Archiv der Kategorie: Allgemein

Am Neujahrstag: Ich starte dann wieder mit Witzen, oder: Neujahr/Silvester, alles Gute

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Inzwischen dürften alle wach sein, hoffentlich :-). Ich starte dann am Neujahrstag wieder mit Witzen. Arbeiten muss ja heute noch nicht sein.

Hier kommen dann:

„Wie hast du Sllvester gefeiert?“

„Keine Ahnung! Ich habe noch keine Fotos gesehen!“

 


Ein Autofahrer gerät in der Silvesternacht in eine Verkehrskontrolle.

Auf die Frage, ob er etwas getrunken hat, antwortet er: „Nur einen kleinen Wachtmeister, Herr Jägermeister!“


Ein Mann spricht kurz nach dem Jahreswechsel einen anderen Mann auf einer Neujahrsparty an: „Kennen wir uns nicht?“

„Nein, und außerdem sind ihre Geldforderungen an mich seit einer Stunde verjährt!“


Beim Silvesteressen tropft ihm Tomatensoße auf sein weißes Hemd und er meint: „Oje, jetzt sehe ich ja aus wie ein Schwein!“

Sie erwidert: „Stimmt und eingesaut hast du dich auch noch!“

Verbotenes Überholen bei unklarer Verkehrslage, oder: Zurechenbarkeit bei Abbruch des Überholvorgangs

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Und im zweiten Posting – dem letzten „Kessel Buntes“ des Jahres 2021 – dann noch eine Entscheidung des KG, und zwar das KG, Urt. v. 25.11.2021 – 22 U 46/21.

Es geht um einen Verkehrsunfall in Zusammenhang mit einem Überholvorgang. Das LG hat aus den von ihm festgestellten Unfallhergang – bitte im Volltext nachlesen – ein zurechenbares Verschulden des Fahrers des Pkw der Klägerin wegen eines verbotenen Überholens bei unklarer Verkehrslage nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO abgeleitet. Das KG sieht das anders.

Hier die Leitsätze der Entscheidung:

  1. Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten durch Überholen bei unklarer Verkehrslage mit (beabsichtigtem) anschließendem Fahrstreifenwechsel sind nicht zurechenbar, wenn der Überholvorgang rechtzeitig abgebrochen wird und das überholende Fahrzeug noch in seinem (endenden) Fahrstreifen anhält.

  2. Verkehrsteilnehmer sind gegenüber Fahrzeugen mit gelbem Blinklicht (nur) zu erhöhter Sorgfalt verpflichtet und haben daher auf die besondere Gefahr, hier wegen der Überlänge, entsprechend zu achten.

 

Corona II: Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht, oder: Wenn man das Attest für 6 EUR beim Arzt kauft

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Die zweite Entscheidung zu Corona kommt dann vom LG Freiburg. Das hat im LG Freiburg, Beschl. v. 05.08.2021 – 2 Qs 36/21 – zur Strafbarkeit der Verwendung falscher ärztlicher Atteste über eine medizinische Kontraindikation zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung Stellung genommen, und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:

Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, gegen den Angeschuldigten einen Strafbefehl wegen eines Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gemäß § 279 StGB zu erlassen und eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 30,00 € festzusetzen. Sie wirft ihm vor, am 10.12.2020 bei einer Polizeikontrolle in pp. den erforderlichen Mund-Nasen-Schutz nicht getragen und dem kontrollierenden Polizeibeamten stattdessen ein ärztliches Attest vorgezeigt zu haben, in dem ausgeführt gewesen sei, dass bei ihm „das Tragen eines Mundschutzes aus medizinischen Gründen kontraindiziert ist. Damit ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar.“ Wie der Angeschuldigte gewusst habe, habe der Inhalt dieses Schreibens nicht zugetroffen. Die Ausstellerin habe ihn nicht medizinisch untersucht, sondern ihm das Schreiben gegen Zahlung von 6  EUR per Post zugesandt.

Dem lag nach Aktenlage zugrunde, dass der damals 76-jährige und in pp. wohnhafte Angeschuldigte tatsächlich am 10.12.2020 bei einer Polizeikontrolle in pp. ohne den erforderlichen Mund-Nasen-Schutz (im Folgenden: Maske) angetroffen und nach mehrmaliger Zwangsmittelandrohung schließlich ein „Ärztliches Attest“ einer Dr. med. pp. aus W. mit dem im Strafbefehl zitierten Inhalt vorlegte. Dieses hatte er nach seiner Einlassung telefonisch beauftragt und gegen Zahlung von EUR zugesandt bekommen.

