Heute stelle ich drei Entscheidungen zu „Kipo-Verfahren“ vor.
Ich starte mit dem BGH, Urt. v. 20.11.2024 – 2 StR 170/24. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen Unternehmens des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte verurteilt.
Dazu hatte das LG folgende Feststellungen getroffen:
„Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Mai 2022 forderte der Angeklagte eine andere, ebenfalls etwa 15 Jahre alte Geschädigte in Kenntnis ihres jugendlichen Alters zur Übersendung von Nacktaufnahmen auf. Dieser Aufforderung kam die Geschädigte nach und übersandte eine Videodatei, in welcher ihre unbekleideten Brüste im Fokus der Kamera stehen. Der Angeklagte speicherte sich dieses Video ab (Fall II.11 der Urteilsgründe).“
Auf die Revision des Angeklagten hat der BGh insoweit aufgehoben und frei gesprochen:
„a) Die hinsichtlich Fall II.11 der Urteilsgründe erfolgte Verurteilung wegen Unternehmens des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte gemäß § 184c Abs. 3 StGB wird von den Feststellungen nicht getragen; denn diese ergeben nicht, dass die Handlung des Angeklagten sich auf einen jugendpornographischen Inhalt bezog.
aa) Nach § 184c Abs. 3 StGB macht sich strafbar, wer es unternimmt, einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt. Ein jugendpornographischer Inhalt liegt vor, wenn er sexuelle Handlungen von, an oder vor einer jugendlichen Person, die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten jugendlichen Person in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer jugendlichen Person zum Gegenstand hat. Die Aufnahme des nur unbekleideten Körpers der Person erfüllt für sich diese Voraussetzungen noch nicht (BGH, Beschluss vom 21. November 2023 – 4 StR 72/23, u.a. Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 – 4 StR 342/14, BGHR StGB § 184b Abs. 1 Kinderpornographische Schrift 1 Rn. 5).
bb) Daran gemessen tragen die Feststellungen in Fall II.11 der Urteilsgründe die Annahme nicht, die Handlung des Angeklagten habe sich auf einen jugendpornographischen Inhalt bezogen. Denn den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Geschädigte in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung zu sehen oder dies vom Angeklagten beabsichtigt gewesen wäre. Seine Aufforderung bezog sich auf die Übersendung von Nacktaufnahmen, wobei eine aufreizend geschlechtsbetonte Körperhaltung nicht thematisiert wurde. Das übersandte Video zeigte die unbekleideten Brüste, die im Fokus der Kamera standen. Dies stellt keinen jugendpornographischen Inhalt dar.
cc) Da auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende, die Erfüllung des Tatbestands des § 184c Abs. 3 StGB ergebende Feststellungen getroffen werden könnten, spricht der Senat den Angeklagten im Fall II.11 der Urteilsgründe mit entsprechender Kostenfolge frei.“