dass das Gericht durch eine gemeinsame Meinungsbildung sowie in seiner Gesamtheit die Verantwortung dafür trägt, ob ausnahmsweise die Einschränkung der Unmittelbarkeit durch den Verzicht auf den Zeugen hinnehmbar ist oder die Aufklärungspflicht die Vernehmung der Beweisperson gebietet.

Also Schutz des Prinzips der Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung.