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beA II: Überprüfungspflicht beim beA-Versand, oder: Augen auf beim beA-Versand, besser zweimal

Und als zweite Entscheidung – war gestern schon mal versehentlich online gegangen – dann der BGH, Beschl. v. 21.03.2023 – VIII ZB 80/22 -, in dem der BGH noch einmal zur Überprüfungspflicht beim beA-Versand Stellung genommen hat.

Die Entscheidung hat folgenden Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten nach Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs auf Räumung und Herausgabe in Anspruch. Das AG hat der hierauf gerichteten Klage stattgegeben. Gegen das Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Mit einem am 12.01.2022 mittels des beA eingereichten Schriftsatz vom 11.01.2022 hat er um Mitteilung gebeten, ob dem in der Berufungsschrift gestellten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben worden sei. Mit Verfügung vom 17.01.2022 hat das Berufungsgericht die Frist zur Berufungsbegründung antragsgemäß bis zum 02.03.2022 verlängert und dies den Prozessbevollmächtigten der Parteien mitgeteilt.

Am 25.02.2022 wurde dem Berufungsgericht per beA (erneut) der anwaltliche Schriftsatz des Beklagten vom 11.01.2022 (Dateiname „M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_22.pdf.p7s“), dieses Mal nebst einer Ablichtung der Geburtsurkunde für die Tochter des Beklagten, übermittelt. Nachdem das Berufungsgericht am 23.03.2022 darauf hingewiesen hatte, dass bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen sei, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten am 29.03.2022 per beA einen Schriftsatz vom 23.02.2022 mit der Berufungsbegründung eingereicht und zudem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Das Berufungsgericht hat – nach vorherigem Hinweis – den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, die keinen Erfolg hatte.

Und da der BGH hier seine Rechtsprechung zur Überprüfungspflicht (nur) fortschreibt, reicht m.E. der Leitsatz der Entscheidung, Rest dann bitte selbst lesen:

Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte.

Nach wie vor gilt: Augen auf beim BeA-Versand. Besser zweimal als nur einmal hingeschaut.

beA I: Fristverlängerungsbitte rechtzeitig bei der Akte?, oder: Ausreichende Glaubhaftmachung?

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Im Kessel Buntes heute dann mal wieder zwei „beA-Entscheidungen“ des BGH.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 30.03.2023 – III ZB 13/22 – zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Eingangs eines nicht zu den Gerichtsakten gelangten Fristverlängerungsantrags betreffend die Berufungsbegründungsfrist bei Nutzung des beA.

Folgender Sachverhalt: Das AG hat eine Zahlungsklage der Klägerin, die einen Online-Zahlungsdienst betreibt, abgewiesen. Das klageabweisende Urteil des AG wurde dem vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 15.12.2020 zugestellt. Dieser legte am 14.01.2021 Berufung ein, die er mit am 15.03.2021 beim LG eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage begründete.

Das LG wies dann darauf hin, dass die Berufung nach Aktenlage nicht fristgerecht begründet worden sei. Mit Stellungnahme vom 13.12.2021 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen – allerdings einen anderen Rechtsstreit gegen den Beklagten betreffenden – Fristverlängerungsantrag vom 15.022021 vor und beantragte, der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dazu versicherte er anwaltlich, er habe die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bereits mit Schriftsatz vom 15.02.2021 beantragt. Diesen habe er eigenhändig am Computer geschrieben, noch am selben Tage über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) versandt und „wie stets … den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“. „Anderenfalls wäre das Schreiben … wiederholt an das Gericht per beA … gesandt worden, bis der erfolgreiche Zugang bestätigt wird, was im vorliegenden Fall nicht notwendig war“. Alle das vorliegende Berufungsverfahren betreffenden Fristen seien „wie stets“ ordnungsgemäß in der Kanzleisoftware beziehungsweise im elektronisch geführten Fristenkalender erfasst und von ihm persönlich geprüft worden. Allerdings sei infolge des Zeitablaufs von etwa elf Monaten nunmehr durch die automatische Löschung der Zugangsbestätigung nach § 27 der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV) eine Beweisnot für den erfolgreichen Zugang des am 15.02.2021 per beA versandten Fristverlängerungsantrags entstanden. Er, der Prozessbevollmächtigte, sei von einer stillschweigenden Verlängerung der Begründungsfrist ausgegangen.

