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Neues aus Berlin: Endlich Änderung bei der Berufungsverwerfung und Änderungen im RVG

© Marcito - Fotolia.com

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Im Gesetzgebungsverfahren befindet sich inzwischen der „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe“ (vgl. BR-Drucks. 491/14). Er enthält zwei für die Praxis wesentliche Gesetzesänderungen, und zwar:

Der Gesetzesentwurf soll u.a den Rahmenbeschluss (Rb)2009/299/JI zu Abwesenheitsentscheidungen und vor allem die Rechtsprechung des EGMR im Urt. v. 8. 11. 2012 endlich umsetzen. § 329 StPO soll im Hinblick auf das Urteil des EGMR dahingehend geändert werden, dass eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten nicht mehr erfolgen darf, wenn statt des Angeklagten ein entsprechend bevollmächtigter und vertretungsbereiter Verteidiger in einem Termin zur Berufungshauptverhandlung erschienen ist. Anstelle der nicht mehr zulässigen Verwerfung soll in Anwesenheit des Verteidigers ohne den Angeklagten verhandelt werden, soweit nicht besondere Gründe dessen Anwesenheit erforderlich machen.
  • RVG: Änderung der „Eingangsgebührenstufe“ in Teil 5 VV RVG

Und: Durch das Gesetzesvorhaben sollen in den Nrn. 5101, 5103, 5107 und 5109 VV RVG die „Eingangsgebührenstufe“ von 40,– € auf 60,– € angehoben werden. Damit wird dann gebührenrechtlich die Anhebung der Eintragungsgrenze in das FAER durch die Punktereform zum 01.05.2014 nachvollzogen (vgl. BR-Drucks. 491/14, S. 100).

Wie gesagt: Gerade im Gesetzgebungsverfahren. Kann also noch ein wenig dauern.

Erst mal über die Klippe „Verfahrensrüge“ springen…

entnommen wikimedia.org Urheber Harald Bischoff

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In Rechtsprechung und Literatur ist ja seit einiger Zeit ein „Kampf entbrannt“, ob und wie § 329 Abs. 1 StPO mit dem EGMR konventionskonform auszulegen und deshalb ggf. ein  Verwerfungsurteil nch § 329 Abs. 1 StPO bei unentschuldigtem Ausbleiben des Angeklagten und Anwesenheit eines verteidigungsbereiten Verteidigers zulässig ist. Wir haben darüber ja auch schon ein paar Mal berichtet (vgl.z.B. Auch du mein Sohn Brutus/OLG Bremen: Was schert uns der EGMR – oder kein Abgesang auf die Berufungsverwerfung oder: OLG München: Was schert mich der EGMR – oder kein Abgesang auf die Berufungsverwerfung).

Nun hat sich das KG mit dem KG, Beschl. v. 07.02.2014 – (4) 161 Ss 5/14 (14/14) in der Diskussion auch noch einmal zu Wort gemeldet. Allerdings auf einem Nebenkriegsschauplatz, nämlich bei der Frage nach den Anforderungen an die Verfahrensrüge in diesen Fällen. Dazu führt das KG aus:

a) Die Verfahrensrügen sind schon nicht zulässig erhoben. Die von der Revision verlangte Abwesenheitsverhandlung erforderte – wollte man eine entsprechende konventionskonforme Auslegung des § 329 Abs. 1 StPO im Sinne der Rechtsprechung des EGMR überhaupt in Betracht ziehen – jedenfalls, dass der verteidigungs- und vertretungsbereite Verteidiger nicht nur erscheint, sondern auch mit einer schriftlichen Vertretungsvollmacht des Angeklagten ausgestattet ist und diese vorweist (vgl. OLG München, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 4 StRR (A) 18/12 – [juris-Rn.13], insoweit in NStZ 2013, 358 nicht abgedruckt; OLG Düsseldorf StV 2013, 299, 301; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juni 2012 – III-1 RVs 41/12 – [juris-Rn.12]; OLG Celle NStZ 2013, 615, 616; Mosbacher NStZ 2013, 312, 314). Da (nur) in einem solchen Fall eine zulässige Vertretung im Sinne des § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO anzunehmen ist, hielte sich die von den Revisionen verlangte Gesetzesinterpretation noch „im Rahmen einer methodisch vertretbaren Auslegung“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dementsprechend sieht auch der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz über ein „Gesetz zur Stärkung des Rechts auf Vertretung durch einen Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung“ (Bearbeitungsstand 19. Dezember 2013) vor, dass eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten nicht mehr erfolgen darf, wenn statt des Angeklagten ein „vertretungsbereiter Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht“ in dem Termin zur Berufungshauptverhandlung erschienen ist.

