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Der entkleidete Gefangene, oder: Guantanamo ist wohl doch überall

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Die vorhin gestellte Frage, warum manche Dinge erst vom OLG entschieden werden (vgl: Die Besuchserlaubnis für die (mitangeklagte) Verlobte – warum erst vom OLG?), kann man noch toppen und fragen: Und warum ist manches so schwierig (?), dass erst das BVerfG die Lösung findet oder, um es salopp auszudrücken: Ran muss und dem jeweiligen Betroffenen zu seinem Recht verhelfen muss, obwohl die Lösung an sich auf der Hand liegen müsste. Ein Paradebeispiel ist dafür der BVerfG, Beschl. v. 05.03.2015 – 2 BvR 746/13, den man unter die Überschrift einordnen kann: Guantanamo ist wohl überall. Aufmerksam gemacht worden bin ich auf die Entscheidung in Zusammenhang mit dem Posting Causa Middelhoff, oder: Guantanamo ist vielleicht gar nicht so weit weg. Besten Dank an den „Informanten“.

Und es stimmt: Es ist nicht weit weg, sondern die Geschichte spielt in der JVA Gera, also in Thüringen. Der Gefangene, der dann später Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, war bis April 2014 in der JVA Mannheim inhaftiert. Am 06. 09. 2011 wurde er für eine Zeugenvernehmung in einem Verfahren vor dem AG Altenburg in die JVA Gera überstellt. Während der Zeit in der JV Gera erhielt er Besuch von seiner Großmutter. Jeweils kurz vor der Besuchsdurchführung und vor der Vorführung bei Gericht durchsuchten ihn Beamte der JVA. Nach seinen Angaben musste er sich bis auf die Unterhose ausziehen und seine Kleidung zur Kontrolle an einen Beamten weiterreichen. Danach musste er die Arme heben. Schließlich wurde er aufgefordert, die Unterhose herunterzuziehen, so dass seine unverdeckten Genitalien und nach einer Drehung auch seine unverdeckte Rückenansicht in Augenschein genommen werden konnten. Der Gefangene hat dann gegenüber dem Leiter der JVA beanstandet, dass er vor der Besuchsdurchführung einer mit Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung unterzogen worden sei. Für die Durchsuchung sei ihm kein Grund genannt worden. Auch sei ihm auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass eine einzelfallbezogene Anordnung des Anstaltsleiters nicht vorliege. Vielmehr würden Durchsuchungen vor und nach jedem Kontakt mit Besuchern aufgrund einer allgemeinen Anordnung des Anstaltsleiters vorgenommen. Das BVerfG habe jedoch entschieden, dass eine Anordnung auf der Grundlage des § 84 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StVollzG jedenfalls nicht zur Durchsuchung aller oder fast aller Gefangenen vor jedem Besuchskontakt und damit nicht zu einer Durchsuchungspraxis führen dürfe, die das Strafvollzugsgesetz aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich nur in den Konstellationen des § 84 Abs. 3 StVollzG erlaube.

Und dann geht es los: Die Thüringer Justiz – das LG Gera – war der Auffassung, eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung liege nicht vor, wenn der Gefangene zwar seine Kleidung komplett ablegen, seine Unterhose indes „lediglich herunter-, aber nicht vollständig ausziehen“ müsse. Dass der Gefangene hierbei „vorübergehend unbekleidet“ sei, sei unerheblich. Denn eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung sei nur dann gegeben, „wenn der Bedienstete der Anstalt nach der Entkleidung den Gefangenen zunächst auffordere, die Arme zu heben, sich zu bücken, den Mund zu öffnen, sich zu drehen, sich in die Ohren oder Nase blicken zu lassen, den Kopf zu senken und die Haare zu schütteln“. Der Prozessbevollmächtigte des Gefangenen findet das „kreativ“ und geht zum OLG, wo aber aus formalen Gründen die Rechtsbeschwerde scheitert und PKH abgelehnt wird.