Das LG hat die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte beim BGH keinen Erfolg:

„2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nach § 577 Abs. 3 ZPO unbegründet, da sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung der Klägerin unter gleichzeitiger Zurückweisung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen.

a) Die Berufung der Klägerin ist mit dem am 15. März 2021 eingegangenen Schriftsatz – der keine Bezugnahme auf eine gewährte Fristverlängerung enthält – verspätet begründet worden. Denn die mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beginnende zweimonatige Begründungsfrist ist bereits zuvor am 15. Februar 2021 abgelaufen (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und ausweislich des Akteninhalts nicht verlängert worden. Allein aus dem Umstand, dass der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 16. April 2021 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt hat, kann nicht geschlossen werden, dass er damit auch die Berufungsbegründungsfrist stillschweigend verlängert hat, zumal ein (rechtzeitiger) Fristverlängerungsantrag der Klägerin überhaupt nicht zur Akte gelangt ist.

b) Der Klägerin ist wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 Satz 1 ZPO zu gewähren. Denn sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass der behauptete Fristverlängerungsantrag am 15. Februar 2021 tatsächlich bei Gericht eingegangen ist oder ihr Prozessbevollmächtigter davon zumindest mit Recht überzeugt sein durfte. Es fehlt somit an der Voraussetzung, dass die Klägerin ohne Verschulden (ihres Prozessbevollmächtigten, § 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die Frist einzuhalten.

aa) Nach § 130a Abs. 5 Satz 1 und 2 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist, wobei dem Absender eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen ist. Danach ist ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert ist, wobei unerheblich ist, ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20, juris Rn. 8; vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21, NJW 2021, 3471 Rn. 9 und vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, juris Rn. 18). Die Eingangsbestätigung, die der Justizserver bei ordnungsgemäßem Zugang der Nachricht automatisch generiert, soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Zutun von Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 7 und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, juris Rn. 11). Sie wird durch das beA-System in die gesendete Nachricht eingebettet und kann nach deren Öffnen vom Absender in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung auf dem Computerbildschirm anhand des Meldetextes „Request executed“, dem Eingangsdatum und dem Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ optisch wahrgenommen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Mai 2022, aaO Rn. 12; vom 8. März 2022, aaO Rn. 13 und vom 11. Mai 2021, aaO Rn. 33; BRAK, beA-Newsletter 31/2019, „Wo findet man Eingangsbestätigung, Prüf- und Übermittlungsprotokoll?“, abrufbar über das beA-Newsletter Archiv unter https://www.brak.de/bea-newsletter/).

Abgesehen von der Möglichkeit, diese Bildschirmansicht durch einen sogenannten Screenshot festzuhalten, ist die Eingangsbestätigung ebenfalls in der Druckansicht der Nachricht dargestellt, so dass sie zusammen mit dieser ausgedruckt und zu einer papiergeführten Handakte des Rechtsanwalts genommen werden kann. Schließlich kann die Nachricht mit der Eingangsbestätigung auch elektronisch aus dem beA-System exportiert werden, wodurch die Informationen über Absender, Empfänger, übermitteltes Dokument sowie Versand- und Zugangszeitpunkt dauerhaft gespeichert werden können. Mit der Export-Datei lässt sich der vollständige und rechtzeitige Zugang von Nachrichten auf der Empfangseinrichtung des Gerichts auch dann noch sicher nachweisen, wenn – wie mittlerweile hier – die Nachricht im beA des Rechtsanwalts bereits gelöscht sein sollte. Sie repräsentiert die Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO und kann im Bedarfsfall dem Gericht vorgelegt werden (vgl. dazu https://portal.beasupport.de/neuigkeiten/nachweis-ueber-den-zugang-von-nachrichten-bei-gerichten-stellungnahme-der-brak und BRAK, beA-Newsletter 31/2019, aaO).