Das AG hat den Erlass des Strafbefehls gemäß § 408 Abs. 2 Satz 1 StPO abgelehnt. Der Angeschuldigte habe sich nicht strafbar gemacht, da das vorgezeigte Attest kein „Zeugnis über den Gesundheitszustand“ eines Menschen sei, da dieses keinen gegenwärtigen oder vergangenen Gesundheitszustand des Angeschuldigten, irgendeinen bei dem Angeschuldigten erhobenen medizinischen Befund oder irgendeine sachverständige Schlussfolgerung mit Bezug zum Gesundheitszustand des Angeschuldigten enthalte. Es werde nicht einmal attestiert, dass dem Angeschuldigten aus gesundheitlichen Gründen abgeraten werde, eine Maske zu tragen, sondern nur auf „medizinische Gründe“ verwiesen, die aber auch ohne jeden Bezug zu einer Person und zu einem Gesundheitszustand einer Person gegen das Tragen von Masken sprechen könnten und hat insoweit auf einen Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 07.10.2020 – 13 Cs 210 Js 12406/20 – verwiesen.

Gegen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde eingelegt, Die hatte Erfolg. Das LG hat an das AG zurückverwiesen. Auch hier nur die Leitsätze zu der Entscheidung:

  1. Ein ärztliches Attest, nach dem „das Tragen eines Mundschutzes aus medizinischen Gründen kontraindiziert ist.“ bzw. mit der Aussage „Damit ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar.“, stellt ein Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde dar. Dabei ist nicht notwendig, dass in dem ärztlichen Attest die Befundtatsachen oder eine Diagnose benannt werden.
  2. Das Attest ist unrichtig, wenn die miterklärten Grundlagen der ärztlichen Beurteilung in einem wesentlichen Punkt nicht der Wahrheit entsprechen. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn die für die Beurteilung des Gesundheitszustands erforderliche Untersuchung nicht durchgeführt wurde.
  3. Welche Form der Untersuchung erforderlich und so konkludent miterklärt wird, ist einzelfallabhängig und nach medizinischen bzw. medizinrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Unabhängig von der Frage, welche Art der Befunderhebung im Einzelfall den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht, ist eine telefonische Befunderhebung bei der Ausstellung eines ärztlichen Attests jedenfalls nicht ausreichend.
  4. Bei Ausstellung eines ärztlichen Attests zur Befreiung über die Maskenpflicht wird stets erklärt, dass eine körperliche Untersuchung des Patienten stattgefunden habe. Ist eine körperliche Untersuchung im Einzelfall unterblieben, soll das Attest aber gleichwohl „richtig“ sein, muss sich das Unterbleiben der Vornahme einer körperlichen Untersuchung aus dem Attest selbst ergeben.

Im Urteil unterbliebene Auslagenentscheidung, oder: Reminder

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Und als zweite kostenrechtliche Entscheidung dann der OLG Hamm, Beschl. v. 16.11.2021 – III-3 Ws 433/21. Die Entscheidug ist „selbserklärend“:

„Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat unter dem 5. März 2021 Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Beihilfe zu einem versuchten schweren Raub beim Landgericht — Jugendkammer — Bielefeld erhoben. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens hat die 3. große Strafkammer — Jugendkammer — des Landgerichts Bielefeld den Beschwerdeführer mit Urteil vom 27. September 2021 freigesprochen und zwei Mitangeklagte verurteilt. Die Kostenentscheidung in der Urteilsformel lautet wie folgt:

„Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit es sie betrifft und soweit sie verurteilt wurden.

Im Übrigen fallen die Kosten der Landeskasse zur Last.“

Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 27. September 2021 — Eingang beim Landgericht Bielefeld am selben Tag — wendet sich der Angeklagte gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 27. September 2021 bezüglich des Angeklagten pp. dahingehend abzuändern und zu ergänzen, dass die Staatskasse auch die dem Angeklagten pp. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Zulässigkeit steht auch § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz StPO. nicht entgegen, da gegen die Hauptentscheidung ein Rechtsmittel als solches statthaft ist und dieses — wie hier aufgrund des Freispruchs — lediglich mangels Beschwer nicht zulässig wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Mai 2005 — 3 Ws 212/05 — juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 464, Rdnr. •19 m.w.N.).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die das Verfahren abschließende Entscheidung muss ausdrücklich zum Ausdruck bringen, dass ein Dritter und — wie im Falle des Freispruchs — die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen eines Angeklagten zu tragen hat (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 29′. November 2000 — 2 Ws 316/00, BeckRS 2007, 18586; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 467, Rdnr. 20).

Gemäß § 467 Abs. 1 StPO hat die Staatskasse die einem freigesprochenen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Dementsprechend ist das Urteil abzuändern und zu ergänzen.“

Nichts wesentlich Neues, aber ein „Reminder“ 🙂 .

JGG II: Verbüßung von Jugendstrafe (nach Widerruf), oder: Anrechnung von Ungehorsamsarrest

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Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich heute um den LG Limburg, Beschl. v. 07.05.2021 – 2 Qs 56/21. Es geht um die Anrechnung der Verbüßung on Ungehörsamsarrest auf die Vollstreckung von Jugendstrafe. Das LG sagt: Es muss angerechnet werden:

„c) Weiter ist der vollstreckte zweiwöchige Ungehorsamsarrest auf die Jugendstrafe analog §§ 26 Abs. 3 S. 3, 52a S. 1 JGG anzurechnen.