Deshalb gehört zu einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensbeschwerde der Vortrag, dass sich der verteidigungs- und vertretungsbereite Verteidiger auf eine solche, ihm in schriftlicher Form erteilte besondere Vollmacht des abwesenden Angeklagten berufen und diese dem Gericht nachgewiesen hat (vgl. OLG Celle aaO; s. auch OLG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 1 Ss 68/13 – [juris-Rn. 26]; KG, Beschluss vom 3. Januar 2012 – [2] 1 Ss 421/11 [58/11] –). Daran fehlt es hier. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich vielmehr, dass die erschienenen Verteidiger gerade keine entsprechende Vollmacht vorgelegt oder eine Bevollmächtigung auch nur behauptet hätten. …“

Also: Die Klippe muss man schon überspringen, wenn die Verteidigung an der Stelle Erfolg haben soll..

(Angekündigte) Verspätung? Macht nichts, verwerfe trotzdem

© Stauke - Fotolia.com

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Eine der „klassischen Fragen“ des Berufungsverfahrens ist die nach der Länge der Wartezeit bevor die Berufung wegen Ausbleibens des Angeklagten verworfen werden kann. Dazu kann man m.E. feststellen, dass das Berufungsgericht mindestens 15 Minuten warten muss, bevor es die Berufung des ausgebliebenen Angeklagten nach § 329 Abs. 1 StPO verwirft. Das kann man wohl als h.M. in Rechtsprechung und Literatur bezeichnen. Davon gibt es aber Ausnahmen im Fall der sog. „angekündigte Verspätung“. Dann muss das Gericht länger warten. Darauf hat jetzt das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v. 08.07.2013 – 2 Ws 354/13 – noch einmal hingewiesen.

Hauptverhandlungsbeginn sollte am 13.03.2013 um 09.00 Uhr sein. Am Terminstag herrschten – wie bereits einen Tag vorher – winterliche Straßenverhältnisse in B. (Bonn [?] und Umgebung. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat der Vorsitzende der Strafkammer um 09.00 Uhr mit dem Verteidiger des Angeklagten telefoniert, welcher mitgeteilt hat, er sei mit dem Angeklagten um 08.00 Uhr in Lohmar abgefahren und man stehe nun wegen der winterlichen Witterungsbedingungen im Stau und werde sich voraussichtlich um 20 Minuten verspäten. Der Vorsitzende hat darauf dem Verteidiger mitgeteilt, dass bei Nichterscheinen bis 09.30 Uhr die Berufung verworfen werde. Nachdem der Angeklagte bis 09.35 Uhr nicht erschienen war, hat die Strafkammer die Berufung des Angeklagten gemäß § 329 Abs.1 StPO verworfen und die Sitzung um 09:38 Uhr geschlossen. Um 09.50 Uhr sind der Angeklagte und sein Verteidiger im Sitzungssaal erschienen, worauf ihnen mitgeteilt worden ist, dass die Berufung zwischenzeitlich verworfen worden sei.

„Aus alledem ergab sich hier für die Strafkammer eine Wartepflicht, die bei Verkündung des Verwerfungsurteils noch nicht abgelaufen war.

Dabei  kann es dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte mit seinem Verteidiger angesichts der am 13.03.2013 nicht überraschend herrschenden winterlichen Witterungsverhältnisse eine ausreichende Zeit für die Anreise zum Landgericht B. eingeplant hat. Denn der Angeklagte hat über seinen Verteidiger im Rahmen des mit dem Vorsitzenden am Terminstag gegen 09.00 Uhr geführten Telefonats jedenfalls deutlich gemacht, dass er sich dem Verfahren nicht entziehen, sondern an der Hauptverhandlung auf jeden Fall teilnehmen wollte und sein Nichterscheinen lediglich auf einer Verzögerung beruhte, die in absehbarer Zeit behoben sein würde. Eine solche Mitteilung kann zwar nicht dazu führen, dass das Gericht auf unbestimmte Zeit mit dem Verhandlungsbeginn auf den Angeklagten warten muss, jedoch waren vorliegend erweiterte Anforderungen an die Wartepflicht der Strafkammer zu stellen, aufgrund derer diese nicht bereits zwischen 09:35 Uhr und 09:38 Uhr die Berufung nach  § 329 StPO hätte verwerfen dürfen. Das Gericht war durch das Telefonat gegen 09.00 Uhr darüber informiert, dass der Angeklagte sich verspäten würde, wobei es dahinstehen kann, ob dem Vorsitzenden eine voraussichtliche Verzögerung von 20 Minuten oder 30 bis 40 Minuten mitgeteilt wurde und ob der Angeklagte den Sitzungssaal um 09.38 Uhr oder erst um 09.50 Uhr erreicht hat. Jedenfalls war aufgrund der Kenntnis des Gerichts von dem  Verzögerungsgrund eine längere Wartezeit vor der Verwerfung der Berufung geboten, die zum Zeitpunkt der Verkündung des Verwerfungsurteils noch nicht abgelaufen war, da sich der Angeklagte offensichtlich auf dem Weg zum Gericht befand und zu dem Verwerfungszeitpunkt aufgrund der konkreten, auch dem Gericht bekannten Umstände noch mit einem zeitnahen Eintreffen des Angeklagten zu rechnen war.“

