Schlagwort-Archive: AG Köln

OWi II: Nochmals: Umweltzone, oder: Parken ohne Plakette

entnommen wikimedia.org
Urheber Jojo659

Ich hatte im vorigen Jahr über den AG Marburg, Beschl. v. 25.02.2018 – 52 OWi 2/18 berichtet (vgl. Umweltzone, oder: Parken ohne Plakette). Das AG hatte die Vorschrift des Verkehrszeichen 270.1 gem. § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO restriktiv ausgelegt und ausgeführt, dass sie nicht (auch) den ruhenden, sondern ausschließlich den fließenden Verkehr betrifft. Anders jetzt das AG Köln im AG Köln, Beschl. v.02.05.2019 – 813 OWi 5/19 (B):

„Der Betroffene ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen pp.

Dieses Fahrzeug war am 14.04.2018 gegen 14.05 Uhr auf der Von-Gablenz-Straße gegenüber der Design Postin einer Umweltzone (Zeichen 270.1) geparkt, ohne die erforderliche Plakette aufzuweisen.

Der Betroffene hat in dem Bußgeldverfahren keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht. Das Bußgeldverfahren ist daraufhin eingestellt worden. Mit Kostenbescheid vom 17.07.2018 sind die Kosten des Verfahrens dem Betroffenen auferlegt worden. Dieser Bescheid ist ihm am 21.07.2018 zugestellt worden.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit dem am 30.07.2018 bei der Verwaltungsbehörde eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Er beruft sich insoweit mit Schreiben vom 11.03.2019 auf die Rechtsauffassung des AG Marburg, Urteil vom 26.02.2018 – 52 OWi 2/18, wonach keine Haftung des Halters bei Halten oder Parken des PKW in der Umweltzone ohne grüne Plakette bestehe.

Diese Rechtsansicht wird nicht geteilt. Die Vorschrift des § 25a findet auch Anwendung für Parkvorgänge, wenn ohne Umwelt-/Feinstaubplakette in einer durch Zeichen 270.1 ausgewiesenen Umweltzone geparkt wurde. Dem ruhenden Verkehr (Halt- oder Parkverstoß) zuzurechnen ist das Verkehrsverbot Z 270.1 (Umweltzone), mit der Folge, dass ein Halten oder Parken in einer Umweltzone ohne Plakette auch als Anlassordnungswidrigkeit in Betracht kommt (AG Dortmund ZfSch 14, 474; VerfGH Berlin DAR 14, 191; AG Tiergarten DAR 08, 409; Carsten in NK Haus/Krumm/Quarch § 25a Rn 4; König in Hentschel/König/Dauer § 25a Rn 5; aA Janker in der Vorauflage mit Verweis auf AG Hannover NZV 11, 53 u AG Frankfurt DAR 09, 593). Die gegenteilige Auffassung war für die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der 46. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zum 1.9.09 durchaus zutreffend, jedoch hat der Gesetzgeber in der Begründung deutlich . gemacht, dass das Verkehrsverbot des Zeichens 270.1 sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr umfasst, um eine unterschiedliche Auslegung auszuschließen, insbesondere sollte sichergestellt werden, dass auch im ruhenden Verkehr festgestellte Verstöße geahndet werden, was eine Kostentragungspflicht nach § 25a nach sich zieht (BRDrs 153/09 (B) S. 9 f, BHHJ/Hühnermann, 25. Aufl. 2018, StVG § 25a Rn. 2-13).“

Einstellung des Bußgeldverfahrens, oder: „Bewertung der … Sachaufklärung“ ist keine „Änderung der … Tatsachen“

© vege- Fotolia.com

Und als zweite Entscheidung dann ein Beschluss des AG Köln mit zumindest gebührenrechtlichem Einschlag. Es geht im AG Köln, Beschl. v. 22.10.2018 – 585 OWi 234/18 – nämlich um die Frage: Wer trägt die notwendigen Auslagen des Betroffenen?, nach Einstellung des Bußgeldverfahrens durch die Verwaltungsbehörde. Die Stadt Köln hatte die in ihrer Kostenentscheidung dem Betroffenen „auferlegt“. Das hat das AG anders gesehen:

„Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war zulässig und begründet.

Es liegt kein Fall des § 109a II OWiG vor, da die Einstellungsentscheidung nicht auf verspäteten und erforderlichen Sachverhaltsangaben der Betroffenen beruht, sondern auf einer erneuten rechtlichen Prüfung durch die Behörde. Die durch den Anwalt der Betroffenen vorgetragene Einspruchsbegründung, der Tatnachweis sei nicht geführt, stellt bereits keine Angabe eines Sachverhaltes oder ein Bestreiten dar. Vielmehr ist es eine rechtliche Einschätzung des bislang dargestellten Beweisstandes, den anscheinend die Behörde übernommen hat. Es handelt sich somit nicht um eine Änderung der zu Grunde liegenden Tatsachen, sondern um eine andere Bewertung der durchgeführten Sachaufklärung.

Es liegt auch kein Fall des § 109 Abs. 1 OWiG vor, da der Betroffenen ein Bußgeld über 10 € angedroht worden ist.“

Dem Kollegen CH. Schepers aus Pulheim herzlichen Dank für die Übersendung der Entscheidung. Herzlichen Dank auch allen anderen Kollegen, die mir im Laufe des Jahres Entscheidungen zum RVG übersandt haben. Ich habe sie (fast) alle hier vorgestellt bzw. sie werden noch vorgestellt. Ich freue mich auf viele RVG-Entscheidungen im Jahr 2019. Let´s come 🙂 .

Deckungszusage gilt, oder: Treuwidriges Verhalten der Rechtsschutzversicherung

© fotomek – Fotolia.com

Am heutigen „Gebührentag“ zunächst eine Entscheidung, die nicht unmittelbar etwas mit Gebühren zu tun hat, mittelbar aber dann doch. Behandelt wird im AG Köln, Urt. v. 04.06.2018 – 142 C 59/18 – die Klage einer Rechtsschutzversicherung, die von den beklagten Rechtsanwälten aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung verlangt hat.

Das AG hat die Klage wegen treuwidrigen Verhaltens der RSV abgewiesen. Nach dem Sachverhalt hatte der Versicherungsnehmer der RSV nach seiner Entlassung die Beklagten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen vor den Arbeitsgerichten betraut. Diese haben den Versicherungsnehmer vor dem ArbG und dem LAG vertreten und hatten dort keinen Erfolg. Einer der beklagten Rechtsanwälte hat dann um Deckungsschutz für eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG gebeten. Die Klägerin – die RSV – hatte sich mit der Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde einverstanden erklärt. Die daraufhin eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG als unzulässig verworfen. Die Klägerin, die für sämtliche Instanzen die Rechtsverfolgungskosten vorab an die Beklagten gezahlt hatte, verlangte nun die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG zurück. Begründung: Die von den Beklagten erhobene Nichtzulassungsbeschwerde sei von Anfang an aussichtslos gewesen, da die Beklagten verkannt hätten, dass eine sog. Divergenzbeschwerde nicht mit einer unterschiedlichen Sachverhaltsbewertung zweier LAG begründet werden könne. Diese Verkennung stelle eine anwaltliche Pflichtverletzung dar, so dass der Klägerin gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers ein Schadenersatzanspruch in Höhe der verauslagten Kosten zustehe. Dazu das AG:

„Der Inanspruchnahme der Beklagten aus einem auf die Klägerin übergegangenem Schadenersatzanspruch wegen Anwaltspflichtverletzung gemäss § 280, 281 BGB steht bereits dem Grunde nach entgegen, dass sich die Inanspruchnahme der Beklagten als treuwidrig erweist.  Der Klägerin ist es verwehrt, sich auf einen Anwaltsfehler wegen fehlender Erfolgsaussicht zu berufen, da sie in Kenntnis des Sach- und Streitstandes vor Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde Deckungsschutz gewährte und damit einen Vertrauenstatbestand gemäss § 242 BGB schaffte.

Die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, durch welche ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Durch sie werden Einwendungen und Einreden ausgeschlossen, die dem Rechtsschutzversicherer bei Abgabe der Zusage bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnen musste. Ausweislich des § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB ist der Versicherer verpflichtet den Umfang des bestehenden Versicherungsschutzes zu bestätigen (van Bühren/Plote/Hillmer-Möbius, ARB Rechtsschutzversicherung, 3. Aufl. 2013, § 17 ARB, Rn. 30). Über den Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB hinaus muss die Ablehnung schriftlich erfolgen (BGH r+s 2003, 363; OLG Frankfurt a. M., r+s 1997, 420;OLG Düsseldorf, r+s 2001, 198 (199);OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Die Ablehnung der Deckungszusage muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Teilt der Rechtsschutzversicherer seinen Willen zur Ablehnung der Deckungszusage nicht unverzüglich mit, verliert er das Recht, sich auf fehlende hinreichende Erfolgsaussicht, Mutwilligkeit oder andere Ablehnungsgründe zu berufen (BGH, r+s 2003, 363 (365); OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Der Rechtschutzversicherer legt sich somit bei Erteilung der Deckungszusage in der Bewertung der ihm bei Prüfung bekannten Umstände in dem Umfang fest wie er dies schriftlich niederlegt. Verbleiben ihm Zweifel hat er dies durch Vorbehalte zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn die Deckungszusage in erster Linie das Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer betrifft und damit vor allem den Versicherungsnehmer in dessen Vertrauen schützt, erstreckt sich dieser Vertrauensschutz auch auf den Anwalt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kommunikation in aller Regel zwischen Rechtsschutzversicherer und Anwalt erfolgt. Es ist der Anwalt, der die zur Prüfung der Erfolgsaussicht relevanten Unterlagen bei der Versicherung einreicht und seine rechtliche Bewertung mitteilt. Erteilt die Versicherung aufgrund einer anwaltlichen Stellungnahme dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz, steht dies einer Zustimmung des Mandanten zu einer Prozessführung gleich. Genauso wenig wie sich der Mandant nach erfolgter Aufklärung über die Erfolgsaussichten auf einen Anwaltsfehler berufen darf, kann dies die Versicherung, wenn sie in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände und einer rechtlichen Bewertung Deckungsschutz gewährt. Alleine der gesetzliche Übergang der Ansprüche nach § 86 VVG kann nicht dazu führen, dass sich an dem einmal begründeten Vertrauenstatbestand etwas ändert. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird die Rechtsschutzversicherung dadurch zu keiner Schadensversicherung zum Vorteil des vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts und die Annahme eines auch zugunsten des Anwaltes wirkenden Vertrauenstatbestandes führt auch zu keiner „Entlastung“ des Anwalts von seinen bei der anwaltlichen Beratung zu beachtenden Sorgfaltspflichten (so OLG Koblenz, NJW-RR 2011, 761); denn der Anwalt kann an dem in der Person seines Mandanten durch die Deckungszusage begründeten Vertrauenstatbestandes nur insoweit partizipieren, wie die Deckungszusage reicht, insbesondere nur insoweit wie dem Versicherer alle relevanten Umstände mitgeteilt wurden, auf deren Grundlage er eine Prüfung vornehmen konnte. Beruht die Deckungszusage auf einer unzureichenden Darstellung der Tatsachen durch den Anwalt, kann er sich auf das in der Person des Mandanten entstandene Vertrauen in die Deckungszusage nicht berufen. Liegt der Deckungszusage indes eine fehlerhafte rechtliche Bewertung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung durch den Anwalt zugrunde, besteht der Vertrauensschutz hingegen; denn die Rechtschutzversicherung kann – bevor sie Deckungsschutz gewährt – selbst eine rechtliche Prüfung vornehmen und sofern sie Zweifel an der Erfolgsaussicht hat, den Deckungsschutz nach § 3 a ARB versagen. Bei der Frage nach dem Vertrauensschutz sind weiter die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung veranlasst hat, im Wege der ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrags zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers gegenüber dem Mieter anzunehmen. Die Annahme eines Regressverzichtes beruht hier darauf, dass dem Vermieter für den Versicherer erkennbar daran gelegen ist, seinen Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherers mit einzubeziehen. Er hat nämlich ein Interesse daran, dass der Mieter, auf den er in der Regel die Kosten der Versicherung abwälzt, in seiner Erwartung, er sei bei fahrlässiger Schadensverursachung durch die Versicherung geschützt, nicht enttäuscht wird (BGH, NJW 2015, 699). Auch wenn es im Verhältnis Rechtschutzversicherung, Mandant und Anwalt zu keiner Kostenbeteiligung des Anwaltes an den von dem Mandanten zu zahlenden Versicherungsprämien kommt und der Anwalt, der über einen eigene Haftpflichtversicherung verfügt, nicht erwartet, dass er an dem Deckungsschutz partizipiert, so wird doch das Mandatsverhältnis, dem ein besonderes Vertrauensverhältnis zugrunde liegt und dass oftmals auch über längere Zeit besteht, belastet, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz erteilter Deckungszusage den Anwalt in Regress nimmt, obwohl der Mandant mit dessen Vorgehen einverstanden war. Der Versicherungsnehmer wird wie der Vermieter gegenüber dem Mieter in einen Interessenkonflikt gezwungen, da er ggfs. auf Seiten der Versicherung gegen seinen Anwalt, zu dem er auf wechselseitigem Vertrauen gründende vertragliche Beziehungen unterhält und auch weiter unterhalten will, Stellung beziehen muss. Hieraus resultiert ein schützenswertes Vertrauen des Mieters, dass die Versicherung jedenfalls in den Fällen, in denen sie selbst nach Prüfung eine Deckungszusage erteilte, das Mandatsverhältnis nicht durch Regressforderungen gegen den Anwalt belastet, die auf einer fehlenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt sind.

Nach alledem steht vorliegend dem Regress der Klägerin § 242 BGB entgegen. Der Beklagte zu 2.) hat mit Schreiben vom 20.07.2016 der Klägerin seine Gründe benannt, warum eine Nichtzulassungsbeschwerde für aussichtsreich erachtet. Dieses Schreiben setzt sich der Beklagte zu 2.) mit dem Urteil des LAG Köln auseinander und spricht auch das Urteil des LAG Sachsen an, weiter werden rechtliche Kritikpunkte an den Entscheidungen erörtert. Dass in diesem Schriftsatz unzutreffende tatsächliche Angaben gemacht werden, ist nicht ersichtlich und trägt die Klägerin auch nicht vor. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.07.2016 Deckungsschutz gewährt. Hierbei wurde kein Vorbehalt erklärt, es wurde auch keine weitere Erläuterung angefordert, inwieweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Anforderungen an die Darstellung einer Divergenz gemäss  § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG entspricht. Auch wurde kein Entwurf einer Nichtzulassungsbeschwerde zur weiteren Prüfung und Abklärung verlangt. Ausgehend von dieser umfassend erteilten Deckungszusage durfte der Versicherungsnehmer und mit ihm die Beklagten darauf vertrauen, dass die von Mandant und Anwalt geteilte Auffassung, dass eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht auch von der Klägerin getragen wird. Mit der nunmehr erhobenen Regressforderung setzt sich die Klägerin aber in Widerspruch zu der eigenen Deckungszusage und verletzt das schützenswerte Vertrauen ihres Versicherungsnehmers und der diesen vertretenen Beklagten.“

Also: Deckungszusage gilt….

Aktenversendungspauschale na(h)türlich auch beim ortsansässigen RA, oder: Solche Entscheidungen braucht man nicht

© mpanch – Fotolia.com

Die 27. KW., ist fast abgelaufen, aber vorher gibt es natürlich am heutigen Gebührenfreitag noch zwei gebührenrechtliche Entscheidungen. Zunächst weise ist auf den AG Köln, Beschl. v. 08.06.2018 – 707 Ss 101/15 – hin, den mir der Kollege M. Hayn aus Köln übersandt hat. Er – der Beschluss, nicht der Kollege 🙂 – gehört in die Rubrik: Entscheidungen, die man an sich nicht braucht.

