Archiv für den Monat: November 2024

Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung, oder: Neuer Verkehrsverstoß – Fahrerlaubnis auf Probe

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Im zweiten Posting geht es dann auch noch einmal um die Entziehung der Fahrerlaubnis, aber es handelte sich um einen Fahrerlaubnis auf Probe. Dazu das OVG Münster im OVG Münster, Beschl. v. 30.10.2024 – 16 B 998/23:

„Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

Das fristgerecht eingegangene Beschwerdevorbringen erschüttert nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen für die auf § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis der Antragstellerin seien im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Verfügung erfüllt gewesen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht angenommen hat, die Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass Verkehrsverstöße unabhängig vom Ablauf der in § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG genannten Zweimonatsfrist während der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung grundsätzlich nicht als Grundlage für die Entziehung einer Fahrerlaubnis auf Probe herangezogen werden dürften, finde im Gesetz keine Stütze. Für die von der Antragstellerin vertretene Auffassung geben der Wortlaut und die Konzeption der Vorschrift nichts her. Mit der der Entziehung vorangehenden Verwarnung nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG wird dem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe lediglich nahegelegt, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen. Der Wortlaut von § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG nimmt ausdrücklich Bezug auf diese Zweimonatsfrist und nicht auf die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung. Weder die Teilnahme noch die Nichtteilnahme an einer solchen Beratung haben nach dem Gesetzeswortlaut fahrerlaubnisrechtliche Konsequenzen. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob eine verkehrspsychologische Beratung innerhalb von zwei Monaten abgeschlossen wird. Begeht der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nach Ablauf des Zeitraums von zwei Monaten eine weitere schwerwiegende Zuwiderhandlung oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen, ist die Fahrerlaubnis vielmehr unabhängig davon zu entziehen, ob und ggf. wann der Betroffene an einer verkehrspsychologischen Beratung teilgenommen hat.
Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 2a StVG Rn. 38, 46; Trésoret, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 15. November 2023, § 2a StVG Rn. 234, 249, 257.

Zuwiderhandlungen, die von einem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe vor Ablauf der Zweimonatsfrist begangen werden, sind im Hinblick auf § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG dagegen unbeachtlich.
Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 2a StVG Rn. 46; Trésoret, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 15. November 2023, § 2a StVG Rn. 249, 268.

Würde der Ansicht der Antragstellerin gefolgt, dass eine erst nach Ablauf der zwei Monate in Anspruch genommene oder beendete verkehrspsychologische Beratung dazu führt, dass auch ein nach dieser Frist, aber noch während des Zeitraums der Beratung begangener Verkehrsverstoß für die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG irrelevant ist, hätten es Betroffene in der Hand, die Zweimonatsfrist zu verlängern und in dieser Zeit Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr zu begehen, ohne eine Entziehung nach der o. g. Vorschrift fürchten zu müssen. Dies widerspräche den gesetzlichen Vorgaben. Soweit die Antragstellerin auf ihre Ansicht stützende Ausführungen auf einer Internetseite verweist, finden diese keinen Anknüpfungspunkt im Gesetz und sind schon deshalb nicht geeignet, von der Auffassung der Antragstellerin zu überzeugen.

Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, dass die Antragstellerin die Beratung, wie sie vorträgt, deshalb nicht innerhalb von zwei Monaten beginnen konnte, weil die Frist in die Vorweihnachtszeit fiel, sie erst das Geld für die Beratung aufbringen musste und der Berater zunächst keine Zeit hatte.

Der Hinweis der Antragstellerin, ihr könne nicht vorgeworfen werden, die Zweimonatsfrist nicht bereits im Vorfeld beim Antragsgegner verlängert zu haben, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Der Antragsgegner hat den Entzug der Fahrerlaubnis auf Probe nicht auf einen solchen Vorwurf gestützt. Im Übrigen legt das Fehlen einer Verlängerungsmöglichkeit dieser gesetzlichen Frist in § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG es nicht nahe, dass sie verlängerbar sein könnte,
vgl. dazu Knop, in: Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, 2016, § 2a StVG Rn. 31, m. w. N.,
zumal die Nichtteilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung keine rechtlichen Folgen hat. Der von der Antragstellerin angeführte § 224 ZPO betrifft nicht die Frist in § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG; die Verlängerungsmöglichkeit in § 31 Abs. 7 VwVfG NRW gilt nur für behördlich gesetzte, nicht für gesetzliche Fristen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2006 – 13 B 533/06 -, juris, Rn. 4 ff.

