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Datenlöschung aus dem Hinweis-/Informationssystem, oder: Löschung, wenn unrechtmäßig verarbeitet

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Und dann als zweite Entscheidung heute das AG München, Urt. v. 26.07.2023 – 322 C 3109/23 (2). Es geht noch einmal um die Löschung von Daten aus dem Hinweis- und Informationssystem (HIS).

Der Kläger erlitt mit seinem Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer pp., welches bei der Beklagten versichert ist, am 28.03.2022 einen Schaden. Die Beklagte bearbeitete und regulierte diesen Schaden als eintrittspflichte Versicherung unter der Schadensnummer A08 aufgrund eines vom Kläger vorgelegten Kostenvoranschlags. Die kalkulierten Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer betrugen 3.351,93 EUR. Anschließend gab die Beklagte folgende Informationen an die Firma Informa HIS GmbH weiter, welche folgende Einmeldung in das HIS-Verzeichnis vornahm:

Fiktive Abrechnung vom 28.03.2022
Meldende Stelle: Sparte: Kraftfahrt
Referenznummer der meldenden Stelle:

Die Beklagte nahm trotz Aufforderung des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten keine Löschung des Eintrags vor bzw. veranlasste keine derartige Löschung.

Der Kläger behauptet, die Eintragungen im HIS Verzeichnis seien falsch, da das klägerische Fahrzeug repariert worden sei und insofern keine fiktive Abrechnung des Schadens vorliege. Überdies bestünde aufgrund der durchgeführten Reparatur kein Bedürfnis für eine Speicherung.

Das AG hat die Klage abgewiesen:

„Fehlender Anspruch auf Löschung

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus Artikel 17 Abs. 1d) DSGVO, darauf hinzuwirken, dass der streitgegenständliche Eintrag im HIS gelöscht wird.

Gemäß Art. 17 Abs. 1 d) DSGVO sind personenbezogene Daten zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

Zwar handelt es sich bei den gemeldeten Daten wohl um personenbezogene Daten im Sinne der Verordnung, da über eine einfache Abfrage zu der FIN ein Zusammenhang mit dem Kläger als Person hergestellt werden kann.

Entgegen der Auffassung der Klägerseite liegt jedoch keine unrichtige Eintragung im HIS-Verzeichnis und damit keine unrechtmäßige Verarbeitung der Daten vor. Denn das Gericht sieht es als ausreichend nachgewiesen an, dass der streitgegenständliche Schaden am Klägerfahrzeug von der Beklagten aufgrund einer fiktiven Abrechnung reguliert wurde. Der Kläger hat unstreitig bei der Beklagten einen Kostenvoranschlag eingereicht. Anhand dieses Kostenvoranschlags hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2022 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.05.2023) den Schaden reguliert und dem Kläger die ermittelten Reparaturkosten netto erstattet. Auch wenn der Kläger anschließend sein Fahrzeug tatsächlich repariert haben sollte, ändert dies an der zunächst vorgenommenen fiktiven Abrechnung durch die Beklagte nichts. Es wurde auch nicht vorgetragen, dass der Kläger nachträglich seine Abrechnungsmodalität umgestellt hätte und nunmehr anhand konkret angefallener Reparaturkosten abgerechnet hätte.

Darüber hinaus war die Verarbeitung der Daten über die fiktive Abrechnung im HIS rechtmäßig, da ein berechtigtes Interesse der Versicherung gegeben ist.

Seitens der Versicherungswirtschaft besteht ein Interesse daran, Versicherungsmissbrauch bei der mehrfach Abrechnung im Falle fiktive Schadensberechnung zu verhindern. Durch die Speicherung der Daten kann die Aufdeckung missbräuchlichen Verhaltens durch eine wiederholte Geltendmachung desselben Schadens an einem Fahrzeug, erleichtert werden. Dabei kann es dahinstehen, ob die Betreibergesellschaft ein eigenes berechtigtes Interesse an der Speicherung hat, da es genügt, Belange Dritter wahrzunehmen. Denn bei diesen Fällen besteht die Möglichkeit eines Missbrauchs dadurch, dass ein Fahrzeug, dass fiktiv abgerechnet wurde, zum Schrottpreis von einem Dritten übernommen, von diesem erneut in einem Unfall verwickelt und dann der Schaden erneut abgerechnet wird.

Die Speicherung der Daten des Versicherten sind auch zur Wahrung der Vermeidung von Straf-taten bzw. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit – zu der eben auch Individualrechtsgüter gehören – erforderlich, da keine milderen gleich effektiven Mittel als zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus ist die Eintragung auch deshalb gerechtfertigt, um die Höhe eines bei einem weiteren Verkehrsunfall entstandenen Schadens zutreffend zu beurteilen und die Abrechnung eines zu hohen Schadensersatzanspruchs zu Lasten der Versichertengemeinschaft verhindern zu können. Dabei können auch andere Personen außerhalb der Versichertengemeinschaft von einer solchen Meldung profitieren, da sich auch ein Geschädigter als Eigentümer des Fahrzeugs über einen Vorschaden aus der Vorbesitzzeit informieren und gegebenenfalls Informationen zu dem Vorschaden erhalten kann.

Demgegenüber ist die Beeinträchtigung des Klägers durch Speicherung der Daten im Rahmen einer Gesamtgüterabwägung als geringfügig einzustufen.

a) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Löschung der gemeldeten Daten aus Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO.

Gern. Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald diese nicht mehr für die Zwecke notwendig sind, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet worden sind. Dies ist namentlich dort der Fall, wo ein der Datenerhebung bzw. -speicherung zu Grunde liegendes Prüfverfahren hinsichtlich der aufgenommenen Daten endgültig abgeschlossen worden ist (EuGH, NJW 2018, 767).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat weiterhin ein schutzwürdiges Interesse an einer Speicherung, während schutzwürdigen Belange des Klägers nicht beeinträchtigt werden.

Zwar ist die Klägerseite der Auffassung, es läge eine schutzwürdige Beeinträchtigung der Belange des Klägers vor, da das Klägerfahrzeug mittlerweile repariert worden sei.

Allerdings trägt die Klägerseite nicht vor, dass das Klägerfahrzeug entsprechend dem vorgelegtem Kostenvoranschlag sach- und fachgerecht repariert worden sei. Auch wird nicht dargelegt, welche konkreten Schäden vorhanden waren und welche Reparaturmaßnahmen mit welchen Ersatzteilen und welchen Arbeitsschritten durchgeführt wurden. Trotz eines entsprechenden Vortrags der Beklagtenseite und eines Hinweises des Gerichts hat die Klägerseite lediglich Lichtbilder eines instandgesetzten Klägerfahrzeugs vorgelegt. Ein weiterer Vortrag erfolgte nicht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist nicht veranlasst, weil ein solches Gutachten mangels weiterer Angaben des Klägers auf eine reine Ausforschung hinausliefe.

Darüber hinaus ist selbst im Falle einer sach- und fachgerechten Reparatur bei einer Güterabwägung nach Art. 6 der DSGVO ein fortbestehendes Interesse der Versicherung an der Meldung bzw. den entsprechenden Daten zu bejahen.

Denn auch bei einer fachgerechten und umfassenden Reparatur bleibt der Umstand erhalten, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit einen nicht unerheblichen Schaden erlitten hatte, was im Verkaufsfall eine aufklärungspflichtige Information darstellt und in der Regel zu einem dauerhaft verbleibenden Minderwert des Fahrzeugs führt, insbesondere wenn keine konkreten Nachweise über eine Reparatur vorliegen. Um eine solche Bewertung vornehmen zu können, bleibt ein Interesse an der Speicherung der Daten in HIS vorhanden, unabhängig von der Qualität der durchgeführten Reparatur (so auch AG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2023, 40 C 226/22).

Insofern ist die Einmeldung auch deshalb gerechtfertigt, um die Höhe eines bei einem weiteren Verkehrsunfall entstandenen Schadens zutreffend beurteilen und die Abrechnung eines zu hohen Schadensersatzanspruchs zu Lasten der Versichertengemeinschaft verhindern zu können. Es geht also nicht nur um Fälle einer gezielten Täuschung, sondern es sind auch Konstellationen denkbar, bei denen der Anspruchssteller selber keine Kenntnis von einem Vorschaden hat oder den Umfang des Schadens bzw. die Qualität der durchgeführten Reparaturmaßnahmen selber nicht richtig beurteilt – auch in diesen Fällen muss zugunsten der Versichertengemeinschaft eine Prüfung ermöglicht werden, ob und in welchem Umfang ein neuer Schaden eingetreten ist und welche Reparaturkosten zu seiner Beseitigung erforderlich sind. Auch die Höhe eines Wiederbeschaffungswertes wird dadurch beeinflusst.