Nach § 26 Abs. 3 S. 3 JGG wird Jugendarrest, der nach § 16a JGG verhängt wurde, in dem Umfang, in dem er verbüßt wurde, auf die Jugendstrafe angerechnet. In der Literatur ist umstritten, ob hiernach ebenfalls Ungehorsamsarrest i.S.v. §§ 23 Abs. 1 S. 4, 11 Abs. 3, 15 Abs. 3 S. 2 JGG angerechnet werden kann oder sogar muss. Rechtsprechung zu dieser Frage existiert – soweit ersichtlich – nicht.

Teilweise wird die Möglichkeit einer Anrechnung verneint und dies damit begründet, dass der Ungehorsamsarrest keine Strafe i.S.v. Art. 103 Abs. 3 GG darstelle und seine Vollstreckung auch nicht die zugrunde liegende Weisung oder Auflage ersetze (BeckOK JGG/Nehring, 20. Ed. 1.2.2021, JGG § 26 Rn. 32 f.).

Demgegenüber wird die Anrechnung überwiegend für möglich oder sogar zwingend erachtet (Ostendorf/Ostendorf, JGG, 10. Aufl. 2016, JGG § 26a Rn. 18; Eisenberg/Kölbel, JGG, 22. Aufl. 2021, JGG § 26a Rn. 26; Meier/Rössner/Trüg/Wulf, JGG, 2. Aufl. 2014, JGG § 26 Rn. 13; Diemer/Schatz/Sonnen, JGG, 8. Aufl. 2020, § 26a Rn. 20). Zur Begründung wird u. a. angeführt, dass dies dem Einheitsprinzip entspreche (so Eisenberg/Kölbel, JGG, 22. Aufl. 2021, JGG § 26a Rn. 26) und dass eine Analogie zu § 26 Abs. 3 S. 3 JGG und § 52a JGG angezeigt sei (so Ostendorf/Ostendorf, JGG, 10. Aufl. 2016, JGG § 26a Rn. 18).

Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Zwar ist in § 26 Abs. 3 S. 3 JGG lediglich die Anrechnung des Arrestes i.S.v. § 16a JGG (sog. Warnschussarrest) geregelt, doch rechtfertigt die vergleichbare Interessenlage eine analoge Anwendung auf den Ungehorsamsarrest.

§ 26 Abs. 3 S. 3 JGG ist gemeinsam mit § 16a JGG durch das Gesetz zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten vom 04.09.2012 (BGBl. I S. 1854) eingeführt worden. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte mit der Anrechnung, bei der nur auf den neuen § 16a JGG abgestellt wurde, Bedenken im Hinblick auf eine Doppelbestrafung oder Überschreitung des Schuldmaßes durch den Jugendarrest neben der Jugendstrafe entgegengetreten werden (BT-Drs. 17/9389, S. 14). Zwar stellt der Ungehorsamsarrest keine Strafe für die Tat dar, sondern dient der Durchsetzung der richterlichen Weisung (BVerfG, NJW 1989, 2529), doch geht er mittelbar auf die Tat zurück. Der Vergleich zu § 52a JGG stützt dies. Danach sind Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung, die der Angeklagte aus Anlass einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, erlitten hat, auf die Jugendstrafe anzurechnen, soweit nicht erzieherische Gründe entgegenstehen. Der „Anlass“ wird dabei weit verstanden (vgl. BVerfG, NStZ 2000, 277, 278; Eisenberg/Kölbel, JGG, 22. Aufl. 2021, JGG § 52a Rn. 5, § 52 Rn. 8 f.).

Die Nichtanrechnung des Ungehorsamsarrestes könnte im Einzelfall wie beim ebenso bis zu vierwöchigen Warnschussarrest zu einer übermäßigen Gesamtsanktionierung führen. Vor dem Hintergrund des dem Jugendstrafrecht zugrunde liegenden Erziehungsgedankens (§ 2 Abs. 1 S. 2 JGG) und des darin wurzelnden Einheitsprinzips (dazu Eisenberg/Kölbel, JGG, 22. Aufl. 2021, JGG § 31 Rn. 3), das auch den Ungehorsamsarrest erfasst (BGH, Beschl. v. 26.5.2009 – 3 StR 177/09, BeckRS 2009, 15992 Rn. 2) erscheint die Anrechnung des Ungehorsamsarrestes auf die Jugendstrafe in der Regel geboten. Erzieherische Gründe, die es analog § 52a S. 2 JGG ausnahmsweise rechtfertigen könnten, von der Anrechnung abzusehen, sind vorliegend nicht gegeben.“