Soweit die Antragstellerin ausführt, sie würde trotz der Teilnahme an der Beratung „exakt so gestellt, wie jemand, der auf die Beratung verzichtet hat“, so trifft dies zu und entspricht der gesetzgeberischen Konzeption des § 2a Abs. 2 StVG.

Der Vortrag der Antragstellerin, es führe zu keinem unerträglichen Zustand, wenn ihr vor einem „endgültigen Beschluss des Gerichts“ die Fahrerlaubnis belassen würde, versteht der Senat dahin, dass ihrer Ansicht nach die allgemeine Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu ihren Gunsten ausfallen müsse. Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Denn der Gesetzgeber hat mit dem gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 2a Abs. 6 StVG) einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet und es bedarf deshalb besonderer Umstände, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Solche Umstände hat die Antragstellerin mit ihrer Behauptung, sie sei kein „Verkehrsrowdy“, und mit ihrem Hinweis auf die Gründe ihrer Verkehrsverstöße nicht dargelegt. Denn es entspricht gerade dem Ziel des § 2a StVG, frühzeitig auf Fahranfänger einzuwirken. Es stellt nach der Wertung des Gesetz- und Verordnungsgebers mithin keinen atypischen Umstand dar, dass bereits die von der Antragstellerin als Inhaberin einer Fahrerlaubnis auf Probe begangenen Verkehrszuwiderhandlungen die in § 2a Abs. 2 StVG vorgesehenen Folgen zusammen mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Klage nach § 2a Abs. 6 VwGO nach sich ziehen. Die geschilderten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufs als hauptsächlich in Nachtschichten arbeitende Intensivbeatmungspflegerin gehören zu den typischen Folgen einer sofort vollziehbaren Fahrerlaubnisentziehung, die als solche schon in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben. Sie können daher ebenfalls kein Überwiegen des Interesses der Antragstellerin begründen, vorläufig von der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung verschont zu bleiben.

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus auf den gesamten Sachvortrag in der ersten Instanz Bezug nimmt, fehlt es an einer gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlichen Auseinandersetzung mit der später ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der sich danach ergebende Streitwert von 5.000,- Euro ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 sowie § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).“

Neues zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach StVG, oder: Pedelec, Entzugsbehandlung, Schlafapnoe

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Und im „Kessel-Buntes“ heute dann verwaltungsrechtliche Entscheidungen aus dem Verkehrsrecht.

Hier kommen zunächst einige Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG, und zwar:

Die Fahrerlaubnisbehörde hat anzuordnen, dass ein Fahrerlaubnisinhaber ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn er ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit die einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt hat. Dies gilt nicht nur für eine Fahrt mit einem Kraftfahrzeug, sondern auch für eine Fahrt mit einem nicht motorisierten Fahrzeug, also auch bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad und auch für ein Pedelec, weil dieses einem Fahrrad rechtlich gleichgestellt ist.

Ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, das auch ohne Behandlung keine übermäßige Tagesmüdigkeit zur Folge hat, begründet keinen Eignungsmangel nach Nr. 11.2.3 der Anlage 4 zur FeV und kann keine Kontrollauflage rechtfertigen.

1. Es entspricht gesicherten Erkenntnissen der Alkoholforschung, dass Betroffene mit Blutalkoholkonzentrationen ab 1,6 Promille über deutlich abweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Trinkfestigkeit verfügen.

2. Neben stationären Therapien kommen auch ambulante Maßnahmen von 24 Wochen, ganztägige ambulante Maßnahmen in Tageskliniken an Werktagen über einen Zeitraum von acht bis sechzehn Wochen und stationär-ambulante Kombinationstherapien in Betracht als Entzugsbehandlung in Betracht, nicht aber die stationäre Entgiftung und Nachsorgekontakte, die sporadisch stattfinden und der Rückfallprophylaxe dienen.

Ich habe da mal eine Frage: Ist auch die Nr. 4142 VV RVG angefallen?

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Und dann zum Tagesschluss das „Gebührenrätsel“ am Freitag, und zwar heute wie folgt:

„Mein Mandant erbringt im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs 20.000 € . Wegen des vollständigen Ausgleichs des materiellen Schadens in Höhe von ca. 13.000 € unterbleibt eine Einziehung.

Ich würde gerne forsch 4143 VV RVG ( TOA, ein Adhäsionsverfahren gab es nicht) UND 4142 VV RVG geltend machen. Habe ich Recht ?

