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Und hier ist dann als zweite Entscheidung der BGH, Beschl. v. 12.06.2024 – StB 32/24 – zur Überprüfung erledigter Zwangsmaßnahmen und zur Erforderlichkeit des Vorliegens einer Durchsuchungsanordnung
„Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Die Beschwerde gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung ist gemäß § 304 StPO statthaft. Nachdem – nach Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch den Generalbundesanwalt – sich der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit seiner Nichtabhilfeentscheidung den angefochtenen Beschluss zu eigen gemacht hat (vgl. § 306 Abs. 2 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO), ist der Bundesgerichtshof zuständiges Beschwerdegericht (§ 135 Abs. 2 Nr. 2 GVG; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 – StB 30/22, juris Rn. 6 f.).
a) In der Sache liegt eine Durchsuchung der Wohnung des Drittbetroffenen E.straße, L., 1. Obergeschoss rechts vor. Wie sich aus dem „Durchsuchungsbericht E. straße, L.“ vom 11. April 2023 ergibt, wurde die Wohnung 1. Obergeschoss rechts geöffnet, dort jedoch keine Person angetroffen und festgestellt. Daraus ist – unabhängig von den von dem Beschwerdeführer vorgelegten Fotos, die den Zustand der Wohnung nach der Maßnahme zeigen sollen – zu entnehmen, dass die Wohnung betreten und zudem überprüft wurde, ob der Beschuldigte M. sich dort aufhielt. Mithin fand eine Durchsuchung statt. Das Absuchen der Wohnung nach Personen ist der Durchsuchung einer Wohnung zur Ergreifung eines Beschuldigten gemäß § 103 StPO immanent.
b) Soweit sich das angegriffene Erkenntnis auf die Durchsuchung als solche bezieht, ist es mit der Beschwerde anfechtbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 1999 – StB 7 und 8/99, NJW 2000, 84, 85; vom 7. Dezember 1998 – 5 AR (VS) 2/98, 265, BGHSt 44, 265, 274 f.). Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine Entscheidung des Ermittlungsrichters analog § 98 2 Satz 2 StPO handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 1993 – StB 20/93, NJW 1994, 465).
aa) Für den Rechtsschutz gegen die Durchsuchung selbst gilt das Folgende:
Gegen eine richterliche Durchsuchungsanordnung kann – solange die Durchsuchung noch andauert – Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO mit dem Ziel eingelegt werden, die gesetzlichen Voraussetzungen – also die Rechtmäßigkeit – der Anordnung zu überprüfen. Nach Abschluss der Durchsuchung ist die auf dieses Ziel gerichtete Beschwerde nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar zulässig; hierfür muss jedoch ein Rechtsschutzinteresse bestehen. Ein solches Rechtsschutzinteresse ist in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe wie einer Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung gegeben.
Ordnen die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen die Durchsuchung kraft ihrer Eilkompetenz an, so kann, solange die Durchsuchung noch andauert, das Gericht entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO mit dem Ziel angerufen werden, die Rechtmäßigkeit der Anordnung zu überprüfen. Das Gericht kann dabei die Grenzen einer solchen Anordnung bestimmen und hat in diesem Rahmen die rechtliche Möglichkeit, Modalitäten ihrer Vollziehung zu regeln. Entsprechendes gilt für bereits vollzogene Durchsuchungen, allerdings nur, soweit für die Feststellung der Rechtswidrigkeit ein Rechtsschutzinteresse besteht (so insgesamt BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1998 – 5 AR (VS) 2/98, BGHSt 44, 265, 267 f. mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1999 – StB 7/99 und StB 8/99, NJW 2000, 84, 85).
bb) Auch ohne eine solche Anordnung richtet sich der Rechtsschutz gegen eine Maßnahme der Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungspersonen zunächst nach § 98 2 Satz 2 StPO analog. Hier wendet sich der Beschwerdeführer – wie dem letzten Satz der Beschwerdeschrift vom 12. April 2024 eindeutig zu entnehmen ist – gegen die Durchsuchung als solche.
Der Zulässigkeit steht – wie ausgeführt – nicht entgegen, dass die angegriffene Maßnahme bereits durch Vollzug erledigt war. Bei Durchsuchungen von Wohnräumen ist bereits wegen des Eingriffs in das Grundrecht des Art. 13 Abs. 1 GG ein Rechtsschutzinteresse des Betroffenen zu bejahen. Dies gilt vor dem Hintergrund der Bedeutung des betroffenen Grundrechts auch dann, wenn – wie hier – keine Durchsuchungsanordnung vorliegt.
2. Die Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen der §§ 103, 105 StPO sind nicht erfüllt.
a) Eine grundsätzlich notwendige Durchsuchungsanordnung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 105 Rn. 1; MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl., § 105 Rn. 1) lag nicht vor.
Eine Durchsuchung des Wohnraums des Beschwerdeführers wurde weder seitens der Generalstaatsanwaltschaft beantragt noch durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts beschlossen. Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts ordnete lediglich die Durchsuchung des Wohnraums betreffend weitere Personen an, welche in einer Wohngemeinschaft in der Wohnung 1. Obergeschoss links lebten. Ab dem Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis des Umstandes, dass es sich nicht um die im Durchsuchungsbeschluss genannte Wohnung im 1. Obergeschoss links handelte, hätte es für die Durchsuchung der von dem Beschwerdeführer bewohnten Wohnung im 1. Obergeschoss rechts einer Durchsuchungsanordnung gemäß §§ 103,105 StPO betreffend den Beschwerdeführer bedurft. Insofern hätten die Polizeibeamten die Staatsanwaltschaft über den Umstand informieren und den Antrag auf eine Durchsuchungsanordnung anregen müssen. Zumindest hätte es einer Anordnung durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft bei Annahme von Gefahr im Verzug bedurft. Dies haben die Strafverfolgungsbehörden nicht geltend gemacht, und dazu ist auch sonst nichts ersichtlich.
b) Eine Durchsuchungsanordnung war nicht ausnahmsweise aufgrund einer Einwilligung des Betroffenen entbehrlich (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 105 Rn. 1; MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl., § 105 Rn. 2). Eine solche lag nicht vor, da der Drittbetroffene von der Maßnahme gar keine Kenntnis hatte.
c) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung ist ohne Bedeutung, dass – wie der Generalbundesanwalt geltend macht – die handelnden Beamten möglicherweise irrtümlich die Wohnung im 1. Obergeschoss rechts öffneten und absuchten. Denn dieser Umstand wäre allenfalls für ein etwaiges Verschulden der handelnden Beamten, nicht aber für die objektiv zu bewertende Rechtmäßigkeit der Maßnahme relevant.
d) Auf die Prüfung der weiteren Voraussetzungen der §§ 103, 105 StPO kommt es demnach nicht mehr an.“