bb) Die anwaltliche Sorgfalt erfordert es, beim Versand von fristgebundenen Schriftsätzen per beA im Rahmen der Überprüfung ihrer ordnungsgemäßen Übermittlung zu kontrollieren, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist, was der Pflicht des Rechtsanwalts zur Kontrolle des Telefax-Sendeprotokolls beim Versand von Schriftsätzen per Telefax entspricht. Hat der Rechtsanwalt eine automatisierte Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich gewesen ist. Bleibt sie aus, muss ihn dies zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022, aaO Rn. 7; vom 29. September 2021, aaO Rn. 12; vom 11. Mai 2021, aaO Rn. 21 ff, BAGE 167, 221 Rn. 19 f).

cc) Aus der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt sich nicht, dass in der Eingangsbestätigung in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung als Meldetext „Request executed“ und als Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ angezeigt wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022, aaO Rn. 8).

Seine Erklärung, er habe „wie stets … den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“, ist in Bezug auf das, was er auf dem Computerbildschirm wahrgenommen haben will, inhaltlich vage und unsubstantiiert. Denn er hat weder konkret behauptet, dass sich das angeblich angezeigte „Erfolgreich“ auf den Übermittlungsstatus bezogen habe, noch geltend gemacht, darüber hinaus den Meldetext „Request executed“ und ein bestimmtes Eingangsdatum in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung gesehen zu haben. Nach dem Inhalt seiner anwaltlichen Versicherung ist daher bereits unklar, ob er die gesendete Nachricht überhaupt geöffnet und sodann die in diese eingebettete Eingangsbestätigung optisch auf dem Computerbildschirm wahrgenommen hat. Auch das übrige Wiedereinsetzungsvorbringen enthält keinen hinreichend detaillierten Tatsachenvortrag, der aber im Hinblick auf die dargestellte komplexe Funktionsweise des beA-Systems geboten gewesen wäre. Die vage Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, er habe „den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“, ist daher zur Glaubhaftmachung des Eingangs des Fristverlängerungsantrags ungenügend.

dd) Da das Wiedereinsetzungsgesuch schon aus diesem Grund zurückzuweisen ist, kann dahinstehen, ob ein der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten im Sinne des § 233 Satz 1 ZPO darin zu sehen wäre, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach seinem eigenen Vorbringen nicht durch Nutzung der ihm insoweit zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (elektronischer Export, Ausdrucken oder Screenshot) dafür gesorgt hat, dass die angeblich von ihm optisch wahrgenommene Eingangsbestätigung dauerhaft auch für Dritte lesbar erhalten bleibt.“

beA I: Fristversäumung wegen Computerausfall, oder: Anforderungen an die Glaubhaftmachung

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Heute ist Samstag und damit „Kessel-Buntes-Tag“. Und an dem stelle ich zwei weitere Entscheidungen zumbeA bzw. zum elektronischen Dokument vor.

Zunächst kommt hier der BGH, Beschl. v. 01.03.2023 – XII ZB 228/22 – zur Frage der Wiedereinsetzung in den Fällen eines unverschuldeten Computerausfalls. Folgender Sachevrhalt:

Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren, in dem vom Antragsgegner Zahlung von Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht wegen geleisteter Unterhaltsvorschusszahlungen gefordert  worden ist. Das AG hat den Antragsgegner zur Zahlung verpflichtet. Gegen den ihm am 25.10.2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner form- und fristgemäß Beschwerde eingelegt.

