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StPO III: Keine Anfechtung der Terminsverfügung, oder: Elternzeit des Verteidigers in einer Haftsache

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Und dann als dritte und letzte Entscheidung heute der KG, Beschl. v. 15.03.2022 – 2 Ws 27/22 – zur Frage der Möglichkeit der Anfechtung der Terminierung. Ergangen ist die Entscheidungt in einem Strafverfahren gegen sechs Angeklagte – darunter solche, die vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont sind – wegen (u.a.) gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in insgesamt über 300 Fällen.  Die Anklage datiert vom 15.05.2020. Das Hauptverfahren ist unter Zulassung der Anklage (mit einigen Änderungen) am 07.05.2021 eröffnet worden.

Mit Verfügung vom 18.11.2021 hat der Vorsitzende der Strafkammer 31 Termine zur Durchführung der Hauptverhandlung ab dem 09.06.2022 bis zum 25.10.2022 anberaumt und  alle Verteidiger aufgefordert, binnen zwei Wochen Vorschläge für die Bestellung von je einem weiteren Pflichtverteidiger oder einer Pflichtverteidigerin zur Verfahrenssicherung zu unterbreiten. Am 06.12.2021 beantragte dann die Angeklagte M., mit der Hauptverhandlung erst ab dem 29.09.2022 zu beginnen und alle früheren Termine aufzuheben und ggf. notwendige weitere Termine erst nach dem 25.10.2022 anzusetzen, weil sich ihr (Wahl-) Verteidiger vom 18.03. bis zum 17.09.2022 in Elternzeit befinden werde. Mit E-Mail an ihren Verteidiger vom 17.12.2021 lehnte der Vorsitzende diesen Antrag unter Hinweis auf den Beschleunigungsgrundsatz ab.

Dagegen die Beschwerde der Angeklagten, die das KG als gemäß § 305 Satz 1 StPO unstatthaft und deshalb unzulässig angesehen und deshlab zurückgewiesen hat.

Das KG referiert die unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtsprechung zu der Frage, ob eine Anfechtung der der Terminierung statthaft ist oder nicht. Es schließt sich dann der Auffassung an, die das verneint:

„d) Der Senat ist der Auffassung, dass die Beschwerde gegen Terminsverfügungen des Vorsitzenden grundsätzlich unstatthaft ist. Die Terminierung stellt geradezu einen „Musterfall“ für den vom Gesetzgeber gewollten Ausschluss der Beschwerde nach § 305 Satz 1 StPO dar. Dem Angeklagten stehen auch ohne die (gegen den Wortlaut der Vorschrift konstruierte) Fiktion einer ausnahmsweise doch statthaften Beschwerde effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. So kann er im Falle der Verhinderung des Verteidigers sein Vorbringen ohne weiteres in der Hauptverhandlung gemäß §§ 228 Abs. 2, 265 Abs. 4 StPO im Rahmen eines Aussetzungsantrages geltend machen. Wird der Antrag zu Unrecht abgelehnt, kann der Angeklagte seine Revision auf eine Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO stützen, so dass für eine selbständige Beschwerdemöglichkeit kein Bedarf besteht (vgl. MüKo-StPO/Arnoldi, 1. Aufl., StPO, § 213 Rn. 16). In Betracht käme in anderen Fällen mangelnder Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen eines Angeklagten auch die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK).

Etwas Anderes hat nur dann zu gelten, wenn die Terminsverfügung im Revisionsverfahren nicht überprüfbar ist (z.B. weil sie die ersatzlose Absetzung der Hauptverhandlung zum Inhalt hat). Dann geht sie allerdings der Urteilsfällung auch gerade nicht voraus.“

Und/Aber:

„2. Im Ergebnis wäre die Beschwerde hier zudem unbegründet.

