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beA I: Qualifizierte elektronische Signatur auf Anlage, oder: „Bündelsignatur“ gibt es nicht

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Heute ist „Kessel-Buntes-Tag“ oder auch „beA-Samstag“. Denn ich stelle heute mal wieder zwei Entscheidungen zum beA vor. Beide kommen vom BGH. Die Flut von Rechtsprechung zum beA reißt nicht ab. Insbesondere auch der BGH veröffentlicht immer wieder Entscheidungen, in denen es um rechtzeitige Einlegung von Rechtsmitteln geht.

So auch in dem BGH, Beschl. v. 19.01.2023 – V ZB 28/22. Ergangen ist dieser Beschluss in einem Verfahren, in dem wechselseitig Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag geltend gemacht werden. Das LG hat mit dem am 14.12,2021 zugestellten Urteil der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Am 12. 01.2022 ist beim OLG Oldenburg über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eine Berufungsschrift des Prozessbevollmächtigten des Beklagten als PDF-Dokument eingegangen. Dieses Dokument war nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen; vielmehr war (nur) die der Berufungsschrift als separates PDF-Dokument beigefügte Anlage, die das angefochtene Urteil enthielt, qualifiziert elektronisch signiert.

Das OLG hat den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten. Die war beim BGh nicht erfolgreich:

„1. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht innerhalb der am 14. Januar 2022 abgelaufenen einmonatigen Berufungsfrist formgerecht Berufung eingelegt hat (§ 517, § 519 Abs. 1 ZPO), wirft keine die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründenden Rechtsfragen auf. Die am 12. Januar 2022 als PDF-Dokument per EGVP eingegangene Berufungsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 130a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 ZPO.

a) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO). Nur dann sind Echtheit und Integrität des Dokuments gewährleistet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2022 – XII ZB 311/21, NJW 2022, 2415 Rn. 11 mwN). Die sicheren Übermittlungswege ergeben sich aus § 130a Abs. 4 ZPO, wozu namentlich das besondere elektronische Anwaltspostfach (§§ 31a, 31b BRAO) gehört (vgl. § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes Dokument darf außer auf einem sicheren Übermittlungsweg auch an das EGVP übermittelt werden (§ 4 Abs. 1 ERVV).

b) Diesen Anforderungen wird die am 12. Januar 2022 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufungsschrift des Beklagten nicht gerecht. Sie ist nicht entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder auf einem sicheren Übermittlungsweg (vgl. § 130a Abs. 4 ZPO) durch die verantwortende Person eingereicht worden. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten stattdessen vorgenommene qualifizierte elektronische Signatur der als PDF-Dokument beigefügten Anlage, die die Abschrift des angefochtenen Urteils enthält, reicht nicht aus.

c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die qualifizierte elektronische Signatur der Berufungsschrift sei deshalb entbehrlich, weil es sich bei den an das Berufungsgericht über das EGVP übersandten Dateien (Berufungsschrift und Anlage) um eine „gewollte Einheit“ gehandelt habe und sich aus der qualifizierten elektronischen Signatur der Anlage ergebe, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Verantwortung für die Rechtsmittelschrift übernommen habe.

aa) Richtig ist allerdings, dass die qualifizierte elektronische Signatur die gleiche Rechtswirkung hat wie eine handschriftliche Unterschrift (Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABl. L 257 S. 73; vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2022 – XII ZB 311/21, NJW 2022, 2415 Rn. 9 mwN). Sie soll – ebenso wie die eigene Unterschrift oder die einfache elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 11 mwN; zur Unterschrift vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 1986 – VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; Beschluss vom 15. Oktober 2019 – VI ZB 22/19, NJW-RR 2020, 309 Rn. 11 mwN). Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht.

bb) Zutreffend ist auch, dass das Fehlen der Unterschriftsleistung auf der Berufungs- oder Berufungsbegründungsschrift unschädlich ist, wenn aufgrund anderer, eine Beweisaufnahme nicht erfordernder Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 1986 – VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254; Beschluss vom 15. Juni 2004 – VI ZB 9/04, VersR 2005, 136, 137; Urteil vom 10. Mai 2005 – XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088; Beschluss vom 26. Oktober 2011 – IV ZB 9/11, juris Rn. 6, 11). Das ist z.B. dann der Fall, wenn die nicht unterzeichnete Berufungsbegründung mit einem von dem Rechtsanwalt unterschriebenen Anschreiben fest verbunden ist („Paket“; vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 1986 – VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254 f.), oder wenn die eingereichten beglaubigten Abschriften der nicht unterzeichneten oder nicht eingereichten Urschrift der Berufungsbegründung einen von dem Prozessbevollmächtigten handschriftlich vollzogenen Beglaubigungsvermerk enthalten (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1957 – VIII ZB 7/57, BGHZ 24, 179, 180 mwN; Beschluss vom 15. Juni 2004 – VI ZB 9/04, VersR 2005, 136, 137; Beschluss vom 26. März 2012 – II ZB 23/11, NJW 2012, 1738 Rn. 9).

