Es wird ja immer wieder beklagt, dass der BGH sich nicht bzw. nicht ausreichend mit den gegen seine Rechtsprechung in der Wissenschaft vorgetragenen Bedenken auseinander setzt. Ein „schönes“ Beispiel ist m.E. der Beschl. v. 03.11.2010 – 1 StR 497/10, in dem es um die Ablehnung eines Beweisantrages ging. In dem Zusammenhnag spielten die m.E. strittigen Fragen um die sog. Konnexität eine Rolle. Der BGH geht ja davon aus, dass die Konnexität ggf. eine/die 3. Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Beweisantrag ist, zu der vorgetragen werden muss. Zu den Bedenken, die gegen diese Auffassung vorgetragen werden, kein Wort. Sondern, es wird m.E. noch eins drauf gesetzt, wenn aausgeführt wird, dass dann, wenn es – nach Auffassung des BGH – der Darlegung der Konnexität bedarf, der Antragsteller die Tatsachen, die diese begründen sollen, bestimmt zu behaupten hat.
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Richtervorbehalt: Neues zu den Anforderungen an die Revisionsbegründung
Hinsichtlich des Richtervorbehalts (§ 81a Abs. 2 StPO) ist es ja derzeit verhältnismäßig ruhig, vgl, aber hier. Jetzt hat sich allerdings das OLG Hamm dann doch noch einmal zu den Anforderungen an die Revisionsbegründung gemeldet (vgl. Beschl. v. 25. 10. 2010 – III-3 RVs 85/10) und ausgeführt, dass der Widerspruch gegen die Verwertung einer unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt gewonnenen Blutprobe durch den verteidigten Angeklagten bereits in der ersten Tatsacheninstanz erhoben werden muss. Und: Die Verfahrensrüge der Verletzung der Verfahrensvorschriften verlange die Darlegung der von der Polizei zur Begründung von Gefahr im Verzug herangezogenen Umstände. Fehle es an der gebotenen Dokumentation dieser Umstände durch die Polizei, verkürzt sich die Darlegungslast der Revision entsprechend.
Diese Entscheidung führt zu weiter erhöhten Anforderungen an die Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Mit dem ersten Leitsatz nimmt das OLG zunächst zwar nur auf die h.M. in der obergerichtlichen Rechtsprechung zu dieser der Frage Bezug (vgl. BGH NJW 2006, 707, 708; zuletzt u.a. OLG Hamm StRR 2010, 147; OLG Karlsruhe VRR 2010, 354 und OLG Schleswig-Holstein VA 2010, 193; zu allem auch VA 2010, 140), insoweit also nichts Neues. Erhöht werden die Anforderungen jedoch durch den zweiten Punkt, der den Verteidiger zwingt, darauf zu achten, ob die Ermittlungsbehörden ausreichend dokumentiert haben, warum Gefahr im Verzug vorgelegen hat. Erst dann, wenn die erforderliche Dokumentation durch die Polizei fehlt, verkürzt sich die Darlegungslast der Revision entsprechend. Die Revision muss daher entweder darlegen, dass es an einer entsprechenden Dokumentation durch die Ermittlungsbehörden fehlt oder aber deren Inhalt vortragen.