Soweit das LG Schweinfurt in seiner Entscheidung vom 12.04.2021, Az. 23 O 809/20 einen Löschungsanspruch bejaht, ist diese Entscheidung nicht auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Denn entgegen dem der Entscheidung des LG Schweinfurt zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Kläger im vorliegenden Fall keine Reparaturbestätigung vorgelegt. Auch kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht allein darauf an, dass eine doppelte Abrechnung vermieden wird, sondern dass ein selbst reparierter Vorschaden sich möglicherweise auf die Bemessung weiterer Schäden und insbesondere des Wiederbeschaffungswertes auswirken kann. Dieses Interesse besteht weiter fort.“

Faustschlag beim Fußballspiel mit schweren Folgen, oder: Keine Notwehr und 22.000 EUR Schmerzensgeld

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Und dann haben wir noch den samstäglichen Kessel Buntes, den ich heute mit dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.10.2023 – 19 U 14/23. Das OLG nimmt in dem Beschluss im Rahmen der Entscheidung eines Antrags auf Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren zum Umfang der deliktischen Ansprüche nach einem Faustschlag während eines Fußballspiels und zur Höhe des Schmerzensgeldes Stellung.

Zum Sachverhalt teilt der Beschluss mit: Am 09.12.2018 spielte die Fußballmannschaft, in der der Kläger spielte, gegen die Fußballmannschaft, in der der Beklagte spielte. Während einer kurzzeitigen Unterbrechung des Spiels schlug der Beklagte dem Kläger mit der Faust ins Gesicht. Hier-durch erlitt der Kläger einen zweifachen Kieferbruch in Form einer dislozierten offenen Kieferwinkelfraktur rechts und einer Paramedianfraktur links, der am 10.12.2018 operativ behandelt wurde. Bis zum 31.12.2018 war der Kläger hierdurch arbeitsunfähig.

Das LG hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger aus § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 i.V.m. § 223 StGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 22.000,00 EUR. Darüber hinaus stellte das LG fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen künftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem Schlag des Beklagten in das Gesicht des Klägers am 09.12.2018 resultieren, und es stellte fest, dass die Ansprüche des Klägers auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhen.

Der Schlag des Beklagten in das Gesicht des Klägers erfolgte zur Überzeugung des LG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme rechtswidrig und schuldhaft. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen R, H und S hätten die Behauptung des Klägers, dass der Schlag unvermittelt und ohne vorherige Provokation seinerseits erfolgte, glaubhaft bestätigt. Insbesondere habe damit nicht die vom Beklagten als Notwehrlage i.S.d. § 32 StGB verstandene, behauptete Situation vorgelegen, dass sich der Kläger bedrohlich auf den Beklagten zubewegt, hierbei seine Hand gehoben und sich der Beklagte geduckt habe, mit einem Arm abgewehrt und mit dem anderen Arm zugeschlagen habe. Diese Situation, die schon der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung nur rudimentär und unter Aussparung wesentlicher Details habe schildern können, habe keiner der Zeugen auch nur in Ansätzen bestätigt. Darauf, ob die Parteien zu einer anderen Zeit vorher aneinandergeraten seien und der Kläger den Kapitän der Mannschaft des Beklagten mit der Schulter berührt habe, komme es nicht an. Die Vernehmung des nicht erschienenen, vom Beklagten allein für die Tatsache eines vorherigen Schubsens des Zeugen durch den Kläger benannte Zeuge pp. sei deshalb nicht mehr erforderlich gewesen. Für die rechtliche Bewertung des Angriffs des Beklagten auf den Kläger sei die vom Beklagten unter dieses Beweisangebot gestellte Behauptung unerheblich.

Hiergegen wendet sich der Beklagte in seinem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der angekündigten Berufung. Das allerdings ohne Erfolg.

Das OLG setzt sich mit den Einwänden des Beklagten gegen die Verurteilung dem Grund nach auseinander. Darauf will ich hier aber nur eine Passage zitieren, da man die Ausführungen ohne genauere Kenntnis vom angefochtenen Urteil nicht „prüfen“ kann. Das OLG führt insoweit u.a. aus:

„Denn der Beklagte trägt die Beweislast für eine behauptete Notwehrsituation gemäß § 227 BGB bzw. § 32 StGB. Eine Notwehrlage setzt einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff voraus. Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht oder gerade stattfindet und noch nicht beendet ist. Soweit der Beklagte den Zeugen H . für provokantes Verhalten des Klägers im vorangegangenen Spielverlauf benennt, würde ein solches Vorverhalten, selbst wenn es als wahr unterstellt würde, nicht zu einer Notwehrlage zugunsten des Beklagten führen, weil jedenfalls diese Provokationen nicht mehr gegenwärtig waren.