Mir leuchtet nicht ein, warum man so schnell mit der Verwerfung bei der Hand ist,w enn die Verspätung angekündigt ist. Und man könnte das Ganze ja auch praktisch lösen, in dem man dem nach Verwerfung erscheinenden Angeklagten, Wiedereinstzung gewährt – von Amts wegen – und dann verhandelt. Dann ist die Sache im Zweifel auch erledigt und man muss nicht erst den Weg über das OLG gehen.

Gibt es aber nicht bloß im Rheinland, sondern auch an anderen Orten (vgl. hier).

 

Auch du mein Sohn Brutus/OLG Bremen: Was schert uns der EGMR – oder kein Abgesang auf die Berufungsverwerfung

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Der EGMR hat im EGMR, Urt. v. 08.11.2012 in Sachen Neziraj gegen Deutschland (Nr. 30804/07 – die bundesdeutsche Rechtslage und Praxis der Verwerfung der Berufung des in der Hauptverhandlung ausgebliebenen Angeklagten nach § 329 Abs. 1 StPO trotz Anwesenheit eines verteidigungsbereiten Verteidigers als mit der EMRK nicht vereinbar angesehen. Es war m.E. zu erwarten, dass die deutschen OLG die Entscheidung des EGMR nicht umsetzen würden. So hat das dann auch bereits das OLG München unter Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift des § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO abgelehnt (OLG München: Was schert mich der EGMR – oder kein Abgesang auf die Berufungsverwerfung). Nun auch das OLG Bremen im OLG Bremen, Beschl. v. 10. 6. 2013 – 2 Ss 11/13 , zwar mit einer anderen Begründung als das OLG München, aber in der Sache ebenso „unnachgiebig“ :-(. Die Leitsätze:

„1. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 08.11.2012 (EGMR Nr. 30804/07) steht allein die Anwesenheit eines verteidigungsbereiten Verteidigers der Anwendung des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nicht entgegen.

2. . § 329 Abs. 1 S. 1 StPO enthält eine Öffnungsklausel für sämtliche Fälle der gesetzlich vorgesehenen zulässigen Vertretung durch einen Verteidiger. Die der Entscheidung des EGMR zugrunde liegende Konstellation ist jedoch deshalb nicht als (weiterer) zulässiger Vertretungsfall i. S. der genannten Norm anzusehen, weil eine derartige Auslegung zwar nicht dem Wortlaut, aber dem sich aus dem Regelungszusammenhang der Vorschrift ergebenden eindeutig entgegenstehenden Willen des nationalen Gesetzgebers widerspricht.“

M.E. wird die Frage, ob und wie das EGMR-Urteil hier in der Bundesrepublik umzusetzen ist, letztlich nur vom Gesetzgeber entschieden werden können. Ggf. sogar erst nach einem weiteren Urteil des EGMR? Verteidiger sollten in der Hauptverhandlung, wenn die Verwerfung der Berufung des Mandanten droht, aber auf jeden Fall die Einhaltung  der Vorgaben des EGMR anmahnen und die Verwerfung mit der Revision (Verfahrensrüge!!!!!!!!) angreifen.

Anruf: „Komme in ein paar Minuten…“ – Verspätung interessiert Gericht aber nicht….

