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OWi II: Immer wieder Sonntags, oder: Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot

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Die zweite Entscheidung kommt mit dem OLG Köln, Beschl. v. 05.07.2019 – 1 RBs 207/19 – aus dem Rheinland. Verurteilt worden ist der Betroffene vom AG wegen „fahrlässiger Anordnung bzw. Zulassung der verbotswidrigen Teilnahme eines LKWs an einem Feiertag am öffentlichen Straßenverkehr“. Grund: Eine Frau A war am Karfreitag 2018 mit einem Lastkraftwagen, dessen Halter das Speditionsunternehmen ist, in welchem der Betroffene als Geschäftsführer arbeitet, gefahren. Das AG ist davon ausgegangen, der Betroffene habe die Fahrt zumindest fahrlässig zugelassen.

Das hat beim OLG Köln nicht gehalten:

„2. Die Rechtsbeschwerde hat aber mit der erhobenen Sachrüge Erfolg; die Verurteilung des Betroffenen wird von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen.

a) Gemäß § 30 Abs. 3 S. 1 StVO in der bis zum 18. Oktober 2017 geltende Fassung durften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5t an Sonn- und Feiertagen nicht verkehren. Diese Formulierung der Verordnung wurde so verstanden, dass sie einer bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeit auch des Fahrzeughalters jedenfalls nicht entgegenstand, die sodann – letztlich – aus Sinn und Zweck des Verbots gefolgert wurde (vgl. BayObLG VRS 70, 471 [472]; ebenso OLG Hamm B. v. 29.05.2013 – III-3 RBs 336/12 – bei Juris Tz. 9; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2016, § 30 StVO Rz. 16; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Hühnermann, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage 2018, § 30 StVO Rz. 8; HK-Straßenverkehrsrecht-Jäger, § 30 StVO Rz. 34). Ein entsprechender Bußgeldregelsatz fand (und findet) sich in lfd. Nr. 120 BKat.

b) Durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3549 ff [3550]) ist freilich der Wortlaut der Verordnung dahingehend geändert worden, dass an Sonn- und Feiertagen Lkw nicht geführt werden dürfen. Ein Fahrzeug „führt“ gängiger Definition zufolge, wer es selbst (eigenhändig) bei bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt (Hentschel/König/Dauer-König, a.a.O., 45. Auflage 2019, § 316 StGB Rz. 3; § 2 StVG Rz. 28 je m. w. N.; zu der dort gemeinten – hier nicht einschlägigen – Mitverantwortung vgl. a.a.O., § 316 Rz. 5). Das trifft auf den Fahrzeughalter nicht zu; er „führt“ das Fahrzeug in dieser Eigenschaft nicht eigenhändig (zum fahrenden Halter vgl. OLG Celle NZV 2004, 368 = VRS 107, 133). Obwohl der Verordnungsgeber ausweislich der Begründung durch die Verwendung des Verbs „führen“ (nicht – wie in BR-DRs. 556/17, S. 29 ausgewiesen – „fahren“; so aber auch BeckOK-Straßenverkehrsrecht-Ritter, 3. Edition Stand 01.04.2019, § 30 StVO Rz. 9) lediglich den ruhenden Verkehr von dem Verbot ausnehmen wollte, ist nach dem nunmehrigen Wortlaut der Verordnung der (das Fahrzeug nicht selbst führende) Halter daher nicht (mehr) Normadressat der Vorschrift (vgl. auch Ternig, NZV 2017, 497 [499]: „Somit geht es um den Fahrzeugführer“).

c) Dass der Betroffene als Halter des fraglichen Fahrzeugs dieses nicht (das wird jedenfalls nicht festgestellt) eigenhändig geführt hat, schließt freilich nicht aus, dass er sich an einem (vorsätzlichen) „Führen“ durch die Fahrerin im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 OWiG (vorsätzlich) beteiligt hat (vgl. dazu BeckOK-OWiG-Coen, 22. Edition Stand 15.03.2019, § 14 Rz. 12 ff.; s. weiter speziell zur Beteiligung an Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten KK-OWiG-Rengier, 5. Auflage 2018, § 14 Rz. 56 ff.). Der Senat vermag indessen den Urteilsgründen ausreichende Feststellungen zu einer solchen Beteiligung nicht zu entnehmen, so dass eine (bloße) Schuldspruchänderung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht in Betracht kommt. Einer solchen steht namentlich im Wege, dass das Amtsgericht von „zumindest fahrlässig(er)“ Begehung ausgegangen, eine fahrlässige Beteiligung an fremder Ordnungswidrigkeit aber begrifflich nicht möglich ist (Göhler-Gürtler, OWiG, 17. Auflage 2017, § 14 Rz. 4).

