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Einziehung I: Bestimmung des Wertes der Tatbeute, oder: Ist der eine Silberbarren noch vorhanden?

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Heute geht es dann mal ums Geld. Aber nicht wie am Freitag – das ist erst morgen – um Gebühren, sondern um die Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB. Die damit zusammenhängenden Fragen spielen ja nach der Reform des Rechts der Vermögensabschöpfung in der Rechtsprechung eine große Rolle.

Ich habe dazu heute hier als erste Entscheidung den BGH, Beschl. v. 1 StR 332/24. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt. Es hat ferner gegen den Angeklagten und den wegen derselben Taten gleichfalls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilten Mitangeklagten G. – haftend als Gesamtschuldner – die Einziehung des Wertes von Taterträgen („Wertersatz“) in Höhe von 654.510,91 EUR angeordnet. Dagegen die Revision des Angeklagten, die hinsichtlich der Einziehungsentscheidung Erfolg hatte:

„Die Überprüfung des Straf- und Schuldausspruchs haben keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Einziehungsausspruch hält der revisionsrechtlichen Überprüfung hingegen nicht stand.

a) Bedenken begegnet bereits die Bestimmung des Wertes der von dem Angeklagten durch die gegenständlichen Taten erlangten Taterträge auf insgesamt 654.510,91 € gemäß § 73 Abs. 1 Alternative 1, § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB mit der Begründung, dass „[m]it Ausnahme der Tat vom 28.02.2023 [Fall B I 8 der Urteilsgründe] die Beute bei den übrigen Taten nicht mehr sichergestellt werden [konnte]“ (UA S. 94). Nach den Feststellungen entwendeten der Angeklagte und die weiteren Tatbeteiligten im Fall B I 3 der Urteilsgründe unter anderem „zehn Silberbarren Heraues“ (UA S. 19) und wurde bei dem Mitangeklagten „ein[e] Unze (Silberbarren)“ (UA S. 30) sichergestellt. Sollte, wozu die Urteilsgründe sich nicht verhalten, der sichergestellte Silberbarren der Tatbeute entnommen worden sein, hätte er der gegenständlichen Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alternative 1 StGB unterlegen. Sein Wert hätte nicht in die Wertbestimmung nach § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB eingestellt werden dürfen.

b) Daneben hat das Landgericht die Auswirkungen des in der Hauptverhandlung erklärten Einverständnisses mit der form- und entschädigungslosen Einziehung u.a. von Mobiltelefonen und Bargeldbeträgen in Höhe von 2.080 € durch den Angeklagten bzw. von Mobiltelefonen, des vorgenannten Silberbarrens sowie von 840 €, 40 CHF, 6 USD und 25,10 GBP durch den Mitangeklagten, das diese jeweils „zum Zwecke der Verrechnung mit dem zu leistenden Wertersatz“ (UA S. 30) erklärten, nicht bedacht.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs ist Bargeld aufgrund des erklärten Einverständnisses mit der außergerichtlichen Einziehung von dem errechneten Wertersatzbetrag in Abzug zu bringen. Durch den in dieser Erklärung liegenden wirksamen Verzicht ist der staatliche Zahlungsanspruch erloschen, so dass sich der Betrag der zu erstattenden Taterträge entsprechend vermindert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2024 – 4 StR 93/24 Rn. 13; vom 27. Februar 2024 – 5 StR 569/23 Rn. 4; vom 20. September 2022 – 1 StR 279/22 Rn. 3; vom 24. November 2021 – 4 StR 358/21 Rn. 4; vom 26. September 2019 – 5 StR 456/19 Rn. 3 f. und vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 33; jeweils mwN).

bb) Danach reduzierte sich der aus § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB erwachsene Anspruch jedenfalls um (2.080 € + 840 € =) 2.920 €. Die von dem Mitangeklagten erteilte Zustimmung zur Einziehung der bei ihm sichergestellten 840 € wirkte gemäß § 422 Abs. 1 BGB auch gegen den Angeklagten (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – 1 StR 279/22 Rn. 3 mwN).

cc) Das von dem Angeklagten und dem Mitangeklagten jeweils erklärte Einverständnis verringerte den nach § 73c StGB zu titulierenden staatlichen Zahlungsanspruch ferner insoweit, als es sich auf die bei ihnen sichergestellten Fremdwährungen erstreckte. Das Landgericht hätte daher, um den Umfang des Erlöschens bestimmen und den danach ausstehenden Restbetrag beziffern zu können, die Fremdwährungsbeträge in Euro umrechnen müssen, bezogen auf den Umrechnungskurs am Tag des Bewirkens des (teilweisen) Untergangs des Einziehungsanspruchs (anders noch BGH, Beschluss vom 11. November 2020 – 1 StR 415/20 Rn. 2). Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

dd) Entsprechendes gilt im Grundsatz für die übrigen Gegenstände, die nach den Urteilsfeststellungen den Einverständniserklärungen des Angeklagten und des Mitangeklagten unterfielen, deren Sachwerte das Landgericht jedoch nicht ermittelt hat.

(1) Allerdings ist dem Senat insoweit bereits die revisionsgerichtliche Überprüfung verwehrt, ob die Einverständniserklärungen des Angeklagten und des Mitangeklagten überhaupt geeignet waren, den staatlichen Einziehungsanspruch erlöschen zu lassen. Dies setzt zum einen ihre Auslegung als rechtsgeschäftliche, an den Justizfiskus gerichtete Willenserklärungen auf Übertragung des Eigentums an den bezeichneten Gegenständen voraus; diese Auslegung obliegt dem Tatrichter (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – 6 StR 48/21 Rn. 10). Zum anderen hätte es der Annahme eines solchen Angebots durch den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft bedurft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. März 2021 aaO und vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 12, 15 ff., 34 ff.). Zu dessen Verhalten in der Hauptverhandlung hat das Landgericht gleichfalls keine Feststellungen getroffen.