cc) Um einen vergleichbaren Fall handelt es sich hier nicht. Die qualifizierte elektronische Signatur der als Anlage zur Berufungsschrift übersandten Abschrift des angefochtenen Urteils ersetzt nicht die qualifizierte elektronische Signatur der über das EGVP übersandten Berufungsschrift.

(1) Die qualifizierte elektronische Signatur der Anlage bietet keine Gewähr dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Urheber der Berufungsschrift ist und er diese in den Rechtsverkehr bringen will. Zwar soll mit der Berufungsschrift eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden (§ 519 Abs. 3 ZPO). Die Anlage zu der Berufungsschrift muss aber – anders als diese – nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, und zwar auch dann nicht, wenn sie – wie hier – nicht über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird (§ 130a Abs. 3 Satz 2 ZPO). Anhand der qualifizierten elektronischen Signatur der Anlage lässt sich nicht feststellen, ob die als Absender ausgewiesene Person identisch ist mit derjenigen Person, die für den Inhalt des Schriftsatzes Verantwortung übernimmt, und ob die Berufungsschrift mit deren Wissen und Wollen abgesendet worden ist.

(2) Die Anlage und die Berufungsschrift können auch nicht als gewollte Einheit behandelt werden. Zu einer einem „Paket“ aus Anschreiben und Berufungsschrift vergleichbaren Verbindung der im EGVP-Verfahren übermittelten Dokumente kann es nicht kommen. Mehrere elektronische Dokumente dürfen nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden (§ 4 Abs. 2 ERVV). Die im EGVP-Verfahren eingesetzte qualifizierte Container-Signatur – die hier ohnehin nicht verwendet worden ist – genügt seit dem 1. Januar 2018 nicht mehr den Anforderungen des § 130a ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2019 – XII ZB 573/18, BGHZ 222, 105 Rn. 14 ff.).

2. Auch hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung wegen eines dem Beklagten zurechenbaren Verschuldens seines Prozessbevollmächtigten (§ 233 Satz 1, § 85 Abs. 2 ZPO) sind Zulassungsgründe nicht ersichtlich.

a) Die Fristversäumung war nicht unverschuldet im Sinne von § 233 Satz 1 ZPO, weil der Beklagte sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, der die zu signierenden Dateien verwechselt hat, gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Der Prozessbevollmächtigte muss alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2022 – V ZB 58/21, MDR 2022, 907 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 21. August 2019 – XII ZB 93/19, FamRZ 2019, 1880 Rn. 5; jeweils mwN). In seiner eigenen Verantwortung liegt es, das Dokument gemäß den gesetzlichen Anforderungen entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen oder die Einreichung des einfach signierten elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg vorzunehmen (§ 130a Abs. 3 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 15).

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beA II: Technische Unmöglichkeit bzw. beA-Probleme, oder: BeA-Hinderungsgründe sind sofort vorzutragen

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In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 17.11.2022 – IX ZB 17/22 – geht es mal wieder um die Frage der technischen Unmöglichkeit bzw. um beA-Probleme.

Der Kläger hat in einem Zivilverfahren gegen ein Klageabweisendes Urteil Berufung eingelegt. Das (zuständige) verlängert ihm die Rechtsmittelbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 10.01.2022. Es geht dann am 08.01.2022 postalisch eine auf den 09.01.2022 datierte Berufungsbegründung sowie ein nochmaliger Antrag auf Fristverlängerung ein. Das OLG teilt dem Kläger mit, dass seine Berufung unzulässig sein könnte, weil der Schriftsatz nicht elektronisch eingereicht worden sei. Die zweite Berufungsbegründung geht dann ebenfalls postalisch am 25.02.2022. Der Kläger teilte mit, es sei unmöglich gewesen, das fristwahrende Dokument elektronisch über beA zu übermitteln. Als Beweis dafür legt er eine eidesstattliche Versicherung seines Anwalts sowie die Korrespondenz mit der Bundesnotarkammer vor. Diese habe es versäumt, die seinem Bevollmächtigten überlassene beA-Basiskarte für die Versendung von Empfangsbekenntnissen zu programmieren. Deshalb sei es auch nicht möglich gewesen sei, die Karte um die Funktion der Übersendung von sonstigen Dokumenten zu erweitern. Als Alternative habe der Rechtsanwalt auf Vorschlag der Bundesnotarkammer eine Mitarbeiterkarte gekauft. Die dafür erforderliche PIN und PUK seien ihm aber erst am 17.01.2022 zugegangen.