Vollrausch heißt: Richtig voll und nicht nur ein bißchen
In seinem Beschl. v. 10.11.2010 – 4 StR 386/10 hat der BGH das Verfahren gegen den Angeklagten eingestellt, soweit dieser vom LG wegen Vollrausches (§ 323a StGB) verurteilt worden war. Und zwar mit folgender Begründung:
„Soweit dem Angeklagten im Fall C II. der Urteilsgründe ein vorsätzlicher Vollrausch zur Last gelegt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus verfahrensökonomischen Gründen nach § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Urteilsgründe einen Rausch des Angeklagten im Sinne des § 323a Abs. 1 StGB nicht belegen. Der Anwendbarkeit des § 323a StGB steht zwar nicht entgegen, dass der Zustand der (möglichen) Schuldunfähigkeit nicht allein durch den Alkohol, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Ursachen herbeigeführt worden ist. Der objektive Tatbestand des § 323a Abs. 1 StGB setzt jedoch voraus, dass der Zustand des Täters seinem ganzen Erscheinungsbild nach als durch den Genuss von Rauschmitteln hervorgerufen anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1976 – 3 StR 155/76, BGHSt 26, 363, 364 ff.; Beschluss vom 18. August 1983 – 4 StR 142/82, BGHSt 32, 48, 53; Urteil vom 26. Juni 1997 – 4 StR 153/97, NJW 1997, 3101, 3102; Beschluss vom 9. Juli 2002 – 3 StR 207/02, BGHR StGB § 323a Abs. 1 Rausch 4; SSW-StGB/Schöch § 323a Rn. 10; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 323a Rn. 13). Einen solchen alkoholbedingten Rauschzustand des Angeklagten hat der Tatrichter, der im Rahmen der Beweiswürdigung vom Konsum von drei bis vier Flaschen Bier und einer leichten Alkoholisierung des Angeklagten ausgegangen ist, nicht dargetan.“
Ein bißchen betrunken sein, reicht also für den § 323a StGB nicht. Aber das haben wir ja an sich auch schon vor dieser Entscheidung gewusst…
Fast alles falsch – aber aufgehoben/zugelassen wird nicht….
Der Kollege Flauaus hatte vor einigen Tagen hier über den Beschl. des OLG Hamm v. 02.11.2010- III – 4 RBs 374/10 – berichtet, den er mit freundlicherweise für Homepage hat zukommenlassen, da esfür mich schon sehr schwierig ist, die Entscheidungssammlung dort weiter zu vervollständigen. Ich habe mir den Beschluss inzwischen angesehen. Man kann nur sagen: An der amtsgerichtlichen Entscheidungs passte aber auch fast gar nichts. Dennoch lässt das OLG nicht zu, da es davon ausgeht, dass „die festzustellenden Rechtsfehler lediglich den Einzelfall betreffen und – nach diesem Hinweis durch den Senat – eine Wiederholung nicht zu besorgen ist.“ Ob das so zutrifft, kann man nicht abschließend beurteilen, da man nicht sagen kann, ob es nun wirklich ein Einzelfall ist; dazu müsste man die „sonstige Arbeitsweise“ des Amtsrichters kennen. Andererseits: Ggf. hätte man auch aufheben können bei der Vielzahl von Fehlern. Und: Der Kollege Flauaus hat jetzt das Vergnügen :-), dem Mandanten erklären zu dürfen, dass die amtsgerichtliche Entscheidung zwra nicht ausreichend begründet ist, das aber dennoch nicht zur Aufhebung führt. Wird nicht so ganz einfach sein.
Angriffsrichtung muss erkennbar sein….
Noch dauert es ja bis der § 81a Abs. 2 StPo geändert ist, wenn es überhaupt dazu kommt. D.h.: Noch kann ggf. ein Beweisverwertungsverbot bei fälschlicher Annahme von „Gefahr im Verzug“ angenommen werden. Und noch muss man als Verteidiger die Anforderungen an die Begründung der Revision/Verfahrensrüge beachten. Daher hat auch der Beschl. des OLG Hamm v. 24.08.2010 – III 3 RBs 223/10 Bedeutung, in dem das OLG noch einmal zu den Anforderungen an die Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des Richtervorbehalts bei Anordnung einer Blutprobe Stellung genommen hat. Die Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des Richtervorbehalts wegen der Anordnung und Verwertung der Blutprobe muss danach – worauf das OLG schon früher hingewiesen hat – die genaue Angriffsrichtung eines in der Hauptverhandlung erhobenen Widerspruchs erkennen lassen, der gegen die Verwertung der aufgrund der Blutentnahme gewonnenen Beweismittel erhoben worden ist. Der Amtsrichter muss das Beweismittel nicht „aufs Blaue hin“ auf seine Verwertbarkeit untersuchen. Nicht Neues, man muss nur daran denken.