Entgegen der Ansicht des Beklagten im Schriftsatz vom 30.06.2023 musste das Landgericht den von der Beklagtenseite benannten Zeugen nicht anhören, weil es eben auf das vorangegangene Gesamtverhalten des Klägers im Fußballspiel insgesamt nicht ankam und auch nicht darauf, in welcher Art er gegebenenfalls gegenüber dem Beklagten vorher aggressiv, provokant oder beleidigend (Griff in den Genitalbereich) tätig geworden sei. Denn bei einer Notwehrlage, für die der Beklagte wie oben ausgeführt, beweisbelastet ist, kommt es lediglich auf die Gegenwärtigkeit eines menschlichen Angriffs an und nicht um ein Vorverhalten, das bereits abgeschlossen ist. Der Beklagte verkennt bei seiner Rechtsmeinung, dass sein Faustschlag in einer anderen Spielsituation (Unterbrechung des Spiels) zu einem anderen Zeitpunkt erfolgte.

Aber dann zum Schmerzensgeld:

„….

Aus den vom Landgericht angeführten schmerzensgeldrelevanten Aspekten hat es vertretbar ein Schmerzensgeld von 22.000 € für angemessen erachtet. Diese Einschätzung findet Anhaltspunkte in der Rechtsprechung. Die vom Kläger zitierte Entscheidung (OLG München, Urt. v. 23.01.2013, 3 U 4056/12, juris, 10.000 € zugesprochen bei beantragten 20.000 €) weist weniger festgestellte Dauerschäden der dort verletzten Person aus, als beim Kläger festgestellt wurden.

Insbesondere rechtfertigen die über die im vom Kläger zitierten Vergleichsfall hinausgehenden Dauerschäden eine signifikante Erhöhung des dort ausgeurteilten Schmerzensgeldes. Der Sachverständige stellte dauerhafte Anästhesien von zwei Nervenästen des N. mandibularis rechts im Unterkiefer fest, die zu Sabbern in der Öffentlichkeit führen können. Darüber hinaus hat der Sachverständige dauerhafte fehlerhafte Okklusionen als Dauerschaden festgestellt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen leidet der Kläger unter dauerhaften Schmerzen, insbesondere beim Kauen und Essen. Durch die Fehlverzahnung komme es zu dauerhaften Dysfunktionen, mit Kiefergelenksknacken rechts, einer beginnenden Sklerosierung links sowie einer schmerzhaften Verspannung der Kau- und Nackenmuskulatur. Allenfalls durch eine Aufbissschiene und gegebenenfalls prothetische Veränderung der Bisslage könne das Fortschreiten der Problematik verlangsamt werden. Darüber hinaus stellte der Sachverständige fest, dass sich der Kläger für die bestmögliche Restitution noch in eine aufwändige zahnärztlich-prothetische und/oder kieferorthopädisch-kieferchirurgische Folgebehandlung begeben müsse. Die Dysfunktionen bedürften regelmäßiger künftiger Behandlungen.

Schließlich könnten bei der nachzuvollziehenden Ermittlung der Schmerzensgeldhöhe durch den Senat die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes, gegebenenfalls eine Verzögerung der Schadensregulierung durch den Schädiger im Falle eines – jedenfalls nach der durchgeführten Beweisaufnahme – erkennbar begründeten und im Kern eingeräumten Anspruchs im Rahmen einer unerlaubten Handlung berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 02.12.1966 – VI ZR 88/66, VersR 1967, 256; OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.12.2015 – 4 U 157/14, VersR 2017, 698, OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – I-7 U 18/20, RuS 2021, 356; OLG Bremen, Urt. v. 11.07.2011 – 3 U 69/10, NJW-RR 2012, 92; Grunewald, in: Grunewald, BGB, 82. Aufl. 2023, § 253 Rn. 17). Denn bei der Bemessung des Schmerzensgeldanspruches kommt vorliegend der Genugtuungsfunktion – anders als bei einer lediglich fahrlässigen Schadenszufügung – ein besonderer Stellenwert zu (vgl. allg. zu diesem Umstand Grüne-berg, in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 253 Rn. 4). Hiervon ausgehend ist zu-nächst festzustellen, dass der Faustschlag des Beklagten den Kläger jedenfalls so heftig im Gesicht getroffen hat, dass er unstreitig zu Boden gegangen ist. Überdies hat der Kläger durch den Faustschlag einen doppelten Kieferbruch erlitten, der nicht mit konservativen Methoden, sondern nur durch einen operativen Eingriff zu behandeln war. Bei diesem Eingriff sind dem Kläger Platten aus Metall eingesetzt worden, deren Entfernung nicht ohne einen weiteren Eingriff möglich sein wird. Aufgrund der operativen Versorgung des Klägers musste dieser sich in der Vorweihnachtszeit des Jahres 2018 insgesamt eine Woche lang einer stationären Krankenhausbehandlung unterziehen. Hieran schloss sich sodann eine Arbeitsunfähigkeit an, die wiederum zwei Wochen lang dauerte.“