Der Familiensenat beim OLG Rostock hat dann die Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 27.01.2022 verlängert. Die Begründung ist dann allerdings erst am 28.01.2022 um 0.03 Uhr per beA eingegangen. Nachdem das OLG auf die mögliche Fristversäumung hingewiesen hatte, wird ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Der wird damit begründet, dass der Prozeßbevollmächtigte des Antragsgegners den Schriftsatz zunächst auf einem älteren PC der Kanzlei erstellt habe. Um 23.50 Uhr habe er die Begründung dann auf seinem Laptop signieren und über das beA an das Gericht übermitteln wollen. Dabei sei es zwischen 23.54 Uhr und 23.58 Uhr zu einem Ausfall des Notebooks gekommen, der durch einen Neustart behoben werden konnte. Der IT-Fachmann der Kanzlei habe später ermittelt, dass das Gerät bereits ab 23.20 Uhr Fehlermeldungen aufgezeichnet habe, die mit dem Neustart um 23.54 Uhr geendet hätten. Den Hintergrund hierfür habe man nicht klären können.

Das OLG Rostock hat Wiedereinsetzung abgelehnt. Der BGH hat das bestätigt:

„“a) Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zu Recht gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil der Antragsgegner diese nicht innerhalb der bis zum 27. Januar 2022 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründet hat.

b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde abgelehnt.

aa) Nach §§ 117 Abs. 5 FamFG, 233 Satz 1 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Verfahrensbeteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten ist dem Beteiligten zuzurechnen (§ 113 Abs. 1 FamFG iVm § 85 Abs. 2 ZPO). Der Verfahrensbeteiligte muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§ 113 Abs. 1 FamFG iVm § 236 Abs. 2 ZPO). Dabei verlangt ein auf einen vorübergehenden „Computer-Defekt” oder „Computer-Absturz” gestützter Wiedereinsetzungsantrag nähere Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung (vgl. BGH Beschluss vom 17. Mai 2004 – II ZB 22/03NJW 2004, 2525, 2526). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 2011 – XII ZB 701/10NJW 2011, 1972 Rn. 8 mwN).

bb) Gemessen hieran ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sein Verfahrensbevollmächtigter die Fristversäumung nicht verschuldet hat, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zwar stellen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vorhersehbare und nicht vermeidbare Störungen einer EDV-Anlage einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn sie das rechtzeitige Erstellen oder Absenden eines Schriftsatzes verhindern (BGH Beschlüsse vom 22. November 2017 – VII ZB 67/15FamRZ 2018, 281 Rn. 23 und vom 12. Februar 2015 – V ZB 75/13NJW-RR 2015, 1196 Rn. 10 mwN). Nach dem vom Antragsgegner zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags gehaltenen Vortrag besteht jedoch im vorliegenden Fall nicht die zur Glaubhaftmachung erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2022 – XII ZB 227/21FamRZ 2022, 647 Rn. 11 mwN) dafür, dass der Computerdefekt auf einem unvorhersehbaren und nicht vermeidbaren Fehler der verwendeten Hard- oder Software beruhte.

Der Antragsgegner räumt in seinem Wiedereinsetzungsantrag selbst ein, dass der Grund für die Funktionsstörung des verwendeten Laptops letztlich nicht aufgeklärt werden konnte. Auch dem von seinem Verfahrensbevollmächtigten beauftragten IT-Berater war es nach Auswertung der im Ereignisprotokoll aufgezeichneten Fehler nicht möglich, eine Ursache für den Computerabsturz zu benennen. Aus dem Vortrag des Antragsgegners ergibt sich weiter, dass der Laptop offensichtlich vor dem hier maßgeblichen Zeitraum fehlerfrei funktionierte, es nach dem Neustart des Computers auch zu keinen weiteren Funktionsstörungen mehr kam und eine Reparatur oder Wartung des Laptops nicht erforderlich war.

