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Verkehrsrecht III: Fahren ohne Haftpflichtversicherung, oder: Gebrauch des „bloßen“ Beifahrers

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Und dann hier noch eine Entscheidung des KG.

In dem Verfahren hatte das LG den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag, mit Urkundenfälschung, mit fahrlässiger Körperverletzung und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort sowie eines weiteren Vergehens des vorsätzlichen Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gesprochen.

Dagegen die Revision des Angeklagten, die das KG mit dem KG, Beschl. v.27.02.2023 – 3 ORs 5/23 – 161 Ss 20/23  – nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat.  Das KG merkt dazu an:

„Erläuternd bemerkt der Senat:

1. Die Umstellung des Schuldspruchs dient der Klarstellung.

2. Nachdem der Angeklagte sich in Bezug auf den fehlenden Versicherungsschutz glaubhaft geständig eingelassen hatte, waren genaue Feststellungen zum nicht bestehenden Versicherungsschutz erlässlich. Zwar verlangt die obergerichtliche Rechtsprechung in der Regel tatrichterliche Feststellungen, die es dem Revisionsgericht ermöglichen, das Erlöschen (oder die Nichtentstehung) des Versicherungsschutzes zivilrechtlich nachzuvollziehen (vgl. Senat StRR 2021, Nr. 10 [Volltext bei juris]; VRS 134, 15; Beschluss vom 5. Juni 2000 – 3 Ss 31/00 – [juris]; OLG Brandenburg, Beschluss vom 1. April 2020 – 1 Ss 24/20 [juris] –). Dies ist jedoch kein Selbstzweck, sondern wird dem Umstand gerecht, dass die Wirksamkeit eines Rücktritts bei versäumter Zahlung der Erstprämie (§ 37 VVG) oder einer Kündigung bei versäumter Zahlung der Folgeprämie (§ 38 VVG) vom (fast immer formlos veranlassten) Zugang beim Versicherungsnehmer abhängt. Äußert ein Angeklagter aber glaubhaft, er wisse um den fehlenden Versicherungsschutz, sind diese Feststellungen erlässlich.

3. Es ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer darin den eigenständigen Gebrauch (§ 6 Abs. 1 Alt. 1 PflVG) eines nicht haftpflichtversicherten Fahrzeugs (und nicht nur dessen Gestatten i. S. d. § 6 Abs. 1 Alt. 2 PflVG) gesehen hat, dass der Angeklagte als Käufer und damit (im wirtschaftlichen und „materiellen“ Sinn) Halter des PKW (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, StVR 45. Aufl., § 7 StVG Rn. 18 m. w. N.) im Wissen um die fehlende Haftpflichtversicherung und den Einsatz gefälschter Kennzeichen bei der Fahrt einer anderen Person Beifahrer war. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte kraft Tatplanung und Kenntnis aller strafbarkeitsbegründenden Umstände die Tatherrschaft hatte und die Fahrt der Verfolgung seiner persönlichen Ziele diente, nämlich der Inbesitznahme des gekauften Fahrzeugs. Die Tathandlung ging damit über das Gestatten des Fahrzeuggebrauchs hinaus und stellte einen eigenständigen Gebrauch dar.

4. Unter demselben Gesichtspunkt des Gebrauchens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB) hat der Angeklagte auch die Urkundenfälschung nicht nur als Teilnehmer, sondern täterschaftlich begangen.

5. Es dürfte höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechen, dass das Landgericht in dem das Unfallgeschehen einschließenden Teil der Fahrt (§§ 21 StVG, 1, 6 PflVG, 229, 267 StGB) sowie in der nach § 142 StGB strafbaren Weiterfahrt nur eine Tat im materiell-rechtlichen Sinn (§ 52 StGB) gesehen hat. Seit BGHSt 21, 203 ist zwar gefestigt anerkannt, dass der vom betrunken oder ohne Fahrerlaubnis fahrenden Täter verursachte und bemerkte Verkehrsunfall konkurrenzrechtlich eine Zäsur bildet: Fährt der Täter hiernach weiter, so handelt es sich um eine andere und neue Tat im sachlich-rechtlichen Sinn (§ 53 StGB). Diese Zäsurrechtsprechung wird aber nach neueren BGH-Judikaten von dem Grundsatz überlagert, dass das Herstellen und das Gebrauchen einer unechten Urkunde nicht nur eine tatbestandliche Handlungseinheit bilden, sondern dass im Falle unechter Kennzeichen das fortdauernde Gebrauchen der Urkunde sogar mehrere Fahrten zu einer Tat verklammert (vgl. BGH NZV 2019, 37 mit ähnlichem Sachverhalt wie hier).