Die Zurückverweisung gibt dem Tatrichter darüber hinaus Gelegenheit, konkrete Feststellungen zur zulässigen Gesamtmasse des bislang lediglich als „LKW“ bezeichneten Fahrzeugs zu treffen.“

Fahrtenbuchauflage, oder: Wenn der Enkel mit Omas Auto fährt

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Im „Kessel Buntes“ dann heute mal wieder etwas zur Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO). Die Führung eines Fahrtenbuches nach § 31a StVZO ist lästig. Daher sind die damit zusammenhängenden Fragen in der Praxis für die Betroffenen von erheblichem Gewicht. Ich habe aber zu der Problematik schon länger nichts mehr gebracht. Daher dazu jetzt der OVG Münster, Beschl. v. 07.02.2017 – 8 A 671/16.

Das OVG Münster hat in dem Beschluss noch einmal entschieden, dass die Auferlegung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO grundsätzlich voraussetzt, dass der Halter von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß möglichst umgehend benachrichtigt wird. Aber: Das OVG nimmt zu der Frage der Angemessenheit von Ermittlungsmaßnahmen Stellung. In dem Zusammenhang weist es darauf hin, dass bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte die Bußgeldbehörde grundsätzlich davon ausgehen kann, dass die im Fahrzeugregister eingetragene Person auch tatsächlich der Halter ist, und sich auf die Anhörung dieser Person beschränken. Sie ist nicht verpflichtet, die Haltereigenschaft des Zulassungsinhabers von Amts wegen infrage zu stellen und entsprechende Aufklärungsmaßnahmen vorzunehmen. Das OVG bestätigt damit die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die als Halter denjenigen ansehen, der den Pkw auf seine Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Dies ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt. Die Verfügungsgewalt übt derjenige aus, der Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann (vgl. Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., 2015, Rn 2456 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung). War hier insofern von Interesse, weil:

Beifahrer im Pkw „baut Mist“ – Keine Fahrtenbuchauflage für den Halter

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Ich hatte im September 2015 über das VG Mainz, Urt. 15.07.2015 – 3 K 757/14.MZ berichtet (vgl. Beifahrer im Pkw „baut Mist“ – Fahrtenbuchauflage für den Halter?). In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Verfahren ging es um die Frage, ob ein Fahrtenbuch gegen den Halter eines Pkw auch verhängt weerden kann, wenn ein Beifahrer bei einer Fahrt „Mist gebaut“ hat und nicht ermittelt werden kann. Das VG Mainz hatte die Frage bejaht. Gegen das VG Mainz, Urt. v. 15.07.2015 – war dann Berufung eingelegt worden. Die Verwaltungsbehörde hatte die Fahrtenbuchauflage dann aufgehoben. Danach war der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden. In der daraufhin erlassenen Kostenentscheidung teilt das OLVG Koblenz im OVG Koblenz, Beschl. v. 10.03.2016 – 7 A 10831/15.OVG mit, was es von der VG-Entscheidung gehalten hätte, nämlich nichts/nicht viel:

„Nachdem der Beklagte die streitgegenständliche Entscheidung aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu treffende Kostenentscheidung folgt bereits daraus, dass der Beklagte anerkannt hat, die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Ungeachtet dessen hätte sich die Kostentragungspflicht auch daraus ergeben, dass die Berufung der Klägerin Erfolg gehabt hätte. Nach dem Wortlaut des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann gegenüber einem Fahrzeughalter ein Fahrtenbuch nur angeordnet werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach dessen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Zielsetzung der Verhängung eines Fahrtenbuches ist es, Gefahren zu begegnen, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964 – VII C 91.61 -, BVerwGE 18, 107). Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch vor Beginn jeder einzelnen Fahrt hinsichtlich der Insassen des Fahrzeugs nach § 31a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a StVZO lediglich den Namen, den Vornamen und die Anschrift des Fahrzeugführers einzutragen. Dies spricht dagegen, dass eine Fahrtenbuchauflage erteilt werden kann, wenn nicht der Fahrzeugführer selbst gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat.“

Also: Kosten für die Verwaltungsbehörde.