Für die Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax hat der Bundesgerichtshof jedoch bereits entschieden, dass ein einen Bedienungsfehler ausschließendes, auf einem technischen Defekt beruhendes Spontanversagen eines Faxgeräts nicht hinreichend glaubhaft gemacht wird, wenn vor und nach dem erfolglosen Versuch der Übermittlung eines Schriftsatzes erfolgreiche Übermittlungen an die jeweiligen Empfänger stattgefunden haben, ohne dass zwischenzeitlich eine technische Wartung oder Reparatur erfolgt ist (BGH Beschluss vom 10. Oktober 2006 – XI ZB 27/05NJW 2007, 601 Rn. 12). Unter diesen Umständen begegnet die Annahme des Beschwerdegerichts, dass ein von dem Verfahrensbevollmächtigten verschuldeter Bedienfehler mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein unerwartet aufgetretener Hard- oder Softwarefehler, der sich nach 30 Minuten ohne weitere Maßnahmen von selbst behoben hat, keinen rechtlichen Bedenken.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde spricht gegen einen vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners verschuldeten Bedienfehler auch nicht, dass dieser mit dem elektronischen Versand und der Signierung von Schriftstücken über den hier eingesetzten Laptop vertraut war. Im vorliegenden Fall nutzte der Verfahrensbevollmächtigte zur Fertigung und Übermittlung der Beschwerdebegründungsschrift einen aufwendigen Weg, obwohl ihm bis zum Ablauf der Begründungsfrist nur noch wenig Zeit zur Verfügung stand. Nach dem Vortrag des Antragsgegners hatte sein Verfahrensbevollmächtigter den Schriftsatz zunächst unter Verwendung einer Spracherkennungssoftware auf einem älteren Desktop-PC erstellt. Gegen 23:26 Uhr begann er mit den erforderlichen Korrekturen des Schriftsatzes. Anschließend wechselte er zu seinem Laptop, um gegen 23:50 Uhr den Schriftsatz zu signieren und ihn an das Beschwerdegericht per beA zu übermitteln. Unter diesen Umständen ist es nicht auszuschließen, dass es auch bei jemandem, der mit der Bedienung eines Computers und den Arbeitsabläufen vertraut ist, aufgrund des Zeitdrucks zu einer Fehlbedienung des Computers kommt.

cc) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es im vorliegenden Fall auch an der Darlegung fehlt, weshalb der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners nicht von der in § 130 d Satz 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Berufungsbegründungsschrift vor Ablauf der Begründungsfrist in herkömmlicher Weise – etwa per Telefax – einzureichen. Denn die in dieser Vorschrift vorgesehene Möglichkeit, bei einer technischen Störung ein Dokument nach den allgemeinen Vorschriften zu übermitteln, besteht unabhängig davon, ob die Störung auf einem Defekt des Übertragungsgeräts beruht oder in der Sphäre des Einreichenden liegt (vgl. Thomas/Putzo/Seiler ZPO 43. Aufl. § 130 d Rn. 2).“

Sprechen die Anzeichen für Unfallmanipulation?, oder: Gesamtwürdigung der Indizienkette

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Und im zweiten Posting dann seit längerem mal wieder etwas zur Unfallmanipulation, und zwar das OLG Schleswig, Urt. v. 20.02.2023 – 7 U 170/22. Das Übliche: Nich so hochwertiges Fahrzeug soll hochwertigen Pkw beschädigt haben. Die Angaben der Zeugen zum Unfallhergang sind nicht plausibel. Außerdem sind die Schäden an den unfallbeteiligten Fahrzeugen nicht kompatibel und passen auch nicht zu dem in der Schadensanzeige geschilderten Unfallhergang.

LG Und OLG haben die Klage abgewiesen. Hier dann nur die Leitsätze der OLG-Entscheidung:

    1. Grundsätzlich trägt der Schädiger die Beweislast, dass der vermeintlich Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation kann für die Überzeugungsbildung des Tatrichters genügen. Beweisanzeichen können sich z.B. ergeben aus dem Unfallhergang, der Art der Schäden, der Art der beteiligten Fahrzeuge, dem Anlass der Fahrt, fehlender Kompatibilität, den persönlichen Beziehungen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Ausschlaggebend ist dabei eine Gesamtwürdigung, bei der aus einer Indizienkette auf die planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann. Selbst wenn es für jede einzelne verdächtige Feststellung bei separater Betrachtung eine unverfängliche Erklärung geben mag, kann deren durch Zufall nicht mehr lebensnah erklärbare Häufung die Schlussfolgerung auf ein gemeinsames betrügerisches Vorgehen zu Lasten des gegnerischen Haftpflichtversicherers begründen.
    2. Maßgeblicher objektiver Umstand für ein manipuliertes Ereignis ist die fehlende Kompatibilität, wenn sich das Schadensbild am Klägerfahrzeug nicht mit dem behaupteten und von dem vermeintlichen Unfallverursacher bekundeten „Unfallhergang“ (hier rückwärtigen Ausparkvorgang) technisch in Einklang bringen lässt.
    3. Weitere für eine Manipulation sprechende Umstände sind: hochwertiges Geschädigtenfahrzeug der Oberklasse (hier Mercedes-Benz E 250) und Vollkasko versichertes, älteres Fahrzeug auf Beklagtenseite; lukrativer Streifschaden, der meist wesentlich kostengünstiger in Privat-/Niedrigpreiswerkstätten oder in Eigenregie repariert werden kann; Kollision auf einem Parkplatz, wo wegen geringer Geschwindigkeiten Blechschäden – ohne besonderes Risiko für Personenschäden – dosiert beigebracht werden können.
    4. Wenn der vermeintliche Unfallverursacher als Zeuge zum Unfallhergang bereits vom Gericht ausführlich gehört worden ist und danach ein überzeugendes Sachverständigengutachten eingeholt wurde, dass – im Widerspruch zur Zeugenaussage – keine entsprechende technische Kompatibilität des Schadenshergangs festgestellt hat, ist in der Regel eine erneute Zeugenvernehmung nicht mehr erforderlich. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor. Der behauptete Unfallhergang wäre nämlich nur mit einer an das Sachverständigengutachten entsprechend angepassten Zeugenaussage plausibel erklärbar. Solche Bekundungen wären aber wenig überzeugend und wegen Widerspruchs zur vorherigen Aussage auch unglaubhaft.

BGH bejaht Halterhaftung trotz Dritteinwirkung, oder: Kleiner (?) Anhängerschubser mit großer Wirkung

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Heute befinden sich dann im „Kessel Buntes“ zwei verkehrszivilrechtliche Entscheidungen, und zwar zunächst das BGH, Urt. v. 07.02.2023 – VI ZR 87/22 –  zur Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1 StVG a.F.  bzw. § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F.

Entschieden hat der BGH über die Klage eines Gebäudeversicherers. Der hat vom Haftpflichtversicherer eines Anhängers aus übergegangenem Recht Schadenersatz aufgrund eines Unfalls verlang, Der Anhänger war ordnungsgemäß auf einer Straße abgestellt worden. Auf dieser Straße ist ein Pkw-Fahrer nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und dabei gegen ein Gebäude und den Anhänger gestoßen. Durch den Aufprall rollte der Anhänger nach vorn und stieß gegen das bei der Klägerin versicherte Nachbargebäude, das teilweise beschädigt wurde. Die Gebäudeversicherung erstattete dem Eigentümer die für die Beseitigung der Schäden entstandenen Kosten. Die verlangt er nun ersetzt.

Das AG hatte der Klage stattgegeben. Das LG hatte sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg:

„….Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG a.F. zu bejahen. Die Beschädigung des bei der Klägerin versicherten Gebäudes ist beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Anhängers eingetreten.

1. Voraussetzung der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG in der bis 16. Juli 2020 geltenden Fassung (vgl. nunmehr § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG ) ist, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, eines der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter verletzt bzw. geschädigt worden ist.

a) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat, ist das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ in Bezug auf Kraftfahrzeuge entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 10 mwN).

Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll; die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1962 – VI ZR 184/61 , BGHZ 37, 311 , juris Rn. 12 ff.; vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 10; vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 319/18 ,VersR 2021, 597Rn. 7, jeweils mwN). Der Betrieb dauert dabei fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 10 mwN).

b) Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 11 mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen ist der im Streitfall eingetretene Gebäudeschaden beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten und zum Mitführen durch ein Kraftfahrzeug bestimmten Anhängers eingetreten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben sich in dem Schadensgeschehen die von dem Anhänger ausgehenden Gefahren ausgewirkt. Auch wenn der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ihm geführte Fahrzeug verloren hatte, den Unfallablauf maßgeblich bestimmt haben mag, ist das Schadensgeschehen bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung durch den Anhänger (mit)geprägt worden und auch seinem Betrieb zuzurechnen.

a) Der streitgegenständliche Schaden ist dadurch verursacht worden, dass der auf der Straße abgestellte und infolge eines Anstoßes durch ein Drittfahrzeug ins Rollen geratene Anhänger gegen das Gebäude mit der Hausnummer XXX geprallt ist. In dem Geschehen hat sich die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft verwirklicht, die durch das Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum noch nicht beseitigt war. Diese Gefahr wird nach den oben dargestellten Grundsätzen vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG a.F. bzw. § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F. erfasst (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 19).

b) Eine Zurechnung des entstandenen Gebäudeschadens zum Betrieb des bei der Beklagten versicherten Anhängers ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb zu verneinen, weil der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ihm geführte Fahrzeug verloren hatte, das Unfallgeschehen maßgeblich bestimmt habe. Diesem Umstand kann bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge im Rahmen eines etwaigen Gesamtschuldnerinnenausgleichs der Schädiger gemäß § 426 Abs. 1 , § 254 Abs. 1 BGB Bedeutung zukommen (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2004 – VI ZR 218/03 ,VersR 2004, 529, juris Rn. 19 f. zur Abwägung gemäß § 17 StVG ; Senatsurteil vom 6. Dezember 2022 – VI ZR 284/19 , juris Rn. 23). Er rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass es an dem im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem eingetretenen Gebäudeschaden und dem Betrieb des Anhängers fehle. Anders als das Berufungsgericht meint, hat sich insoweit insbesondere nicht ein gegenüber der Betriebsgefahr eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. Juli 1991 – VI ZR 6/91 , BGHZ 115, 84 , juris Rn. 11). Der Gebäudeschaden steht bei wertender Betrachtung auch nicht in einem nur „äußerlichen“, gleichsam „zufälligen“ Zusammenhang mit der von dem Anhänger ausgehenden Gefahr (vgl. dazu Senatsurteile vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18 ,VersR 2019, 897Rn. 12; vom 27. November 2007 – VI ZR 210/06 ,VersR 2008, 656Rn. 12). Vielmehr wirkt in dem Gebäudeschaden die dem Anhänger konstruktionsbedingt innewohnende und durch sein Belassen im Verkehrsraum aufrechterhaltene Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft fort. Wird ein im Verkehrsraum abgestellter Anhänger infolge eines Anstoßes durch ein Drittfahrzeug in Bewegung versetzt und beschädigt im Rollvorgang ein Gebäude, verwirklicht sich eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG a.F. bzw. § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F. erfasst wird. In diesem Fall ist die Schädigung eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will.

c) Die Haftung der Beklagten kann schließlich auch nicht, wie die Revisionserwiderung geltend macht, mit der Erwägung verneint werden, der im Streitfall eingetretene Schaden hätte in gleicher Weise durch einen an derselben Stelle befindlichen Müllcontainer mit Rollen verursacht werden können. Die Bestimmungen in § 7 Abs. 1 StVG a.F. und § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F. beschränken die Einstandspflicht des Halters nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass sie nur Schäden erfassten, die allein durch ein Fahrzeug bzw. einen zum Mitführen durch ein Kraftfahrzeug bestimmten Anhänger verursacht werden können (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19 ,VersR 2020, 782Rn. 23 mwN).“