Diese Rechtsprechung stößt zwar in der Literatur auf Widerspruch. So wird angemerkt, es erschließe sich nicht, „warum das zäsierende Element (also der Unfall) allein dadurch wieder überlagert werden soll, dass der Täter – womöglich bereits vor geraumer Zeit und ohne sich dessen noch bewusst zu sein – sein Fahrzeug mit einem `falschen´ Kennzeichen versehen hat“ (vgl. Klose, NZV 2023, 507 m. w. N.). Die hier angefochtene Entscheidung entspricht aber dieser neueren BGH-Rechtsprechung, so dass der Senat schon deshalb keinen Anlass zur Abänderung sieht. Auch begünstigt die durch die Strafkammer angenommene Handlungseinheit (§ 52 StGB) den Angeklagten, so dass er hierdurch nicht beschwert ist.

6. Auch gegen die Rechtsfolgen ist nichts zu erinnern. Namentlich die Versagung der Bewährung ist frei von Rechtsfehlern begründet.“

OWi I: Verwenden einer sog. Handy-Blitzer-App, oder: App auf dem Handy des Beifahrers

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Heute stelle ich dann mal wieder einige OWi-Entscheidungen vor.

Ich starte mit dem „Blitzer-App-Beschluss“ des OLG Karlsruhe, also dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.02.2023 – 2 ORbs 35 Ss 9/23.

Das AG hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Mit-Sich-Führens eines betriebsbereiten technischen Geräts, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen – also Verstoß gegen § 23 Abs. 1c StVO – verurteilt. Nach den Feststellungen des AG fuhr der Betroffene im Stadtgebiet von A. einen PKW mit teilweise deutlich überhöhter Geschwindigkeit und unterließ mehrfach den gebotenen Einsatz des Fahrtrichtungsanzeigers. Dabei wusste er, dass auf dem in der Mittelkonsole abgelegten Mobiltelefon seiner Beifahrerin die App „Blitzer.de“ geöffnet war. Die Überzeugung zur vom Betroffenen bestrittenen subjektiven Tatseite hat das Amtsgericht auf eine Bekundung des den Betroffenen kontrollierenden Polizeibeamten gestützt, wonach der Betroffene nach dem Anhalten bewusst das Mobiltelefon zur Seite geschoben habe, und dies außerdem in Beziehung zu dem vorherigen Fahrverhalten des Betroffenen gesetzt.

Das OLG geht von eienm Verstoß gegen § 23 Abs. 1c Satz 3 StVO aus:

„2. Die getroffenen Feststellungen tragen allerdings nicht eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1c Satz 1 und 2 StVO.

In der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist dazu zutreffend ausgeführt:

„Bei dem vom Betroffenen verwendeten Geräte, einem Smartphone, auf dem die App „Blitzer.de“ aktiviert war (UA Seite 3, AS 141), handelt es sich jedoch nicht um ein Gerät, dass dazu bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen. Es handelt sich vielmehr um ein Gerät, dass neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden kann. Daher unterfällt das Smartphone mit der aktivierten App „Blitzer.de“ nicht § 23 Abs. 1c Satz 1-2 StVO, sondern § 23 Abs. 1c Satz 3 StVO (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. [2021], § 23 StVO Rn. 36). Diese Differenzierung, die erst mit der Änderung von § 23 Abs. 1c StVO durch die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.2020 (BGBl. I S. 814) entstand, lag dem „alten“ § 23 Abs. 1b StVO noch nicht zugrunde, weshalb die bisherigen Entscheidungen zu § 23 Abs. 1b StVO a. F. diese Differenzierung noch nicht treffen (vgl. OLG Celle NJW 2015, 3733; OLG Rostock BeckRS 2017, 103960).“

