StGB III: Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter, oder: „Innovatives“ gegen Fahrerlaubnisentziehung

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Und als dritte Entscheidung dann noch ein Beschluss des LG Potsdam. Der Beschluss hat eine verkehrsrechtliche Problematik zum Gegenstand, nämlich die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter.

Der straf- und verkehrsrechtlich nicht vorbelastete Beschuldigte, der im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B ist, befuhr am frühen Morgen des 03.10.2024 um 3:50 Uhr mit einem E-Scooter der Marke O. des Sharing-Anbieters T. den Radweg der B.- Straße in Potsdam in Richtung L.-Brücke. Dabei legte er eine Fahrtstrecke von mindestens 150 Metern zurück. Die um 4:45 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,44 ‰.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft u.a. auf Entziehung der Fahrerlaubnis wurde mit Beschluss des AG mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Voraussetzungen der Regelvermutung gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB im Hinblick auf das mit sog. Pedelecs (Pedal Electric Cycles) vergleichbare Gefährdungspotential, eine geringere Fahrgeschwindigkeit sowie eine geringere Eigen- und Fremdgefährdung nicht vorlägen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde. Die hatte beim LG keinen Erfolg.

Ich stelle hier nicht die Begründung des LG im LG Potsdam, Beschl. v. 18.09.2025 – 25 Qs 7/25 – ein. Nicht, weil wir mit der Frage ja schon häufiger zu tun hatten, sondern wegen des Umfangs der Begründung. Die umfasst nämlich rund 27 Seiten, was hier den (Platz)Rahmen sprengen würde. Aber ich kann das Selbstlesen des Beschlusses nur empfehlen. Das LG hat sich viel Mühe gemacht. Es stellt seine Ablehnung auf zwei Füße, und zwar: Zunächst geht es davon aus, dass auf der Grundlage des derzeitigen Standes der Wissenschaft für E-Scooter nach der eKFV ein Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit nicht bestimmt oder zumindest ein (Mindest-)Grenzwert im Wege einer Vergleichsanalyse nicht ermittelt werden kann. Also: § 316 StGB derzeit schon nicht anwendbar. Und im zweiten Schritt sagt man dann, dass auch § 69 StGB auf E-SCooter dem Grunde nach nicht anwendbar ist. Und man geht – insoweit eine Hilfserwägung – von einem Ausnahmefall vom Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 316 StGB aus, und zwar allein aufgrund des Umstandes, dass es sich bei dem Tatmittel um einen E-Scooter gehandelt hat .

Mich würde interessieren, wie  das OLG Brandenburg, wenn es nicht „nur“ eine Beschwerdeentscheidung wäre, sondern ein Berufungsurteil, entscheiden würde. Ich vermute mal, dass man den Weg des LG nicht mitgehen und sich der h.M. anschließen würde, die § 316 StGB für anwendbar erachtet und „nur“ einen Ausnahmefall diskutiert. Ich denke, der „innovative Weg“ des LG Potsdam wird sich nicht durchsetzen.

Hier dann noch meine Leitsätze:

1. Es ist zweifelhaft, ob auf der Grundlage des derzeitigen Standes der Wissenschaft für E-Scooter nach der eKFV ein entsprechender Grenzwert mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit bestimmt werden kann oder zumindest ein (Mindest-)Grenzwert im Wege einer Vergleichsanalyse ermittelt werden kann.
2. § 69 StGB ist auf E-Scooter als Elektrokleinstfahrzeuge nach eFKV schon dem Grunde nach nicht anwendbar.

 

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