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StPO I: Fehlender Eröffnungsbeschluss, oder: Verfahrenshindernis

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Heute Verfahrensrecht, aber mal nicht vom BGH, sondern von den OLG.

Und ich starte – quasi zum Warmwerden – dann hier der OLG Köln, Beschl. v. 30.06.2020 – III-1 RVs 127/20. Der Angeklagte ist wegen verschiedener Delikte verurteilt worden. Wegen einer Anklage, die dieser Veruretilung zugrunde liegt, hat das OLG gem. § 206a StPO eingestellt. Es fehlte der Eröffnungsbeschluss:

„1. Hinsichtlich der von der Anklage vom 21. Februar 2019 (332 Js 92/19) erfassten Taten war das Verfahren war gemäß § 206 a StPO einzustellen, weil es an der Ver­fah­rens­vor­aus­setzung eines Er­öffnungsbeschlusses fehlt.

Das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen hat das Revisionsgericht auf die zulässige Revision von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen (BGH NJW 1968, 2253; Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 337 Rdnr. 25 m. w. Nachw.). Wenn diese Prüfung ergibt, dass ein Eröffnungsbeschluss fehlt, zwingt dies zur Einstellung des Verfahrens (BGHSt 10, 278 [279]; BGH StV 1983, 2; BGH NStZ 1986, 276; SenE v. 16.06.2020 – III-1 Rs 120/20; SenE v. 24.10.2000 – Ss 329/00 – = VRS 99, 431 [433] = StraFo 2001, 200; SenE v. 21.01.2003 – Ss 456/02 – = VRS 104, 364 [365] = NStZ 2004, 281; SenE v. 14.11.2003 – Ss 435/03 -; Meyer-­Goß­ner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 203 Rdnr. 4 m. w. Nachw.).

Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den die Anklageschrift der Staatsan­waltschaft Köln vom 21. Februar 2019 ? 332 Js 92/19 ? gegen den Revisionsführer zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde, ist in den Akten nicht vorhanden.

Die fehlende Eröffnungsentscheidung ist auch nicht durch andere Beschlüs­se oder Vorgänge im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens ersetzt wor­den. Zwar kann ein (konkludenter) Eröffnungs­beschluss auch in einer anderen, vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils schriftlich ergangenen Entscheidung gesehen werden, der eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleich­zeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts, zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. BGH, NStZ 1987, 239; BGH, NStZ 1988, 236; BGH, NStZ?RR 2011, 150 m. w. N., zitiert nach juris; Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur SenE v. 16.06.2020 – III-1 RVs 120/20; SenE v.  11.08.2009 ? 81 Ss 35/09; Stuckenberg in LR, StPO, 26. Auflage, § 207 Rdnr. 54).

Vorliegend lassen weder die Übernahme- und Verbindungsentscheidung vom 25. Juni 2019 nebst an den sachverständigen gerichtetem Begleitschreiben (Bl. 167 ff. d. A.) noch die amtsgerichtlichen Verfügungen vom 20. und 30. August 2019 (Bl. 212 ff. und 218 ff. d. A.) noch das Hauptverhandlungsprotokoll vom 26. September (Bl. 234 ff. d. A.) und 7. Oktober 2019 (Bl. 238 ff. d. A.) eine sachliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und Bejahung des hinreichenden Tatverdachts bezüglich der angeklagten Delikte erkennen. Auch der Haftbefehl vom 28. März 2019 betrifft nur die im führenden Verfahren  332 Js 130/19 angeklagten Taten.

Dass der Angeklagte das amtsgerichtliche Urteil nur hinsichtlich der Aussetzungsentscheidung angefochten hat, steht der Einstellung nicht im Wege. Es genügt, wenn das Verfahren nur noch etwa wegen der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung oder einer anderen Nebenfolge rechtshängig ist (OLG Hamburg VRS 107, 449; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 337 Rz. 6 m. N.).

Bei dieser Sachlage verschlägt es auch nichts, dass das Amtsgericht die Verurteilung wegen „Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung“ bei nur einer abgeurteilten Tat zweimal in den Tenor aufgenommen und das Landgericht dies durch die Verwerfung der Berufung ohne klarstellenden Zusatz bestätigt hat.“

Main stream 🙂 .

