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Am heutigen „Gebührentag“ zunächst eine Entscheidung, die nicht unmittelbar etwas mit Gebühren zu tun hat, mittelbar aber dann doch. Behandelt wird im AG Köln, Urt. v. 04.06.2018 – 142 C 59/18 – die Klage einer Rechtsschutzversicherung, die von den beklagten Rechtsanwälten aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung verlangt hat.
Das AG hat die Klage wegen treuwidrigen Verhaltens der RSV abgewiesen. Nach dem Sachverhalt hatte der Versicherungsnehmer der RSV nach seiner Entlassung die Beklagten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen vor den Arbeitsgerichten betraut. Diese haben den Versicherungsnehmer vor dem ArbG und dem LAG vertreten und hatten dort keinen Erfolg. Einer der beklagten Rechtsanwälte hat dann um Deckungsschutz für eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG gebeten. Die Klägerin – die RSV – hatte sich mit der Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde einverstanden erklärt. Die daraufhin eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG als unzulässig verworfen. Die Klägerin, die für sämtliche Instanzen die Rechtsverfolgungskosten vorab an die Beklagten gezahlt hatte, verlangte nun die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG zurück. Begründung: Die von den Beklagten erhobene Nichtzulassungsbeschwerde sei von Anfang an aussichtslos gewesen, da die Beklagten verkannt hätten, dass eine sog. Divergenzbeschwerde nicht mit einer unterschiedlichen Sachverhaltsbewertung zweier LAG begründet werden könne. Diese Verkennung stelle eine anwaltliche Pflichtverletzung dar, so dass der Klägerin gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers ein Schadenersatzanspruch in Höhe der verauslagten Kosten zustehe. Dazu das AG:
„Der Inanspruchnahme der Beklagten aus einem auf die Klägerin übergegangenem Schadenersatzanspruch wegen Anwaltspflichtverletzung gemäss § 280, 281 BGB steht bereits dem Grunde nach entgegen, dass sich die Inanspruchnahme der Beklagten als treuwidrig erweist. Der Klägerin ist es verwehrt, sich auf einen Anwaltsfehler wegen fehlender Erfolgsaussicht zu berufen, da sie in Kenntnis des Sach- und Streitstandes vor Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde Deckungsschutz gewährte und damit einen Vertrauenstatbestand gemäss § 242 BGB schaffte.
Die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, durch welche ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Durch sie werden Einwendungen und Einreden ausgeschlossen, die dem Rechtsschutzversicherer bei Abgabe der Zusage bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnen musste. Ausweislich des § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB ist der Versicherer verpflichtet den Umfang des bestehenden Versicherungsschutzes zu bestätigen (van Bühren/Plote/Hillmer-Möbius, ARB Rechtsschutzversicherung, 3. Aufl. 2013, § 17 ARB, Rn. 30). Über den Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB hinaus muss die Ablehnung schriftlich erfolgen (BGH r+s 2003, 363; OLG Frankfurt a. M., r+s 1997, 420;OLG Düsseldorf, r+s 2001, 198 (199);OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Die Ablehnung der Deckungszusage muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Teilt der Rechtsschutzversicherer seinen Willen zur Ablehnung der Deckungszusage nicht unverzüglich mit, verliert er das Recht, sich auf fehlende hinreichende Erfolgsaussicht, Mutwilligkeit oder andere Ablehnungsgründe zu berufen (BGH, r+s 2003, 363 (365); OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Der Rechtschutzversicherer legt sich somit bei Erteilung der Deckungszusage in der Bewertung der ihm bei Prüfung bekannten Umstände in dem Umfang fest wie er dies schriftlich niederlegt. Verbleiben ihm Zweifel hat er dies durch Vorbehalte zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn die Deckungszusage in erster Linie das Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer betrifft und damit vor allem den Versicherungsnehmer in dessen Vertrauen schützt, erstreckt sich dieser Vertrauensschutz auch auf den Anwalt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kommunikation in aller Regel zwischen Rechtsschutzversicherer und Anwalt erfolgt. Es ist der Anwalt, der die zur Prüfung der Erfolgsaussicht relevanten Unterlagen bei der Versicherung einreicht und seine rechtliche Bewertung mitteilt. Erteilt die Versicherung aufgrund einer anwaltlichen Stellungnahme dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz, steht dies einer Zustimmung des Mandanten zu einer Prozessführung gleich. Genauso wenig wie sich der Mandant nach erfolgter Aufklärung über die Erfolgsaussichten auf einen Anwaltsfehler berufen darf, kann dies die Versicherung, wenn sie in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände und einer rechtlichen Bewertung Deckungsschutz gewährt. Alleine der gesetzliche Übergang der Ansprüche nach § 86 VVG kann nicht dazu führen, dass sich an dem einmal begründeten Vertrauenstatbestand etwas ändert. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird die Rechtsschutzversicherung dadurch zu keiner Schadensversicherung zum Vorteil des vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts und die Annahme eines auch zugunsten des Anwaltes wirkenden Vertrauenstatbestandes führt auch zu keiner „Entlastung“ des Anwalts von seinen bei der anwaltlichen Beratung zu beachtenden Sorgfaltspflichten (so OLG Koblenz, NJW-RR 2011, 761); denn der Anwalt kann an dem in der Person seines Mandanten durch die Deckungszusage begründeten Vertrauenstatbestandes nur insoweit partizipieren, wie die Deckungszusage reicht, insbesondere nur insoweit wie dem Versicherer alle relevanten Umstände mitgeteilt wurden, auf deren Grundlage er eine Prüfung vornehmen konnte. Beruht die Deckungszusage auf einer unzureichenden Darstellung der Tatsachen durch den Anwalt, kann er sich auf das in der Person des Mandanten entstandene Vertrauen in die Deckungszusage nicht berufen. Liegt der Deckungszusage indes eine fehlerhafte rechtliche Bewertung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung durch den Anwalt zugrunde, besteht der Vertrauensschutz hingegen; denn die Rechtschutzversicherung kann – bevor sie Deckungsschutz gewährt – selbst eine rechtliche Prüfung vornehmen und sofern sie Zweifel an der Erfolgsaussicht hat, den Deckungsschutz nach § 3 a ARB versagen. Bei der Frage nach dem Vertrauensschutz sind weiter die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung veranlasst hat, im Wege der ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrags zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers gegenüber dem Mieter anzunehmen. Die Annahme eines Regressverzichtes beruht hier darauf, dass dem Vermieter für den Versicherer erkennbar daran gelegen ist, seinen Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherers mit einzubeziehen. Er hat nämlich ein Interesse daran, dass der Mieter, auf den er in der Regel die Kosten der Versicherung abwälzt, in seiner Erwartung, er sei bei fahrlässiger Schadensverursachung durch die Versicherung geschützt, nicht enttäuscht wird (BGH, NJW 2015, 699). Auch wenn es im Verhältnis Rechtschutzversicherung, Mandant und Anwalt zu keiner Kostenbeteiligung des Anwaltes an den von dem Mandanten zu zahlenden Versicherungsprämien kommt und der Anwalt, der über einen eigene Haftpflichtversicherung verfügt, nicht erwartet, dass er an dem Deckungsschutz partizipiert, so wird doch das Mandatsverhältnis, dem ein besonderes Vertrauensverhältnis zugrunde liegt und dass oftmals auch über längere Zeit besteht, belastet, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz erteilter Deckungszusage den Anwalt in Regress nimmt, obwohl der Mandant mit dessen Vorgehen einverstanden war. Der Versicherungsnehmer wird wie der Vermieter gegenüber dem Mieter in einen Interessenkonflikt gezwungen, da er ggfs. auf Seiten der Versicherung gegen seinen Anwalt, zu dem er auf wechselseitigem Vertrauen gründende vertragliche Beziehungen unterhält und auch weiter unterhalten will, Stellung beziehen muss. Hieraus resultiert ein schützenswertes Vertrauen des Mieters, dass die Versicherung jedenfalls in den Fällen, in denen sie selbst nach Prüfung eine Deckungszusage erteilte, das Mandatsverhältnis nicht durch Regressforderungen gegen den Anwalt belastet, die auf einer fehlenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt sind.
Nach alledem steht vorliegend dem Regress der Klägerin § 242 BGB entgegen. Der Beklagte zu 2.) hat mit Schreiben vom 20.07.2016 der Klägerin seine Gründe benannt, warum eine Nichtzulassungsbeschwerde für aussichtsreich erachtet. Dieses Schreiben setzt sich der Beklagte zu 2.) mit dem Urteil des LAG Köln auseinander und spricht auch das Urteil des LAG Sachsen an, weiter werden rechtliche Kritikpunkte an den Entscheidungen erörtert. Dass in diesem Schriftsatz unzutreffende tatsächliche Angaben gemacht werden, ist nicht ersichtlich und trägt die Klägerin auch nicht vor. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.07.2016 Deckungsschutz gewährt. Hierbei wurde kein Vorbehalt erklärt, es wurde auch keine weitere Erläuterung angefordert, inwieweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Anforderungen an die Darstellung einer Divergenz gemäss § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG entspricht. Auch wurde kein Entwurf einer Nichtzulassungsbeschwerde zur weiteren Prüfung und Abklärung verlangt. Ausgehend von dieser umfassend erteilten Deckungszusage durfte der Versicherungsnehmer und mit ihm die Beklagten darauf vertrauen, dass die von Mandant und Anwalt geteilte Auffassung, dass eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht auch von der Klägerin getragen wird. Mit der nunmehr erhobenen Regressforderung setzt sich die Klägerin aber in Widerspruch zu der eigenen Deckungszusage und verletzt das schützenswerte Vertrauen ihres Versicherungsnehmers und der diesen vertretenen Beklagten.“
Also: Deckungszusage gilt….