Das OLG Hamm hat die Berufung als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde beim BGH hatte keinen Erfolg. Auch hier nur der Leitsatz zu der Entscheidung:

Ist es dem Rechtsanwalt bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes möglich, die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments darzulegen und glaubhaft zu machen, hat dies mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen; in diesem Fall genügt es nicht, wenn der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich darlegt und glaubhaft macht.

beA I: Eingang des elektronischen Dokuments, oder: Sorgfaltspflichten bei Übermittlung per beA

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Und dann der Start in die neue Woche, und zwar mit zwei Entscheidungen des BGH zum elektronischen Dokument und/oder zum beA.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 30.11.2022 – IV ZB 17/22 – zur Frage: Wann ist das elektronische Dokument bei Gericht eingegangen? Der Beschluss hat folgende (amtliche) Leitsätze:

1. Ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichtes elektronisches Dokument ist erst dann gemäß § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO wirksam bei dem zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem gerade für dieses Gericht eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.

2. An die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per beA sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax (hier: Übermittlung der Berufungsbegründung an falschen Empfänger).

 

Aktive Nutzungspflicht gilt auch für „die Bayern“, oder: Sofortige Beschwerde als elektronisches Dokument

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Und dann als zweite Entscheidung der OLG Bamberg, Beschl. v. 14.11.2022 – 2 WF 148/22 – zur Frage der aktiven Nutzungspflicht gem. § 130d StPO für die Staatskasse.

Mit Beschluss vom 17.05.2022 hat das AG Aschaffenburg der Antragsgegnerin für ihr Ehescheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Anordnung einer Zahlungsverpflichtung bewilligt und ihr die Rechtsanwaltskanzlei pp. als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Der Beschluss ist am 18.05.2022 auf die Geschäftsstelle gelangt.

Hiergegen hat die Bezirksrevisorin bei dem LG Aschaffenburg mit Schriftsatz vom 30.05.2022 Beschwerde nach § 127 Abs. 3 ZPO eingelegt mit dem Ziel, einen Einmalbetrag in Höhe der auf die Partei entfallenden Verfahrenskosten anzuordnen, welchen die Antragsgegnerin aus der Verwertung ihres hälftigen Miteigentumsanteils am früheren Wohnhaus der Familie, dem Anwesen pp.-Straße in K., aufbringen solle. Die Beschwerdeschrift ist in Papierform zur Akte gelangt, indem die Bezirksrevisorin nach Einsichtnahme in das Verfahrenskostenhilfeheft dieses samt Beschwerdeschrift vom 30.05.2022 an das Amtsgericht zurückgeleitet hat.

Das AG hat nach Anhörung der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 12.08.2022 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem OLG zur Entscheidung vorgelegt, wo es am 24.08.2022 eingegangen ist. Das OLG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und keine Wiedereinsetzung gewährt:

„Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist als unzulässig zu verwerfen, da innerhalb der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde keine formgerechte Beschwerde eingegangen ist, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 3, 569 Abs. 2, 130d S. 1 ZPO. Der Staatskasse kann auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdeeinlegungsfrist eingeräumt werden, da die gesonderte Frist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde durch die Staatskasse aus § 127 Abs. 3 S. 4 und 5 ZPO von drei Monaten ab Übermittlung des angegriffenen Beschlusses an die Geschäftsstelle am 18.08.2022 abgelaufen ist und eine Wiedereinsetzung insoweit ausscheidet.

1. Auf die Frage, ob die Bezirksrevisorin als Behörde i.S.d. § 130d ZPO anzusehen ist, kommt es ebenso wenig an, wie auf ihre An- oder Eingliederung in die Justiz und ihre Dienststellung. Denn Beschwerdeführer ist der Freistaat Bayern, der von der Bezirksrevisorin vertreten wird. Maßgeblich ist daher auf den Freistaat Bayern abzustellen und nicht auf die Bezirksrevisorin.