Der Vorsitzende hat erkannt, dass die Organisation der Hauptverhandlung in seinem Ermessen steht (vgl. KK-StPO/Gmel, 8. Aufl., StPO § 213 Rn. 1). Er hat in seinem Schreiben an den Verteidiger der Angeklagten das von ihm ausgeübte Ermessen erläutert und seine Abwägungsentscheidung sachlich mit dem Beschleunigungsgrundsatz in Straf- und – insbesondere – in Haftsachen und der Rücksicht auf die Interessen der weiteren Verfahrensbeteiligten begründet. Die von der Verteidigung vertretene Auffassung, die von ihr erstrebte Verzögerung des Beginns der Hauptverhandlung von über drei Monaten sei „allenfalls marginal“, ist gerade mit Blick auf die bereits eingetretenen Verzögerungen nicht nachvollziehbar.“

Verzicht auf die Fahrerlaubnis, oder: Wirksamkeit einer Anfechtung

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Im Kessel Buntes heute dann seit längerer zeit mal wieder zwei verwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Zunächst stelle ich den OVG Saarland, Beschl. v. 13.05.2020 – 1 A 57/20 – vor. Er behandelt einen Verzicht auf die Fahrerlaubnis, der den Fahrerlaubnisinhaber dann gereut hat. Er hat den verzicht angefochten. Aber: Ohne Erfolg:

„Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die bei sachgerechter Auslegung auf die Feststellung gerichtete Klage, dass der Kläger als Folge der Anfechtung seiner Verzichtserklärung weiter im Besitz der Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, AM, B und L sei, mit der Begründung abgewiesen, dass die Fahrerlaubnis des Klägers aufgrund der gegenüber dem Beklagten abgegebenen Verzichtserklärung vom 23.3.2017 mit sofortiger Wirkung erloschen und die Verzichtserklärung nicht erfolgreich gemäß § 142 Abs. 1 BGB angefochten worden sei.

Das gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung vom 17.3.2020 rechtfertigt die begehrte Zulassung des Rechtsmittels nicht.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 1 VwGO) ergibt sich aus diesen Darlegungen nicht.

Die Behauptung des Klägers, ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis könne von Seiten der Behörde nicht verlangt werden, weil ein solcher gesetzlich nicht vorgesehen sei, übersieht, dass der Verzicht auf eine Fahrerlaubnis in § 2a Abs. 1 Satz 6 StVG genannt und dort mit der Entziehung der Fahrerlaubnis gleichgestellt ist (vgl. auch § 29 Abs. 5 Satz 1, 28 Abs. 3 Nr. 7 StVG). Dies zeigt, dass durch den Verzicht das die Fahrerlaubnis einräumende Rechtsverhältnis als beendet angesehen wird, wenn gegenüber der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde ein solcher erklärt wird.1

Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger auf seine Fahrerlaubnis wirksam verzichtet und diesen Verzicht auch nicht erfolgreich angefochten hat.

Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass eine gegenüber einer Behörde abgegebene öffentlich-rechtliche Willenserklärung, wie hier der Verzicht auf eine Fahrerlaubnis, anfechtbar ist.2 Die Einwände des Klägers gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ihm – was hier allein in Betracht kommt – kein Anfechtungsgrund gemäß § 119 Abs. 1 BGB zur Seite steht, greifen jedoch nicht durch.

Mit der in den Zulassungsgründen vorgebrachten Behauptung, er habe keine weitergehende Erklärung als den vorübergehenden Verzicht auf die Fahrerlaubnis, ähnlich einem Fahrverbot, abgeben wollen, macht der Kläger einen Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 1. Alt. BGB geltend, bei dem zwar der äußere Tatbestand dem Willen des Erklärenden entspricht, dieser sich jedoch über die Bedeutung und die Tragweite seiner Erklärung irrt.3 Dieses Vorbringen ist schon deshalb unglaubhaft, weil der Kläger in der durch seinen Prozessbevollmächtigten abgegebenen Anfechtungserklärung vom 16.1.2018 gegenüber dem Beklagten noch eine ganz andere Version vorgetragen hat. Danach sei er bei seiner Erklärung davon ausgegangen, dass er auf das körperliche Dokument verzichte, das er verloren habe, der Verzicht sei nur auf den Besitz des Dokuments gerichtet gewesen, nicht hingegen auf den Besitz einer Fahrerlaubnis als Recht zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Beide Vorstellungen über sein angebliches Verständnis der von ihm abgegebenen schriftlichen Erklärung sind nicht miteinander in Einklang zu bringen. Der behauptete Irrtum über die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung ist außerdem wegen des allgemein verständlichen, klaren und eindeutigen Wortlauts der Formularerklärung vom 23.3.2017 nicht nachvollziehbar. Wie er dieser gut lesbaren und übersichtlich abgefassten Verzichtserklärung einen in Gänze dem Wortlaut widersprechenden Sinn beizulegen vermochte, hat der Kläger nicht glaubhaft dargelegt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger mit seiner Unterschrift zugleich die im Text vorgegebene Erklärung abgegeben hat, ihm sei bekannt, dass er ab sofort keine fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Straßen führen darf, da er sich andernfalls strafbar mache. Hieraus ergibt sich unmissverständlich, dass mit der Erklärung auf die Fahrerlaubnis dauerhaft verzichtet wird.

