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Ergänzende Verlesung von Protokollen?, oder: Zulässig nur bei richterlicher Vernehmungen

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In der Hauptverhandlung werden nicht selten/gern Protokolle von früheren Vernehmungen verlesen. So auch in einem Verfahren beim LG Hagen, das dann die Angeklagten u.a. wegen Bandendiebstahls verurteilt hat. In der Hauptverhandlung sind  „ergänzend zu der umfassenden Vernehmung der Vernehmungsbeamten zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten, Tatorte, Geschehensabläufe und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ zwei Niederschriften über polizeiliche Vernehmungen des Angeklagten T. und „ergänzend zur Vernehmung des Vernehmungsbeamten KOK Kö. zur Erfüllung ihrer Sachaufklärungspflicht zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ auch die Niederschrift der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten K. verlesen“ worden. Das wird mit der Verfahrensrüge beanstandet. Der BGH sagt im BGH, Beschl. v. 23.05.2018 – 4 StR 584/17 -, zu Recht:

„1. Die Revisionen der Angeklagten T. , W. und K. beanstanden mit Recht die Verlesung der Protokolle der polizeilichen Vernehmungen der Angeklagten T. und K. unter Verstoß „gegen §§ 254, 250 StPO“.

Die Kammer hat „ergänzend zu der umfassenden Vernehmung der Vernehmungsbeamten zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten, Tatorte, Geschehensabläufe und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ zwei Niederschriften über polizeiliche Vernehmungen des Angeklagten T. und „ergänzend zur Vernehmung des Vernehmungsbeamten KOK Kö. zur Erfüllung ihrer Sachaufklärungspflicht zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO“ auch die Niederschrift der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten K. verlesen. Eine solche Verlesung lässt das Gesetz aber nur bei Niederschriften über die richterliche Vernehmung des Beschuldigten zu (§ 254 StPO). Die Verlesung ist ausdrücklich nicht zum Zwecke des Vorhalts an die Vernehmungsbeamten oder an den in der Hauptverhandlung abweichend aussagenden Angeklagten T. erfolgt. Danach war die Verwertung der im Urteil in indirekter Rede wiedergegebenen Angaben, die der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte K. und der Angeklagte T. jeweils bei der Polizei gemacht haben, unzulässig (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 1960 – 5 StR 168/60, BGHSt 14, 310 ff.; vom 28. Juni 1995 – 3 StR 99/95, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 4; Beschluss vom 23. August 1994 – 5 StR 447/94, NStZ 1995, 47; OLG Köln, Beschluss vom 3. Juni 1982 – 1 Ss 323/82, StV 1983, 97).

Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass der Tatrichter sich bei seiner Überzeugungsbildung neben den weiteren Beweisergebnissen auch von den fehlerhaft berücksichtigten polizeilichen Einlassungen der Angeklagten hat leiten lassen. Dies nötigt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.“