StPO III: Klassiker Fehlen des Eröffnungsbeschlusses, oder: Einstellung des Verfahrens

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Und als dritte Entscheidung dann der OLG Köln, Beschl. v. 20.03.2029 – III 1 RVs 60/20. Der vom OLG hier gerügte Fehler, der zur Aufhebung geführt hat, nämlich das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses, gehört zu den Fehlern, die man einordnen kann/muss: Kann passieren, darf es aber an sich nicht. Ist an sich ein Klassiker….

Das OLG führt dazu aus:

„Das Rechtsmittel ist in formeller Hinsicht unbedenklich. Es führt zur Verfahrenseinstellung gemäß § 206a StPO, weil es an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses fehlt.

Das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen hat das Revisionsgericht auf die zulässige Revision von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen (BGH NJW 1968, 2253; KK-Kuckein, StPO, 7. Auflage 2013, § 337 Rz. 25 m. w. Nachw.). Wenn diese Prüfung ergibt, dass ein Eröffnungsbeschluss fehlt, zwingt dies zur Einstellung des Verfahrens (BGHSt 10, 278 [279]; BGH StV 1983, 2; BGH NStZ 1986, 276; SenE v. 24.10.2000 – Ss 329/00 – = VRS 99, 431 [433] = StraFo 2001, 200; SenE v. 21.01.2003 – Ss 456/02 – = VRS 104, 364 [365] = NStZ 2004, 281; SenE v. 14.11.2003 – Ss 435/03 -; SenE v. 11.08.2009 – 81 Ss 35/09 -; SenE v. 22.05.2012 – 111-1 RVs 79/12 -; SenE v. 29.06.2016 — III-1RVs 128/16 -; Meyer– GoßnerlSchmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 203 Rdnr. 4 m. w. Nachw.). So verhält es sich hier:

Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den die Anlageschrift der Staatsanwaltschaft Bonn vom 5. Februar 2019 – 554 js 428/18 – gegen den Revisionsführer zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde, ist in den Akten nicht vorhanden.

Die fehlende Eröffnungsentscheidung ist auch nicht durch andere Beschlüsse oder Vorgänge im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens (konkludent) ersetzt worden, denen eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. BGH NStZ 1987, 239; BGH NStZ 1988, 236; BGH NStZ-RR 2011, 150 m. w. N. recherchiert über juris; SenE vom 26.09.2003 – Ss 388/03 – = NStZ-RR 2004, 49 [50] = StV 2005, 121; SenE v. 29.06.2016 — 111- 1 RVs 128/16; SenE v. 25.09.2018 — 111-1 RVs 181/18 -; LR-StPO-Stuckenberg, StPO, 26. Auflage, § 207 Rz. 54).

Die Akten enthalten insoweit zwar eine Verfügung vom 3. April 2019 (BI. 56 d.A.), mit der ein (erster) Termin zur Hauptverhandlung auf den 16. April 2019 anberaumt worden ist. Eine Termins- und Ladungsverfügung als bloße terminsvorbereitende Maßnahme reicht indes als Surrogat für die Eröffnungsentscheidung nicht aus (SenE v. 21.01.2003 – Ss 456/02 – = VRS 104, 364 [365]; SenE vom 03.11.1989 – Ss 547/89; SenE v. 19.03.2013 – 111-1 RVs 43/13; SenE v. 20.05.2014 – 111-1 RVs 72/14 -; vgl. a. OLG Hamm [09.11.99] VRS 98, 199 [201]; OLG Karlsruhe [28.05.03] VRS 105, 345 [346]). Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass laut Protokoll der Hauptverhandlung vom 22. August 2019 (BI. 101 d.A.) der Anklagesatz aus der Anklageschrift „mit der dem Eröffnungsbeschluss vom 03.04.2019 (BI. 56 d.A.) zugrundeliegenden rechtlichen Würdigung“ verlesen worden ist. Dabei handelt es sich offensichtlich um einen irrtümlichen Eintrag. Unter der genannten Blattzahl befindet sich kein entsprechender Beschluss, sondern (allein) die Terminsverfügung.“

StPO I: Vordruck teilweise nicht ausgefüllt, oder: Wirksamer Eröffnungsbeschluss?

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Heute dann dreimal StPO bzw. drei verfahrensrechtliche Entscheidungen.