Das sieht dann das BVerfG anders und schreibt mit einem schönen Gruß an das OLG Jena:

„Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stelle eine unzulässige Verkürzung des Rechtswegs dar. Bei der in Streit stehenden Untersuchungspraxis der Thüringer Justizbehörden handele es sich zweifelsfrei um eine rechtswidrige Anwendung materiellen Strafvollzugsrechts bei der Auslegung des § 84 StVollzG. Dies sei ein schwerer Rechtsfehler, der die Rechtsbeschwerde zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zulässig mache. Für die Intensität des Grundrechtseingriffs mache es keinen Unterschied, ob die Entkleidung Zweck oder Folge der Maßnahme der Justizvollzugsanstalt sei.“

Und in der Sache. Nun, das BVerfG setzt das „Kreativität“ des LG Grenzen und sieht die Rechte des Verurteilten verletzt, denn:

„….Jedenfalls die explizite visuelle Kontrolle des Körpers des Gefangenen muss jedoch für die Bejahung einer ‚körperlichen Durchsuchung‘ im Sinne des § 84 Abs. 2 StVollzG ausreichen. Zudem ist § 84 Abs. 2 StVollzG hinsichtlich des Entkleidungsgrades mindestens dann einschlägig, wenn die Genitalien des Gefangenen – unabhängig von der zeitlichen Dauer – entblößt werden müssen, da die visuelle Kontrolle dieser Körperteile durch Andere eine der schwerwiegendsten, mit einer Entkleidung verbundenen Beeinträchtigungen des menschlichen Schamgefühls darstellt….

c) Mit der Annahme, eine körperliche Durchsuchung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVollzG liege nur dann vor, wenn der Bedienstete der Anstalt nach der Entkleidung den Gefangenen zunächst auffordere, die Arme zu heben, sich zu bücken, den Mund zu öffnen, sich zu drehen, sich in die Ohren und Nase blicken zu lassen, den Kopf zu senken und die Haare zu schütteln, hat das Landgericht diesen eindeutigen Sinn der vom Gesetzgeber getroffenen differenzierten, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten Regelung verkannt. Auch die Annahme, es handele sich jedenfalls – selbst wenn der Beschwerdeführer seine Unterhose herunterziehen müsse und seine unbedeckten Genitalien und seine unbedeckte Rückenansicht kontrolliert würden – nicht um eine mit Entkleidung verbundene Durchsuchung im Sinne von § 84 Abs. 2 StVollzG, lässt sich mit den dargestellten Grundsätzen nicht vereinbaren und die verfassungsrechtlich gebotene Beachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers vermissen. Die vom Landgericht ebenfalls zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Umstände, dass weder Unbefugte im Untersuchungsraum anwesend gewesen seien noch Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass der Beschwerdeführer willkürlich oder diskriminierend behandelt worden sei, sind zwar notwendige, jedoch in keiner Weise hinreichende Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der erfolgten Durchsuchung.“

Und was sagt man nun dazu, wenn man die Worte wieder gefunden hat? Einmal: Warum erst das BVerfG? Und: Unerklärlich/unfassbar, dass nicht nur die JVA, sondern auch das LG, das OLG und das Justizministerium Thüringen die vom BVerfG als unhaltbar angesehene Rechtsauffassung bis zum Schluss hartnäckig vertreten und verteidigt haben! Und zum Schluss: Guantanamo ist wohl doch überall.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie bekomme ich die Teilnahme an einer Durchsuchung bezahlt?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Am vergangenen Freitag ging es um die Frage: Ich habe da mal eine Frage: Wie bekomme ich die Teilnahme an einer Durchsuchung bezahlt?. Die Frage wird so oder ähnlich häufiger gestellt, scheint also in der Praxis Bedeutung zu haben. Allerdings:

Ich musste den Kollegen enttäuschen. Es gibt für diese Tätigkeiten keine besondere Gebühr(en), sondern sie werden über die jeweilige Verfahrensgebühr (mit)abgegolten. Ist leider so, aber lässt sich nicht ändern.

Ich habe dem Kollegen vorgeschlagen, es mal mit einer analogen Anwendung der Nr. 4102 VV RVG zu versuchen. Einige Gerichte lassen ja deren analoge Anwendung auf nicht in der Nr. 4102 VV RVG geregelte Termine zu (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff RVGreport 2014, 250). Aber die h.M. – zu der ich auch gehöre – lehnt das – m.E. zutreffend – ab, da es sich bei der Nr. 4102 VV RVG um eine Ausnahmeregelung handelt, die nicht nicht analog anwendbar ist. Diese Stelle ist sicherlich eine Baustelle im RVG, an der dann mal nachgebessert werden müsste. Denn es gibt ja außer der Teilnahme an einer Durchsuchung sicherlich auch noch andere Termine, die honoriert werden müssten, wie z.B. ein Termin nach § 202a StPO. Aber auch dafür gibt es kein „besonderes Geld“ (vgl. zuletzt OLG Köln, Beschl. v. 23.07.2014 – 2 Ws 416/14).