(2) Das neue Tatgericht wird dabei zugleich die Befugnis des Angeklagten und des Mitangeklagten zur Verfügung über die preisgegebenen Gegenstände in den Blick zu nehmen haben. Dies gilt zunächst hinsichtlich des bei dem Mitangeklagten sichergestellten Silberbarrens (§ 935 Abs. 1 BGB; vgl. vorstehend unter a). Betreffend den bei dem Angeklagten sichergestellten „E.-KFZ-Anhänger“ (UA S. 30) erscheint dessen Verfügungsbefugnis gleichfalls fraglich.“

Einziehung von Btm, eines Mobiltelefons, von Bitcoins, oder: Bitcoins sind mit Kurswert anzusetzen

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Und dann hier noch der AG Langenfeld, Beschl. v. 21.04.2023 – 16 Ls 8/22. Klein, aber fein zum Gegenstandswert für die Einziehungsgebühr Nr. 4142 VV RVG.

Eingezogen worden sind in einem Btm-Verfahren – Betäbungsmittel und ein Mobiltelefon sowie Bargeld. Das Besondere: Auf dem Mobiltelefon war auch die Wallet zu 1,3 Bitcoins vorhanden. Dies  war der einzige Ort, wo der Angeklagte die Wallet gespeichert hat. Geht diese verloren, sind auch die Bitcoins nichts mehr wert. Das AG hat die Bitcoins bei der Wertfestsetzung berücksichtigt:

„Der Gegenstandswert i.S.v. § 33 Abs. 1 RVG war wie tenoriert festzusetzen.

Die streitgegenständlichen Betäubungsmittel waren mit 0 € festzusetzen. Sie haben keinen Verkehrswert. Sie sind nicht verkehrsfähig. Die Herkunft ist unklar. Ein (legaler) Weiterverkauf wäre dem Verurteilten nichtmöglich gewesen. Der Verurteilte hat zudem sein Einverständnis mit einer außergerichtlichen Einziehung erklärt. Daraus ist abzuleiten, dass er den Betäubungsmitteln selbst keinen legalen Wert beimaß.

Das Bargeld war mit 1.700,00 € anzusetzen. Die 1,3 Bitcoins waren mit 33.798,57 € (Kurswert: 25.998,90 €) anzusetzen.

Die Mobiltelefone waren mit 100,00 € anzusetzen. Alter und Zustand führten dazu, dass diesen kein hoher Marktwert zu attestieren war. Der Verurteilte hat sein Einverständnis mit einer außergerichtlichen Einziehung erklärt. Daraus ist abzuleiten, dass er den Mobiltelefonen selbst keinen signifikanten Wert mehr beimaß.“

Einreise mit 395.000 € Bargeld – spricht für Geldwäsche

© Smileus - Fotolia

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U.a. gegen den Beschuldigten war ein Verfahren wegen Geldwäscheverdachts (?) anhängig. Der Beschuldigte und Mitreisende waren in die Bundesrepublik eingereist, ohne dabei mitgeführte 395.000 € Bargeld anzumelden. Diese wurden sicher gestellt. das Das Verfahren ist dann allerdings eingestellt worden. Wegen der Sicherstrellung wurde Entschädigung nach dem StrEG verlangt. Die ist im LG Dortmund, Beschl. v. 08.05.2014 – 36 Qs 32/14 unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 StrEG verwehrt worden.

„…Grob fahrlässig handelt dabei auch, wer nicht bedenkt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste oder wer ein jeglichen Regeln über das Verhalten eines ordentlichen Kaufmannes widersprechendes Geschäftsgebaren zeigt (Meyer-Goßner, a.a.O.. m. w. N.).

Diese Maßstäbe zu Grunde gelegt stellt sich das Verhalten des Beschwerdeführers und seiner Mitreisenden als grob fahrlässig dar. Denn alle drei verabsäumten es vorab nach § 12a ZolIVG die bei sich geführten Bargeldmittel ordnungsgemäß vor der Einreise anzumelden. Auch wurden die Geldmittel nicht unverzüglich nach dem Anhalten auf der Autobahn gegenüber den Beamten offen gelegt, sondern wurden erst im Rahmen einer Durchsuchung bei diesen sichergestellt bzw. auf Nachfrage offengelegt. Auch trugen alle 3 die Geldbeträge in speziellen Westen direkt am Körper.

Wer sich so bei der Einreise mit solch hohen Bargeldmengen geriert, dem muss entgegengehalten werden, dass er damit grob fahrlässig die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Geldwäsche provoziert. Sie haben damit jedenfalls einen wesentlichen Ursachenbeitrag zur Begründung eines dringenden Tatverdachts wegen Geldwäsche geleistet (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.09.1995 – 2 BvR 2475/94, 1049, 1050).

Eine Strafverfolgungsentschädigung ist in solchen Fällen ausgeschlossen. Es ist dabei auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer und seine Mitreisenden darüber hinaus keine eigenen weiteren Andeutungen gemacht haben, dass das Geld aus einer illegalen Quelle stammen könnte, da ihr Verhalten schon einen entsprechenden Schein gesetzt hatte.

Dass die Sicherstellung nicht wegen eines Verstoßes gegen das ZolIVG erfolgte, ist dabei völlig unerheblich, da der Verstoß gegen dieses jedenfalls in die allgemeine Beurteilung der Umstände zum Zeitpunkt der Sicherstellung einfließen muss…“