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Auch in Brandenburg darf „videogemessen werden“, sagt das OLG Brandenburg

In der Diskussion um die Vidoemessung hat sich jetzt auch das OLG Brandenburg zu Wort gemeldet. Es sieht in seinem Beschluss v. 22.02.2010 – 1 Ss (OWi) 23 Z/10 § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage an. Messverfahren war das ES 3.0. Die Leitsätze der Entscheidung, die ein Kollege vom OLG Brandenburg mir gerade übersandt hat, lauten:

  1. Gesetzliche Grundlage für die verdachtsabhängige Herstellung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen zur Verfolgung von Geschwindigkeitsüberschreitungen in Bußgeldsachen ist § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.
  2. Der Anfangsverdacht für die Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Auslösung des Messfotos nicht für jedes betroffene Fahrzeug durch den Messbeamten gesondert veranlasst wird, sondern auf einer vorab erfolgten Programmierung des Geschwindigkeitsmessgerätes auf einen bestimmten Grenzwert beruht.
  3. Die Herstellung von Messfotos zur Identitätsfeststellung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten verstößt grundsätzlich nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz (§ 100 h Abs. 1 Satz 1 a.E. StPO), weil die Geschwindigkeitsmessung und lichtbildgestützte Tatfeststellung im standardisierten Verfahren eine bewährte und besonders zuverlässige Möglichkeit zur Ermittlung der Identität der Tatverdächtigen bietet, die durch andere Maßnahmen nicht gleichermaßen gewährleistet und ersetzt werden kann.

Na ja, man kann es auch anders sehen und es wird ja – m.E. zu Recht – teilweise auch anders gesehen. Letztlich wird ein Weg an einer gesetzlichen Grundlage nicht vorbeigehen, wenn man den Wirrwarr und einen weiteren Rechtsprechungsmarathon vermeiden will.

Sehr schön an der Entscheidung ist der Hinweis auf Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 2. Aufl. Es freut dann doch, dass dieses Buch auch bei den OLGs vorhanden ist.

Gerichte lesen Blogs….jedenfalls das OLG Koblenz

Da soll noch mal einer sagen, Gerichte seien nicht fortschrittlich. Diese Behauptung gilt zumindest nicht für das OLG Koblenz, dass sich jetzt in einem Beschluss mit einem Web-Blog-Eintrag auseinandergesetzt hat, in dem zu dem (neuen) Messverfahren ESO 3.0 Stellung genommen worden war. Das OLG Koblenz führt dazu in seinem Beschl. v. 16.10.2009 – 1 SsRs 71/09, den mir der Kollege RiOLG Summa hat zukommen lassen aus:

„Mit seiner Beweisbehauptung, es fehlte „die seit dem 15.04.2008 erforderliche Eichung des Auswerteprogramms“, hat der Betroffene bzw. sein Verteidiger wohl einen missverständlich formulierten und von ihm falsch verstandenen Webblogbeitrag vom  20. August 2008 (http://blog.beck.de/2008/08/19/neue-messtechnik-haben-sie-erfahrungen-mit-es-30 ) aufgegriffen. Richtig ist vielmehr, dass Anwender-Auswerteprogramme wie eso-Digitales II weder eich- noch zulassungspflichtig sind. Mit derartigen Programmen werden an handelsüblichen Computern aus den vom Messgerät gespeicherten fahrzeugbezogenen Falldaten die Beweisfotos hergestellt, die Eingang in die Bußgeldakte finden. Von einem Anwender-Auswerteprogramm zu unterscheiden ist das bei der PTB im Original hinterlegte und mit dem 2. Nachtrag zur Bauartzulassung des Gerätes ES3.0 zugelassene Referenz-Auswerteprogramm esoDigitales II viewer, Version 22.2.5.3. Mit Hilfe dieses Programms, von dem auch eine Kopie bei einer vertrauenswürdigen Stelle (z. B. der Eichbehörde) im Umfeld der Auswertestelle vorhanden sein sollte, kann beispielsweise ein Sachverständiger im Zweifelsfall eine Falldatendatei auf Authentizität und Integrität überprüfen, also die Möglichkeit einer Manipulation zwischen der Speicherung der Falldaten im Messgerät und dem Ausdruck der Beweisfotos in der Auswertestelle verifizieren oder ausschließen. Das Programm wurde am 20. Dezember 2007 von der PTB zertifiziert (PTB-1.32-4031190); die Bekanntmachung erfolgte am 15. April 2008“.

Einfach ist das alles nicht :-).