3. Der Senat schließt sich jedoch der von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vorgenommenen Bewertung an, dass das im angefochtenen Urteil festgestellte Verhalten einen (vorsätzlichen) Verstoß gegen § 23 Abs. 1c Satz 3 StVO belegt.

a) Ein solcher Verstoß setzt entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung nicht voraus, dass die Funktion zur Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen vom Fahrzeugführer selbst aktiviert worden ist.

aa) Die Einführung des § 23 Abs. 1 c Satz 3 StVO wurde durch eine Initiative der Bundesministerien für Verkehr und digitale Infrastruktur, für Wirtschaft und Energie und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit angestoßen, die ursprünglich nur vorsah, die Regelung in § 23 Abs. 1c Satz 1 StVO dahin zu ergänzen, dass das verwendete technische Gerät zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen bestimmt ist oder – so der Ergänzungsvorschlag – „verwendet werden kann“. Damit sollte klargestellt werden, dass von der Regelung auch Navigationsgeräte oder Mobiltelefone mit sogenannten Blitzer-Apps erfasst sind (BR-Drs. 591/19 S. 5 und 79 f.).

Die dann beschlossene Änderung durch Einführung des § 23 Abs. 1c Satz 3 StVO wurde damit begründet, dass mit dem ursprünglichen Vorschlag auch Geräte erfasst gewesen wären, auf denen die entsprechenden Funktionen deaktiviert sind. Der Bundesrat hat in der Begründung zu diesem Änderungsvorschlag abschließend ausgeführt: „Es wird daher vorgeschlagen, das vorgesehene Verbot auf die Nutzung [Hervorhebung durch den Senat] der entsprechenden Gerätefunktionen (zum Beispiel entsprechende Smartphone-Applikationen) zu begrenzen“ [BR-Drs. 591/19 (Beschluss) S. 6].

bb) Unter Berücksichtigung dieser Entstehungsgeschichte steht deshalb außer Zweifel, dass die Tathandlung des „Verwendens“ in § 23 Abs. 1 c Satz 3 StVO kein eigenes aktives Tätigwerden des Fahrzeugführers im Umgang mit dem technischen Gerät bzw. der darin enthaltenen verbotenen Funktion voraussetzt, sondern vielmehr jedes Handeln genügt, mit dem dieser sich die verbotene Funktion zunutze macht. Erfasst wird deshalb auch die Nutzung der auf dem Mobiltelefon eines anderen Fahrzeuginsassen installierten und aktivierten Funktion (ebenso König a.a.O., § 23 StVO Rn. 36; Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl., § 23 StVO Rn. 22h), wie sie sich aus den vorliegend getroffenen Feststellungen ergibt.

b) §§ 46 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 1 StPO stehen einer Schuldspruchänderung nicht entgegen, da der Betroffene sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.“

Beifahrer im Pkw „baut Mist“ – Keine Fahrtenbuchauflage für den Halter

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Ich hatte im September 2015 über das VG Mainz, Urt. 15.07.2015 – 3 K 757/14.MZ berichtet (vgl. Beifahrer im Pkw „baut Mist“ – Fahrtenbuchauflage für den Halter?). In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Verfahren ging es um die Frage, ob ein Fahrtenbuch gegen den Halter eines Pkw auch verhängt weerden kann, wenn ein Beifahrer bei einer Fahrt „Mist gebaut“ hat und nicht ermittelt werden kann. Das VG Mainz hatte die Frage bejaht. Gegen das VG Mainz, Urt. v. 15.07.2015 – war dann Berufung eingelegt worden. Die Verwaltungsbehörde hatte die Fahrtenbuchauflage dann aufgehoben. Danach war der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden. In der daraufhin erlassenen Kostenentscheidung teilt das OLVG Koblenz im OVG Koblenz, Beschl. v. 10.03.2016 – 7 A 10831/15.OVG mit, was es von der VG-Entscheidung gehalten hätte, nämlich nichts/nicht viel:

„Nachdem der Beklagte die streitgegenständliche Entscheidung aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu treffende Kostenentscheidung folgt bereits daraus, dass der Beklagte anerkannt hat, die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Ungeachtet dessen hätte sich die Kostentragungspflicht auch daraus ergeben, dass die Berufung der Klägerin Erfolg gehabt hätte. Nach dem Wortlaut des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann gegenüber einem Fahrzeughalter ein Fahrtenbuch nur angeordnet werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach dessen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Zielsetzung der Verhängung eines Fahrtenbuches ist es, Gefahren zu begegnen, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964 – VII C 91.61 -, BVerwGE 18, 107). Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch vor Beginn jeder einzelnen Fahrt hinsichtlich der Insassen des Fahrzeugs nach § 31a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a StVZO lediglich den Namen, den Vornamen und die Anschrift des Fahrzeugführers einzutragen. Dies spricht dagegen, dass eine Fahrtenbuchauflage erteilt werden kann, wenn nicht der Fahrzeugführer selbst gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat.“

Also: Kosten für die Verwaltungsbehörde.

Beifahrer im Pkw „baut Mist“ – Fahrtenbuchauflage für den Halter?

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Samstag ist ja an sich mein „Zivilrechtstag“ und/oder auch der Tag für Verkehrsverwaltungsrecht. Heute will ich dnan mal zu Entscheidungen aus dem letzt genannten Bereich posten. Daraus habe ich ja schon länger nichts mehr gebracht. Zunächst hier dann ein Hinweis auf das VG Mainz, Urt. 15.07.2015 – 3 K 757/14.MZ; zu der PM sind ja schon an anderer Stelle Postings gelaufen.

Es geht um die sicherlich den ein oder anderen überraschende Frage, ob ein Fahrtenbuch gegen den Halter eines Pkw auch verhängt weerden kann, wenn ein Beifahrer bei einer Fahrt „Mist gebaut“ hat und nicht ermittel werden kann. Das VG Mainz bejaht die Frage. In dem entschiedenen Fall war aus einem auf die Klägerin zugelassenen Transporter bei einer Fahrt auf einen Motorradfahrer eine klare Flüssigkeit geschüttet worden. Im Rahmen eines wegen Nötigung im Straßenverkehr eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gab der Geschäftsführer der Klägerin an, er könne nicht angeben, wer von seinen Mitarbeitern an dem fraglichen Tag das betreffende Fahrzeug benutzt habe. Fahrtenbücher für seine Fahrzeuge habe er bislang nicht benötigt und Auftragsbücher seien nicht an die Fahrzeuge gekoppelt. Das VG Mainz hat die dann angeordnete Fahrtenbuchauflage gegen die Klägerin gehalten:

„b) Der Anwendbarkeit des § 31 a Abs. 1 StVZO steht nicht entgegen, dass nach den Feststellungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vieles dafür spricht, dass der der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrsverstoß nicht vom Fahrzeugführer, sondern vom Beifahrer des Fahrzeugs der Klägerin begangen wurde. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Verkehrsverstoß vom Fahrzeugführer begangen wurde. Hierfür sprechen Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage.

Bei der Fahrtenbuchauflage handelt es sich um eine Maßnahme mit Präventivcharakter, die dazu dient, Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs abzuwenden. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass bei künftigen Verkehrsverstößen der Fahrzeugführer und damit die Ahndung des Verstoßes anders als im Anlassfall ohne Schwierigkeiten möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12/94 -, NJW 1995, 2866 = Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2012 – 11 CS 11.2727 -, Rn. 35), ohne dass es dabei darauf ankommt, wer den zur Fahrtenbuchauflage führenden Verkehrsverstoß begangen hat. Mit der Fahrtenbuchauflage soll die ermittelnde Behörde in die Lage versetzt werden, Ermittlungsansätze zu gewinnen, die es ihr ermöglichen, einen künftigen Verkehrsverstoß aufklären zu können. Auch wenn § 31 a StVZO primär Fahrer erfassen will, die Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer gefährden (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964 – VII C 91/61 -, NJW 1964, 1384; BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2012, a.a.O.), ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beschränkt. Die Norm will auch nicht künftigen Verkehrsverstößen gerade durch den Fahrzeughalter vorbeugen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1989 – 7 B 90/89 -, NJW 1989, 2704 = Rn 8). Vielmehr besteht (im Interesse der Verkehrssicherheit) ein dringendes Interesse der Allgemeinheit an der Ermittlung aller Verkehrssünder (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964, a.a.O.; Beschluss vom 23. Juni 1989, a.a.O.), so dass die Fahrtenbuchauflage auch der Aufklärung von Verkehrsverstößen dient, die von anderen Personen als dem Fahrzeugführer oder dem Fahrzeughalter begangen werden. Diese können erfahrungsgemäß nur aufgeklärt werden, wenn die ermittelnde Behörde den Kreis der Fahrzeuginsassen – in der Regel über den Fahrzeugführer – hinreichend sicher eingrenzen kann. Ist mithin der Anwendungsbereich des § 31 a StVZO nicht auf künftige Verkehrsverstöße beschränkt, die durch den Fahrzeugführer begangen werden, so muss dies in gleicher Weise für den Personenkreis gelten, der den Anlassfall begangen hat.