Fehl geht die Behauptung des Klägers, dass es für eine derart weitreichende Erklärung weder Gründe noch eine Veranlassung gegeben habe. Der Kläger hat sich bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 1.12.2016 selbst als Alkoholiker bezeichnet und eingeräumt, dass er sich schon mehrfach wegen massiven Alkoholmissbrauchs in die geschlossene Psychiatrische Klinik der Universität B-Stadt begeben habe. Auf einen solchen Alkoholmissbrauch weist auch der Vorfall vom 8.11.2016 hin, bei dem der Kläger einen Blutalkoholgehalt von 4,17 bzw. 4,07 ‰ innehatte. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat das Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr unter dem 20.12.2016 nur deshalb eingestellt, weil in dem Zeitpunkt, als der Kläger mit seinem Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr gefahren ist, der Alkoholisierungsgrad nicht gerichtsverwertbar quantifiziert werden konnte. Gleichwohl liegen Zeugenaussagen vor, die bestätigen, dass der Kläger in zumindest angetrunkenem Zustand ein Kraftfahrzeug geführt habe. Maßgeblich tritt hinzu, dass allein der am 8.11.2016 festgestellte Blutalkoholgehalt, der nur durch den selbst zugestandenen hohen Grad der Gewöhnung an große Mengen Alkohol zu erklären ist, im Sinne der §§ 46 Abs. 3, 13 S. 1 FeV Zweifel an der Kraftfahreignung des Klägers begründet. Von daher gab es gute Gründe dafür, dass der Beklagte die Frage der Fahreignung aufklären wollte. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass der Beklagte dem Kläger nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist mit weiterem Schreiben vom 15.3.2017 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört und ihm angezeigt hat, im Falle eines freiwilligen Verzichts auf die Fahrerlaubnis von einem kostenpflichtigen Entzugsbescheid abzusehen, und der Betreuer des Klägers mit Schreiben vom 20.3.2017 gegenüber dem Beklagten kundgetan hat, dass er auf den Kläger mit dem Ziel einwirken werde, freiwillig eine Verzichtserklärung abzugeben. Wie der Kläger bei dieser Sachlage behaupten kann, es hätte keine Veranlassung zur Abgabe der Verzichtserklärung gegeben, ist schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar.

Ebenso wenig verfängt die Behauptung des Klägers, dass er als polnischer Staatsbürger der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei. Hierzu weist der Beklagte mit Recht darauf hin, dass von diesem – ohnehin unsubstantiierten -Vorbringen erstmals im Zulassungsverfahren die Rede ist und dieser Vortrag auch deshalb nicht überzeugt, weil der Kläger bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 1.12.2016 in deutscher Sprache vernommen wurde. Zudem hat der Kläger in der Klageschrift darauf hingewiesen, dass er von seinem Betreuer zu der Erklärung gedrängt worden sei. Dies lässt den Schluss zu, dass der Betreuer mit dem Kläger über die Verzichtserklärung gesprochen und ihm dabei auch den Inhalt der Erklärung vor Augen geführt hat.

Soweit sich der Kläger noch ergänzend auf einen Erklärungsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB beruft, ist ein solcher ersichtlich nicht gegeben. Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn schon der äußere Erklärungstatbestand nicht dem Willen des Erklärenden entspricht, dieser sich zum Beispiel verspricht oder verschreibt,4 was beim Kläger indes nicht der Fall ist.