Haftung, wenn umfallender E-Scooter Pkw beschädigt, oder: Gefährdungs- und/oder Verschuldenshaftung?

entnommen wikimedia.org – gemeinfrei

Im Kessel Buntes heute dann zwei AG-Entscheidungen aus Berlin, einmal Zivilrecht und einmal OWi-/Verwaltungsrecht. Die Klammer? In beiden Entscheidungen geht es um einen E-Scooter.

Ich beginne hier mit dem AG Berlin-Mitte, Urt. v. 09.05.2023 – 151 C 60/22. Gestritten wird um Schadensersatz nach dem Umsturz eines E-Scooters auf einer Straße in Berlin. Die Beklagte hatte den E-Scooter auf dem Gehweg der pp. Straße abgestellt. Unter im Einzelnen zwischen den Parteien streitigen Umständen kam es gegen 19:30 Uhr durch den Umsturz des E-Scooters zu einer Kollision mit dem Klägerfahrzeug. Dabei wurde das fahrzueg beschädigt. Der Kläger verlangt Ersatz der Reparaturkosten u.a.

Der Kläger hat behauptet, durch den Umsturz des von der Beklagten unsachgemäß abgestellten E-Scooter sei es zu Beschädigungen seines Fahrzeugs gekommen, was die Beklagte gegenüber einer auch eingeräumt habe. Er ist der Ansicht, die Beklagten treffe bereits eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Die §§ 7, 18 StVG seien auf Elektrokleinstfahrzeuge jedenfalls entsprechend anzuwenden, da der Gesetzgeber ihre Erfassung offensichtlich vergessen habe. Anderenfalls liefe die Haftung von Versicherungen für die bei ihnen versicherten Elektrokleinstfahrzeugen faktisch ins Leere.

Die Beklagten haben behauptet, die Beklagte habe den E-Scooter ordnungsgemäß am Rand des Gehwegs abgestellt, sodass weder Fußgänger noch andere Verkehrsteilnehmer durch den E-Scooter behindert oder gefährdet worden seien. Die Beklagten sind ferner der Ansicht, die §§ 7, 18 StVG seien aufgrund der Regelung des § 8 Nr. 1 StVG nicht anwendbar, sodass der Kläger ein Verschulden der Beklagten positiv darlegen und beweisen müsse. Dieser Nachweis sei dem Kläger nicht gelungen.

Das AG hat die Klage abgewiesen:

„1.) Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 und 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG. Ein solcher Anspruch scheitert im vorliegenden Falle bereits an der fehlenden Anwendbarkeit der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach § 7 StVG.

Gemäß § 8 Nr. 1 StVG gilt die Vorschrift des § 7 StVG nicht, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Der an dem Unfall beteiligte E-Scooter verfügte aber unstreitig über eine Zulassung nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV). Gemäß § 1 eKFV sind Elektrokleinstfahrzeuge Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Dass der am Unfall beteiligte E-Scooter entgegen seiner Zulassung (etwa aufgrund sog. Tunings) schneller als 20 km/h fahren konnte ist von der Klägerseite weder dargelegt, noch bewiesen. Entsprechend findet § 7 StVG auf den am Unfall beteiligten E-Scooter keine Anwendung (ebenso LG Münster, Urt. v. 09.03.2020 – 8 O 272/19; AG Frankfurt, Urt. v. 22.04.2021 – 29 C 2811/20; Höke in Buschbell/Höke, MAH Straßenverkehrsrecht, 5. Aufl., 2020, § 59, Rn. 10).