Und ich beginne die Berichterstattung mit dem BGH, Beschl. v. 19.09.2029 3 StR 229/19. Problematik: Wirksamer Eröffnungsbeschluss, ja oder nein? Der BGH sagt: Hier hat es einen wirksamen Eröffnungsbeschluss gegeben:

„Soweit die Revision die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses bezweifelt, weil der hierzu verwendete Vordruck nicht vollständig ausgefüllt worden ist, liegt ein Verfahrenshindernis, das zur Aufhebung des Urteils und zur Einstellung des Verfahrens nach § 206a StPO führt, nicht vor.

Zur Eröffnung des Hauptverfahrens genügt die schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1999 – 2 StR 376/99, NStZ 2000, 442 f.). Deshalb muss das den Eröffnungsbeschluss enthaltende Schriftstück aus sich heraus oder in Verbindung mit anderen Urkunden oder Aktenbestandteilen eindeutig erkennen lassen, dass der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Dezember 1999 – 2 Ws 358/99 u.a., NStZ-RR 2000, 114 mwN; LR/Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 207 Rn. 34). Dabei ist die Verwendung von Vordrucken grundsätzlich zulässig. Sie müssen aber eindeutig abgefasst sein (OLG Düsseldorf aaO; OLG Koblenz, Beschluss vom 4. März 2009 – 1 Ss 13/09, NStZ-RR 2009, 288; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. Januar 2012 – 1 Ss 59/11, StV 2012, 460, 461; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 207 Rn. 8; LR/Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 207 Rn. 34). Ein Vordruck, in dem weder die Anklage konkretisiert noch der Angeschuldigte bezeichnet ist, enthält in der Regel keinen wirksamen Eröffnungsbeschluss (OLG Koblenz aaO; OLG Zweibrücken aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 207 Rn. 8).

Danach war der Eröffnungsbeschluss hier wirksam. Zwar sind in dem von drei Richtern unterzeichneten Vordruck, mit dem die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet worden ist, wesentliche Rubriken nicht ausgefüllt, die in dem dem Angeklagten zugestellten Eröffnungsbeschluss offensichtlich von der Geschäftsstelle ergänzt worden sind. So ist hinsichtlich des Angeklagten lediglich der Name angegeben. Geburtsdatum sowie Geburts- und Wohnort fehlen. Ebenso ist das Datum der Anklage nicht aufgeführt. Gleichwohl ist – auch unter Außerachtlassung der durch die Geschäftsstelle vorgenommenen Ergänzungen (vgl. insoweit OLG Koblenz aaO; OLG Zweibrücken aaO) – den Anforderungen an einen wirksamen Eröffnungsbeschluss bereits mit dem richterlich unterzeichneten Vordruck Genüge getan. Denn dieser hat immerhin den Namen des Angeklagten sowie – mit der Bezeichnung der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft sowie des Js-Aktenzeichens – eine ausreichende Bezeichnung der Anklage enthalten, so dass deutlich geworden ist, in welchem Verfahren die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet werden sollte.“

Neuer Klassiker, oder: Eröffnung des Verfahrens in der Hauptverhandlung

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Manche, in meinen Augen eindeutige, Fragen entwicklen sich zum Dauerbrenner/Klassiker. So ist es m.E. mit der Frage nach der Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses, wenn in der Hauptverhandlung beim LG vom Gericht noch ein Verfahren „übernommen“ wird, das nicht bereits eröffnet ist. Dann wird in der Hauptverhandlung eröffnet, und zwar häufig dann – wenn in reduzierter Besetzung verhandelt wird – nur durch die beiden Berufsrichter und die beiden Schöffen. Der so erlassene Eröffnungsbeschluss ist aber nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam. Dazu gibt es einiges an Rechtsprechung des BGH aus der letzten Zeit, die sich mit der Frage befasst, so dass ich mich frage: Wie kann es eigentlich noch immer wieder zu diesem Fehler kommen?

Zuletzt hat der BGH die Problematik noch einmal im BGH, Beschl. v. 21.09.2017 – 2 StR 327/17 – behandelt.

