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AG Tiergarten: Poliscan Speed? Mich überzeugt das Messverfahren auch nicht.

Da hat mir eine Kollege mal wieder eine Entscheidung zu PoliscanSpeed zukommen lassen, in der nun das dritte AG in neuerer Zeit davon ausgeht, dass Poliscan Speed kein standardisiertes Messverfahren ist (vgl. dazu schon AG Herford – Poliscan Speed? – “Mich überzeugt dieses Messverfahren nicht” und AG Aachen, Urt. v. 10.12.2012 – 444 OWi-606 Js 31/12-93/12). Auch das AG Tiergarten ist nun im AG Tiergarten, Urt. v. 13.06.2013 – (318 OWi) 3034 Js-OWi 489/13 (86/13) – der Auffassung, dass es sich bei der Messung mit einem Messgerät Poliscan Speed der Fa. Vitronic nicht um ein standardisiertes Messverfahren handelt. Und das Ganze mit einer m.E. lesenswerten Begründung, aus der man als Verteidiger sicherlich das ein oder andere Argument klauen kann. M.E. lesenswert.

Und – zum Nachdenken für die PTB :-): „In diesem Zusammenhang muss hinterfragt werden, ob die PTB ihrer Aufgabe bei der Überwachung der Zulassung der Geräte tatsächlich nachgekommen ist.

Ob das Urteil rechtskräftig geworden ist/wird, weiß ich nicht. Bin mal gespannt, wie das KG damit ggf. umgeht. M.E. kann man da nicht einfach schreiben: Hat die Zulassung der PTB, daher standardisiert.

Richtig oder falsch – jedenfalls kann es um viel Geld gehen, oder: Folgen eines Umzugs

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Manchmal muss man eine Entscheidung zweimal lesen, und dann ist man sich immer noch nicht sicher, ob sie richtig ist oder nicht. So m.E. den AG Tiergarten, Beschl. v. 06.09.2012 – (283 Ds) 1 OP Js 1265/10 (246/10), der eine gebührenrechtliche Frage behandelt, die – und da hat der Kollege, der mir den Beschluss geschickt hat, Recht – bisher in der Rechtsprechung noch nicht entschieden ist.

In der Sache ging es um einen Pflichtverteidiger, der in Berlin seinen Kanzleisitz hat, dort beigeordnet wird, dann aber seinen Sitz nach Köln verlegt. Er vertritt den Angeklagten weiter, reist von Köln an und macht die Reisekosten als Auslagen geltend. Der Rechtspfleger setzt sie ab, das AG gewährt sie dem Pflichtverteidiger mit der Begründung:

„Hiergegen wendet sich der Pflichtverteidiger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 27.06.2012. Diese ist als fristgerecht eingelegte Erinnerung zu behandeln (§ 56 RVG) und hat im wesentlichen Erfolg, da der Ausschlusstatbestand der Vorbemerkung 7 Abs. 3 Satz 2 VV-RVG auf den Auslagenersatzanspruch eines Pflichtverteidigers unanwendbar ist. Die Auslegung der Vorbemerkung 7 VV-RVG belegt eindeutig, dass diese von einem zivilrechtlichen Auftragsverhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber ausgeht. Dies zeigt Absatz 1 der  Vorbemerkung in dem auf die Aufwendungsersatzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Bezug genommen wird. Das Verhältnis des Staates zum Pflichtverteidiger ist jedoch kein zivilrechtliches Auftragsverhältnis sondern ein öffentlich-rechtliches Pflichtverhältnis.