Entgegen der Ansicht des Klägers kommt auch keine analoge Anwendung des § 7 StVG in Betracht (im Ergebnis ebenso AG Frankfurt, a.a.O., Rn. 19, zitiert nach juris). Nach allgemeiner Ansicht wäre hierfür das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage Voraussetzung. Dies scheitert nach der Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Falle aber bereits an der Planwidrigkeit einer etwaigen Regelungslücke. Denn die entscheidungserhebliche Reglung in § 8 Nr. 1 StVG wurde durch den Gesetzgeber zuletzt durch das Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10.07.2020 (BGBl. I S. 1653) sowie das Gesetz zum autonomen Fahren vom 12.07.2021 (BGBl. I S. 3108) geändert. Die eKFV dagegen wurde bereits am 06.06.2019 (BGBl. I S. 756) erlassen und trat am 15.06.2019 in Kraft. Dem Gesetzgeber waren die mit dem Betrieb von E-Scootern einhergehenden besonderen Gefahren und deren Auswirkungen in Praxis also durchaus bewusst. Dennoch hat er es – anders als etwa im Bereich des autonomen Fahrens – nicht für erforderlich erachtet, vom der Regelung des § 8 Nr. 1 StVG zugrunde liegenden Gedankens einer geringeren Betriebsgefahr bei langsamen Kraftfahrzeugen (BT-Drucks. 14/7752, S. 31) für den Fall von Elektrokleinstfahrzeugen abzuweichen. Die Frage, ob dieser Gedanke insgesamt überholt ist oder nicht (vgl. zur Kritik m.w.N. etwa Walter in BeckOGK BGB, 2022, § 8 StVG, Rn. 2 ff.), obliegt dagegen der Beurteilung durch den Gesetzgeber und nicht der Gerichte.

Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch gemäß § 18 Abs. 1 StVG gegen die Beklagte zu 1) als Fahrerin des E-Scooters. Auch insoweit steht § 8 Nr. 1 StVG einer Haftung entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 17.06.1997 – VI ZR 156/96).

2.) Dem Kläger steht auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu.

Ihm ist es nicht gelungen den ihn obliegenden Beweis für eine mindestens fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten, die die Beklagte zu 1) in der konkreten Situation getroffen hätten, zu führen. Insbesondere die Vernehmung der vom Kläger angebotenen Zeugin […] blieb im Ergebnis unergiebig. Sie gab an den Umsturz des E-Scooters selbst nicht wahrgenommen, sondern diesen bereits auf bzw. an dem Klägerfahrzeug liegend aufgefunden zu haben. Auch ihre Schilderung eines Gesprächs mit der erst nachträglich eingetroffenen Beklagten zu 1) gibt für ein etwaiges Schuldanerkenntnis keine Anhaltspunkte. Die Beklagte zu 1) soll gegenüber der Zeugin lediglich angegeben haben, den E-Scooter an dieser Stelle abgestellt zu haben. Die Möglichkeit, dass es sich bei dem am Unfall beteiligten E-Scooter um denselben handeln könnte, den die Beklagte zu 1) zuvor auf dem Gehweg abgestellt hatte, räumte auch die Beklagte zu 1) in ihrer informatorischen Anhörung ein. Sie schilderte aber glaubhaft, zumindest von einem ordnungsgemäßen Abstellen ausgegangen zu sein; der Ständer sei sicher eingerastet.

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers, spricht für ein Verschulden der Beklagten zu 1) auch nicht der Beweis des ersten Anscheins. Voraussetzung hierfür wäre ein sog. typischer Geschehensablauf, also ein sich aus der Lebenserfahrung bestätigender gleichförmiger Vorgang, durch dessen Typizität es sich erübrigt, die tatsächlichen Einzelumstände eines bestimmten historischen Geschehens nachzuweisen (unter vielen BGH, Urt. v. 10.04.2014 – VII ZR 254/13, juris, Rn. 9; BGH, Urt. v. 26.03.2013 – VI ZR 109/12, juris, Rn. 26 ff.; m.w.N. auch Prütting in MünchKomm ZPO, 6. Aufl., 2020, § 286, Rn. 50; Sanger in Saenger, ZPO, 9. Aufl., 2021, § 286, Rn. 41 ff.; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., 2023, § 286, Rn. 23 ff.). Erforderlich ist indes, dass die Typizität gerade so wahrscheinlich ist, dass sie die (volle) richterliche Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO tragen kann (vgl. etwa BGH, Urt. v. 107.06.1997 – X ZR 119/94, juris, Rn. 12); dass von mehreren alternativen Ursachen eine wahrscheinlicher ist, reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises nicht aus (BGH, Urt. V. 17.02.1988 – IV a ZR 277/86 = NJW-RR 88, 789).