„Immer wieder Sonntags“ – gilt das Sonntagsfahrverbot

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Wenn man derzeit am Wochenende auf der Autobahn unterwegs ist, dann ist man froh, dass es ein Sonntagsfahrverbot für Lkw (§ 30 Abs. 3 Satz 1 StVO) gibt. Schleichende Wohnwagen und Wohnmobile – bestückt mit Surfbrettern und mindestens vier Fahrrädern – sorgen schon für genügend Staupotenial, das braucht es nicht noch lange Schlangen von Lkw`s. Von diesem Sonntagsfahrverbot gibt es allerdings Ausnahmen. Eine solche war einem Transportunternehmen in Schleswig-Holstein erteilt, allerdings nur für Transporte, die unvermeidlich in dem Verbotszeitraum durchgeführt werden müssen. Einer seiner Lkws wurde dann aber an einem Sonntag in Herford „erwischt“. Transportiert wurden Gestelle und Leergu. Es erging gegen den Halter ein Bußgeldbescheid. Der OLG Hamm, Beschl. v. 29.05.2013 – 3 RBs 336/13 – sagt dazu: Ja, aber….

Das Amtsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass auch der Fahrzeughalter Täter einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 25, 30 Abs. 3 Satz 1 StVO sein kann (vgl. BayObLG, VRS 70, 471). Dies bedeutet aber nicht, dass der Fahrzeughalter stets persönlich für einen Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot verantwortlich ist. Vielmehr gelten auch insoweit die von der Rechtsprechung in Bezug auf den Halter entwickelten Grundsätze (BayObLG, a.a.O.). Danach kann der Inhaber eines Betriebes seine Halterpflichten einer anderen Person nicht nur dergestalt übertragen, dass diese sie in eigener Verantwortung zu erfüllen hat; er kann sich auch bei der Erfüllung seiner Pflichten anderer als Hilfspersonen bedienen (BayObLG, a.a.O.). Entsprechend der Größe seines Betriebes hat er die organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die ein Höchstmaß an Sicherheit gegen einen vorschriftswidrigen Einsatz seiner Fahrzeuge gewährleisten (BayObLG, a.a.O. m.w.N.). Damit bleibt er zwar Normadressat; seine Verantwortlichkeit wird aber inhaltlich dahin abgeändert, dass er nur für die Auswahl geeigneter Hilfspersonen und für deren Überwachung einzustehen hat (BayObLG, a.a.O.). Art und Umfang der Überwachungspflicht hängen von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere von der Größe und der Organisation des Betriebes sowie der Zuverlässigkeit und der Fachkunde der beauftragten Aufsichts- und Hilfspersonen sowie der Fahrzeugführer (BayObLG, a.a.O.).

Ob dem Betroffenen, gemessen an diesen Grundsätzen, ein fahrlässiges Zulassen des Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot zur Last gelegt werden kann, lässt sich den Feststellungen des Amtsgerichts nicht entnehmen. Die Gründe des angefochtenen Urteils beschränken sich insoweit nur auf pauschale Ausführungen ohne konkreten Tatsachenbezug; insbesondere fehlen Feststellungen zur Organisation und zu den Entscheidungsprozessen in dem von dem Betroffenen geleiteten Betrieb.“

Also: „Immer wieder Sonntags“…..

Wohlverhalten schützt nicht vor Fahrtenbuchauflage

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Interessant für Halter von Firmen-, Dienst- und Geschäftsfahrzeugen ist der VG Düsseldorf, Gerichsbescheid v. 25.06.2012 -6 K 6286/11. Denn:

Der Halter eines Geschäftsfahrzeugs wirkt im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens an der Aufklärung des Fahrzeugführers mit, indem er denjenigen benennt, dem er das Fahrzeug überlassen hat. Das VG sagt, dass dann die Bußgeldbehörde zwar so gegen diesen vorgehen muss, als ob er der Halter wäre. Bleiben aber die gegen den Benannten gerichteten Aufklärungsmaßnahmen erfolglos, kann ein Fahrtenbuch auch gegen den kooperierenden Halter angeordnet werden.

Und: Die Erforderlichkeit der Fahrtenbuchauflage soll nicht dadurch entfallen, dass derjenige, dem das Fahrzeug zur Tatzeit überlassen gewesen ist, keinen Zugriff mehr darauf hat. Das gelte auch bei Firmen-, Dienst- und Geschäftsfahrzeugen. Also ein Art nachwirkende/zurückfallende Störerhaftung. Gibt es so etwas eigentlich im Verwaltungsrecht. da verlassen mich meine nur noch rudimentären Kenntnisse.