Schließlich lässt auch der Wortlaut des § 31 a Abs. StVZO nicht den Schluss zu, dass eine Fahrtenbuchauflage nur dann gerechtfertigt ist, wenn der ihr zugrunde liegende Verkehrsverstoß vom Fahrzeugführer begangen wurde; vielmehr spricht die Vorschrift ganz allgemein davon, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war und lässt die Person des Zuwiderhandelnden gleichsam außen vor.

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, die Anwendbarkeit von § 31 a StVZO über vom Fahrzeugführer begangene Verkehrsverstöße hinaus führe dazu, dass die Anordnung eines Fahrtenbuchs auf das Verhalten einer nicht eingrenzbaren Zahl von Verkehrsteilnehmern ausgeweitet werde und überdies Halterpflichten auf den Fahrzeugführer übertragen würden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Insoweit übersieht die Klägerin, dass andere Personen als der Fahrzeugführer als Verantwortliche eines Verkehrsverstoßes nur ausnahmsweise in Betracht kommen werden und sich dieser Personenkreis auf die Mitfahrer beschränkt, so dass von daher keine Rede sein kann, dass der Anwendungsbereich auf eine nicht eingrenzbare Zahl von Verkehrsteilnehmern ausgeweitet werde. Überdies findet in einem solchen Fall eine „Inanspruchnahme“ das Fahrzeugführers allenfalls in der Eigenschaft eines Zeugen in einem Ermittlungsverfahren statt, die sich von den Pflichten des Fahrzeughalters – wie sie sich weiter aus § 31 a Abs. 2 und 3 StVZO ergeben – deutlich unterscheidet.“

Also immer schön aufpassen wen man mitnimmt 🙂

Lichtbild mit Beifahrerin?, oder: Da braucht man ggf. auch einen FA für Familienrecht…

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Eine im Bußgeldverfahren sicherlich immer mal wieder auftauchende Frage hat das OLG Oldenburg im OLG Oldenburg, Beschl. v. 09.02.2015 – 2 Ss (OWi) 20/15 entschieden. Nämlich: Unterliegt ein Lichtbild, das im Rahmen einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme von einem Verkehrsverstoß gefertigt worden ist, auf dem nicht nur der Fahrer, sondern auch der Beifahrer erkennbar ist, einem Verwertungsverbot, wenn dieses Foto ohne Unkenntlichmachung des Beifahrers in die Gerichtsakte gelangt und darf/kann das Amtsgericht aus der Person des Beifahrers Schlüsse auf die Identität des Fahrzeugführers ziehen? Das AG hatte ein solches Lichtbild verwertet, in dem es seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen u. a. auch damit begründet hatte, dass die auf dem Lichtbild erkennbare Beifahrerin „mit großer Wahrscheinlichkeit die Tochter des Betroffenen“ sei.

Das OLG Oldenburg lässt offen, ob es zulässig ist, das Lichtbild ohne Unkenntlichmachung der Person des Beifahrers in die Akte der Verwaltungsbehörde und später des Gerichtes zu übernehmen , hat aber gegen die Beweiswürdigung des AG keine Bedenken:

„Der Betroffene hat insoweit gerügt, dass ein Beweisverwertungsverbot bestehe, da das Persönlichkeitsrecht der Beifahrerin tangiert sei.

Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2010, 2717 f) hat es als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden angesehen, dass die Gerichte als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO angesehen haben. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, dass bei einer Bildaufnahme, bei der Fahrer und Kennzeichen identifizierbar seien, allerdings ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliege. Die Maßnahme ziele aber nicht auf Unbeteiligte, sondern ausschließlich auf Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben hätten, da der Verdacht eines bußgeldbewehrten Verkehrsverstoßes bestehe.

Zwar bestand hier kein Verdacht gegen die Beifahrerin. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat aber auf § 100h Abs. 3 StPO verwiesen, wonach andere Personen nur betroffen sein dürfen, wenn dies unvermeidbar sei.

Da es nach Auffassung des Senates unvermeidbar ist, dass bei Anfertigung eines Fotos im Rahmen einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme auch der Beifahrer mit abgebildet wird, sieht er die Anfertigung des Lichtbildes als durch § 100h Abs. 3 StPO gedeckt an (so auch bereits Amtsgericht Herford, DAR 2010, 592 f).

Der Senat lässt offen, ob es zulässig ist, das so gefertigte Lichtbild ohne Unkenntlichmachung der Person des Beifahrers in die Akte der Verwaltungsbehörde und später des Gerichtes zu übernehmen. Geschieht dies, führt dieses zumindest nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn das Amtsgericht Schlüsse von der Person des Beifahrers auf den Fahrer zieht.

Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2009, 3293 f) hatte bei einem Sachverhalt, in dem von einem Fahrzeugführer eine verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung gefertigt worden war und die Fachgerichte als Rechtsgrundlage einen Ministerialerlass herangezogen hatten, es (nur) als zumindest möglich angesehen, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annähmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe.

Im Beschluss vom 07.12.2011 (2 BvR 2500/09) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass ein Beweisverwertungsverbot eine begründungsbedürftige Ausnahme darstelle und insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden seien, geboten sein könne (juris Rn. 117).

Von einer derartigen Eingriffsintensität ist die Vorgehensweise des Amtsgerichts weit entfernt.

Das Lichtbild ist zunächst aufgrund einer ausreichenden Rechtsgrundlage gefertigt worden. Es ist dann im Rahmen des Verfahrens, das sich gegen die Person richtete, von der verdachtsabhängig ein Lichtbild gefertigt worden ist, verwertet worden. Die Rechtsbeschwerde macht auch (lediglich) geltend, dass das Persönlichkeitsrecht der Beifahrerin tangiert sei. Demgegenüber ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen durch die Auswertung des Lichtbildes der Beifahrerin nicht in einem Maße berührt, dass insofern von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen werden müsste.

Der BGH (St 11, 213 ff) hatte in einem Fall, in dem ein Zeuge nicht über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt worden war, darauf abgestellt, dass diese Vorschrift ausschließlich auf der Achtung vor der Persönlichkeit des Zeugen beruhe. Durch den Konflikt des Zeugen werde der Rechtskreis des Beschuldigten nicht so berührt, dass ihm wegen unterbliebener Belehrung ein Revisionsrügerecht zugestanden werden könne.

So liegt es auch hier: Dass der Rechtskreis des Betroffenen hier dadurch berührt wäre, dass durch Bekanntwerden der Person der Beifahrerin seine Interessen verletzt sein könnten, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Darüber hinaus gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass „planmäßig oder systematisch“ (BVerfG vom 7.12.2011, s.o.), Fotos der Beifahrer, auf denen diese erkennbar sind, zum Zwecke der indirekten Identifizierbarkeit des Fahrers zum Gegenstand der Bußgeldakten gemacht werden.“

Aufgehoben hat das OLG dann aus einem ganz anderen Grund: Das Lichtbild war nämlich nicht Gegenstand der Hauptverhandlung (§ 261 StPO).

Im Übrigen: In einer solchen Sache braucht man – je nachdem, wer auf dem Lichtbild abgebildet ist – hier war es zum Glück 🙂 ja die Tochter – ggf. nicht nur einen Fachanwalt für Verkehrsrecht, sondern möglicherweise auch einen für Familienrecht. 🙂