In diesem dritten Posting komme ich dann noch einmal auf Durchsuchungsmaßnahmen zurück. Es geht im OLG Celle, Beschl. v. 14.04.2025 – 2 Ws 93/25 – um das „richtige“ Rechtsmittel von sog. Drittbetroffenen.
Die Staatsanwaltschaft führte unter dem Az.: 453 Js 24649/15 ein Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten K., G. und S. Mit Beschluss vom 29.07.2024 (Az.: 9a Gs 2526/24) ordnete der Ermittlungsrichter des AG die Durchsuchung der Wohnung des Drittbetroffenen gem. §§ 103, 105 StPO zur Ergreifung des Beschuldigten B. G. sowie die Beschlagnahme elektronischer Kommunikationsmittel des Drittbetroffenen sowie zielfahndungsrelevanter Gegenstände und Unterlagen an, welche Hinweise auf den Aufenthaltsort von B. G. enthalten.
Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung wurde am 05.082024 vollstreckt, wobei im Rahmen der Durchführung der Maßnahme durch die Ermittlungsbehörden zahlreiche Lichtbilder angefertigt wurden. Der Drittbetroffene wandte sich gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 29.07.2024 und beantragte zugleich gem. § 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog festzustellen, dass die Anfertigung der Lichtbilder im Rahmen der Durchführung der Maßnahme rechtswidrig war. Zugleich begehrte er die Löschung der angefertigten Lichtbilder einschließlich sämtlicher Auszüge und Abdrücke.
Das AG hat der Beschwerde des Drittbetroffenen nicht abgeholfen und das LG daraufhin die Beschwerde des Drittbetroffenen vom 18.08.2024. Zugleich wies das LG in den Gründen der Entscheidung darauf hin, dass die Kammer zur Entscheidung über die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefertigten Lichtbilder und Löschung derselben nicht berufen sei, weil insoweit zunächst das nach § 162 Abs. 1 StPO zuständige AG zu entscheiden habe. Mit der am 05.11.2024 erfolgten Anklageerhebung gegen die am 26.02.2024 festgenommene Angeklagte K. trennte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die weiter flüchtigen Beschuldigten G. und S. ab. Dieses wird nunmehr unter dem Az.: 1128 Js 56288/24 geführt..
Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Drittbetroffenen die Anträge nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog ergänzend begründete, verwarf die Strafkammer, die für die Durchführung der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte K. zuständig ist, die Anträge als unbegründet.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Drittbetroffene mit seiner Beschwerde, die Erfolg hatte:
„Die gem. § 304 StPO statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet, weil die 1. große Strafkammer des Landgerichts Verden für die Entscheidung über die Anträge gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog nicht zuständig ist, so dass der angefochtene Beschluss deswegen aufzuheben war. Zuständig für die Entscheidung ist vielmehr der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden.
Für den Fall, dass die richterliche Durchsuchungsanordnung – wie hier – keine ausdrückliche Regelung über die Modalitäten der Durchsuchung enthält, ist die Überprüfung der Art und Weise des Vollzugs der Durchsuchung durch die richterliche Entscheidung entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zu beantragen (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1999 – StB 7/99 –, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 20. Januar 1999 – 1 VAs 3/98 –, juris). Zuständig für diese richterliche Entscheidung ist bis zur Anklageerhebung gem. §§ 98 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 162 Abs. 1 S. 1 StPO der Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, hier mithin der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden.
Dessen Zuständigkeit ist vorliegend entgegen der Auffassung der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Verden mit der am 5. November 2024 erfolgten Anklageerhebung gegen die Angeklagte K. nicht entfallen.
Denn für Ermittlungseingriffe gegenüber Personen, gegen die wegen der Beteiligung an einer bereits angeklagten Tat noch ein gesondertes Ermittlungsverfahren geführt wird, gilt nicht § 162 Abs. 3 S. 1, sondern § 162 Abs. 1 StPO (vgl. MüKoStPO/Kölbel/Ibold, 2. Aufl. 2024, StPO § 162 Rn. 16; Ziegler in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 3. Auflage, 2018, § 162, Rn. 19).
So liegt der Fall hier, nachdem die Staatsanwaltschaft Verden das Verfahren gegen die Beschuldigten G. und S. abgetrennt hat und dieses unter dem Az.: 1128 Js 56288/24 gesondert führt. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass das Verfahren im Zeitpunkt der Durchführung der Durchsuchungsanordnung noch gegen alle drei Beschuldigte gemeinsam geführt wurde, keine Relevanz zu. Denn der in § 162 Abs. 3 S. 1 StPO geregelte Zuständigkeitswechsel vom Ermittlungsrichter zum Hauptsachegericht soll divergierende Entscheidungen verhindern, die einer Parallelzuständigkeit des Ermittlungsrichters innewohnen würden (MüKoStPO/Kölbel/Ibold, a.a.O., § 162, Rn. 19). Eine solche Gefahr divergierender Entscheidungen ist hier wegen der erfolgten Abtrennung des Verfahrens nicht gegeben. Die vom Landgericht angenommene „unnatürliche Aufspaltung des Lebenssachverhaltes“ ist zudem nicht gegeben, denn die angeordnete Durchsuchung diente allein der Ergreifung des weiterhin flüchtigen Beschuldigten G., so dass auch der vom Landgericht angenommene Sachbezug der Durchsuchungsmaßnahme zum Verfahren gegen die Angeklagte K. nicht gegeben ist. „