Auf das Vorliegen der sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen, insbesondere die Frage, ob die erst am 16.1.2018 abgegebene Verzichtserklärung noch innerhalb der Frist des § 121 Abs. 1 BGB erfolgt ist, kommt es nach alledem nicht mehr an.“

Der BGH ist für Reichsbürger nicht zuständig……

© eyetronic Fotolia.com

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Gerade auf der Homepage des BGH eingestellt ist der BGH, Beschl. v. 07.07.2016 – 2 ARs 209/16. Es geht um die „sofortige Beschwerde“ gegen eine Kosten- und Auslagenentscheidung des LG, das diese nach einer Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO gegen den (ehemaligen) Angeklagten getroffen hat.

Bei dem Angeklagten dürfte es sich um einen „Reichsbürger“ handeln. Dafür spricht die Formulierung im BGH, Beschl.:  „Er betrachtet sich nicht als Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland und bestreitet die Legitimation der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland zur Rechtsprechung in seinen Angelegenheiten.

Vom ehemaligen Angeklagten war „sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof“ eingelegt. Das LG hat die Akten dem BGH übersandt. Der hat das Verfahren an das LG zurückgegeben:

„Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO ist mangels Beschwer grundsätzlich nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1956 – 1 StR 337/56, BGHSt 10, 88, 91). Nur für Ausnahmefälle wird eine Anfechtungsmöglichkeit in Betracht gezogen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. November 1995 – 1 Ws 205/95, NJW 1996, 866). Die Kosten- und Auslagenentscheidung ist ebenfalls nicht anfechtbar (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2002 – 2 BvR 1965/01, NJW 2002, 1867). Auch hiervon wird in besonderen Fällen eine Ausnahme in Betracht gezogen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. Dezember 1982 – 2 Ws 199/82, NStZ 1983, 328). Ob hier ein Ausnahmefall vorliegt (vgl. zur Argumentation der „Reichsbürgerbewegung“ Caspar/ Neubauer LKV 2012, 529 ff.; Werner DRiZ 2016, 130 f.), ist nicht vom Bundesgerichtshof zu prüfen, denn dieser besitzt im vorliegenden Fall keine sachliche Zuständigkeit als Beschwerdegericht. Daher ist die Sache an das Landgericht zurückzugeben, das ein Abhilfeverfahren durchzuführen und die Beschwerde danach gegebenenfalls dem Kammergericht vorzulegen hat.“

Also: Der BGH ist für „Reichsbürger“ – jedenfalls in diesem Fall – nicht zuständig. Nun ja, die Entscheidung beruht nicht darauf, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen „Reichsbürger“ gehandelt hat, sondern mit dem allgemeinen Instanzenzug bei Einstellungen nach § 154 Abs. 2 StPO. Warum das LG dem BGH vorgelegt hat, erschließt sich mir nicht.

Die Stinkbomben im Bordell – können teuer werden

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Das Leben liefert doch die schönsten Sachverhalte, manche sind so schön, dass man sie nicht erfinden kann. So der, der dem OLG Koblenz, Urt. v. 15.01.2014 -5 U 1243/13 – zugrunde gelegen hat; passt ganz schön zu „Weiberfastnacht“ 🙂 , und zwar:

Die Beklagte vermietet Zimmer an Prostituierte. Dort warf der Kläger an zwei Tagen Stinkbomben. Es gelang der Beklagten, ihn zu identifizieren, nachdem sie in ihrer Videoüberwachungsanlage gespeicherte Fotos seiner Person ins Internet gestellt hatte. Der Versuch, den Kläger dann in seiner Wohnung zur Rede zu stellen, schlug fehl. Danach kam es aber zu einem Gespräch mit einem Generalbevollmächtigten der Beklagten (!!) und nachfolgend zu einem gemeinsamen notariellen Termin, bei dem der Kläger im Hinblick auf die durch sein Verhalten entstandenen Schäden ein auf 12.000 € nebst Zinsen lautendes Schuldanerkenntnis gegenüber der Beklagten unterzeichnete und sich deswegen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterwarf. Die Beklagte versprach in derselben Urkunde, die Fotos des Klägers aus dem Internet herauszunehmen und alle über den Kläger gespeicherten Daten unter Verschluss zu halten. Des Weiteren sollten die gegen ihn gestellten Strafanträge zurückgezogen werden, sobald er seine Zahlungszusage erfüllt hatte. Jetzt streiten Kläger und Beklagte um das notarielle Schuldanerkenntnis. Der Kläger will, dass die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt wird. Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr dann stattgegeben. Begründung:

a) Der Kläger hat innerhalb des Rechtsstreits die Anfechtung wegen Drohung erklärt und dazu erläutert, er sei insbesondere durch die Veröffentlichung seiner Fotos im Internet hochgradig unter Druck gesetzt worden. Mit dieser Erklärung, die den inhaltlichen Anforderungen des § 143 Abs. 1 BGB (vgl. dazu Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 143 Rn. 3) genügte und innerhalb der Frist des § 124 BGB erfolgte, ist das am 28.01.2013 gegebene Zahlungsversprechen hinfällig geworden (§ 142 Abs. 1 BGB); denn der Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB ist erfüllt.