Ach so: Wenn der Kollege Pflichtverteidiger ist/war, dann kann er es mit einem Pauschgebührenantrag nach § 51 RVG versuchen. Aber auch das ist nicht einfach.

Ich habe da mal eine Frage: Wie bekomme ich die Teilnahme an einer Durchsuchung bezahlt?

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Ein Kollege hatte neulich eine ganz interessante Frage, die so oder ähnlich schon häufiger an mich herangetragen worden ist. Und zwar:

Sehr verehrter Herr Kollege Burhoff,
 
gibt es für eine dreistündige Durchsuchung, die im Hauptverhandlungstermin angeordnet wurde und im unmittelbaren Anschluss (Hauptverhandlung unterbrochen) stattfand und für die in einem weiteren Termin nach Freispruch dem Grunde nach eine Entschädigung zugesprochen wurde, für den an der Durchsuchung teilnehmenden Verteidiger keine andere Möglichkeit der Honorarberechnung als nach Nr. 4106 VV RVG (Burhoff: RVG, Vorbemerkung 4, Katalog der von der Verfahrensgebühr erfassten Tätigkeiten: Teilnahme an Durchsuchungsmaßnahmen) = bis 290,00 EUR?“

Nun, wer hat eine Idee/einen Lösungsvorschlag?

Kein „Dammbruch“ nach der Edathy-Entscheidung des BVerfG – und das ist gut so

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Von meinem „Urteilsdealer des Vertrauens“ – so nennt sich der Kollege Garcia selbst – bin ich auf den LG Regensburg, Beschl. v. 10.10.2014 – 2 Qs 41/14 hingewiesen worden. Der ist aufgrund einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft Regensburg gegen die Ablehnung der Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung in einem Verfahren wegen des Verdacht des Erwerbs und Besitzes (anderer) kinder- oder jugendpornografischer Schriften gem. §§ 184b, c StGB ergangen.  Nach den Ergebnissen von Ermittlungen des BKA, der GStA Frankfurt am Main sowie der StA Regensburg bestand gegen den Beschuldigten der Verdacht, dass er am 29.07.2010 über die Internetseite www.a….de von der Fa. X die Bildserie „… PHOTOS“ zum Download gegen einen Kaufpreis von 6,95 US-Dollar (5,33 Euro) bezog hat. Er benutzte dabei seine Klarpersonalien, die E-Mailadresse „K…@…“ und seine Kreditkarte. Die Bildserie zeigt nackte Kinder, zählt aber nach Beurteilung aller drei Ermittlungsbehörden zu der so genannten „Kategorie II“ (nichtpornografische Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen)“. Die Fa. X vertrieb aber auch umfangreiches strafbares kinder- und jugendpornografisches Material („Kategorie I“).

Dem AG und auch dem LG reicht das für die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht aus:

Gegenwärtig erkennt die Kammer bereits keine Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte eine bestimmte Straftat begangen hat.

Erlaubtes Verhalten kann zwar nach der Überzeugung der Kammer bei der für die Beurteilung des Tatverdachts nötigen Gesamtabwägung durchaus im Einzelfall ein Indiz darstellen. Es kann jedoch für sich alleine genommen regelmäßig keine Grundlage für die Annahme einer für eine Wohnungsdurchsuchung ausreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 102 StPO sein.

Würde man nämlich – auch ggf. unter Beachtung kriminalistischer Erfahrungssätze oder sonstiger allgemeiner Überlegungen – alleine aus erlaubtem Verhalten die Wahrscheinlichkeit zusätzlichen verbotenen Tuns ableiten, so missachtete man die vom Gesetzgeber vorgegebene Grenze zwischen Erlaubtem und Verbotenem6 und eröffnete die Möglichkeit von nahezu unbeschränkten Grundrechtseingriffen.

Häufig werden sich nämlich Korrelationen zwischen erlaubtem und verbotenem Handeln finden (oder konstruieren) lassen……

So mag es durchaus der kriminalistischen Erfahrung entsprechen, dass Drogenabhängige in ihrer Wohnung Betäubungsmittel im Sinne des BtMG vorrätig halten und zugleich neben ihrem Betäubungsmittelkonsum auch Alkohol missbrauchen. Dennoch darf aus einem übermäßigen Alkoholkonsum nicht der Tatverdacht eines unerlaubten Besitzes von Betäubungsmittel gezogen werden.

Ebenfalls finden sich im Haushalt von „Waffennarren“, die sich des Besitzes einer Waffe entgegen § 2 Abs. 1 oder 3 WaffG schuldig gemacht haben, nicht selten so genannte (erlaubte) Dekowaffen. Dennoch darf aus dem Erwerb einer solchen Dekowaffe nicht der Tatverdacht eines unerlaubten Besitzes von verbotenen Waffen gezogen werden.