1. Hinsichtlich des Tatvorwurfs des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen ist das Verfahren einzustellen, da es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.

a) Die Staatsanwaltschaft erhob wegen des Tatvorwurfs des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 22 Fällen am 30. Januar 2017 Anklage zum Amtsgericht Gera. In der Hauptverhandlung vom 30. März 2017, in der die Ju-gendkammer mit zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt war, übernahm sie das beim Amtsgericht Gera im Zwischenverfahren anhängige Verfahren. Gleichzeitig beschloss sie in der Hauptverhandlung, die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 30. Januar 2017 zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren vor der „2. Großen Strafkammer“ des Landgerichts Gera zu eröffnen. Darüber hinaus legte sie fest, in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen zu verhandeln. Ferner verband sie das übernommene Verfahren zu dem bei ihr geführten Verfahren. Später beschränkte sie gemäß § 154 Abs. 2 StPO das Verfahren zu diesem Tatkomplex auf die letztlich ausgeurteilten zwölf Fälle.

b) Der Eröffnungsbeschluss vom 30. März 2017 ist unwirksam. Insoweit besteht ein Verfahrenshindernis, das zur Einstellung zwingt.

Für die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist die Strafkammer in der Besetzung zuständig, die außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden hat, also mit drei Berufsrichtern (§ 76 Abs. 1, 1. Halbs. GVG). Schöffen können am Eröffnungsbeschluss nicht mitwirken, da sie mangels Aktenkenntnis nicht das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne von § 203 StPO beurteilen können. Auch dann, wenn eine zunächst unterbliebene Eröffnungsentscheidung erst in der Hauptverhandlung nachgeholt werden soll, muss die Strafkammer in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung ent-cheiden (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 20. Mai 2015 – 2 StR 45/14, BGHSt 60, 248, 250 mwN). Entscheidet sie in einer Besetzung, die für die Beurteilung der Voraussetzungen generell ungeeignet ist, liegt ein Verfahrensfehler vor. Der Eröffnungsbeschluss einer Strafkammer, der nur von zwei statt von drei Berufsrichtern unter Mitwirkung der Schöffen gefasst wurde, ist daher unwirksam (Senat, Urteil vom 20. Mai 2015 – 2 StR 45/14, aaO).

Es mangelt an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Kammer hat die Eröffnung des Verfahrens wegen des Tatvorwurfs des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in 22 Fällen in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern unter Mitwirkung der Schöffen beschlossen. Mangels wirksamen Eröffnungsbeschlusses, der den Prozessgegenstand bestimmt und die Zuständigkeit des Gerichts festlegt, fehlt eine Prozessvoraussetzung für das Hauptverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1980 – StB 29-31/80, BGHSt 29, 351, 354). Das Verfahren war einzustellen (§ 206a Abs. 1 StPO), soweit es von diesem Mangel betroffen ist.“

 

Klassiker: Verbindung ist nicht Eröffnung des Verfahrens, oder: Prüfen

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Die 41.KW eröffne ich heute mit zwei Entscheidungen zum Eröffnungsbeschluss bzw. zum Eröffnungsverfahren, das passt ganz gut zum Wochenanfang 🙂 . Bei der ersten Entscheidung handelt es ich um den BGH, Beschl. v. 16.08.2017 – 2 StR 199/17. Er behandelt den Klassiker: Eröffnung des Verfahrens ohne Eröffnungsentscheidung? Dabei handelt es sich um ein Problem, mit dem sich die Revisionsgerichte immer wieder befassen müssen.

In dem vom BGH entschiedenen Fall war wegen eines Tatvorwurfs vom 10.05.2016 von der Staatsanwaltschaft am 15.08.2016 Anklage zum LG Aachen erhoben worden. Am 30.08.2016 übersandte das AG Düren das dort noch im Zwischenverfahren anhängige Verfahren wegen eines Tatvorwurfs vom 15.02.2016 an das LG Aachen zur „Prüfung einer Übernahmebereitschaft“. Am 16.09.2016 beschloss das LG Aachen, die Anklage der Staatsanwaltschaft Aachen vom 15.08.2016 betreffend die Tat vom 10.05.2016 zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren gegen den Angeklagten vor der 2. großen Strafkammer des LG zu eröffnen. Ferner beschloss es, die Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen durchzuführen sowie den Haftbefehl in Verbindung mit dem Haftverschonungsbeschluss gegen den Angeklagten wegen der Tat vom 10.05.2016 aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus verband es das vom AG Düren übersandte Verfahren wegen der Tat vom 15.02.2016 zu dem bei ihm geführten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Die dem Verfahren beim AG Düren zugrunde liegende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aachen vom 06.04.2016 findet in dem Eröffnungsbeschluss der Strafkammer keine Erwähnung. Insoweit ist auch später keine Eröffnungsentscheidung ergangen.

