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Negatives MPU-Gutachten und ausländische EU-Fahrerlaubnis

Offen war bislang noch die Frage der Verwertbarkeit eines nach Erteilung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis erstellten (negativen) MPU-Gutachtens.

Dazu hat das BVerwG im Urt.v. 28.04.2010 – 3 C 20.09 entschieden, dass dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins das Recht aberkannt werden kann, von dieser Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, wenn er der Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hat, in dem unter Berücksichtigung von nach der Fahrerlaubniserteilung liegenden Umständen seine mangelnde Fahreignung festgestellt wird.

Das BVerwG hat damit die Entscheidung des OVG Münster bestätigt.

„Führerscheintourismus“ nach dem 19.01.2009 – Vorsicht

Der Führerscheintourismus“ lässt uns auch nach der 3. Führerscheinrichtlinie und den Gesetzesänderungen zum 19.01.2009 nicht los. Deshalb der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Stuttgart v. 26.05.2010 – 2 Ss 269/10.

Eigentlich kein direkter Fall des Führerscheintourismus, aber dennoch wohl eine Entscheidung, die der Verteidiger in der Beratungspraxis im Auge haben sollte. Das OLG hat nämlich eine Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht beanstandet, wenn ein in Deutschland für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis gesperrter Bürger eine tschechische EU-Fahrerlaubnis (mit eingetragenem tschechischen Wohnsitz) erwirbt, um ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehr in Deutschland zu führen.

Lesens- und beachtenswert.

Die nächste Runde bei der ausländischen Fahrerlaubnis ist eingeläutet – EuGH wird sich freuen

Tja, immer wieder Ärger/Probleme mit der EU-Fahrerlaubnis, und zwar nicht nur mit der nach im Inland im Ausland erworbenen, sondern auch, wenn es um die Umschreibung einer orginären ausländischen Fahrerlaubnis geht. So auch im Fall, der dem Urt. des OLG Koblenz v. 18.03.2010 – 10 A 11244/09.OVG – zugrunde gelegen hat.

In der Entscheidung hat das OLG eine 180°-Grad Wendung gegenüber seiner Rechtsauffassung im Eilverfahren gemacht und sich der Auffassung des VGH Kassel angeschlossen. Danach berechtigt eine von einem EU-Mitgliedstaat erteilte EU-Fahrerlaubnis ihren Inhaber trotz Eintrag eines deutschen Wohnsitzes im Führerscheindokument zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, wenn gegen den Inhaber im Inland noch keine Maßnahme der Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis verhängt wurde. Das sehen die deutschen Behörden (teilweise) anders, womit erneut ein Verstoß gegen die EU-Führerscheinrichtlinie vorliegen dürfte.

In der Frage wird es dann demnächst eine weitere Entscheidung des EuGH geben (der wird sich freuen :-). Denn der Bayerische VGH hat mit Beschl. v. 16. 3. 2010, 11 BV 09.2752 die Frage dem EuGH geschickt. Auf in die nächste Runde.

Ausländische Fahrerlaubnis und Wohnsitz in Deutschland

Immer mal wieder gibt es Entscheidungen zum Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einer ausländischen Fahrerlaubnis. Hier dazu dann auch das OLG Oldenburg im Beschl. v. 06.04.2010 – 1 ss 25/10.

Der Leitsatz:

Ein in Tschechien nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist ausgestellter EU-Führerschein berechtigt jedenfalls dann nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutsch-land, wenn in dem Führerschein als Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben ist. Macht der Angeklagte insoweit einen Verbotsirrtum geltend, so muss in den Urteilsgründen neben seinem konkreten Vorbringen hierzu auch mitgeteilt werden, welches Ergebnis eine dem An-geklagten zugemutete Erkundigung bei einer deutschen Führerscheinbehörden gehabt hätte“.

Der Volltext hier.

BVerwG zum Führerscheintourismus: Überprüfung des Wohnsitzes bei ausländischen EU-Fahrerlaubnissen möglich/zulässig/erforderlich

Seit einigen Jahren ist der Führerscheintourismus ein verkehrsrechtlicher Dauerbrenner. Heute hat sich dann auch das BVerwG damit befasst. Es hat entschieden, dass die deutschen Fahrerlaubnisbehörden dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins das Recht entziehen können, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, wenn Ermittlungen bei den Behörden des Ausstellermitgliedstaates von dort herrührende unbestreitbare Informationen ergeben, dass der Fahrerlaubnisinhaber zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat hatte.

Den Klägern war in der Bundesrepublik Deutschland wegen Verkehrsverstößen ihre deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden. Das für die Wiedererteilung erforderliche medizinisch-psychologische Gutachten legten sie nicht vor. Stattdessen erwarben sie eine Fahrerlaubnis in Polen; in den dort ausgestellten Führerscheinen war jeweils ein Wohnsitz in Polen eingetragen. Nachdem die deutschen Fahrerlaubnisbehörden hiervon Kenntnis erhielten, forderten sie die Kläger auf, zur Beseitigung von fortbestehenden Zweifeln an ihrer Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Als die Kläger dieser Aufforderung nicht nachkamen, wurde ihnen die Befugnis aberkannt, von ihrer polnischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Hiergegen machten die Kläger insbesondere geltend, dass der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz, wonach die von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen sei, schon der Anforderung des Gutachtens, erst Recht aber der nachfolgenden Aberkennungsentscheidung entgegenstehe. In den Vorinstanzen blieben ihre Klagen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidungen maßgeblich darauf gestützt, es sei nach den Angaben der Kläger im Aberkennungsverfahren und den Eintragungen im deutschen Melderegister sicher, dass sie bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis ihren Wohnsitz nicht in Polen, sondern in Deutschland gehabt hätten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Berufungsentscheidungen aufgehoben und die Sachen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Wie der Europäische Gerichtshof mit Beschluss vom 9. Juli 2009 – Rs. C 445/08, Wierer – entschieden hat, kann die Beschränkung einer EU-Fahrerlaubnis nicht darauf gestützt werden, dass sich aus den Angaben des Betroffenen im Aberkennungsverfahren ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ergibt. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Beschluss aber anerkannt, dass die deutschen Verwaltungsbehörden und Gerichte Informationen beim Ausstellermitgliedstaat einholen können. Hierzu besteht Anlass, wenn es ernstliche Zweifel an dem ausländischen Wohnsitz gibt. Teilt der Ausstellermitgliedstaat selbst mit, dass der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht dort hatte, steht das europäische Gemeinschaftsrecht einer Beschränkung der EU-Fahrerlaubnis nicht entgegen. Da das Berufungsgericht hierzu bislang keine Feststellungen getroffen hat, etwa durch Nachfrage bei polnischen Einwohnermeldebehörden, konnte über die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisbeschränkungen noch nicht abschließend entschieden werden.

BVerwG 3 C.15.09 und 16.09 – Urteile vom 25. Februar 2010

Quelle PM 12/2010 des BVerwG v. 25.02.2010