b) Das streitige deklaratorische Schuldanerkenntnis wurde durch unzulässig ausgeübten Zwang veranlasst. Dieser Zwang ging von der – möglicherweise nicht wörtlichen, aber nach den Umständen zumindest konkludent vermittelten – Ankündigung der Beklagten aus, die laufende Veröffentlichung der Fotos des Klägers erst dann zu beenden, wenn dieser die notarielle Verpflichtungserklärung abgab. Ein entsprechender Zusammenhang wird aus dem Urkundstext selbst deutlich, demzufolge die Herausnahme der Fotos aus dem Internet als Gegenleistung zum Schuldanerkenntnis des Klägers ausgestaltet wurde. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte zum Ausdruck gebracht hätte, auch ohnedies – nämlich im Sinne einer eigenständigen, von jeder Verknüpfung mit dem Verhalten des Klägers freien Vorleistung – zu einem solchen Schritt bereit zu sein. Ein dahingehendes, nach außen gerichtetes Signal gibt auch die in ihrem nachgereichten Schriftsatz aufgestellte Behauptung, sie sei willens gewesen, die Verbreitung der Aufnahmen mit der Entdeckung des Klägers zu beenden, nicht zu erkennen. Von daher besteht kein Anlass, deshalb die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Das gilt umso mehr, als die Behauptung angesichts des gegenläufigen tatsächlichen Verhaltens der Beklagten der Plausibilität entbehrt.

Indem die Beklagte die notarielle Zahlungszusage des Klägers durch den Hinweis auf die ansonsten fortdauernde Publikation der Fotos herbeiführte, übte sie eine widerrechtliche Drohung aus, weil die Veröffentlichung gegen das Gesetz verstieß und unabhängig von jedwedem Entgegenkommen des Klägers hätte beendet werden müssen (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 123 Rn. 16). Die Publikation war gemäß § 22 KunstUrhG verboten und damit ohne Weiteres zu unterlassen. Die Vorschrift gestattet die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen einer Person nur mit deren Erlaubnis, an der es im vorliegenden Fall fehlte.

c) Es bedarf keiner Auseinandersetzung mit der Auffassung des Landgerichts, die Beklagte habe ein legitimes Interesse daran gehabt, „denjenigen ausfindig“ zu machen, „der die Stinkbomben im Bordell zerplatzen ließ“, „nicht zuletzt, um weitere Anschläge zu vermeiden“. Selbst wenn man darin – was aus der Sicht des Senats freilich eher fern liegt – primär einen Rechtfertigungsgrund gemäß § 227 BGB oder § 34 StGB (zu dessen Anwendung im Zivilrecht vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 227 Rn. 10) sähe, war für einen solchen Rechtfertigungsgrund jedenfalls kein Raum mehr, nachdem die Beklagte die Identität des Klägers ermittelt hatte und dessen Urheberschaft feststand. Diese Situation war bei der Errichtung der notariellen Urkunde längst eingetreten.

Ich will in die Unterbringung…

Liest man ja auch nicht so häufig, dass Revision nur eingelegt wird, weil die Unterbringung des Angeklagten in der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht angeordnet worden ist; verstehen kann man es grds., wenn die Unterbringung dem Knast vorgezogen wird. So aber z.B. im BGH, Beschl. v. 29.08.2011 – 5 StR 329/11, vgl. auch noch hier. Dazu, dass das nicht geht, führt der BGH aus:

Das Rechtsmittel ist bereits mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 21. März 1979 – 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f., und vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschlüsse vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7, und vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Revisionsschrift entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts neben der ausdrücklich und insoweit aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht ordnungsgemäß nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhobenen Verfahrensrüge auch die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts entnommen werden könnte.“