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Abo-Falle im Internet – Betrug, hier ist der Volltext des BGH

© Dan Race - Fotolia.com

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Es ist ja schon einige Zeit her, dass das BGH, Urt. v. 05.03.2014 – 2 StR 616/12 – die „Blognachrichten“ beherrscht hat. Seitdem, also seit gut vier Monaten, warte ich auf den Volltext, aber es hat eben gedauert. Nun, manches geht dann auch wohl beim BGH nicht so schnell, oder: Gut Ding (?), will Weile haben. Jedenfalls ist jetzt der Volltext da und man kann auf den 25 Seiten nachlesen, warum der BGH in den Fällen von einem versuchten Betrug ausgegangen ist.

Zur Erinnerung (aus der PM des BGH – wie soll man sonst 25 Seiten hier darstellen 🙂 ): Nach den Feststellungen des LG hatte der Angeklagte verschiedene kostenpflichtige Internetseiten betrieben, die jeweils ein nahezu identisches Erscheinungsbild aufwiesen, u.a. einen sog. Routenplaner. Dessen Inanspruchnahme setzte voraus, „dass der Nutzer zuvor seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift und E-Mail-Adresse sowie sein Geburtsdatum eingab. Aufgrund der vom Angeklagten gezielt mit dieser Absicht vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Die Betätigung der Schaltfläche „Route berechnen“ führte nach einem am unteren Seitenrand am Ende eines mehrzeiligen Textes klein abgedruckten Hinweis zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements, das dem Nutzer zum Preis von 59,95 € eine dreimonatige Zugangsmöglichkeit zu dem Routenplaner gewährte. Dieser Fußnotentext konnte in Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung erst nach vorherigem „Scrollen“ wahrgenommen werden.“

Der BGH ist von versuchtem Betrug ausgegangen – aus der PM:

Er hat ausgeführt, dass durch die auf Täuschung abzielende Gestaltung der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung gezielt verschleiert worden sei. Dies stelle eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar. Die Erkennbarkeit der Täuschung bei sorgfältiger Lektüre schließe die Strafbarkeit nicht aus, denn die Handlung sei gerade im Hinblick darauf unternommen worden, die bei einem – wenn auch nur geringeren – Teil der Benutzer vorhandene Unaufmerksamkeit oder Unerfahrenheit auszunutzen.

Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Die Richtlinie führe jedenfalls hier nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes.

Auch ein Vermögensschaden sei gegeben. Dieser liege in der Belastung mit einer bestehenden oder auch nur scheinbaren Verbindlichkeit, da die Gegenleistung in Form einer dreimonatigen Nutzungsmöglichkeit für den Nutzer praktisch wertlos sei.“

Kann man jetzt alles hier im Volltext des BGH, Urt. v. 05.03.2014 – 2 StR 616/12 nachlesen. ist ja Wochenende und man hat Zeit 🙂

Die unberechtige Verwendung der Maestro-Karte, das ist Betrug

entnommen openclipart.org

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Auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zur unberechtigen Verwendung einer Maestro-Karte liegt das OLG Koblenz, Urt. v. 24.02.2014 – 2 Ss 160/12, aus dem ich hier heute nur die sieben (!!) Leitsätze darstellen will. Der Rest ist dann dem Selbststudium überlassen:

1.    Bei Verwendung einer Maestro-Karte durch den Nichtberechtigten oder bei eine Kreditrahmenüberschreitung durch den Berechtigten im POZ-System bzw. ELV-System liegt vollendeter Betrug zu Lasten des Händlers vor.
2.   Eine echte Zahlungskarte wird nicht im Sinne des § 152a Abs. 1 Nr. 1 StGB verfälscht, wenn der Täter sie mit dem Namen des berechtigten Karteninhabers unterzeichnet.
3.   In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist aber regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betruges auszugehen, wenn das Bestreben des Täters von Anfang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten.
4.   Geringwertigkeit im Sinne des § 243 Abs. 2 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Sache oder die Vermögensverschiebung die Wertgrenze von 25€ nicht übersteigt. Es erscheint aber vertretbar, die Grenze im Einzelfall bei 30€ zu ziehen.
5.   Bei gewerbsmäßig begangenem Betrug und gewerbsmäßig begangener Urkundenfälschung kann, sofern die Einzelschäden und der Gesamtschaden gering sind und zudem weitere gewichtige zugunsten des Täters sprechende Umsätze vorliegen, die Indizwirkung der §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB entfallen. Erforderlich ist dann eine Gesamtabwägung, bei der wesentliche zu Lasten des Angeklagten sprechende Umstände, wie einschlägige Vorstrafen, nicht ausgeklammert werden dürfen.
6.   Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, siech durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen. Ist der Wille des Täters indessen lediglich darauf gerichtet, sich ein ganz geringfügiges Nebeneinkommen zu verschaffen oder erstrebt er ein zwar der Höhe nach mehr als geringfügiges aber nur auf kurze Zeit angelegtes Zusatzeinkommen, liegt Gewerbsmäßigkeit nicht vor.
7.   §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB haben als Strafzumessungsregeln keine Relevanz für den Schuldspruch.