Nichts anderes kann in den Fällen gelten, in welchen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Veranlagung handeln. Pädophil veranlagte Menschen haben sich diese Veranlagung nicht ausgewählt. Pädophilie lässt sich nach gegenwärtigem Wissenstand nicht heilen. Sie ist per se auch nicht strafrechtlich relevant.

Die derzeitige Gesetzeslage erlaubt es pädophil veranlagten Menschen, ihren Sexualtrieb durch Selbstbefriedigung7 auch mit Hilfe von Bildmaterial der so genannten „Kategorie II“ auszuleben.

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in dem Fall des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy die Anordnung der Durchsuchung der Wohnung als verfassungsgemäß beurteilt hat.

 Insoweit führte das Bundesverfassungsgericht nämlich gerade aus:

 „Soweit der Beschwerdeführer meint, die angegriffenen Beschlüsse gingen – weil derartige weitere Anhaltspunkte vorliegend nicht gegeben seien – von der Prämisse aus, dass ein Anfangsverdacht auch an ein ausschließlich legales Verhalten des Beschuldigten ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte anknüpfen könne, führt dies nicht zur Annahme der Verfassungsbeschwerde. Denn eine derartige Prämisse haben die Fachgerichte ihren Beschlüssen nicht zugrunde gelegt.“

 Damit sagt das Bundesverfassungsgericht folglich gerade nicht, dass ein Tatverdacht alleine aus straflosem Verhalten begründet werden könne.

Lesenswert, auch wegen des Umgangs des LG mit den von der StA angeführten Indizien, mit denen die StA einen für die Anordnung ausreichenden Tatverdacht begründen wollte.

Fazit: Wenn man also gedacht hatte, nach der Entscheidung des BVerfG im Fall Edathy (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.08.2014 – 2 BvR 969/14 und dazu Neues von Edathy: Niederlage in Karlsruhe beim BVerfG) würden dann jetzt in vergleichbaren Fällen alle Dämme brechen, der hat sich geirrt. Und das ist im Hinblick auf Art. 13 GG gut so. Und das bei einem bayerischen AG/LG. Wer hätte das gedacht….?

„Die Revision der Staatsanwaltschaft …. wird verworfen“, mit Lerneffekt

© Dan Race - Fotolia.com

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„Die Revision der Staatsanwaltschaft …. wird verworfen“, ja, wann liest man das schon mal? Sicherlich nicht so häufig wie die Verwerfung der Revision von Angeklagten, was u.a. damit zu tun haben dürfte, dass die Staatsanwaltschaften nicht so häufig Revision einlegen und dann auch zusätzlich noch viele der StA-Revisionen es gar nicht bis zum BGH schaffen, da sie ja erst noch durch den Filter GStA/GBA müssen. Aber hin und wieder liest man es doch und dann ist die BGh-Entscheidung, so wie der BGH, Beschl. v. 10.07.2014 – 3 StR 140/14 -, m.E. ein Posting wert, zumal wenn der GBA die „Revision auch vertreten“ hat. Aber nicht nur deshalb, sondern: Man kann auch aus den Fehlern anderen Verfahrensbeteiligter lernen und sie selbst vermeiden 🙂 .

In der Sache geht es um einen Teilfreispruch vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Von diesem Vorwurf hat das LG den Angeklagten mit der Begründung freigesprochen, zu den sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot. Dagegen hatte sich die Staatsanwaltschaft mit der Verfahrensrüge gewandt und die unzulässige Ablehnung mehrerer Beweisanträge gerügt. Die Rüge war aber nicht entsprechend § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt (hört, hört, passiert also auch Staatsanwälten und nicht nur Verteidigern!!!):

„2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.

a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.

aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 – 3 StR 63/10 juris Rn. 10).

bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.

Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Ge-richt das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein „kurzer Hinweis“ genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).

Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden, es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne „qualifizierte“ Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, – anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat – nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 – 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).

b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).

Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:..“

Und dann führt der BGH aus, was er gerne haben/lesen möchte = was vorgetragen werden muss(te), nämlich alles das, aus dem sich ergibt, ob die „Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war“. Das ist das gesamte Geschehen um die Durchsuchung – „Gefahr im Verzug?“ , und alle Umstände, die im konkrten Fall ggf. zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Daran hat es gefehlt und daher war die Verfahrensrüge unzulässig.