Entschieden hat das AG über die Aktenversendungspauschale (AVP) der Nr. 903 KV GKG, also über einen Betrag von 12,00 €. Der Kollege hatte die AVPnach Einstellung des Verfahrens gegen den Mandanten nach § 170 Abs. 2 StPO im Wege der Kostenerstattung geltend gemacht. Der Kostenbeamte hatte sie festgesetzt. Die „Hüterin der Staatskasse“ meinte, das sei nicht zutreffend, da der Kollege ortsansässig sei. Bei ortsansässigen Rechtsanwälten  gehöre die AVP aber nicht zu den zu erstattenden notwendigen Gebühren und Auslagen Auslagen eines Rechtsanwalts gemäß § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Zutreffend anders das AG:

Das Gericht schließt sich zunächst den zutreffenden Ausführungen der Abt. 535 (AG Köln, Beschl. v. 20.12.2013, Az. 535 Ds 44/13) an:

,Bei der Aktenversendungspauschale, die im Rahmen der für ein Strafverfahren zur Verteidigung des Angeklagten erforderlichen Akteneinsicht anfällt, handelt es sich im konkreten Fall um notwendige, nämlich zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche und damit vom Mandanten zu erstattende Auslagen i.S. des 91 Abs. 2 ZPO. Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten i.S.d. 91 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen dufte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen; sie ist ledig/ich gehalten, die kostengünstigste Maßnahme auszuwählen (vgl. BGH vom 16.2.2002, VIII ZB 30/02, zitiert nach Juris). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt diese Kosten im Rahmen des mit dem Mandanten bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß 670, 675 BGB erstattet verlangen kann (vgl. auch LG Berlin Beschluss vom 17.5.1997 – 510 Qs 46/97; AG Lahr Urteil vom 13.3.2008, 6 C 33/08, beide zitiert nach Juris). Dies gilt im konkreten Verfahren auch für die Erstattung dieser Kosten durch die Landeskasse. ‚

Das Gericht schließt sich von diesem Standpunkt ausgehend zunächst den zutreffenden Ausführungen des Rechtspflegers in dem angefochtenen Beschluss an. Nach Auffassung des Gerichts ist es auch einem ortsansässigen Anwalt nicht zumutbar, für jede Akteneinsicht das Prozessgericht aufzusuchen.

Unstreitig so auch nach Auffassung der Erinnerungsführerin ist die Aktenversendungspauschale im Rahmen der Kostenfestsetzung nach S 464b StPO zu erstatten, wenn der Anwalt nicht in Köln ansässig ist (vgl. auch AG Köln, a.a.O.). Aus der Akte ergibt sich (BI. 16 d.A.), dass sich der Verteidiger zunächst von seinem Büro in Wismar aus bestellt und dorthin auch die Übersendung der Akte beantragt hat, sodass insoweit gar keine abweichende Auffassung bestehen dürfte.

Aber auch hinsichtlich des zweiten Akteneinsichtsersuchens (BI. 64 d.A.) darf nach hier vertretener Auffassung im Ergebnis nichts anderes gelten. Nach Auffassung des Gerichts durfte eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme, nämlich die Aktenversendung, im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen. Dass es für den Anwalt kostengünstiger gewesen wäre, die Akte auf der Geschäftsstelle einzusehen oder gar einen Boten zu schicken, ist für das Gericht nicht erkennbar. Ein Gerichtsfach führt der Verteidiger am hiesigen Gericht nicht. Zudem würde es andernfalls zu einer im Vergleich zu einem ortsabwesenden Anwalt bestehenden Ungleichbehandlung kommen, für die es nach Auffassung des Gerichts keine Gründe gibt.“

Wie gesagt: SolcheEntscheidungen sind m.E. überflüssig wie ein Kropf.

Unfallschadenregulierung, oder: Wann kann der Rechtsanwalt, der sich als Unfallgeschädigter selbst vertritt, dafür Gebühren abrechnen?