Die „betrügerische“ Nilkreuzfahrt und „umgebuchte Flüge“

entnommen wikimedia.org Author Marion Golsteijn

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Author Marion Golsteijn

Wer kennt sie nicht, die bunten Reiseprospekte mit mehr oder weniger aussagekräftigen Beschreibungen der angebotenen Reiseleistungen. Und man frgat sich immer/häufig auch: Wie gehe ich eigentlich strafrechtlich mit dem Umstand um, dass ggf. bestimmte Leistungen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können, mir das aber keiner vom Reiseunternehmen sagt. Zivilrechtlich mag das einfach(er)s ein, strafrechtllich stellt sich die Frage: Betrug (§ 263 StGB), ja oder nein?

Die Frage hat sich auch ein „Reisender“ gestellt, der eine Nilkreuzfahrt machen wollte. Er hatte die Reise im Prospekt der „T. GmbH“ gefunden. Dort war sie für April bis November 2012 sowie November 2012 bis Oktober 2013 unter der Bezeichnung „Horus“?Oberägyptische Impressionen eine Nilkreuzfahrt auf dem Kreuzfahrtschiff „MS R.“ beworben, obwohl dieses Schiff bereits seit Frühjahr 2012 nicht mehr in Betrieb war. Der „Reisende“ hatte darin einen Betrug des Vorstandsvorsitzenden der T. GmbH und seiner Mitarbeiter gesehen, da diesen dieser Umstand bekannt gewesen sei. Er hat deshalb gegen diese Strafanzeige erstattet. Die hat er außerdem noch darauf gestützt, dass ihm nicht unaufgefordert mitgeteilt worden, dass der geplante Rückflug nach Hannover nicht stattfinden konnte, sondern stattdessen der Flug nur bis Frankfurt erfolge. Außerdem sei ihm auch nicht mitgeteilt worden, dass der geplante Inlandsflug von Luxor nach Sharm?el?Sheikh nicht wie vereinbart und mehrfach vom Reisenden nachgefragt auf direktem Weg, sondern in Form eines Umwegs über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen dortigen Aufenthalt, stattfinden würde, Dadurch habe man verhindert, dass der Antragsteller von der Durchführung der Reise durch Ausübung des ihm zustehenden Rücktrittsrechts Abstand nehme.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt, weil ein Anfangsverdacht nicht ersichtlich sei. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung – Klageerzwingungsantrag (§ 172 StPO), der – man glaubt es nicht – zum Teil Erfolg hat. Das OLG Celle, Beschl. v. 21.01.2014 – 1 Ws 513/13 – bestätigt nämlich teilweise den Betrugsvorwurf.

  • Das OLG verneint allerdings den Betrugsvorwurf für den Vortrag, der Antragsteller sei durch Vortäuschung falscher Tatsachen im Hinblick auf die Durchführung der gebuchten Nilkreuzfahrt zu dem Abschluss des Vertrages veranlasst worden. Insoweit verneint das OLG einen Schaden. Wer durch Täuschung zum Abschluss eines Vertrages veranlasst werde, erleide nicht schon dann einen Schaden, wenn er ohne die Täuschung die Verbindlichkeit nicht begründet hätte, sondern nur dann, wenn die ihm gewährte oder zu gewährende Gegenleistung nicht den objektiv vorausgesetzten Wert hat. Insoweit hätte dargelegt werden müssen, welche Vor? und Nachteile die Nilkreuzfahrt auf dem größeren Schiff im Vergleich zu der geplanten Nilkreuzfahrt auf der „MS R.“ mit sich gebracht hätte. Hierzu wäre eine nähere Beschreibung beider Schiffe insbesondere zu den dortigen Unterbringungs?, Freizeitgestaltungs? und Verpflegungsmöglichkeiten, die den Wert der Reiseleistung maßgeblich beeinflussen, erforderlich gewesen.
  • Anders sieht das OLG das jedoch im Hinblick auf die Abweichungen der Flugverbindungen. Dass ein Flug von Ägypten nach Frankfurt mit anschließender Weiterreise im Pkw zum ursprünglichen Zielort Hannover wirtschaftlich geringwertiger sei als ein Flug bis zum vereinbarten Zielflughafen, liegt für das OLG auf der Hand. Indem aber  von Seiten der Beschäftigten der T. GmbH die Veränderung der Flugmodalitäten erst auf Intervention des Reisenden mitgeteilt worden sei, spreche auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Änderungen hinsichtlich der Flugmodalitäten des Inlandsfluges bis zum Beginn der Reise trotz bestehender Möglichkeit hierzu nicht mitgeteilt worden seien, der Anfangsverdacht, dass der Reisende durch die fehlende Aufklärung dazu veranlasst werden sollte, nicht von der Reise Abstand zu nehmen. Dies könnte nach Auffassung des OLG eine Täuschung durch Unterlassen darstellen, die zwar mangels eingetretenen Schadens nicht zu einem vollendeten, wohl aber einem versuchten Betrug nach §§ 263, 22, 23 StGB geführt haben könnte.
  • Entsprechendes gilt nach Auffassung des OLG auch für die bis zum Reiseantritt unterbliebene Aufklärung darüber, dass der gebuchte Inlandsflug über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen Aufenthalt am dortigen Flughafen, erfolgen werde.