Der BGH sagt dazu:

„2. Damit fehlt es hinsichtlich der Tat vom 15. Februar 2016 an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Eröffnungsentscheidung der Strafkammer vom 16. September 2016 bezog sich ausdrücklich nur auf die Anklage zur Tat vom 10. Mai 2016. Der von der Strafkammer gleichzeitig beschlossenen Übernahme und Hinzuverbindung des noch im Zwischenverfahren befindlichen amtsgerichtlichen Verfahrens kann nicht die Bedeutung einer konkludenten Eröffnung des Hauptverfahrens beigemessen werden.

Zur Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 203 StPO genügt zwar auch eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen (BGH, Beschluss vom 4. August 2016 – 4 StR 230/16, NStZ 2016, 747; Senat, Beschluss vom 17. Dezember 1999 – 2 StR 376/99, NStZ 2000, 442, 443 mwN). Dennoch bedarf es im Hinblick auf die Bedeutung des Eröffnungsbeschlusses als Grundlage des Hauptverfahrens regelmäßig einer schriftlichen Niederlegung der Entscheidung. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es erforderlich, dass die Urkunde aus sich heraus und in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass die zuständigen Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen haben (Senat, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 StR 29/15, StV 2015, 740; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 3 StR 484/10, BGHR StPO § 207 Beschluss 1). Die von der Strafkammer mit demselben Beschluss herbeigeführte Verbindung des amtsgerichtlichen Verfahrens wegen des Tatvorwurfs vom 15. Februar 2016 hat nicht die Wirkung eines Beschlusses über die Zulassung der in dem übernommenen Verfahren erhobenen Anklage und über die Eröffnung des Hauptverfahrens. Denn dem Verbindungsbeschluss ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, dass das Landgericht hinsichtlich der übernommenen Anklage die  Eröffnungsvoraussetzungen geprüft und angenommen hat (vgl. zur ähnlichen Fallkonstellation BGH, Beschluss vom 9. Januar 1987 – 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; Beschluss vom 11. Januar 2011 – 3 StR 484/10, NStZ-RR 2011, 150; BayObLG, Urteil vom 5. August 1997 – 2 St RR 154/97, NStZ-RR 1998, 109).

Die Entscheidung der Strafkammer über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls in dem bei ihr angeklagten Verfahren vermag den fehlenden Eröffnungsbeschluss ebenfalls nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 1998 – 4 StR 606/97, NStZ-RR 1999, 14, 15), da die Aufrechterhaltung des Haftbefehls lediglich den Tatvorwurf vom 10. Mai 2016 betrifft.

Eine Eröffnung des Hauptverfahrens ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Hauptverhandlung vom 16. Januar 2017 beide Anklageschriften unbeanstandet verlesen und der Vorsitzende auch hinsichtlich der Anklageschrift vom 6. April 2016, betreffend den Tatvorwurf vom 15. Februar 2016, irrtümlich festgestellt hat, dass diese durch Beschluss der Strafkammer vom 16. September 2016 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der 2. Strafkammer eröffnet worden sowie eine Verbindung zu dem zuvor beim Landgericht geführten Verfahren erfolgt sei. Die Dokumentation einer grundsätzlich möglichen Nachholung des Eröffnungsbeschlusses in der Hauptverhandlung scheitert hier bereits daran, dass die Strafkammer lediglich mit zwei Berufsrichtern verhandelte. Eine Eröffnungsentscheidung ist indes durch die Strafkammer in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, also mit drei Berufsrichtern ohne Schöffen, zu treffen (BGH, Beschluss vom 29. September 2011 – 3 StR 280/11, NStZ 2012, 225, 226, Urteil vom 25. Februar 2010 – 4 StR 596/09, juris, Rn. 12).E

Ich kann dem (Revisions)Verteidiger nur empfehlen, die Frage eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses in seine „Checkliste“ aufzunehmen. Das Vorliegen eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses ist zwar eine von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung. Man sollte die Frage als Verteidiger aber dennoch prüfen und ggf. auch rügen. Dann wird das bei Fehlen einer Eröffnungsentscheidung nicht behebbare Verfahrenshindernis nicht „übersehen“.