Gemessen an diesen Grundsätzen kann im Falle des Umfallens eine E-Scooters nicht im Wege eines Anscheinsbeweises der Rückschluss auf ein unsachgemäßes Abstellen oder sonstiges Verschulden des Abstellenden geschlossen werden (ebenso LG München, Beschluss v. 19.07.2021 – 17 S 14062/20, juris, Rn. 6). Sofern ein solcher Anscheinsbeweis im vorliegenden Falle nicht ohnehin schon allein durch die Standzeit bis zum Eintreffen des Klägerfahrzeugs widerlegt sein sollte, scheidet seine Annahme jedenfalls aus dem Grunde aus, dass das Umfallen eines E-Scooters – insbesondere in Großstädten – nach der Lebenserfahrung gerade nicht zwingend auf ein unsachgemäßes Abstellen hinweist. Vielmehr kommen aus Sicht des Gerichts mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit auch das fahrlässige oder vorsätzliche Umstoßen durch Dritte sowie der Einfluss starker Witterungsverhältnisse in Betracht. Hierbei hält das Gericht im Übrigen auch die zum ungeklärten Umkippen von ordnungsgemäß abgestellten Motorrädern ergangene und eine Haftung überwiegend ablehnende Rechtsprechung für übertragbar.

Schließlich stellt auch das Abstellen eines E-Scooters auf dem Gehweg an sich keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht dar. Unabhängig davon, dass ein Parkverbot auf dem Gehweg ohnehin nicht den parkenden Verkehr, sondern den ungehinderten Fußgängerverkehr auf dem Gehweg schützt (m.w.N. LG München, a.a.O., Rn. 5), gelten für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gemäß § 11 Abs. 5 eKFV die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend. Das Abstellen des E-Scooters auf dem Gehweg ist damit für sich betrachtet nicht pflichtwidrig. Darüber hinaus kann aber auch keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht dahingehend angenommen werden, E-Scooter stets so abzustellen bzw. zu sichern, dass auch bei einem Umstoßen durch Dritte keinerlei Schäden entstehen können. Denn dann bestünden im innerstädtischen Raum nahezu keine Abstellmöglichkeiten mehr, da selbst beim Abstellen direkt an einer Hauswand natürlich Schäden an der Fassade nicht ausgeschlossen werden können (AG München, Urt. v. 09.10.2020 – 345 C 4693/20, juris, Rn. 37). Insbesondere bestand für die Beklagte zu 1) im hiesigen Fall gerade keine Pflicht, neben der Prüfung des ordnungsgemäßen Einrastens ihres Ständers, auch eine Prüfung aller nur denkbaren Fallradien vorzunehmen, um so eventuelle Schäden an erst künftig neben dem abgestellten E-Scooter geparkten Fahrzeugen sicher auszuschließen.

OWi III: Handynutzung durch einen Busfahrer, oder: „Lebenslange Sperre“ ist unzulässig

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Und als drittes Posting dann auch noch einmal etwas zum Handyverstoß. Nun ja, nicht direkt, aber zumindest hat das  OLG Düsseldorf , Urt. v. 21.08.2023 – 6 U 1/23 (Kart) – seinen Ursprung in einem Bußgeldverfahren wegen einer Handynutzung während der Fahrt, und zwar durch einen Busfahrer.

Der klagende Busfahrer war bei einem privaten Busunternehmen angestellt, das als Subunternehmerin für eine GmbH tätig war, die ihrerseits von der Verkehrsgesellschaft beauftragt worden war. Bei einer Fahrt hatte ein Fahrgast den Kläger bei der Handynutzung gefilmt und die Verkehrsgesellschaft darüber informiert. Diese hat daraufhin den Busfahrer für die Zukunft auf allen ihren Linien gesperrt. Das Busunternehmen kündigte aufgrund der Sperre dem Kläger. Dagegen wurde geklagt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat die lebenslange Sperre dann als unzulässig angesehen.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den Volltext. Hier nur so viel:

Das OLG hat die lebenslange Sperre als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gewertet. Die Beklagte habe in dem räumlich und sachlich relevanten Markt für Busfahrer im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr in dem entsprechenden Kreis eine marktbeherrschende Stellung. Die Sperrung des Klägers auf den Linien der Beklagten behindere ihn auf diesem Markt unbillig. Das Verhalten des Busfahrers sei nicht so schwerwiegend, dass eine lebenslange oder eine Sperre von fünf Jahren, wie sie vom LG in der 1. Instanz als angemessen angesehen worden war, gerechtfertigt seien. Auch wenn die Nutzung des Handys während der Fahrt ein erheblicher Verkehrs- und Pflichtenverstoß gewesen sei, seien beide Maßnahmen nicht angemessen und daher unverhältnismäßig. Der Kläger habe seinen Arbeitsplatz aufgrund der unbefristeten Sperre verloren. Ferner sei es ihm bis heute unmöglich, im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr im Rhein-Erft-Kreis einen neuen Arbeitsplatz zu finden, weil er die Linien der Beklagten nicht befahren dürfe. Auch führe eine verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt nach den Vorschriften der StVO selbst in besonders schwerwiegenden Fällen nur zu einem mehrmonatigen, nicht aber zu einem lebenslangen oder mehrjährigen Fahrverbot. Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen wäre voraussichtlich nur eine Abmahnung in Betracht gekommen.