Mal was anderes aus dem Bereich des § 263 StGB. Und sicherlich auch etwas, was in Reiseunternehmen mit Interesse gelesen werden wird. Denn danach sollte man sich dann doch vielleicht überlegen, ob es in solchen Fällen nicht besser ist, den „Mund auf zu machen“.

„Horrorverfahren“ mit 53.494 Geschädigten – wie geht man damit um?

Ein „Horrorverfahren“ war beim LG Stuttgart anhängig. Es ging um Betrügereien in Zusammenhaag mit Kreditvermittlungen in einer Vielzahl von Fällen, und zwar insgesamt 53.494. Im Verfahren hat das LG sich dann auf die Feststellungen und Beweisaufnahme zu 15 Fällen beschränkt und die Angeklagten wegen eines Betruges in jeweils tateinheitlich begangenen fünfzehn vollendeten und im Übrigen in 53.479 versuchten Fällen verurteilt. In der auf die Einvernahme von fünfzehn Kunden beschränkten Beweisaufnahme hat das LG eine Irrtumserregung  festgestellt. In den übrigen 53.479 Fällen über Rechnungsbeträge von insgesamt mehr als 2,8 Mio. Euro ist das LG mangels festgestellter Irrtumserregung lediglich von versuchter Täuschung der Kunden ausgegangen; es hat eine erstrebte Bereicherung von etwa 2,5 Mio. Euro angenommen.

Der Hintergrund dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: Das LG wollte nicht, was nachvollziebar ist, möglicherweise weitere 53.479 Zeugen vernehmen müssen.Der BGH hat das im BGH, Beschl. v. 06.02.2013 – 1 StR 263/12 – ergänzt durch einen Leitsatz hier – beanstandet, aber gleich auch „Handlungsanweisungen“ gegeben:

„Näherer Erörterung bedarf lediglich die Vorgehensweise des Landgerichts, nur fünfzehn Geschädigte zu vernehmen und im Übrigen hinsichtlich der weit überwiegenden Zahl der tateinheitlich begangenen Taten „aus verfahrensökonomischen Gründen“ lediglich Tatversuch anzunehmen (UA S. 914, 917). Das Landgericht sah sich ersichtlich nur auf diesem Wege in der Lage, die Hauptverhandlung, die bereits nahezu fünf Monate gedauert hatte, in angemessener Zeit zu beenden.

a) Die vom Landgericht mit dem Begriff der „Prozessökonomie“ be-schriebene Notwendigkeit, die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege zu erhalten (vgl. dazu auch Landau, Die Pflicht des Staates zum Erhalt einer funkti-onstüchtigen Strafrechtspflege, NStZ 2007, 121), besteht. Jedoch muss ein Tatgericht im Rahmen der Beweisaufnahme die in der Strafprozessordnung dafür bereit gehaltenen Wege beschreiten. Ein solcher Weg ist etwa die Beschränkung des Verfahrensstoffes gemäß den §§ 154, 154a StPO, die allerdings die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft voraussetzen. Eine einseitige Beschränkung der Strafverfolgung auf bloßen Tatversuch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft, wie sie das Landgericht hier – freilich im Rahmen gleichartiger Tateinheit mit vollendeten Delikten – vorgenommen hat, sieht die Strafprozessordnung jedoch nicht vor.

b) Es trifft allerdings zu, dass in Fällen eines hohen Gesamtschadens, der sich aus einer sehr großen Anzahl von Kleinschäden zusammensetzt, die Möglichkeiten einer sinnvollen Verfahrensbeschränkung eingeschränkt sind. Denn dann sind keine Taten mit höheren Einzelschäden vorhanden, auf die das Verfahren sinnvoll beschränkt werden könnte.