Der Freistaat Bayern ist gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 3 ZPO als „Staatskasse“ beschwerdeberechtigt, wenn Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, ohne dass Monatsraten oder aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Dabei wird er nach § 5 Abs. 1 Nummer 7 lit. e der Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern vom 26.10.2021 (Vertretungsverordnung – VertV) und Abschnitt A. 3. der Gemeinsamen Bekanntmachung zum Vollzug der Vertretungsverordnung (VollzBekVertV) durch den Bezirksrevisor vertreten. Der Bezirksrevisor ist insoweit innerorganisatorisch dem Freistaat Bayern zugeordnet und tritt als für diesen Handelnder auf.

Für den Freistaat Bayern als juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt § 130d ZPO. Danach unterliegen u.a. juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden seit 01.01.2022 für schriftlich einzureichende Erklärungen der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Der dort geregelte aktive Nutzungszwang gilt also auch für schriftliche Verfahrenshandlungen der „Staatskasse“ wie die vorliegende sofortige Beschwerde.

Die Bezirksrevisorin als deren Vertreterin (Vertreterin des Freistaates Bayern) hätte die sofortige Beschwerde deshalb als elektronisches Dokument übermitteln müssen (vgl.- insofern zu § 4 JVEG – Landgericht Lübeck, Beschluss vom 28.09.2022, 7 T 341/22 – juris und die Entscheidung des Senats vom 04.11.2022, 2 WF 167/22). Verfahrenshandlungen, die unter Verstoß gegen den aktiven Nutzungszwang nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, sind unwirksam und führen bei einer Rechtsmittelschrift zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

2. Der Staatskasse kann auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdeeinlegungsfrist gewährt werden. Es kann dahinstehen, ob sich die Unkenntnis über die zwingende Einreichung einer sofortigen Beschwerde nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 3 S. 3, 569 Abs. 2, 130d ZPO ab dem 01.01.2022 mangels bislang ergangener obergerichtlicher Rechtsprechung hierzu als unverschuldet darstellt. Denn mittlerweile ist die Ausschlussfrist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde nach § 127 Abs. 3 S. 4 und 5 ZPO von drei Monaten ab Übermittlung des angegriffenen Beschlusses an die Geschäftsstelle abgelaufen. Der Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 17.05.2022, mit welchem der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, ist nicht verkündet worden, sondern am 18.05.2022 auf die Geschäftsstelle gelangt. Die Ausschlussfrist des § 127 Abs. 3 S. 5 ZPO ist damit am 18.08.2022 abgelaufen. Erst am 24.08.2022 ist das Verfahren beim Oberlandesgericht eingegangen, so dass eine formgerechte Rechtsmitteleinlegung im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden konnte.

In die abgelaufene Ausschlussfrist des § 127 Abs. 3 S. 4 und 5 ZPO kann hingegen keine Wiedereinsetzung gewährt werden. Zum einen steht der Zweck der Ausschlussfrist, die Bestandsschutz in die getroffene gerichtliche Bewilligungsentscheidung schaffen soll (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, 16.09.2016, OVG 5 M 36.15, Juris), einer Wiedereinsetzung entgegen. Zudem ist eine Wiedereinsetzung auf die ausdrücklich in § 233 ZPO bezeichneten Fristen beschränkt und die Frist aus § 127 Abs. 3 S. 4 und 5 ZPO ist dort nicht aufgenommen worden.

Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist damit als unzulässig zu verwerfen. Ausführungen zur Frage der Begründetheit des Rechtsmittels sind daher nicht veranlasst.“

Das elektronische Dokument in der Vollstreckung, oder: Qualifizierte elektronische Signatur erforderlich

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In die 6. KW. starte ich heute mal wieder mit einigen Entscheidungen zum elektronischen Dokument.

Hier zunächst zwei Entscheidungen des AG Düsseldorf, und zwar.

Vollstreckungsaufträge nach § 7 JBeitrG sind gem. § 130d ZPO elektronisch zu übermitteln und bedürfen einer qualifizierten elektronischen Signatur, um als Titelersatz fungieren zu können (Weiterführung von BGH, Beschl. v. 14.12.2014 – I ZB 27/14).

Eines grafischen oder elektronischen Siegels bedarf es zumindest dann nicht, wenn das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat die Behörde erkennen lässt.

Vollstreckungsaufträge nach § 7 JBeitrG sind seit dem 1.1.2022 gem. §§ 130d, 130a ZPO elektronisch zu übermitteln. Sie stellen nur dann eine titelersetzende Vollstreckungsgrundlage dar, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person oder in elektronisch beglaubigter Abschrift übermittelt werden (Fortschreibung BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – I ZB 27/14). Eine Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg mit nur einfacher Signatur, als Scan, oder die parallele Einreichung in konventioneller Form genügen nicht.