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Viele OLG-Entscheidungen befassen sich mit der Verwerfung der Berufung des Angeklagten nach § 329 Abs. 1 StPO wegen unentschuldiugten Ausbleibens, ein scharfes Schwert, zu dem die LG m.E. gern und manchmal auch ein wenig vorschnell greifen, Folge: Das Verwerfungsurteil wird vom Revisionsgericht aufgehoben.Mit einer solchen vorschnellen Entscheidung befasst sich der KG, Beschl. v. 30.04.2013 – (4) 161 Ss 89/13 (86/13). Da hatte der Angeklagte, der zu 09.00 Uhr geladen, aber nicht erschienen  war, seiner Verteidigerin um 09.10 Uhr telefonisch mitgeteilt, „er befinde sich „mit seinem Wagen an der Perleberger Brücke“ und werde „in ein paar Minuten kommen“,. Das hatte die um 09.12 Uhr an das Gericht weitergeleitet. Die Strafkammer hat das Vorbringen des Angeklagten als nicht hinreichend für eine Entschuldigung erachtet, weil ein Grund für die Verspätung nicht mitgeteilt worden sei. Ein weiteres Zuwarten über 15 Minuten hinaus hatte die Kammer weder aufgrund des Gebots eines fairen Verfahrens noch aufgrund der gerichtlichen Fürsorgepflicht als erforderlich angesehen. Sie hat die Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen und – und das ist jetzt ketzerisch – sich wahrscheinlich bis zum nächsten Termin in die Kantine oder ins Dienstzimmer begeben. Die Revision des Angeklagten hatte aber mit der Verfahrensrüge Erfolg.

„…2. Die Revision ist auch begründet. Zwar ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht allein die Mitteilung der Verspätung (verbunden mit der Ankündigung baldigen Erscheinens) nicht als genügende Entschuldigung im Sinne von § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO angesehen hat. Es hat aber bei seiner Entscheidung verkannt, dass es die aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens abzuleitende Fürsorgepflicht geboten hätte, vor Verwerfung der Berufung einen längeren Zeitraum zuzuwarten. Die Verwerfung der Berufung gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO beruht auf der Vermutung, dass derjenige sein Rechtsmittel nicht weiter verfolgt wissen will, der sich ohne ausreichende Entschuldigung zur Verhandlung nicht einfindet. Sie dient dem Zweck, den Rechtsmittelführer daran zu hindern, die Sachentscheidung über seine Berufung dadurch zu verzögern, dass er sich der Verhandlung entzieht. Diese Vermutung entfällt jedoch, wenn der Angeklagte noch vor dem Termin oder in der normalen Wartezeit von fünfzehn Minuten die Gründe seiner (voraussichtlichen) Verspätung mitteilt und sein Erscheinen in angemessener Zeit ankündigt. Das Gericht ist in diesem Fall gehalten, einen längeren Zeitraum zuzuwarten (vgl. KG, Beschlüsse vom 21. November 2012 – (3) 161 Ss 239/12 (171/12) – und vom 13. Januar 2012 – (3) 161 Ss 474/11 (2/12) – m. w. Nachw.), wobei das Zuwarten hier – angesichts des der Kammer von der Verteidigerin um 9.12 Uhr mitgeteilten Umstandes, dass sich der Angeklagte auf dem Weg zum Verhandlungsort mit seinem Pkw gegen 9.10 Uhr bereits an der Perleberger Brücke und damit in unmittelbarer Nähe des Gerichts befand – voraussichtlich nur wenige Minuten betragen hätte. Mit einem noch hinreichend zeitnahen Eintreffen des Angeklagten an Gerichtsstelle war danach zu rechnen. Der Angeklagte hat in dem Telefonat mit seiner Verteidigerin die Gründe für seine Verspätung zwar nicht dargelegt. Die über die normale Wartezeit hinausgehende Wartepflicht besteht aber unabhängig davon, ob dem Angeklagten an der Verspätung ein Verschulden trifft, es sei denn, ihm fällt grobe Fahrlässigkeit oder Mutwillen zur Last (KG a.a.O.). Umstände, die auf eine derartige Einstellung des Angeklagten schließen lassen, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen und ergeben sich auch aus der Revisionsbegründung nicht. Den Urteilsgründen ist auch nicht zu entnehmen, dass der Kammer ein weiteres Zuwarten wegen anstehender weiterer Termine – auch im Interesse anderer Verfahrensbeteiligter – schlechterdings nicht zumutbar gewesen ist (vgl. KG a.a.O.; Senat, Beschlüsse vom 29. Dezember 2006 – (4) 1 Ss 500/06 (239/06) – und vom 5. Mai 1997 – (4) 1 Ss 94/97 (41/97) – [juris]; jeweils m.w.Nachw.). Angesichts des Umstandes, dass erstinstanzlich auf eine Freiheitsstrafe von vier Monaten gegen den unbestraften Angeklagten erkannt worden ist und die Wartezeit absehbar nur wenige Minuten über die ohnehin regelmäßig einzuhaltende hinaus gegangen wäre, hätte die Kammer dem Angeklagten aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht die Möglichkeit einräumen müssen, durch sein – wenn auch unentschuldigt verspätetes – Erscheinen die Folgen einer Säumnis abzuwenden.