Dies bedeutet aber nicht, dass es einem Gericht deshalb – um überhaupt in angemessener Zeit zu einem Verfahrensabschluss gelangen zu können – ohne weiteres erlaubt wäre, die Beweiserhebung über den Taterfolg zu unter-lassen und lediglich wegen Versuches zu verurteilen. Vielmehr hat das Tatgericht die von der Anklage umfasste prozessuale Tat (§ 264 StPO) im Rahmen seiner gerichtlichen Kognitionspflicht nach den für die Beweisaufnahme gelten-den Regeln der Strafprozessordnung (vgl. § 244 StPO) aufzuklären. Die richter-liche Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) gebietet dabei, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind...“

Um aus dem Dilemma herauszukommen, bieten sich nach Auffassung des BGH an:

  • Grds. kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes es insgesamt ausreichen, nur einige Zeugen/Geschädigte zu vernehmen, wenn sich dabei das Ergebnis hinsichtlich Irrtumserregung und Vermeidung einer Schädigung des eigenen Vermögens bestätigt findet.
  • Ist die Beweisaufnahme auf eine Vielzahl Geschädigter zu erstrecken, besteht zudem die Möglichkeit, bereits im Ermittlungsverfahren durch Fragebögen zu ermitteln, aus welchen Gründen die Leistenden die ihr Vermögen schädigende Verfügung vorgenommen haben. Das Ergebnis dieser Erhebung kann dann – etwa nach Maßgabe des § 251 StPO – in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Hierauf kann dann auch die Überzeugung des Gerichts gestützt werden, ob und ggf.in welchen Fällen die Leistenden eine Vermögensverfügung irrtumsbedingt vorgenommen haben.
  • Ob es in derartigen Fällen dann noch einer persönlichen Vernehmung von Geschädigten bedarf, entscheidet sich nach den Erfordernissen des Amtsaufklärungsgrundsatzes (§ 244 Abs. 2 StPO) und des Beweisantragsrechts (insb. § 244 Abs. 3 StPO). In Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes kommt dabei die Ablehnung des Antrags auf die Vernehmung einer größe-ren Zahl von Geschädigten als Zeugen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434).

Das gibt es nicht nur im Witz: Oma tot, aber trotzdem Rente – kein Betrug

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Bisher hatte ich gedacht, die Fallkonstellation, die dem KG, Beschl. v. 27.07.2012 – 3 Ws 381/12 – zugrunde liegt, gibt es nur im Witz oder in Erzählungen, nämlich die Rentenzahlung über den Tod des Rentbers hinaus und keiner merkt es. War eine irrige Annahme, wie der KG-Beschluss zeigt. In dem Verfahren war folgender Sachverhalt zu beurteilen:

„Die Angeschuldigte soll es entgegen der ihr gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB I in Verbindung mit § 118 Abs. 4 SGB VI als Alleinerbin ihrer verstorbenen Mutter C. N. obliegenden Verpflichtung unterlassen haben, der Deutschen Rentenversicherung Bund spätestens zum 1. Juli 1997 den Tod ihrer Mutter mitzuteilen. Infolgedessen habe der zuständige Sachbearbeiter der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht die Einstellung der für die Mutter laufenden Rentenzahlungen veranlasst. So seien fortlaufend Rentenzahlungen in Höhe von anfangs 685,52 Euro (1.343,61 DM) und zuletzt 734,02 Euro auf das Konto der Verstorbenen, über das auch die Angeschuldigte schon zu Lebzeiten ihrer Mutter verfügungsberechtigt gewesen sei, überwiesen worden. Ingesamt habe die Rentenversicherungsträgerin in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. März 2007 Rentenzahlungen von insgesamt 75.283,51 Euro geleistet, worauf kein Anspruch bestanden habe. Die Angeschuldigte habe die eingehenden Rentenzahlungen verbraucht, indem sie über das Konto ihrer Mutter ab dem 1. Juli 1997 fortlaufend Verfügungen zu Gunsten ihres eigenen Kontos und zudem Überweisungen für eigene Zwecke vorgenommen habe.

Die StA ist in ihrer Anklage von Betrug durch Unterlassen, wodurch ein Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt worden sein soll, ausgegangen. Das LG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Das KG hat das auf die Beschwerde der StA hin nicht beanstandet.

Der Sachverhalt erfülle keinen Straftatbestand. Für eine Strafbarkeit wegen Betruges durch Unterlassen fehle es an einer Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs.1 StGB, wenn nach einem Todesfall die Alleinerbin der Verstorbenen es unterlasse, dem Rentenversicherungsträger den Todesfall mitzuteilen und die fortlaufenden Rentenzahlungen für sich verbrauche. Allein das materiellrechtliche Bestehen eines Erstattungsanspruchs des Rentenversicherungsträgers nach § 118 Abs.4 Satz 1 SGB VI begründe keine Auskunftspflicht nach § 60 Abs.1 Satz 2 SGB I.

Tja, das war es dann wohl. Wie war das noch mit Griechenland? 🙂