Auch eine analoge Anwendung des Vorbemerkung 7 VV-RVG auf das Pflichtverteidigerverhältnis kommt nicht in Betracht. Die vom Pflichtverteidiger geltend gemachten Auslagen für Reisekosten etc. sind nach dem RVG grundsätzlich erstattungsfähig . Der Ausschlusstatbestand der Vorbemerkung 7 Abs. 3 VV-RVG stellt damit eine Ausnahmeregel dar. Zwar können auch Ausnahmeregeln grundsätzlich analogiefähig sein. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Analogie sich in den Grenzen der Wertung des Grundtatbestandes bewegt und dass mit ihr die Ausnahme nicht zur Regel erhoben wird. Das zivilrechtliche Auftragsverhältnis Mandant — Rechtsanwalt unterscheidet sich aber grundlegend vom öffentlich— rechtlichen Pflichtverhältnis Staat — Pflichtverteidiger. Dies zeigt sich bereit bei Begründung und Beendigung beider Verhältnisse. Während der Mandant in der Wahl seines Vertragspartners völlig frei ist und sowohl Anwalt wie auch Mandant das Verhältnis grundsätzlich jederzeit durch Kündigung beenden können verhält es sich bei der Pflichtverteidigung anders. Schon bei deren Begründung können dem Auswahlermessen des beiordnenden Richters durch die Benennung eines Anwaltes durch den Angeschuldigten enge Grenzen gesetzt werden. Auch die Beendigung einer Pflichtverteidigung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Auch die Höhe der Vergütung des Anwaltes fällt in beiden Konstellationen unterschiedlich aus. Insgesamt unterscheiden sich beide Verhältnisse daher derart, dass keine Möglichkeit einer analogen Anwendung der Vorbemerkung 7 VV-RVG auf das Pflichtverteidigerverhältnis möglich ist.“

Richtig oder falsch, das ist die Preisfrage. Die Argumentation des AG ist m.E. nicht zwingend. Aus dem Wortlaut der Vorbem. 7 VV RVG ergibt sich m.E. auch nicht, dass die Regelung nur für das Zivilrecht pp. gilt. M.E. muss man hier doch wohl anders argumentieren/vorgehen: Wenn der Pflichtverteidiger nach Beiordnung seinen Sitz verlegt, dann stellt sich die Frage, ob er ggf. zu entpflichten ist, was nicht ganz einfach sein dürfte. Wenn er aber nicht entpflichtet wird, dann sind ihm auch die Fahrt-/Reisekosten für die Anfahrt von seinem (nun auswärtigen) Kanzleisitz zum Gerichtsort zu erstatten (§ 46 RVG).

Bin gespannt, was das LG Berlin aus der Sache macht. Denn die Staatskasse wird den Beschluss wohl kaum rechtskräftig werden lassen. Denn es kann um viel Geld gehen. Man stelle sich nur vor, dass die Hauptverhandlung an mehreren Tagen stattfindet, zu denen der Verteidiger anreist…

 

Hut ab vor diesem Präsidenten, oder: Nicht immer gilt für die Dienstaufsichtsbeschwerde „f+f+f“

Der Kollege Hoenig hat vor einigen Tagen vom Richter K. in Berlin berichtet (vgl. hier und auch noch hier). Über ihn bzw. ein von ihm stammendes Urteil des KG hatten wir ja auch schon vor einiger Zeit Ausführungen gemacht (vgl. hier).

Nun berichtet der Kollege Hoenig über die Antwort des Präsidenten des AG Berlin-Tiergarten auf seine Dienstaufsichtsbeschwerde (vgl. hier), in der der Präsident in der Tat „Deutliche Worte an Richter K.“ gefunden und auch geäußert hat. Zu Recht weist der Kollege darauf hin, dass das etwas Besonderes ist. Und das ist es. Denn i.d.R. sind Präsidenten auf Dienstaufsichtsbeschwerden nicht so offen und „verstecken“ sich gern hinter Art. 97 GG oder den §§ 25 f. DRiG und tragen die richterliche Unabhängigkeit auf einer Fahne vor sich her.

Ich räume ein: So ganz einfach ist die Abgrenzung zur richterlichen Unabhängigkeit ja auch nicht und es ist ein schmaler Grad, aber manchmal würde man sich schon mehr so offene Worte, wie sie jetzt der Präsident des AG Berlin-Tiergarten gefunden hat, wünschen. Nicht vornehmlich im Interesse der Verteidiger, sondern im Interesse der Beschuldigten und Betroffenen, die manchmal (zu Recht) fassungslos sind, wie mit ihnen und ihren Rechten umgegangen wird.

Zudem: Der Vorgang ist ein – wie es auch der Kollege Hoenig sieht – schönes Beispiel, dass für Dienstaufsichtsbeschwerden eben nicht unbedingt die „Drei F“ gelten: Form-, frist und fruchtlos. 😉

AG Tiergarten: Gebühren bei Abtrennung von Verfahren

Hier mal wieder eine richtige und auch interessante Entscheidung eines AG zu den Gebühren bei Trennung von Verfahren. Da zögern Rechtspfleger häufig. Steckt ja auch eine Menge Geld drin. Nachzulesen hier beim AG Tiergarten