© pedrolieb -Fotolia.com

Im ersten „Kessel Buntes“ des Jahres 2018 „köchelt“ heute dann zunächst das AG Köln, Urt. v. 11.12.2017 – 261 C 176/17 -, quasi Gebührenrecht mit verkehrsrechtlichem Einschlag. Entschieden hat das AG die Ersatzpflicht aus einem Verkehrsunfall für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren, wenn der Anspruchsteller selbst als Rechtsanwalt bei der Unfallschadenregulierung tätig wurde. Also die Frage: Kann der Rechtsanwalt, der sich bei einer Unfallschadenregulierung als Unfallgeschädigter selbst vertritt, dafür Gebühren abrechnen/geltend machen. Das AG sagt – mit der Rechtsprechnung des BGH: Ja, das geht:

„Nach Auffassung des erkennenden Gerichts stellen die durch die Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren einen ersatzfähigen Schaden i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB dar. Sie gehören zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und nach § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteil. Umfasst wird hier der erforderliche Aufwand, zu dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solche Kosten zählen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit ist dabei auf eine ex-ante Sicht abzustellen. Grundsätzlich sind gerade bei Verkehrsunfällen die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als erforderlicher Aufwand anzusehen.

Lediglich dann, wenn ein einfach gelagerter Schadensfall vorliegt, in dem die Haftung dem Grunde und der Höhe nach derart klar ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Erstattungspflicht des Schädigers besteht und wenn es sich nicht um einen Geschädigten handelt, der selbst zur Geltendmachung der Schäden aus besonderen Gründen, wie etwa einem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, nicht, in der Lage ist, ist eine Ersatzfähigkeit der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu verneinen (BGH, Urteil vom 08.11.1994, Az: VI ZR 3/94). Zu beachten ist dabei, dass es nicht ausreichend ist, wenn nur eine der genannten

Voraussetzungen zu bejahen ist, vielmehr müssen beide Voraussetzungen kumulativ vorliegend. Dies ist hier nicht der Fall.

Denn der hier betroffene Verkehrsunfall ist schon nicht ein derart einfach gelagerter Fall wie der, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag. Anders als im vom BGH entschiedenen Verfahren kollidierten hier zwei Fahrzeuge. In einem solchen Fall stellt sich automatisch die Frage der Betriebsgefahren (vgl. LG Krefeld, Urteil v. 07.04.2011, Az. 3 S 39/10). Die Anrechnung einer Betriebsgefahr kommt auch bei geparkten Fahrzeugen in Betracht.

Zu beachten ist außerdem, dass die Erforderlichkeit der Einschaltung aus der ex-ante Sicht zu beurteilen ist. Dass weder die Haftung dem Grunde nach noch die Höhe unstreitig sein würde, war für die Kläger nicht ohne weiteres ersichtlich. Gerade bei der Schadenshöhe kommt es häufig zu Streitigkeiten über die Kompatibilität, die Höhe der Stundenverrechnungssätze, Verbringungskosten etc. So wurde auch hier zunächst eine Kürzung um € 37,22 vorgenommen. Ferner waren diverse weitere Positionen geltend zu machen, u.a. Mietwagenkosten. Bei einem Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten ist schon angesichts der deutschlandweit variierenden und unüberschaubaren Rechtsprechung zu dieser Frage kein einfach gelagerter Fall gegeben.

Die Ersatzpflicht entfällt auch nicht, weil die Kläger selbst als Rechtsanwalt tätig wurden. Die Ersatzpflicht besteht auch, wenn sich ein Rechtsanwalt selbst vertritt, soweit ein rechtsunkundiger die Einschaltung eines Anwalts als erforderlich ansehen durfte (AG München, Urteil vom 28.1.2004, Az: 322 C 33323/03; AG Münster, Urteil vom 9.2.2011, Az: 60 C 4389/10; BGH, Urteil vom 10.11.2010, Az: IV ZR 188/08; Palandt/Heinrichs, § 249 Rn. 39). Dies war hier der Fall, s.o.“

Fazit nach AG Köln: Immer dann, wenn es um Mietwagenkosten und die Schadenshöhe geht, handelt es sich um einen nicht einfach gelagerten Sachverhalt, der die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erlaubt/erfordert.