Anwaltliche Mitwirkung ist problemlos zu bejahen.“

„Für den heutigen Hauptverhandlungstermin“, oder: Keine Einzeltätigkeit, sondern volle Bestellung

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Und im zweiten Posting habe ich dann noch einmal etwas zu den Gebühren des „Vertreters“. Und zwar hat das AG Gummersbach dazu im AG Gummersbach, Beschl. v. 22.10.2024 – 82 Ls-250 Js 367/18-10/20 – Stellung genommen. Dabei ging es vornehmlich um die Auslegung des der Formulierung „für den heutigen Hauptverhandlungstermin“ in einem Bestellungsbeschluss. Das AG meint: Keine Einzeltätigkeit, was zur Folge hat, dass alle Gebühren, die nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG entstanden sind, erstattet werden:

„Das Gericht folgt insoweit im vollen Umfang den Ausführungen des Nebenklägervertreter, dass es sich bei vorliegender Tätigkeit, auch wenn es sich um eine Abwesenheitsvertretung der beigeordneten Nebenklägervertreterin handelt, nicht um eine Einzeltätigkeit handelt.

Die Formulierung der Strafkammer „Rechtsanwalt pp. wurde für den heutigen Hauptverhandlungstermin in Vertretung für Rechtsanwältin pp. als
Nebenklägervertreterin der Nebenklägerin pp. beigeordnet“ wurde im Rahmen der Festsetzung insoweit fehlerhaft ausgelegt.

Die zu vertretene Nebenklägerverterterin Rechtsanwältin Frau pp. wurde vollumfänglich der Nebenklägerin beigeordnet. Die Formulierung “ für den heutigen Hauptverhandlungstermin“ stellt im vorliegenden Fall lediglich klar, dass die bisherige Nebenklägerinvertreterin weiterhin vollumfänglich weiterhin beigeordnet ist und die Beiordnung von Rechtsanwalt pp. nicht zu einer Entpflichtung der ursprünglichen Nebenklägervertreterin führt. Dies wurde von Seiten des Gerichts im Rahmen der Festsetzung als Einzeltätigkeit gewertet.

Hier revidiert das Gericht seine Auffassung und folgt den Ausführungen des Beschwerdeführers.

Dass im Rahmen der Beiordnung von Seiten der Strafkammer nicht auf einen Verzicht bzgl. der Mehrkosten für die Staatskasse hingewirkt wurde, kann nicht zu Lasten des Rechtsanwaltes pp. gehen.“

 

Übernachtungskosten von nur 150 EUR anerkannt, oder: „Fußläufiges“ „gehobenes Mittelklassehotel“

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Heute am RVG-Tag zunächst mal wieder etwas zu Auslagen, und zwar zu Hotelkosten. Für den Verteidiger, der „vor Ort“ übernachten muss, kann die Frage ja erhebliche Bedeutung haben. Und es kann „teuer“ werden, wenn der Verteidiger das „falsche“ Hotel wählt, nämlich eins, das zu teuer ist. Dann werden die Übernachtungskosten nämlich ggf. nicht vollständig von der Staatskasse übernommen.

So ist es jetzt in einem vom AG Berlin-Tiergarten mit dem AG Berlin-Tiergarten, Beschl. v. 12.03.2024 – 265a Ds 123/23  – entschiedenen Fall geschehen. Der Verteidiger hat seinen Mandanten, der in der JVA Moabit inhaftiert war, besucht. Übernachtet hatte er in einem Hotel am Kurfürstendamm. Die dafür entstandenen Kosten hat das AG nicht vollständig festgesetzt:

„Folgende Absetzungen sind erfolgt:

Die Übernachtungskosten können nur i. H. v. 150,00 € als notwendig anerkannt werden. Der Verteidiger hat nur Anspruch auf Unterkunft in einem gehobenen Mittelklassehotel. Solche Hotels gibt es in fussläufiger Entfernung zur JVA Moabit mit Übernachtungskosten von bis zu 150,00 € pro Nacht. Das vom Verteidiger ausgewählte hochpreisige Hotel am Kurfürstendamm in weiter Entfernung zur JVA Moabit war für die Wahrnehmung eines Haftbesuches nicht notwendig. Die Umsatzsteuer reduziert sich entsprechend.“

Nun ja, mich würde interessieren, ob der Verteidiger Rechtsmittel eingelegt hat. Denn dann würde man etwas dazu lesen (hoffentlich!!), was denn nun „fußläufig“ bedeutet, also wie lange muss der Verteidiger ggf. bis zum Hotel laufen und auch, was ein „gehobenes Mittelklassehotel“ ist. Na ja, vielleicht finde ich dazu noch einen Beschluss. So wird man zunächst mal diesen Beschluss als Richtschnur nehmen müssen.