„Back to the roots“, weiter geht es mit Vereinsrecht, oder: Darf ein Verein „Institut….“ heißen?

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Tja, und nun, was bringt man nach einem Statistik-Beitrag als ersten Beitrag im neuen Tausender?

Ich habe hin und her überlegt und mich dann entschieden: Keine StPO, keine Gebühren usw., sondern: Back to the roots, und das ist bei mir das „Vereinsrecht“. Das war das erste Gebiet, auf dem ich veröffentlicht habe, und das bietet sich dann auch für den ersten Beitrag nach der 14.000-er-Grenze an.

Und zum Glück hatte ich dazu auch eine Entscheidung im Fundus, nämlich den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.08.2023 – I-3 Wx 104/23. Der ist zwar nicht in einer vereinsrechtlichen Angelegenheit ergangen, aber er behandelt eine Problemati, die auch im Vereinsrecht immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die richtige Namensgebung.

Im entschiedenen Fall ging es um eine neu gegründete GmbH, die unter der Firma „Institut für Einfachheit GmbH“ zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden ist. Das Registergericht hat dazu mitgeteilt, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne. Die gewählte Firmenbezeichnung sei irreführend (§ 18 Abs. 2 HGB), da die Verwendung des Begriffs „Institut“ den Eindruck erwecke, dass es sich um eine öffentlich oder eine unter öffentlicher Aufsicht stehende Institution handele.

Darum hat man dann gestritten. Das OLG hat dann im Beschwerdeverfahren zugunsten der GmbH entschieden und die Namensgebung als zulässig angesehen:

„Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gemäß § 18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen.

Zu den bedeutsamen Angaben über die gesellschaftlichen Verhältnisse gehören Angaben zu Art, Größe und Tätigkeit der Gesellschaft, zu ihrem Alter, ihrer Zusammensetzung oder ihren sonstigen Verhältnissen (Senat, Beschluss vom 16.04.2004 – I-3 Wx 107/04, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2001 – 20 W 84/2001, Rn. 2, juris). Die durch die mögliche Täuschung in Betracht kommende Irreführung muss von einer gewissen Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein, wobei ein objektiver Maßstab aus der Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises und deren verständiger Würdigung anzulegen ist (Senat, a.a.O., Rn. 16, juris).

Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt – wie von der älteren Rechtsprechung angenommen – alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (so noch BGH, Urteil vom 16.10.1986 – I ZR 157/84, Rn. 23, juris zu § 3 UWG a.F., jetzt § 5 UWG; zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG, Beschluss vom 26.04.1990 – BReg 3 Z 167/89, Rn. 25, juris, zu § 18 Abs. 2 HGB n.F. noch Senat, a.a.O., Rn. 17; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 3; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2011 – 25 W 23/11, Rn. 10, juris). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O., Rn. 18; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.

Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung „Institut“ für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff „Institut“ verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (BGH, a.a.O. Rn. 23 zu § 3 UWG a.F.; zu § 18 Abs. 2 HGB BayObLG, a.a.O., Rn. 25; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; KG Berlin, a.a.O., Rn. 11, juris). Dabei reicht die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 f., OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; vgl. Senat, a.a.O., Rn. 17 zu e.K.; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12 zu e.V.).

Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn. 23, juris). Etwas anderes wurde angenommen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Institut“ den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt, z.B. bei Deutsches Vorsorgeinstitut, Kardiologisches Institut, Institut für Marktanalysen, Institut für Zelltherapie, Institut für physikalische Therapie, Institut für steuerwissenschaftliche Information, Institut für Politik und Wirtschaftswissenschaften, Dolmetscher-Institut (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 mit Nachweisen zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen ist – bei der im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen grundrechtskonformen Auslegung des § 18 Abs. 2 HGB – eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (vgl. KG Berlin, a.a.O., Rn. 12).“

Wie gesagt: Auch für das Vereinsrecht von Bedeutung, da die „namensrechtlichen Grundsätze“ des HGB auf die Namensnennung des Vereins entsprechend angewendet werden. Auch da spielt dann der Begriff „Instutut“ eine Rolle. Das kann man alles nachlesen. Ich sage jetzt nicht wo, denn ich will den neuen Tausender nicht gleich wieder mit Werbund beginnen 🙂 .